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Marcus Nebel
05.04.2002, 15:40
Endlich ist es soweit! Das Forum der Fachstelle Glücksspielsucht Neuss geht an den Start.

In dieser Rubrik können alle Interessierten allgemeine Beiträge zum Thema Glücksspiel und Glücksspielsucht veröffentlichen und zur Diskussion stellen. Wir hoffen, daß Sie sich rege an diesem Forum beteiligen und so zu dessen Lebendigkeit beitragen.

im Auftrag des Fachstellenteams,
Marcus Nebel
(Dipl.-Heilpädagoge)

Michael
14.10.2002, 22:46
Mein Name ist Michael.
Es ist einfach zum verzweifeln!!!
Habe soeben den Versuch NR. "wer weiss wieviel" mit dem Spielen aufzuhoeren als gescheitert erklärt.
Ich fühle mich einfach schlecht, es zum Xten mal nicht geschaft zu haben dem Glücksspiel den Rücken zu kehren.
Es ist jedes mal das gleiche Szenario:
Ich gehe hin zum Spielen - verliere eine grosse Menge an Geld - fühle mich schlecht und depressiv - beluege mich auf ein neues, das ich nie wieder spielen werde - und doch werde ich den Weg hin zum Glückspiel wieder gehen.
Das Schlimme an der ganzen Tragoedie ist die Selbsterkenntnis, mir durchaus im klaren zu sein, keinerlei Chancen auf irgentwelche Gewinne zu haben.
Die Spirale in immer tiefere Depressionen, fängt an sich immer schneller zu drehen und am Ende wird wohl auch bei mir der finanzielle und psychische Kollaps stehen.
Mir geht es mies, sehr mies - heute - vielleicht auch noch morgen - oder übermorgen - aber was ist dann?
Nach ein paar Tagen werde ich dann wohl wieder anfangen mir selber etwas vor zu machen - oder noch besser - ich werde, so absurd es auch klingt, versuchen Entschuldigungen für mein geplantes handeln zu erfinden wie z.B. > diesmal wird alles anders - jetzt verspielst du nicht soviel - so schlimm war es doch beim letzten mal garnicht usw. <
Dabei habe ich eigentlich vergessen wie mieserabel es mir beim letzten mal erging.
Und am Ende sitze ich doch wieder irgentwo, spiele mich um Kopf und Kragen auf das sich die Spirale der Depressionen
und psychosomatischer instabilität immer und immer schneller dreht und letztlich mich in den Abgrund zieht.
Es ist mir, liebe unbekannten Leidensgenossen, nicht leicht gefallen diese Sätze zu schreiben, doch vielleicht sind sie ein erster kleiner Schritt, hinaus aus diesem Teufelskreis bevor ich daran zugrunde gehe.
Ich wünsche jedem Spieler das er (oder sie) die Kräfte in sich findet und sie aktivieren kann, von ganzen Herzen, sich aus der Geisel der Spielsucht zu befreien.

Marcus (Fachstellenteam)
18.10.2002, 09:26
Hallo Michael,

zunächst einmal danke für deinen Beitrag und die ehrlichen Worte.
Das, was du erzählst, die Gefühle und Gedanken hören sich für meine Ohren sehr bekannt an. Solche Schilderungen sind typisch für Spieler. Das was du erlebst, kennen die meisten Betroffenen aus eigener Erfahrung.
Du schreibst, dass es Dir nicht leicht gefallen ist dies zu schildern. Du hast es aber getan und das ist der erste Schritt für einen offensiveren Umgang mit der Problematik. Hast Du schon einmal darüber nachgedacht, Dir professionelle Hilfe zu holen oder eine Selbsthilfegruppe aufzusuchen?
Wenn Du die anderen Beiträge im Forum liest, kannst Du glaube ich leicht entdecken, wie hilfreich so etwas sein kann.
Ich würde Dir geren bei der Suche nach einem passenden Angebot behilflich sein, hierfür müsstest Du mir zurückmailen, woher du kommst.
Ein anderes Angebot, das ich dir machen kann, ist eine Art Begleitung per eMail. Dies ersetzt zwar keine Therapie, ist aber eine Möglichkeit, weiter mit dem Thema und einer Hilfseinrichtung in Kontakt zu bleiben.

Du kannst ja mal überlegen, welches Angebot für dich derzeit das passendste ist und kannst dich dann auch per eMail bei uns melden.
Meine eMail-Adresse findest du links: einfach auf den klienen Briefumschlag klicken.

Bis dahin,
Grüsse aus Neuss,

Marcus

Susanne
20.10.2002, 04:18
Hallo Michael, Lieber Forum

ich schreibe heute auch zum ersten Mal in ein solches Forum. Aber ich muß gar nicht mehr schreiben, wie ich mich fühle. Du hast es schon getan. Ich habe es in 5 Monaten geschafft, 65.000 € zu verspielen. Vorher habe ich nie gespielt, höchstens mal alle 2 Jahre ein Casino-Besuch mit Freunden, wo es letztendlich gar nicht so sehr ums Spielen ging. Im Mai saß ich spät abends an meinem Rechner zuhause und wurde im Internet auf eine Casino-Seite weitergeleitet. Das war der Anfang vom Ende...Ich hatte keine 65.000 €, ich hatte 5000 €. Aber mit der der Kreditkarte war es so einfach. Und nachdem ich zunächst im Plus war - nur meiner Ansicht nach nicht rechtzeitig aufgehört hatte und alles wieder verlor, konnte ich nicht mehr aufhören zu spielen. Ich hatte anfangs 1x erlebt, daß es möglich ist, in kurzer Zeit viel Geld zu erspielen (Roulette) und so versuchte ich bis jetzt Monat für Monat meine Verluste durch neues Spiel auszugleichen. Und jeden MOnat mußte ich einen neuen Kredit aufnehmen, bevor mit 4-wöchiger Verzögerung wieder die Kreditkartenabrechnungen fällig waren, denn mein Konto wäre sonst nicht gedeckt gewesen. Erst ein 7.500 €-Kredit, im nächsten MOnat ein 15.000 €-Kredit und dann ein 40.000€-Darlehen, daß die ersten beiden Kredite ablöst. Was davon übrig war, habe ich längst verspielt und noch einen Dispo von 5.000€ und noch 6.000€ darüber hinaus. Ich bin finanziell ruiniert- die Schulden werde ich nie mehr los und eine Lohnpfändung ist wohl unvermeidbar. Michael, Du schreibst, daß Du wohl weiterspielen wirst, bis Du finanziell bankrott bist. Falls das wirklich noch nicht der Fall sein sollte, dann danke Gott dafür und hör auf. Aber ich weiß ja selbst - solange noch irgendwie Geld da ist, hört man nicht auf. Ich wünschte mir nur so sehr, ich hätte es getan... Ich werde nicht mehr spielen - einfach nur, weil es nicht mehr geht, nicht weil ich so willensstark bin. Mir bleibt in Zukunft nur noch ein absolutes Existenzminimum zum Leben. Ich wollte mit einem Freund zusammen ein Haus anmieten. Das kann ich jetzt vergessen. Keine Urlaubsreisen mehr - jeden Euro 2x umdrehen, und das obwohl ich nicht schlecht verdient habe. Und gleichzeitig ist es wie eine "bittere" Befreiung. In den vergangen Monaten habe ich nur noch mit dem Gedanken gelebt, wie ich das nötige Geld auftreiben kann, um mein Konto zumindest in den Dispo zu bringen, dann Erleichterung, wenn ich es geschafft habe, dann wieder Spielen mit der Hoffnung zu Gewinnen, um die Kredite ganz schnell abbezahlen zu können. Und dann diese endlose Verzweifelung, wenn am Ende wieder alles verloren war. Das ist jetzt vorbei. Ich hatte nie um des "kicks" Willen gespielt. Ich wollte immer nur schnell mein Geld zurück. Und ich sah keine andere Möglichkeit, als es durch das Spielen wieder reinzuholen. Jetzt habe ich "meine Ruhe", eine depressive Ruhe natürlich. Aber diese Ruhe hätte ich auch früher haben können, wenn ich stark genug gewesen wäre, ab irgendeinem Punkt, die Verluste zu akzeptieren und einen Schlußstrich zu ziehen. Ich wünsche Dir, Michael, und allen anderen, eine größere Stärke, als ich sie hatte. Ihr hättet dann eine Ruhe, die nicht so bitter ist wie meine.

Es grüßt Euch,

Susanne

Michael
26.10.2002, 23:57
Hallo Marcus u. Susanne!
Vielen Dank für eure Antwort und es tut mir Leid mich erst jetzt zu melden.
Ich könnte jetzt schreiben, das durch Termindruck oder ähnliches keine Zeit war euch zu antworten, doch dann müsste ich lügen, genauso lügen wie ich es die letzten zwanzig Jahre getan habe, im Umgang mit meiner Spielsucht. Vielmehr ist es so, das ich einfach nicht wusste was ich schreiben soll, obwohl es allerhöchste Zeit ist meinen bitteren Weg, über das Forum, hinaus aus dem schwarzen Tunnel der Spielsucht, anzutreten.Es ist mir noch völlig unklar wie dieser Weg aussehen wird bzw. ob ich ihn bis zum schluss gehen werde? Alleine, das zeichnet sich jetzt schon ab, werde ich es nicht schaffen.
Du Marcus, hast mir freundlicherweise mehrere Vorschläge aufgezeigt in wieweit es Dir möglich ist mir zu helfen und da gibt es in meiner jetzigen Lage nur die Betreuung per E-Mail.Vielleicht wegen meiner Scham ein Spieler zu sein oder aus Angst Freunde - Verwandte - Nachbarn könnten davon erfahren und das es zu einer sozialen Ausgrenzung kommt, veranlassen mich in der halbwegs vorhandenen Anonymität des Internets zu bleiben was nicht ausschliesst, zu einem späteren Zeitpunkt auch andere Hilfen auszuschöpfen.
Seit meinem Eintrag ins Forum sind nun schon einige Tage vergangen, Tage die absolut frei von jeglichem Glücksspiel waren.
Doch so einfach wie es sich liest, war es beim besten Willen nicht.
Ständig kreisten meine Gedanken um irgentwelche Spielautomaten, jene Sorte die mir gerade in der letzten Zeit übel mitgespielt haben. es war zeitweisse so schlimm, das ich vom eigentlichen Tagesgeschehen nur teilweise oder garnichts mitbekommen habe. Nun sollte man denken: Noch
schlimmer gehts nimmer! Falsch!!! ich hatte das Gefühl als hätte die tief in mir verwurzelte Spielsucht, angefanngen sich zu personifizieren und mit mir zu reden, wie z. B.: Nun komm schon, stell dich nicht so an - nur ein paar Euro, du wirst sehn, diesmal klappt es besser - Geh erst mal rein, nur schaun wie die anderen ihr Geld verlieren. lass Sie verlieren bis sie nichts mehr haben dann spielst du und wirst gewinnen - das letzte Mal hast du das falsche System gespielt, so wie die anderen jetzt - heute knackst du den Jackpot, heute werden alle dich beneiden und hinter dir her tuscheln - schaut mal, da geht er, er der schlaue Spieler, der Spieler der den Jackpot geknackt hat, Mensch ist der cool und so gerissen.
Doch irgendetwas muss mit mir geschehen sein, seit dem ich den Schritt ins Forum gegangen bin. Denn ich kann mich beim besten Willen nicht daran erinnern, meiner inneren Stimme nicht nachgegeben zu haben.
Es könnte daran liegen zu wissen, das es im Forum Leute gibt die gleiches oder ähnliches erlebt haben, es Menschen im Forum gibt die auch hilfe brauchen. Auch die Rückmeldung von Susanne hat mich sehr beeindruckt und geholfen mit den Worten: "Wenn es noch nicht zu spät bei Dir ist dann höre auf".
Dieser Satz hat sich genauso bei mir festgesetzt wie die abschliessenden Worte eines Claus aus dem Forum: GUTE 24 STUNDEN.Somit werde ich jeden Tag beginnen mit den Worten:
"Es ist noch nicht zu spät gönn dir gute 24 Stunden".
Ich werde mich ganz sicher wieder melden und hoffentlich kann ich dann immer noch sagen: Es ist nicht zu spät ich hatte gute viele 24 Stunden.

Markus
12.11.2002, 01:50
Hallo Marcus,
ich bin nach längerer Suche auf diese Seite gestossen und würde auch gerne einmal mit die Sorgen von der Seele reden.

Ich bin 30 Jahre alt und spiele schon seit ca. 15 Jahren, damals gelegentlich mit Begleitung anderer, seit meinem 18ten sehr regelmässig. Am Anfang lief das alles auch sehr gut, doch dann habe ich immer mehr und mehr gespielt. Jede verfügbare Mark ging die "Klimperkisten". Dabei habe ich auch ein paar ganz tolle Freunde kennegelernt, durch die ich auf den Geschmack harter Drogen gekommen bin. Ich war 5 Jahre Heroin und Methadonabhängig. Dies nur erwähnt, da ich in dieser Zeit eigentlich so gut wie nie "gezockt habe".

Doch seit einigen Jahren Zocke ich wieder und das um ein vielfachen stärker. Als ich vom Heroin weg war habe ich die Entscheidung getroffen (der Entzug wurde von mir in die Wege geleitet, da ich damals erfahren habe, dass ich Vater werde)mehr aus meinem Leben zu machen. Mitlerweile bin ich in einem weltweit operierenden Umternehmen in der mittleren Führungsebene tätig, habe zwei Kinder, eine Liebe Frau.

Doch leider hat sich auch meine Spielsucht überdurchschnittlich "gut" entwickelt. Jedesmal, wenn ich aus dem Ausland zurückkomme (gechäftlich) oder in Deutschland unterwegs bin, geht mein erster Weg in die Spielhalle oder gelegentlich ins Kasino. Am Anfang hat das für mich immer eine recht entspannenden Wirkung auf mich, da ich im Beruf schon sehr gefordert werde (von mir daheim gar nicht erst zu reden). Doch ich kann mich nicht mehr bremsen. Ich werde wütend, erst auf die Kisten, dann auf mich. Gleichzeitig steigere ich mich in eine Euphorie, sage mir immer wieder, irgendwann muss das blöde Ding "aufmachen" und spiele und spiele und spiele und spiele...

So verspiele im Schnitt 1500-2000 Euro im Monat. Aufgrund meines Einkommes kann ich zwar noch für einen extrem guten Lebensstandard sorgen, hasse mich selbst aber immer mehr dafür. Jedesmal sage ich mir, das war das letzte mal. Zumeist hält das 2-3 Tage, dann ist alles über den Haufen geworfen.

Ich würde gerne von dir wissen, wie ich die ersten Schritte in die richtige Richtung machen soll, da ich niemandem in meinem Umfeld meine Spielsucht eingestehen kann, ich kann sie mir ja selbst noch nicht wirklich eingestehen.

Viele Grüsse

Markus

Marcus (Fachstellenteam)
12.11.2002, 10:00
Hallo Markus,

zunächst einmal vielen Dank für deinen Beitrag. Du fragst, wie du den ersten Schritt machen kannst? Meiner Ansicht nach hast du ihn schon getan, denn du hast durch das Schreiben deines Beitrags sehr vielen Leuten dein Problem eröffnet.

Du schreibst, dass du dich hinsichtlich deines Spielens nicht mehr bremsen kannst. Ich ziehe den Schluss daraus, dass du es schon einige Male (leider erfolglos) probiert hast.

Wenn du einige andere Beiträge aus diesem Forum gelesen hast, wirst du festegsetllt haben, dass es vielen so geht, die meisten schaffen es nicht mehr, alleine, d.h. ohne fremde Hilfe mit dem Spielen aufzuhören.

Deshalb wäre ein Weg in die richtige Richtung der in eine Selbsthilfegruppe oder eine Beratungsstelle. Dort hört man dir zu und erarbeitet mit dir Möglichkeiten, wie du dein Umfeld (zumindest deine Partnerin) in dein Problem einweihen kannst und so nicht mehr mit Lügen und Ausreden hantieren musst.

Ic möchte dir gerne bei der Suche nach einem geeigneten Hilfsangebot behilflich sein. Du kannst auf unserer Homepage in die Adressliste schauen. Falls du dort kein passendes Angebot findest, kannst du mir hier deinen Wohnort nennen, ich werde dann noch einmal genauer recherchieren.

Geh den Weg weiter, den du beschritten hast!

Grüsse aus Neuss,
Marcus

Markus
12.11.2002, 11:38
Danke für deine rasche Antwort,

leider habe ich nichts wirklich passendes gefunden und würde dich bitten, mir eine Ádresse zu übermitteln. Mein Problem ist allerdings, das ich aufgrund meiner beruflichen Tätigkeit immer wieder öfters im Ausland tätig bin, daher kann ich nichts machen, dass auf festen Terminen basiert.

Für eine Adresse und eine alternative Möglichkeit wäre ich dir sehr dankbar. Mein Wohnort liegt in Laupheim, also wären Adressen zwischen Biberach a d Riss und Ulm a.d. Donau sehr ideal.

Danke

Markus

Marcus (Fachstellenteam)
12.11.2002, 15:01
Hallo Markus,

ich musste etwas länger recherchieren und leider feststellen, dass die Versorgung in anderen Bundesländern bei weitem nicht so gut ist, wie besipielsweise in NRW.

Also:

in Ulm gibt es eine Selbsthilfegruppe der Anonymen Spieler.
Diese trifft sich Montags um 20 Uhr in den Räumen des Selbsthilfezentrums Korn, Herdbrucker Str. 9, 89073 Ulm.
Ansprechpartner ist Johann, Tel. 0731 - 2640902.

Eine Beratungsstelle für Spieler gibt es nach Angaben des Selbsthilfezentrums in Ulm nicht. Alternativ können man sich an niedergelassene Psychotherapeuten wenden, die aber in der Regel nur wenig Erfahrung mit Spielern haben.

Ich hoffe, ich konnte dir erst einmal weiterhelfen und wünsche dir viel Erfolg beim "zweiten Schritt"!

Grüsse aus Neuss,
Marcus