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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Wie helfe ich meinem Vater??



Steffi
01.02.2003, 15:43
Hallo zusammen...

Ich bin Steffi (28)...weiß grad garnich so recht wo ich anfangen soll, probiers aber einfach mal am Anfang...
...also, es geht um meinen Vater (52).Er ist süchtiger Spieler, was ich/wir natürlich nicht immer wussten. Anfangs bemerkte ich das er sich irgendwie verändert hatte. Er war nervös, hibbelig, unkonzentriert, vergesslich usw. Erst dachte ich es ist auf seine Krankheit zurückzuführen (Parkinson) oder - da die Ehe meiner Eltern nich immer so gut läuft - er hätte sich eine Freundin angelacht. Aber nach und nach kamen wir dahinter was das eigentliche Problem war/ist. Anfangst stritt er ab, daß er spielt, aber dann gab er es zu. Seitdem Zeitpunkt (1 1/4 Jahr) bin ich damit beschäftigt zu überlegen und auszuprobieren wie ich ihm helfen kann von der Spielerei wegzukommen.
Im April letzten Jahres startete er einen halbherzigen Suizidversuch mit Tabletten (meiner Meinung nach ein Hilferuf). Er schrieb einen ausführlichen Abschiedbrief: Zitat:" Ich habe mich durch das Spielen in eine Situation gebracht, aus der ich keinen Ausweg mehr finde".
Er hat sich mit seiner Parkinson Krankheit nie abgefunden. Er musste dadurch seinen Job aufgeben und fühlt sich durch die Krankheit minderwertig. Außerdem schiebt er das Spielen auf die schlechtlaufende Ehe, in der er wenig Zuwendung und Zuneigung bekommt.
D.h. es gibt also viele Faktoren, die ihn dazu bewegen, spielen zu gehen.
Ich habe viele (sehr viele) Gespräche mit ihm geführt, da ich auch mit die einzige bin die an ihn rankommt.
Ich hab mich viel informiert und dann immer versucht, es in die Tat umzusetzten.
Angefangen damit, daß ich meiner Mum gesagt habe ihm die Gewalt über das Konto zu entziehen, ihm kein Geld (grössere Beträge) zu geben und wenn doch, daß er für alles eine Quittung beibringen muß. Meine Mutter ist eine psychisch labile Person, die mit der Situation völlig überfordert ist (und meine Schwester ist noch recht jung und mit sich selbst beschäftigt)Meine Mutter macht mittlerweile eine Therapie, welche ihr gut hilft, und versucht dadurch auch an der Ehe zu arbeiten.
Tja, was hab ich noch versucht?!
Ich habe versucht ihm den Geldhahn zum Spielen zuzudrehen. Er kennt aber leider soviele Leute und er ist auch so beliebt (noch) das er keine Probleme hatte sich von verschiedenen Leuten immer wieder Geld fürs Spielen zu leihen. Also hab ich mit ihm geredet (mal wieder) und man muß auch sagen, er war dann für den Moment auch immer einsichtig und willig, was zu tun, sodaß wir ZUSAMMEN beschlossen haben, einige dieser Leute einzuweihen, damit sie ihm auch im eigenen Interesse kein Geld mehr geben.
Zusätzlich bin ich mit ihm in eine Selbsthilfegruppe gegangen um ihm zu zeigen, daß ich ihm helfen möchte.
Leider kann ich ihn nicht immer an die Hand nehmen, da ich auch noch mein eigenes Leben habe - und alleine geht er leider nicht regelmässig hn.
Dann habe ich ihm ein Buch gefertigt,welches als eine Art Tagebuch gedacht war. Er sollte in Momenten in denen es ihn kribbelt seine Gedanken, Gefühle und die Auslösereize hineinschreiben. Er hat ausserdem eine Callya Handykarte bekommen, damit er mich anrufen kann, wenn es ihn wieder kribbelt, damit wir DIREKT (und nicht erst wenn es zu spät ist) drüber reden können oder ich ihn ablenken kann.
Ach so, vielleicht sollte ich auch noch erwähnen, daß er sich in therapeutischer Behandlung befindet. Dies findet aber meist nur einmal in der Woche statt (zu wenig wie ich finde).
Außerdem hat er sich um einen stationären Therapieplatz in einer Suchtklinik bemüht, aber das ist noch nicht genehmigt.
Allerding habe ich das Gefühl, daß er gut schauspielert (um von mir in Ruhe gelassen zu werden) aber in wirklichkeit vom Kopf her noch nicht soweit ist wirklich aufhören zu wollen.
Das hat er dann vor ca. 2 Wochen in einem Gespräch auch zugegeben. In diesem Gespräch habe ich versucht ihm zu verdeutlichen,was er schon alles zerstört hat und wieviel er noch verlieren wird wenn er nicht endlich wach wird.
Es vertraut ihm niemend mehr (incl. mir) obwohl ich ihm immerwieder (noch) eine chance gebe.
Meine Mutter spielt mittlerweile mit dem Gedanken auszuziehen (was ich durchaus nachvollziehen kann) und ich bin davon überzeugt, daß er dann komplett den Boden unter den Füßen verliert.
Nach diesem Gespräch hat er es bis gestern Abend geschafft, 15 Tage lang spielfrei zu bleiben.
Gestern Abend dann hatten meine Eltern wieder eine kleine Auseinandersetzung.
Es ging darum, daß eine Cd-box fehlte und da es nicht das erste Mal wäre, nahm meine Mum natürlich an, er hätte sie verkauft, um an Geld für´s Spielen zu kommen. Er beteuerte er wüsste nicht wo sie ist und er hätte sie 100% nicht verkauft. Ein Wort gab das andere und so nahmen die Dinge ihren Lauf...
Er kam an Geld...
Meine Mum rief mich an und ich setzte mich ins Auto und fuhr los um ihn zu suchen. In der 3. Kneipe fand ich ihn dann. Es war jedoch zu spät, das Geld war schon verspielt. Hinterher war er sehr geknickt. Zu guter letzt, da er mir beteuerte er hätte diese Cd Box nicht genommen, sagte ich :"Dann muss sie ja auch da sein". Ich ging hin und suchte alles ab. Ich hab sie gefunden. Er hat geweint und fühlte sich ungerecht behandelt.
Ich verstehe ihn, aber auch meine Mum, da es sehr schwer geworden ist, ihm zu vertrauen (Man wurde oft genug von ihm enttäuscht).
Tja, der letzte Stand ist jetzt, daß heute wieder der Tag 1 ohne Spielen ist.
Er versprach mir gestern, er würde mich nicht enttäuschen. Jetzt hoffe ich natürlich das er die Kraft hat es zu schaffen.
Ich weiß, daß es auf Dauer so nicht weitergehen kann und habe ihm gesagt, daß ich jetzt noch an seiner Seite bin, jedoch nicht ewig so weitermachen werde!
Er muß sich darüber klar sein, daß alle sich von ihm abwenden werden, wenn er sie immer weiter enttäuscht.
Ich habe das Forum eben erst entdeckt und hoffe, ihr könnt mir ein paar Tips und Ratschläge geben. Ich hänge sehr an ihm und will ihm so gerne helfen...

Steffi

Zeitangabe: ET (Europäisch/Deutsch)

Kary
01.02.2003, 16:07
Liebe Steffi,

Du hast alles getan, was Du tun kannst. Mehr geht nicht. Dein Vater scheint bereit zu sein etwas zu ändern, aber das geht nicht von heute auf morgen. Die stationäre Therapie scheint eine gute Lösung für ihn zu sein, im Moment. Danach sollte er allerdings regelmäßig in die Gruppe gehen, als Nachsorge. Er wird solange spielen bis er an seinem persönlichen Tiefpunkt angelangt ist. Jeder der ihm hilft, verlängert im Grunde sein Leiden. Der Leidensdruck scheint (unglaublicherweise) noch nicht hoch genug zu sein. Manchmal bedeutet das auch eine Trennung und den Verlust von allen Bezugspersonen, Haus, Kinder, Freunde, Schulden auf Lebenszeit.... und erst dann ist eine innere Veränderung möglich. Das ist kaum zu ertragen und mit anzusehen. Ich habe meine Mutter an ihrer Sucht sterben sehen. Erst dann konnte ich anfangen etwas für mich zu tun und zu dem Zeitpunkt war ich schon selber süchtig. Seither kämpfe ich um mein Leben.
Ich kann Dir nur einen Tipp geben: Tu etwas für Dich, damit Du nicht daran zugunde gehst. Es gibt Gruppen für Angehörige von Spielern/Süchtigen. Hilf Deinem Vater, wie Du es bisher getan hast, solange Du Kraft dazu hast, aber lass Dir nicht Dein eigenes Leben kaputt machen.

Alles Liebe
Kary

Kary
01.02.2003, 16:10
Nochmal ich. Es gibt noch ein anderes Forum, wo sich Spieler und Angehörige regelmäßig austauschen (mit Chat):
www.spielsucht-hilfe.de
Da findest Du bestimmt auch Hilfe!

Gruß
Kary

Steffi
01.02.2003, 19:06
hallo Kary...

Danke für deine Antwort. Du hast natürlich recht. Du bist auch nicht die erste, die mir das sagt. Ich denke aber, daß ich das ganz gut im Griff hab. Das Problem beherrscht ja nicht mein Leben. Aber ich denke, ich bin eigentlich stark genug, mir neben meinem Leben eben auch Gedanken über meinen Dad zu machen. Ich hatte mal ne Phase, in der meine Beziehung ein wenig darunter leiden musste, da hab ich mich dann aber einfach was zurückgezogen.
Und ich denke, daß ich ihm diese Chance, die er jetzt noch hat, nicht verwehren werde. Aber wie schon gesagt, auf Dauer mache ich das nicht...Das weiß er aber auch.
Danke für den link, da werd ich jetzt mal reinschauen.

Steffi

Andrea
03.02.2003, 08:36
Liebe Steffi,
so hart es sich anhört: fallenlassen ist hier die beste Lösung. Mein Freund ist Spieler seit vielen Jahren. Er hat einmal zu mir gesagt, er hätte sich gewünscht, daß man ihn einfach fallenlassen hätte. Dann hätte er viel früher den Punkt erreicht, an dem er jetzt ist. Denn jetzt will er wirklich aufhören und spielt schon länger nicht mehr.
Ich weiß das das hart ist, ihn einfach fallenzulassen, ich könnte das bei meinem Freund auch nicht gut.
Ich wünsche dir die richtige Entscheidung!
Andrea