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christiane
07.04.2003, 17:30
Hallo, habe heute zum ersten Mal hier reingeschaut und bin erschüttert. Mein Freund sagte mir, daß er vor Jahren spielsüchtig war, aus eigenem antrieb aber aufgehört hätte.

Ich könnte viele Situationen nennen, wo ich WEISS, daß er mich belügt, Märchen erzählt, Zeit schindet. Das ist erst seit kurzem so. Ich weiß, daß er finanzielle Probleme hat, natürlich aus diversen anderen Gründen. Ich habe ihm Geld geborgt, damit er es sich nicht woanders borgt. Ich dachte nicht im Traum an Spielsucht.

Am Freitag habe ich ihn aus einer Spielhalle geholt.

Er hat sich geschämt, war aber nicht bereit, mit mir zu reden: abgewiegelt. Später dann "er wolle noch mal neu anfangen". Ich habe kein Vertrauen in seine Worte, es fällt mir schwer Taten abzuwarten.

Gibt es hier jemanden, der seinem Partner helfen konnte, ohne sich von ihm zu trennen???

christiane
08.04.2003, 10:00
Hallo ist hier wirklich niemand, der es mit seinem Partner zusammen geschafft hat, die Sucht in den Griff zu kriegen?

Ich brauche wirklich Ratschläge, Erfahrungen, Tipps...

Ich kann meinem Freund Geld verweigern, ihn kontrollieren, zur Rede stellen, streiten, schweigen, warten, aber ich kann mich nicht von ihm trennen. Es ist das Einzige, worauf Verlaß sein muß: ich lasse ihn nicht im Stich!

Bitte!!!

norbert
08.04.2003, 11:52
hi christiane, ich bin spieler und spielfrei, habe heute meinen 21 hochzeitstag und ohne meine frau wäre es sicher nicht gegangen. ich wollte aber diese hilfe und habe mich voll unter die kontrolle meiner frau und der kinder begeben.es ist der schwerste schritt in meinem bisherigen leben gewesen. ich fühlte mich erniedrigt, ja wie kastriert, weil ohne eigene weiteren entscheidungsmöglichkeiten in geldfragen. heute 6 monate später ist es besser geworden, was meine einstellung dazu angeht. alles andere ist natürlich weiterhin schwer. meist sind spieler leute die gut zuhören können, bei denen andere ihre probleme abladen und es sind oft machertypen. ... und sie sind bereit entscheidungen zu treffen. drücken sie die riskotaste oder nicht, setzen sie auf eine zahl, wenn ja auf welche ..., entscheidung steht,spieler hat meist verloren oder auch mal etwas vorübergehend zurückerhalten- gewonnen ist dafür der falsche ausdruck. im seltensten fall, eigentlich bisher überhaupt nicht, habe ich durchweg unsympatische spieler kennengelernt. sie können menschen für sich einnehmen, haben phantasie und entwickeln legenden... nur sie verlieren die kontrolle beim spielen. dieser kontrollverlust ist ihnen schmerzhaft bewust, er wird nur verdrängt oder als ablenkung von anderen sachen gesucht.
ich mache die ganze zeit einen fehler, ich verallgemeinere zu stark. dies sind natürlich in erster linie meine erfahrungen mit spielern und dem spiel. er muß die entscheidung treffen , ob er mit dir zusammenleben möchte, ob er überhaupt weiterleben möchte. die frage spitzt sich am ende tatsächlich oft derartig zu, weil man sich selbst als "unwert" mit makelbehaftet wahrnimmt. Die frage von deiner seite aus darf aber nicht lauten, ob du mit ihm zusammenbleibst auch wenn er weiter spielt, dies solltest du im interesse deines eigenen lebens nicht in betracht ziehen. laß ihn die entscheidung treffen. wenn er sich für die spielfreiheit entscheidet, helfe ihm ohne zu schulmeistern und bekomme keinen schreck, wenn sich seine persönlichkeit etwas ändert, meist ist es ja zum positiven. ich nehme meine umwelt anders wahr, für mich ist sie schöner. ich brauche mir nicht ständig etwas ausdenken und ich muß mich nicht ständig entschuldigen. meine position innerhalb der familie hat sich etwas geändert, ob dies immer meiner frau gefällt, möchte ich bezweifeln. aber es ist ihr natürlich wesentlich lieber als meine jahrelange zockerei und all der sumpf der da mit dranhängt. so nun soll es genug sein, da ich ja eh nicht der richtige adressat deine hilfeschreies bin . aber eine frage solltest du dir vielleicht doch erstmal selber beantworten, gefällst du dir vielleicht in der rolle der helfenden,der überlegenen, des sameriters. könntest du überhaupt von ihm lassen oder hast du an dieser stelle einen kontrollverlust ? also sei gegrüßt ich drücke allen die daumen. gute 24 stunden. norbert

christiane
08.04.2003, 15:55
Hallo Norbert, ich bin mir sicher, daß du genausogut der richtige Adressat bist. Das, was Du über Dich erzählen kannst (habe auch andere Beiträge gelesen) hilft mir. Es könnte die Sicht der Dinge meines Freundes sein. Ich übertrage nicht 1:1, aber es hilft, sich in andere Gedanken reinzuversetzen. Deine Frau würde ich wirklich gern mal sprechen!
Wie hat sie reagiert, als sie es bemerkte? Bist Du offen auf sie zugegangen und hast sie um Hilfe gebeten? Wie hat sie Dir gezeigt, daß sie zu Dir steht, vorher schon? Wie helfe ich ohne zu schulmeistern?
Was Du sagst, von wegen erniedrigt, unwert..kann ich verstehen. Es ist wie ein Kreislauf, genau wegen des Gefühls der Abhängigkeit, kann ich mir schwer vorstellen, daß er jemals auf mich zukommt und um Hilfe bittet. Anders, also ohne Kontrolle, werde ich mein Mißtrauen nie verlieren. Wie geht Deine Frau damit um??? Kontrolle heißt im Moment für mich: Hinterherfahren, Taschenkontrolle, Geld zählen in seiner Brieftasche - und Gott ich schäme mich dafür!
Ich weiß wirklich noch nicht, wie ich mit dieser Situation umgehen soll. Bisher stand nicht "Spiel" im Raum, da waren es einfach nur ein paar Geldprobleme.
Zu der Frage, die ich mir beantworten muß, Norbert, ich glaube nicht, daß mir die Rolle gefällt. es ist schlicht und ergreifend auch meine Zukunft und ich habe mit ihm zusammen geträumt. Aber ich werde nachdenken, was mich betrifft. Ich liebe diesen mann, ich bin alt genug, dies sagen zu können. Ich liebe den Mann, bevor das Lügen anfing. Aber ich liebe ihn auch jetzt.
Soll ich ihn direkt wegen des Spielens ansprechen? Ich habe ihn nur das eine Mal gesehen. Ich weiß, daß dauernd Geld fehlt, daß ab und an auch mal zuviel da ist. Ich weiß, daß er mich belügt, Storys erfindet. Aber noch traue ich mich nicht, ihm Spielsucht zu unterstellen. Es wäre ein verletztender Angriff auf seine Persänlichkeit, die ich achte. Noch. Wie weiter?
Bitte Norbert, auch andere, erzähl mir, wie Du Dich gefühlt hast, was Du gedacht hast, wie Deine Familie reagiert hat!

Er sagte (Tage nachdem ich ihn "erwischt" hatte und mein Vertrauen zu ihm, seiner Meinung nach zu Recht, im Keller ist): "es ist für mich Strafe genug, Dich so zu sehen".

Ich weiß nicht, was ich glauben kann und was nicht. Ich weiß, daß ich zuallererst mit mir ins reine kommen muß, eine Linie finden. Bitte helft mir mit Euren Erfahrungen.

norbert
09.04.2003, 09:35
hi christiane, es steht ja wirklich die frage im raum ,ob dein freund süchtig ist, oder nicht ? der vorletzte abschnitt dienes letzten eintrages läßt es vermuten. ich glaube nicht das meine frau meine taschen kontrolliert hat oder ähnliches. ich hätte ihr dies in meiner damaligen situation nicht verziehen. sie hat wie wahrscheinlich viele lebenspartner relativ ohnmächtig neben der situation gestanden. sie konnte nachts nicht mehr richtig schlafen, hat das vertrauen verloren, wußte das ein leben ohne mich aus ihrer sicht nicht erstrebenswert ist, aber wahrscheinlich der letzte ausweg, um selbst wieder ruhe zu finden, depressionen los zu werden. wie gesagt der kurze aber intensive spaß während des spiels den ich genoß, der nahm dem rest meiner familie und mir auch den spaß am leben miteinander. Meine frau genießt es jetzt und gewinnt langsam wieder vertrauen. aber ,und jetzt kommt ein großes aber, sie läßt dieses problem von anfang an nicht richtig an sich heran. sie sieht ,dass es ihr das leben versaut, aber zu lösen habe ich es . auch deswegen geht sie nicht in die angehörigengruppe und wäre wahrscheinlich auch nicht bereit mit für sie aussenstehenden darüber zu sprechen. sie war natürlich bis ins mark erschüttert, aber das erstemal ausgesprochen, daß ich es vielleicht doch nicht ohne hilfe von aussen schaffen könnte, hat sie. gewußt habe ich es schon vorher, aber von dieser erkenntnis bis zum ersten schritt liegt manchmal ein verdammt langer weg. übrigens dieses nicht an sich ranlassen ist mit sicherheit ein selbstschutz, der je länger ich nicht spiele immer durchlässiger wird und das thema langsam zuläßt. also taschenkontrolle etc. ist solange es nicht bemerkt wird, vielleicht ein weg um geldverluste festzustellen, ist aber auch mit sicherheit ein weg , um dem spieler ein alibi zum spielen zugeben, wenn es bemerkt wird. geh mit ihm in ein restaurant, kneipe etc. suche einen tisch in der nähe eines spielautomaten so das er mit dem rücken oder der seite zum spielgerät sitzt und beobachte ihn. wird er nervös und zappelig, kann er und will er deinem gespräch folgen, oder ist er dazu nicht in der lage ? dann kannst du die frage mit gewißheit beantworten, wenn du die antwort tatsächlich erfahren willst. gute 24 stunden allen. gruss norbert