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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Pure Verzweiflung



Daria
02.06.2003, 00:13
Hallo,

ich bin neu auf dieser Seite - habe mir zunächst einige Beiträge durchgelesen - und dann eine Nacht drüber geschlafen...
Ich weiß nicht so richtig womit ich beginnen soll - denn meine Geschichte ist verdammt verworren - abgrundtief - traurig und für mich persönlich immer noch unglaublich. Manchmal werde ich morgens wach und denke:" Oh Gott - was für ein böser Traum!" - bis ich einige Sekunden später realisiere, dass ich mich mitten in meinem eigenen Leben befinde - und dafür schäme ich mich zutiefst!
Wenn ich euch jetzt erzähle, wie alles begann, werden einige sicher denken, dass ist wohl eher ein billiger Film....

Es begann vor 3 Jahren - zu dem Zeitpunkt war ich eine Frau - die mitten im Leben stand. Guter Job - gute Bezahlung - ja man kann schon fast behaupten - ich hatte eine kleine mittelmäßige Karriere begonnen. Mal wieder hatte ich eine ziemlich stressige Weiterbildung hinter mich gebracht (immerhin schon die Dritte) und als Belohnung hatten mein damaliger Partner und ich uns etwas ganz besonderes vorgenommen - eine dreiwöchige Reise durch Amerika. Eine ganz besondere Reise in meinem Leben - denn sie führte mich direkt nach Las Vegas! Zuvor hatte ich null Ahnung von Glücksspielen - für mich war das eher was Schlimmes - ja was Schmutziges - etwas was man einem kleinen Kind verbieten würde - aber vielleicht war genau das der Reiz daran...

Alles begann mit lumpigen 20 USD - das hatten wir uns als Limit gesetzt - doch leider habe ich gewonnen - 40 USD - ich konnte es kaum fassen! Während mein Freund müde ins Bett ging - weil er sein Tageslimit schon verspielt hatte - saß ich bis spät in der Nacht an diesen Höllenmaschinen - bis ich meine ganzen Reiseschecks auf den Kopf gehauen hatte. Als auch das Geräusch des letzten Dollars verklang - stand mein gesamter Körper unter Strom - was hatte ich nur getan !? Das würde mir nie wieder passieren...Mein Freund hatte damals nur gelacht und gemeint
"Nur gut - das Las Vegas am Ende unserer Reise Dein Ziel war - Du bist ja eine richtige Zockerin!". Auch ich dachte - was solls - hat halt Spaß gemacht. Heute weiß ich, dass ich schon damals gespürt habe - das irgend was mit mir passierte war. Erst ein dreiviertel Jahr später kam ich auf die fatale Idee im Internet nach Online-Casinos zu suchen - denn in eine Spielhalle oder ins Casino wäre ich nie gegangen. Drei Monate später hatte ich es geschafft meine ersten 5.000 DM zu verspielen - das war das erste Mal, dass ich durch die Hölle gegangen bin. Hier ging es nicht um diese verdammten 5 TDM - sondern die Angst die ich in mir spürte - die Angst vor mir selbst. Ich weiß nicht, wie ich das beschreiben soll - viele Reden immer von einem bestimmten Kick - den sie beim Spielen empfinden - für mich ist es die pure Quälerei - so als wollte ich mich selbst verstören. Zwischen durch habe ich dann auch größere Beträge gewonnen - empfunden habe ich dabei nichts - eher hatte ich das Verlangen, das Geld wieder so schnell wie möglich los zu werden. Ich habe nicht gespielt um zu gewinnen - nein, ich würde sogar behaupten - das ich spiele um zu verlieren....

Ich muß jetzt erstmal aufhören - meine Geschichte ist noch lange nicht zu ende - doch im Augenblick habe ich nicht die Kraft weiter zu schreiben....

XXLChristine4U
02.06.2003, 06:42
Hallo Daria,

irgendwie muß ich feststellen, dass sich alle Geschichten gleichen. Nur die Namen und Orte sind anders. Meinst Du, meine Geschichte ist anders? OK, es fing nicht in Las Vegas an, aber ich hatte zuerst einen Gewinn und spielte dann im Rausch weiter.

Ich fragte mich auch oft, wann dieser Alptraum endlich aufhört, aber leider war es kein Traum. Ich bin jetzt seit 5 Jahren spielfrei und froh darüber. Aber wenn ich zurückblicke frage ich mich oft, wo mein Verstand geblieben war usw. Ich bin zum Glück aufgewacht und auch Du wirst es, wenn Du es wirklich willst, schaffen.

Schreibe Dir hier oder woanders Deinen Frust, Deine Geschichte und Erlebnisse nieder. Man wird Dir zuhören, denn auch Du bist ein wichtiger Mensch und vielleicht können wir alle helfen, dass Du aufwachst und Dein Leben wieder geniesst.

Grüße
Christine

norbert
02.06.2003, 08:52
hallo daria, hat es dir gut getan diese zeilen zu schreiben,trotz der kraft die es gekostet hat. dann hast du angefangen dir selbst zu helfen. manche menschen fügen sich körperlichen schmerz zu, und kommen davon nicht los, obwohl sie wissen es tut ihnen nicht gut. mancher muß ständig am finanziellen abgrund wandeln. es sind verhaltensstörungen/-krankheiten.ich wünsch dir die kraft weiter zu schreiben um zu verarbeiten. gruss norbert. hey - allen gute 24 stunden

Marcus (Fachstellenteam)
02.06.2003, 12:43
Hallo Daria,

auch ich würde mich freuen, deine Geschichte hier weiterlesen zu können. Vielleicht macht dir das Schreiben ja Mut, diese Geschichte in einem zweiten Schritt in einer Selbsthilfegruppe oder einem Therapeuten zu erzählen.

Sammle Kraft und mach weiter!

Gruss,
Marcus

Daria
02.06.2003, 21:45
Hallo,

vielen Dank für Eure Teilnahme und dafür, dass Ihr mir Mut macht!

Ich werde meine Geschichte weiter erzählen - vielleicht heute noch - vielleicht auch morgen.

Heute habe ich das gesamte Geld - welches mir für den laufenden Monat zum Leben zur Verfügung steht - bar abgehoben. Die Karte für mein Konto - werde ich morgen bei meinen Eltern hinterlegen, damit ich nicht in Versuchung gerate Geld abzuheben, welches für Rechnungen und Raten vorgesehen sind - denn es gibt nichts schlimmeres als diese mal wieder unbezahlt zu lassen !

Somit wäre der zweite Schritt getan.

Liebe Grüße
Daria

Daria
04.06.2003, 22:24
Okay.........

Kary
05.06.2003, 05:51
Hi Daria,

bei mir wäre ein Rückfall mit so viel Geld in der Tasche vorprogrammiert. Deine Mutter könnte Dir das Geld für den Monat doch auch einteilen, nur mal so als Vorschlag.

Gruß
Kary

norbert
05.06.2003, 10:27
kary hat mehr als recht. kohle brennt in der tasche und vergrößert die Versuchung enorm. überlegemal was du tatsächlich am tag brauchst. in einer woche überlege neu - es wird weniger sein, wenn du das eine zeitlang durchgehalten hast hast du dein ausgaben optimiert. aber werde deswegen nicht geizig.gruss norbert

Daria
05.06.2003, 14:22
Hallo,

danke für Euren Rat - doch anders geht es nicht ! Das ich mir das Geld vom meinen Eltern einteilen lasse - ist unmöglich (sie wissen nichts davon). Außerdem habe ich einen guten Grund das Bargeld nicht auf den Kopf zu hauen....

Ich muß nicht nur für mich sorgen - ich habe eine 14 Monate alte Tochter. Es ist noch nie soweit gekommen, dass meine kleine Maus nicht versorgt war - vorher würde ich mir die Finger abhacken!

Gefährlicher für mich ist - wenn ich Geld auf dem Konto habe - da kam es dann schon oft vor das Rechnungen und Raten nicht bezahlt wurden - und das bringt Dich in die Hölle!

Noch einen schönen heißen Nachmittag

Gruß
Daria

norbert
05.06.2003, 15:21
Daria, auch wenn es hart klingt, deine chance tendiert ,ohne offenheit und ehrlichkeit auch gegenüber deinen eltern, gegen null. ob sie bereit sind es anzunehmen ist dabei wirklich zweitrangig. sei ehrlich und zeige deinen eltern wer du bist und mit welcher krankheit du dich rumschlägst.das ganze hat auch etwas mit veranlagungen zu tun und für die bist nicht du verantwortlich. diese latente unwahrheit treibt dich zurück zum spiel.schohne deine eltern nicht, überwältige sie mit der ganzen offenheit zu der du fähig bist,heule in ihrer gegenwart,werde laut. ich bin ein "gestandener Mann" ,meine mutter hat zugehört,ist nicht groß darauf eingegangen,weil nicht sein kann ,was nicht sein darf und hat monate später mich für dieses verhalten um verständis gebeten, war dankbar für die offenheit. du bist ihr kind und egal wie alt du bist schau auf dein kind und frage dich ob du nicht auch ihm jede hilfe geben würdest. erspare deinem kind das schicksal eine abhängige mutter zu haben. ich habe meinen töchter 16+18 in die augen sehen müssen bei meiner offenbarung, es war schrecklich unmenschlich schwer - aber heilsam. mit meiner mutter war es einfacher ich bin schließlich ihr kind. gute 24 stunden.gruss norbert

Daria
05.06.2003, 21:34
Hallo Norbert,

vielen Dank für Deine offenen Worte - ich muss zugeben, dass Du 100 % recht hast...

Meine Tochter wird sich nicht mit einer spielsüchtigen Mutter rumschlagen müssen - da bin ich mir sicher - deshalb bin ich hier! Welche Motivation könnte größer sein, als das Lächeln Deines eigenen Kindes !? Noch dazu, wenn wenn Deinem Kind nur die Mutter geblieben ist !

Interessant fand ich Deine Aussage - das es immer eine Ursache für diese Sucht gibt - dass man sozusagen nichts dafür kann - das es so ist - wie es ist. Nun, darüber läßt sich streiten - aber mit Sicherheit gibt es einen guten Grund für meine "Neigungen" - ich weiß auch schon, wo ich diese suchen muß - ich bin mir aber bewußt, dass ich dies nicht allein schaffen kann.

Nun zu meinen Eltern - im Moment kann und will ich mit meinen Eltern nicht über mein Problem sprechen - nicht jetzt -im Augenblick bin ich einfach nicht bereit dazu.

Gruß
Kerstin

Frank
06.06.2003, 01:41
Hallo
habe deine Geschichte mit großem Interresse gelesen,
weil mir alles sehr bekannt vorkam.
bei mir fing alles auch vor ca. 3 Jahren an, bin aber leider noch nicht los vom spielen. Bei mir ist es soweit das ich meine Rechnungen nicht mehr bezahlen kann. Habe es aber geschafft mich endlich sperren zu lassen.

norbert
06.06.2003, 08:29
hallo daria, ich wünsche dir alles gute und jede kraft die du brauchst. sei egoistisch genug dir hilfe bei deinen nächsten zu holen. wenn es stolz von dir ist, ist es falscher. wenn deine eltern selbst probleme jedweder art haben, ist es vielleicht für sie eine aufgabe.wenn du angst hast sie vereinnahmen dich und dein kind, dann lasse dich zu deinem eigenen schutz für eine zeit vereinnahmen. nur wenn sie nichts taugen,lasse sie außen vor. ihre enttäuschung wenn du sie nicht eingeweiht hast, dieser vertrausbruch wird für sie schwerer wiegen als alles was sie jetzt enttäuscht oder sie nicht verstehen. lasse den spielteufel diese entscheidende hintertür nicht offen. allen gute 24 stunden.gruss norbert

Daria
06.06.2003, 21:07
Hallo Frank - hallo Norbert,

Frank - ich wünsche Dir ganz viel Kraft - denn wenn erst der Vollzugsbeamte vor Deiner Tür steht - ist das der blanke Horror....

Norbert - ich respektiere Deine Meinung - dennoch bin ich der Meinung, dass es für die Heilung der Spielsucht keine Schablone gibt. Natürlich ist es wichtig - sich vor seiner Familie und Bekannten zu offenbaren - dennoch glaube ich, dass es nicht immer der nötige Schritt sein muß - das ist meine Meinung - jeder Mensch ist verschieden - für jeden gibt es einen anderen Weg - ich muß den meinen wählen. Und ich weiß, dass es hier und jetzt nicht der richtige Schritt ist. Auch wenn ich mit Sicherheit größe Probleme habe - deshalb schreibe ich ja auch hier diese Zeilen - war ich bisher immer ein Meister darin - meinen Weg zu gehen - denn nur ich allein weiß, was zu tun ist. Und das weiß ich auch jetzt - deshalb kann ich guten Gewissens sagen - ja - ich brauche Hilfe ! Aber mir hilft es nur, wenn ich mich darüber mit Menschen unterhalten kann - die auch betroffen sind - und auch wissen, was mein Problem ist. Alles andere würde zurzeit weitere Probleme in mein Leben bringen....

Und das ist meine Entscheidung - hier und jetzt!

Liebe Grüße

norbert
10.06.2003, 09:02
hallo daria,ich wünsche dir von ganzem herzen , daß du diese zeilen in 12 monaten noch unterschreiben kannst. doch wenn du halt brauchst folge dem rat derjenigen die erfolg hatten, aber nochmehr dem derer die gescheitert sind, bevor evtl. die nächste katastrophe kommt . allen gute 24 stunden .gruss norbert

Daria
12.06.2003, 20:58
Hallo Norbert,

natürlich könnte ich das nicht für die nächsten 12 Monate unterschreiben. Alles was ich sagen wollte ist - das ich meinen eigenen Weg finden muß - und dieser führt mich hoffentlich erstmal aus dem Sumpf heraus. Ich will ja nicht völlig ausschließen, dass ich mich irgend wann meinen Eltern offenbare - aber ich kann es mir zurzeit einfach nicht vorstellen. Da gibt es noch einige andere traurige Umstände - die ich aber nicht als billige Ausrede vorschieben will. Vielleicht wird das der nächste Schritt sein - aber nicht der erste.

Liebe Grüße
Daria

justus
13.06.2003, 01:35
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Was ich auf gar keinen Fall will, ist mir von jemandem helfen zu lassen.
Fängt nicht Selbstständigkeit mit Selbstständigkeit an?
Spieler haben in aller erster Linie ein Problem mit ihrer Emotionalität, wobei diese genau betrachtet und richtig verstanden ein Geschenk darstellt.
Ausser für die armen Würstchen unter ihnen; aber irgendjemand muss ja auch spielen. Man denke doch auch ein bisschen an die armen,armen Menschen die mit dem Glücksspiel ihren Ferrari finanzieren müssen.
Also bitte, einfach nicht mehr spielen und so leben wie vorher.
Warum macht man sich was vor? Glücklicher ist man ohnehin, wenn man nicht ganz so viel Geld hat, wie man es sich durch das Spielen erhofft zu haben. Denn das ist der nährende,krankmachende Gedanke. Wir sind nicht süchtig nach dem Spielen, vielleicht ein bisschen stolz wenn man wieder Sekt oder Selters gezockt hat, und auch mal wieder belohnt wurde dafür... das geld verbrennen an sich, ist sicherlich der grösste reiz dabei, aber warum genau ich danach süchtig bin, darüber zerbrech ich mir immernoch den kopf. es muss doch einfacher sein, schön viel geld zu haben, als dann doch nichts.Ganz heilsam ist es sicherlich, sich an Orten an denen gespielt wird aufzuhalten und nicht zu spielen.
oder dann vielleicht doch, aber das steht uns ja frei, sind wir doch menschen, ganz selbständige und freie individuen.
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"Ich mag die Freiheit nicht", gestand ein routinierter Sklave. "Sie zerstört die Kette, die uns alle verbindet, und überläßt uns mutterseelenallein uns selbst."
Stanislaw Jerzy Lec (1909 - 1966)

norbert
13.06.2003, 09:21
hallo justus, wie frei du bist merkt man daran, wie dich die gedanken ans spielen oder nicht spielen knebeln. wieviel kraft du da hinein investieren mußt. spieler sind nicht frei in ihrer entscheidung und der besuch von spielstätten bestärkt sie gewiß nicht in ihrer entscheidungsfreiheit. gute 24 stunden und vielleicht solltest du ferrari fahren. wenigstens am wochenend,leihweise, wer spielfrei ist spart. mein problem ist ,daß ich jetzt etwas geizig werde. gruss norbert

justus
14.06.2003, 02:09
norbert,

du verstehst mich falsch.
es war von mir nichts als ironie, gerade wenn ich doch von der freiheit spreche im letzten teil des beitrages. die ironie von der freiheit des menschen nocheinmal in ironischer form wiedergegeben;aber ich dachte das würde durch den aphorismus deutlich werden... lies ihn einfach nochmal und vielleicht wird dir dann klar, wie ich es eigentlich meinte.

als ich deinen beitrag las, kam mir ein schöner gedanke:

einen blinkendes und schön geputztes spielgerät mit einem baseballschläger klitzeklein zu schlagen, bis einem der schweiss von der stirn tropft. hach was würde mir das gut tun. dann könnte ich seit langem mal wieder so richtig durchatmen. ich wäre viel freier in meiner brust, in der es so eng ist seit langem.
und das allein bei der vorstellung daran!
immernoch sinnvoller als aufgestaute aggressionen in einem selbstmord eskalieren zu lassen. wir aktiven spieler hassen uns doch selbst oder nicht?
und ebenfalls ein interessanter gedanke, wenn man überlegt, wieviel man in den haufen schrott und glas und ein bisschen elektronik hineininterpretiert, quasi auf du und du wird mit dem crown oder merkur.
meinen freund den spielautomaten mal so richtig zusammenschlagen! wieviel symbolik in dieser tat stecken könnte! als instantkur sicher auch ganz gut geeignet.
mal schauen. alte automaten sind ja schon ganz günstig zu bekommen. dann mach ich mir erstmal ein foto davon wenn ich mit ihm fertig bin, und klebe es mir in mein fotoalbum mit dem untertitel:

"Ich und der Kampf mit dem Automaten. Nur dieses Mal bin ich der Sieger."

norbert
16.06.2003, 08:04
hallo Justus, ich war mir nicht ganz sicher wie du es meintest ! ich habe für mich festgestellt, dass ich nicht versuchen darf zu kompliziert diese sache anzugehen.das erkennen der koplexität des gesamten prozesses nützt MIR nichts und nur ganz selten treibt es mich noch zum sarkasmus. ironie verleitet zu lächeln. ich habe dieses lächeln wieder entdeckt, bin aber noch nicht in der lage es für dieses thema hervorzulocken. sei gegrüßt. allen gute 24 stunden. norbert

justus
17.06.2003, 03:22
Und immer fort und weiter fort
drängt mich das Gefühl,
daß ich mich so wie ich jetzt bin
nicht mehr haben will.
Drum laßt mich fliegen - sterben will ich!


das spielen gehört sicherlich zu den stärksten süchten überhaupt, wenn es nicht die stärkste psychsische abhängigkeit überhaupt schafft, ich weiss es nicht. ich war nie kokainabhängig oder nahm gar heroin, wobei man dieses ja gar nicht in die gleiche klasse zählen darf.
ich kann mir aber gar nichts schlimmeres vorstellen und glaubt mir, wer in in 2 1/2 Jahren 50000€ an normalen Spielautomaten verspielt und erst 22 ist,weiss wovon er redet.
aber was soll.aus finanziellen Gründen muss ich erst grade diesen auf Raten gekauften Computer verkaufen, da meine Mutter auf gar keinen Fall merken darf, das ich wieder soviel Geld verspielt habe. Ich habe sie zu einer alkoholikerin gemacht.
ich will nicht mehr spielen, obwohl, und das ist das paradoxe, das krankhafte, krankmachende, grauenerregende gefühl, ich nicht weiss, ob ich das will oder nicht.
eigentlich spürt man ja, ob man das wirklich will oder nicht, ein spieler verliert dieses gefühl anscheind.


Sagt mir, was muss passieren, damit ich das Gefühl des Wollens wieder bekomme? WAS?


und noch eines, und zwar mein lieblingsspruch ( ich weiss,dass das alles sehr pathetisch klingt):

Diejenigen, die sich umbringen, sind keine echten Spieler, denn wer so weit die Hoffnung verliert, wird es nie zum echten Spieler bringen.


Das hält mich am Leben. Ist das nicht albern?

claus
17.06.2003, 07:16
hallo justus,
einer sagte mal im Meeting über das wollen:
"Man muß wollen, wollen"

Es kommt nicht so sehr darauf an, was ich will. Das Funktioniert ja eh nicht mehr mit meinem Willen, wenn ich krankhaft spiele, sondern es ist die Frage: "Ob ich noch kann"!
Die Anonymen haben in ihren Texten den Lösungsansatz:

"Wir haben gelernt, dass jeder von uns sich selbst in aller Ehrlichkeit eingestehen muß, ein süchtiger Spieler zu sein. Das ist der erste Schritt zur Genesung."

Also wenn ich genesen will, muss ich lediglich bereit sein vor dem Spielen zu kapitulieren immer wieder.

norbert
17.06.2003, 11:02
was deine gedanken an selbstmord angeht, so sind die grauenerregend. mir aber nicht fremd. wer den risikoknopf drückt, erhofft sich eine geringe chance und ein prickelndes
gefühl. wer in den abgrund springt oder den abzug drückt, hat vielleicht ein kurzes prickelndes gefühl, aber mit sicherheit keine chance.gruss norbert

Daria
17.06.2003, 11:30
Hallo Justus,

ich glaube Du mußt sehr verzweifelt sein - Du bist auf der Reise - auf der Suche nach jemandem der WIRKLICH versteht, was sich in Dir abspielt! Denn Dein wahres Leid treibt nicht einfach so an der Oberfläche - des ist ganz tief begraben in Deiner Seele - und macht Dich nach und nach kaputt - und das - obwohl Du so viele Perspektiven im Leben hättest....

Glaube mir - ich kenne dieses Gefühl!

Sag mir - wann hast Du das letzte Mal gespielt ? Ich bin schon einige Zeit spielfrei - keine Ahnung wie lange - ich habe die Tage nicht gezählt. Was ich jedoch feststelle ist - dass es mir von Tag zu Tag besser geht - mir fällt es jeden Tag leichter den normalen Alltag zu meistern - ich werde wieder zu einem Menschen. Anders ist es, wenn ich spiele - da gibt es unterschiedliche Stufen - die schlimmste ist der "Vollrausch" - jene Tage wo ich unsagbar viel Kohle verliere und ich nicht mehr Herr meiner Sinne bin. In jenen Phasen bin ich nicht mehr von dieser Welt - bin geistig völlig weggetreten - und kriege die einfachsten Dinge nicht fertig. Alles dreht sich nur um's Geld - wieviele Tage hat noch der Monat - was kann ich diesem Monat mal wieder nicht bezahlen - wo könnte es Probleme geben - ich geh nicht mehr ans Telefon - der tägliche Gang zum Briefkasten wird zum Höllentrip...und so geht es Monat für Monat.

Wie schon erwähnt - Spielen ist für mich die pure Quälerei - es geht mir totel dreckig - und wenn ich gewinne - empfinde ich absolut nichts....

Jeder "normale" Mensche würde jetzt den Spruch raushauen "Warum spielst Du dann!? Hä !?" - weil es eben mein Ziel ist - zu leiden - irgend etwas in mir schreit danach - der Schrei nach Selbstvernichtung...echt pervers - oder !?

Ich glaube ganz fest das es Schicksal war - das vor 14 Monaten meine Tochter geboren wurde - denn ohne sie wäre ich schon jämmerlich verreckt - ich hätte mir bedingunglos den Todesstoß gegeben - nein, nicht etwa durch Selbstmord - sondern durch das Spiel mich selbst zu verstören...

norbert
17.06.2003, 14:00
die chance spielfrei zu bleiben ist weitaus höher,als die am automaten oder sonstwo wirklich etwas zu gewinnen. bist du im moment in der lage die morgenröte zu genießen ? Siehst du noch die lachfalten im gesicht deines gegenüber ? bist du in der lage solche wahrnehmungen noch selbst zu machen oder ziehst du dir wie es sein könnte nur aus deinen erinnerungen und aus büchern ? kannst du bücher noch in ruhe genießen ? diese dinge , so gering sie erscheinen mögen, sind es wert daß man sie bewahrt,zurückgewinnt und in zukunft erleben darf. der eine atemzug voller genuß und befriedigung in dem man scheinbar abhebt ist die anstrengung allein schon wert. und dieser moment kommt so schnell zurück wie man ihn verloren hat. die zahl dieser momente wächst mit dem abstand zum letzten spiel. probiere es aus. allen gute 24 stunden. gruss norbert

Daria
17.06.2003, 19:32
Hallo Norbert - hallo Justus,

genau das ist der Punkt - wenn man spielt nimmt man nicht mehr am realen Leben teil - denn man benötigt die gesamte Kraft - alle Gedanken - um dieses verdammt schlechte Gefühl los zu werden. Man lebt in der Illusion sich wieder besser zu fühlen, wenn man erneut spielen geht. Nur noch dieses eine Mal - heute werde ich gewinnen und dann kann ich dieses verdammte Kapitel mit einem guten Gefühl abschließen!

Doch das ist die blanke Lüge - und das weißt Du! Ich weiß es auch - dennoch kann es mir jeden Tag wieder passieren...

justus
18.06.2003, 01:17
ihr habt den nagel auf den kopf getroffen.

es ist dieses "Sichselbstbelügen", dieses ohnmächtige.
nur spieler verstehen was du meinst daria, wenn du davon sprichst, das man immer wieder soviel kraft aufbringen muss alles zu verdrängen. und die schatten wachsen.
man hat bei allem ein schlechtes gewissen und ich erwarte von niemandem das man mir vertraut, ich kann es ja selbst nicht. man hat keinen stolz, keine würde und keine integrität. das schlimme ist, nach aussen kann ich das sogar ziemlich gut verbergen. aber vor mir selbst, da ekel ich mich. und so wird alles zu einer farce.
erst wenn man spielfrei ist, und es auch bleiben kann, ohne zweifel und angst vor einem rückfall, sondern mit mut und vertrauen, dann kann man das leben wieder geniessen, weil man zu sich stehen kann.
davon bin ich noch sehr weit entfernt, aber ich habe schon einen plan und die ersten schritte leite ich morgen ein.
nur was ich nicht machen werde ist, zu einer selbsthilfegruppe zu gehen...

norbert
18.06.2003, 07:17
hallo justus, erstens ,die angst vor dem rückfall bleibt und dies ist gut so. zweitens, eine selbsthilfegruppe potenziert die so schon geringe chance es zu schaffen. gruß norbert

Daria
18.06.2003, 19:21
Hallo Justus,

ich sehe schon wir haben da ähnliche Erfahrungen gemacht! Dieses Gefühl nimmt Dich komplett ein - und zieht Dich Tag für Tag in den Abgrund...

Ich finde es gut - dass Du Deinen eigenen Weg gehen willst - so lange, wie Du hoffentlich keinen Blödsinn im Kopf hast (Du weist schon, was ich meine !?)! Auch das mit der Selbsthilfegruppe kann ich nachvollziehen - auch wenn Dir alle prophezein, dass Deine Change spielfrei zu werden gleich null ist. Ich glaube nicht daran - denn jeder Mensch ist anders - und jeder muß seinen eigenen Weg gehen. Nur Du allein kennst Dich am aller besten! Versuche Dein Glück - ich wünsche Dir ganz viel Kraft dafür!

norbert
19.06.2003, 09:31
Ja jeder mensch ist anders , aber was ist von der sozialen komponente übrig wenn man süchtiger spieler ist. diese soziale komponent ist ein wesentliches merkmal des menschseins. das schwelgen im besonderssein, die hervorhebung der eigenen einzigartigkeit, der ekel verbunden mit selbstmitleid und narzistischer betrachtung, glaubt ihr wirklich das euch das hilft. eine therapie die alle schattierungen euerer persönlichkeit einbezieht, berücksichtigt wird es kaum geben. macht es euch nicht so kompliziert. die kompliziertheit auszuloten,sich in ihr zu verstricken, kann dazuführen diese lebenssituation als ausweglos anzusehen.dies raubt unnötig kraft. vereinfacht es, bringt es auf die primitivste formel, erarbeitet euch simple verhaltensweisen. am ende ist jeder spieler gleich in seiner krankheit. die kompliziertheit der eigenen persönlichkeit als alibi für einen rückfall- spätestens da hat man seine besonderheit verloren, weil dies gab es sicher schon hunderttausendfach. nehmt euch meinetwegen 4 besuche einer gruppe vor um verhaltensweisen,-regel kennenzulernen. probiert euch daran zuhalten und dann bleibt der gruppe einfach fern wenn ihr wollt, keiner wird euch zwingen. aber die einfachsten und am primitivsten klingenden tipps sind die besten. gruß norbert.allen gute 24 stunden

justus
24.06.2003, 22:45
aus dir spricht auch die vernunft und ich muss sagen, dass gerade ich mir auch viel zu wichtig bin und überschätze.

Gerade Menschen, die mit ihrem Leben nicht zu Rande kommen, kommen leicht in Versuchung, sich für den Mittelpunkt der Welt zu halten.

hat mir mal jemand gesagt und wohl ganz recht gehabt...

norbert
25.06.2003, 08:42
hey, glaub mir es sah in mir vor nicht ganz neun monaten sehr ähnlich aus wie in dir. ich bin schon eine weile in diesem forum.am anfang unter -spieler- jetzt unter -norbert-.
ich habe gemerkt das mir die anonymität am anfang sehr geholfen hat. das heraustreten aus ihr -schrittweise- mir jedoch jetzt besser hilft.Aber natürlich hören die probleme mit dem nichtspielen nicht sofort auf.Meine mutter hat es noch nicht verstanden.zu meiner geschäftsgründung hat sie mir 20.000 DM vorgeschossen. ich habe bisher 5000 zurückgezahlt.jetzt nach dem sie weis ,daß ich gespielt habe-über jahre- und nun acht monate spielfrei bin macht sie ihre forderungen auf, obwohl sie weis das es mir noch etwas beschissen finanziell geht. sie ist keine arme frau und hat eine rente soviel verdienen viele menschen nicht wenn sie arbeiten gehen. aber sie setzt mich unter druck und ich bin nahe dran . da ich es jedoch nicht will und das problem kenne,hoffe ich diese klippe zu meistern.nur kurz zur ergänzung, natürlich steht meiner mutter das geld zu, aber das sie nun die einzige ist die mich unter termindruck setzt, obwohl wir ausführlich über alles gesprochen haben ist schon schwer zu verarbeiten.allen gute 24 stunden.gruss norbert