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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : heute habe ich das gefühl, dass ich es nicht mehr will



marija
12.09.2003, 18:57
hallo ihr lieben,

nach acht monaten agonie und spielfreiheit habe ich heute das gefühl, dass ich nicht mehr kann!!! ich habe das gefühl, dass die leute um mich herum eigentlich vergessen haben, was ich durch mache, keiner spicht mehr darüber und alles ist normal. selbst meine therapeutin ist der meinung, ich müsse anfangen ein normales leben zu führen. die ungewissheit und die ängste scheint für alle um mich herum völlig unverständlich zu sein. alles wird gut, heißt es immer, wir sind doch bei dir. heute glaube ich nichts wird gut, und keiner ist bei mir, ich kann einfach nicht mehr...

lieben gruß marija

ish
12.09.2003, 20:01
mensch mariija ....
bleib stark!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
sag den leuten doch einfach, dass du noch nicht in das normale leben eintauchen kannst!!
Vielleicht haben alle das Gefühl, dass sie dich damit belasten würden??!!!
ich zum beispiel wäre froh, wenn keiner mehr über meine Probleme reden würde, damit ich endlich ein normales Leben leben könnte.

bleib stark..........
ish

Daria
12.09.2003, 20:21
Liebe Marija,

glaube mir - ich kann Dich gut verstehen! Auch wenn ich in der letzten Zeit nicht viel geschrieben habe (war 5 Wochen nicht in Berlin) - dann denke daran, dass wir eines gemeinsam haben - diesen verdammten Potsdammer Platz....!!

Ich war in der Zwischenzeit wieder da - und ich habe nicht nur von außen geschaut, wie die Menschen ins Casino hetzen...es hat mich wieder erwischt - und es war niemand da, dem ich das erzählen konnte. Da hast Du mir einiges voraus...

Und das - liebe Marija ist verdammt viel wert! Du hast Menschen in Deinem Umfeld - die Dir geholfen haben - die Dich trotzdem weiter lieben! Für eine gewisse Zeit, hat dies ihr Leben erschüttert - entsprechende Wege wurden eingeleitet - und nun sind sie der Meinung alles wäre geregelt! Siehe es ihnen nach - liebe Marija - denn niemand der diese Sucht selbst erlebt hat wird wirklich wissen was Du fühlst! Das ist unser Schicksal! Dennoch kannst Du Dich verdammt glücklich schätzen, dass diese Menschen zu Dir gehalten haben! Das ist Deine Chance - rufe es Dir ins Bewußtsein...

Ganz liebe Grüße
Daria - aus dem nahen Berlin

marija
12.09.2003, 23:27
hallo ich, hallo daria,

einen herzlichen dank für euere zeilen. heute war ein besonders schwerer tag, meine tochter feierte ihr 20-sten geburtstag und ich machte mir die schwersten vorwürfe meines lebens, denn es tat so verdammt weh, zu wissen, was ich diesem kind angetan habe. sie dankte mir heute, mit den worten ich sei die wunderbarste und beste mama die man sich vorstellen kann, aber ich soll bitte wieder versuchen die traurigkeit aus meinen augen weg zu bekommen. es tat nur unedlich weh. ich habe vielleicht die zukunft meines kindes definitv zerstört, denn die gesellschaft wird ihr noch massive schwierigkeiten bereiten, wenn sich herum spricht, was ihre mama getan hat. daher denke ich, es wäre besser, wenn ich allen für immer tschüß sage!!! Liebe daria, schade, dass du wieder am Potsdamer Platz warst, aber ich kann dich verstehen. die hölle die wir spieler/innen durch machen ist für die außenstehenden nicht nachvollziehbar. die anziehungskraft ist stärker als der verstand. versuche es bitte, wenn es irgendwie geht, dem ort fern zu bleiben, denn die quallen, die man dort durch steht, sind genau so grausam, wie, die danach. meine familie und meine freunde benutzen einen standard satz, was ist gewesen, ist vorbei,schaue nach vorne und entdeck dich neu. wenn dies nur so einfach wäre!!!

ich grüße euch ganz lieb und wünsche uns allen eine zukunft ohne angst

Kary
13.09.2003, 09:15
es ist nicht leicht zu sehen, was man mit seinem Verhalten sich selbst und auch anderen Menschen angetan hat. Und diese Traurigkeit über all die Verletzungen, ist manchmal unerträglich. An manchen Tagen kann man nichts tun, man ist dem ganzen so ausgeliefert emotional. Ich hab mir dann häufig gesagt "Loslassen und einfach weiteratmen". Du tust was Du kannst, mehr geht im Augenblick nicht. Und dass Dich Deine Tochter als die beste Mama der Welt bezeichnet, zeigt doch auch, dass vieles gut ist, was Du ihr mitgegeben hast. Klar wollen Kinder ihre Mutter am Liebsten immer lachend sehen, aber sie wird es lernen und erkennen müssen, dass das Leben nicht immer zum Lächeln ist. Ich bin auch in einer problematischen Familie groß geworden und anfangs war es mir sooo peinlich, als das alles ans Tageslicht kam. Aber es hat mich auch stark gemacht und mir gezeigt, dass es nicht wichtig ist, was andere denken und sagen. Ich hab meine Mama bedingungslos geliebt, mit all ihren Schwächen und ich war einfach nur froh, wenn es ihr gut ging und sie sich einigermaßen im Griff hatte. Aber ich hätte es ihr verdammt krumm genommen, wenn sie sich einfach so aus dem Staub gemacht hätte! Sie ist vor lauter Gram sehr früh gestorben, das macht mich noch heute traurig und manchmal auch wütend. Trotz alledem bin ich ein verantwortlicher Mensch geworden und habe Freude am Leben. Jedes Kind muß irgendwann auch lernen, dass es weder verantwortlich noch schuld am Leben der Eltern ist und sich darauf konzentrieren sein eigenes Leben zu leben. Und umgekehrt genauso. Auch die Eltern müssen loslassen lernen und erkennen, dass sie ihren KIndern das mitgegeben haben, was sie konnten. Gräm Dich bitte nicht mit Schuldgefühlen. Der ganze Prozess dauert viel länger als man glaubt. Und Deine Traurigkeit und Angst sind doch ganz normal. Nimm Dir die Zeit zu genesen, die Du brauchst, auch wenn andere das nicht nachvollziehen können. Das alles läßt sich nicht so schnell glätten und kitten, wie man manchmal gerne hätte. Ich finde es sehr schön, dass Du diese Gefühle mit uns teilst, denn wer sonst könnte das besser verstehen.

In Gedanken und Gefühlen bei Dir,
Kary :)

marija
13.09.2003, 16:28
Liebe Kary,

einfach nur ein großes dankeschön!!! Du bist wirklich ein wunderbarer mensch, danke!!!

lieben gruß marija

Nicole
13.09.2003, 17:20
Liebe Marija,

deine Tochter u. die Menschen um dich herum wissen doch über deine Lage Bescheid (oder habe ich was falsch verstanden). Sprich doch in Ruhe mit ihnen. Sag ihnen dass du Angst hast; erzähle von deinen Befürchtungen.

Aber liebe Marija, ich selbst bin Angehörige von einem suchtkranken Mensch. Auch wenn ich oft verzweifele, viele Dinge nicht verstehe, manchmal sogar hasse, doch eines kannst du mir glauben, wenn dieser Mensch nicht mehr bei mir wäre, ich würde wahnsinnig werden und nach dem Sinn des Lebens fragen. Kannst du dir vorstellen, welche Vorwürfe man sich dann auch machen würde. So in der Art: Wieso habe ich ihre Verzweifelung nicht gemerkt; wieso habe ich diese traurigen Augen nicht richtig gedeutet.

Deine Tochter liebt dich über alles. Ein größeres Geschenk als Liebe gibt es auf dieser Welt nicht. Weise es nicht zurück. Versuch dieses Geschenk anzunehmen u. gibt ihr zurück - das was in deiner Macht steht -. Gib ihr die Liebe weiter, die du schon dein ganzes Leben für sie empfindest.

Versuche mit ihr zu reden. Überfalle sie nicht mit zu vielen Dingen. Aber rede mit ihr. Und sie wird auch dann immer noch von ihrer besten/liebsten Mama sprechen.

Denn egal was gewesen ist oder noch kommen mag. Du bist ihre Mama u. sie deine Tochter. Ich sage immer, egal ob man 3 Jahre oder 20 oder wie in meinem Fall über 30 Jahre ist. Man bleibt immer Kind (und ein Kind braucht seine Mutter "immer").

Liebe Marija
ich wünsche dir alles Liebe

Nicole

J.
14.09.2003, 08:50
Hallo Marija,

richtig verstehe ich auch nicht ganz, wieso du nicht verstehen kannst, dass keiner mehr über das Thema spricht. Mein Ex wäre froh gewesen, wie ish schon schreibt, wenn das Thema nicht immer unterschwellig oder direkt da gewesen wäre.

In dem nämlich dauernd über das Problem spielen gesprochen wird, pflegt man dies nur und versucht nicht wirklich Abstand zu finden. Ein wenig beneide ich die Leute um dich herum, wie du es beschreibst, dass sie mit dem nicht ansprechen zurecht kommen. Mir fällt das ungeheuerlich schwer, da die Gedanken einfach um das Thema kreisen.
Besonders intensiv, wenn er verspätetet nach Hause kam oder irgendetwas noch zu tun hatte. Es fiel/fällt mir schwer ihm zu glauben, dass seine Geschichte war ist. Ich denke, dass belastet den Betroffenen auch schwer.

Ich denke, dass du vielleicht zu wenig Aufmerksamkeit bekommst, für alltägliche Dinge. Sprich mit deinen Leuten, dass du öfters mal gelobt werden willst oder einfach nur sprechen willst ohne Lösungen oder Gegenantworten. Sag konkret, was du von ihnen willst und sein auf alle Fälle ehrlich, denn das ist für Angehörige, auch wenn sie es nicht sagen, glaube ich das Wichtigste, da in der Beziehung viel kaputt gegangen ist.

Mit freundlichen Grüßen. J.

marija
14.09.2003, 17:09
hallo nicole, hallo j,
zunächst einmal dankeschön.
liebe nicole, dir danke ich ganz besonders, denn durch dich habe ich in etwa begriffen, was in einem angehörigen vor sich geht. es ist in der tat so, dass meine menschen bescheid wissen und nach anfänglichem schock, damit unglaublich gut umgehen können und genau das ist es was mich unendlich traurig macht, menschen die mich grenzenlos lieben (und ich sie auch) ich so viel schmerzen zubereitet habe. weißt du, wenn sie böse, oder unverständlich daraf reagiert hätten, wäre es vielleicht einfacher, oder wenn sie ihren schmerz auch nach außen tragen würden, aber sie versuchen es mit unglaublich viel ablenkung und liebe, meine spielsucht und alles was damit zusammen hängt zu verdrängen. mir wären die tägiche vorwürfe fast lieber, denn dann würden sie auch die situation verarbeiten.

hallo j, wie ich herus lesen konnte, du kennst meine geschichte wahrscheinlich nicht? wenn du mal zeit und muse hast lese sie bitte, und du wirst es verstehen, dass ich mein ganzes leben lang, sehr viel anerkennung, liebe und verständnis erfahren habe. ich würde über unterschwelligen bemerkungen auch nicht besonderes glücklich sein, dennoch über offene und ehrliche aussprachen. Ich weiß, dass es für meine familie unglaublich schwer war oder ist, aber verdrängungen tun auch nicht gut.

liebe grüße und einen schönen sonntag marija

Rolf
16.09.2003, 21:28
Wären dir die täglichen Vorwürfe vielleicht lieber, weil sie dich in dem Gefühl, mir hat es schlecht zu gehen, ich habe soviel angerichtet, bestärken würden? Aber es passiert genau das Gegenteil, deine Lieben wollen dir Mut machen, dir Kraft geben. Kann es nicht sein, dass sie es verarbeitet haben und du nur etwas vorraussetzt, was nicht vorhanden ist? Warum bestärkt dich keiner in deinem Gefühl nichts wert zu sein. Das kann doch wohl nur einen Grund haben. DU BIST SEHR VIEL WERT!! Deine Familie liebt dich und du liebst sie doch auch. Dann zeig ihnen deine Liebe. Hab dich nun auch wieder selbst lieb, ganz langsam, Schritt für Schritt, Marija darf sich selbst wieder lieb haben. Ich glaube, soviel hast du garnicht angerichtet, als das du weiterhin im Kummertal leben musst. Diese blöde Krankheit hat uns irgendwann mal ein Bein gestellt, nun sind wir wieder da. Glaubst du nicht, dass es schöner ist wieder anzufangen zu leben? Ach, es geht mir doch ähnlich, wie lange bin ich rumgelaufen, nein ich habe mich vor dem Leben versteckt, mir durfte es ja nicht gutgehen, was habe ich doch alles angerichtet, ich habe mich selbst bestraft. Wöfür????? Dafür, das ich irgendwann mal Krank geworden bin. Was für ein Blödsinn!! Steh auf.....mach einen kleinen Schritt...umarme dich selbst...und dann sagst du dir, ich bin wieder da, ich habe mich lieb und ich merke wie ich mir immer mehr verzeihen kann. Ich tat nichts mit böser absicht und ich bin nicht schuld!! Ich Bin Krank. Jetzt fange ich an zu genesen und meine Krankheit wird mich nicht unterkriegen. Marija, es geht mir wie dir und ich weiss was du durchmachst, nimm meine Hand und nimm all die Hände der Menschen die dich mögen und lieben, und dann wirst du eines fühlen, marija hat es verdient wieder zu leben. Komm zurück.
Wir schaffen das, ganz langsam und mit viel Geduld, aber wir schaffen das. Ich hatte immer ganz schreckliche Angst seit meinem Crash damals, ich bin doch in der Stadt umgekippt und hatte entzug und eine fürchterliche Panikattacke, dachte ich sterbe. Danach habe ich mich über ein Jahr verkrochen, Wunden lecken. Und ganz langsam,sehr langsam habe ich mich wieder ins Leben gewagt. Mein Zusammenbruch ist nun 1 Jahr und 8 Monate ungefähr her, und heute war ich das erstemal wieder im Hauptbahnhof, sehr viele Menschen um mich. Aber es war ok, ich bin dann sogar noch mit einem ganz engen Fahrstuhl drei Etagen zu meiner Therapeutin raufgefahren. Ich bin riesig stolz auf mich! Ich fange an, mich meiner Angst zu stellen.Immer mehr, mit kleinen Schritten. Ich bin auch sehr ausgelaugt heute, aber es ist ein schönes ausgelaugt sein. Weisst du warum...??? ICH FANGE WIEDER AN ZU LEBEN!! Und dich nehme ich mit, komm Marija, lass uns wieder leben,JA ?

Rolf

Ann
17.09.2003, 08:36
Hallo Marija,
ich folge einfach mal Rolfs Beispiel und reiche dir die Hand.

Ann

Nicole
17.09.2003, 08:39
Lieber Rolf,
du hast einen wunderschönen Beitrag an Marija geschickt.
Dieser ist nicht nur bei Marija angekommen; auch bei mir.
Ich danke dir.
Was ist nur los mit mir? Schon wieder muss ich weinen; u. dass weil jemand so gefühlvoll/aufrichtig/aufbauend (wie immer ich es nennen kann) schreibt.
Nicole

marija
18.09.2003, 22:34
lieber rolf,

ich musste immer wieder deine zeilen lesen, um zu begreifen, dass ich vielleicht doch in selbstmitleid zerfließe. ich bin,wem auch immer, tief dankbar, dass es solche menschen, wie dich, meine familie und meine freunde auf dieser welt gibt, denn nur so können wir es wirklich schaffen. meine tochter las deine nachricht mit, war auch tief bewegt, lässt dich ganz lieb grüßen und wüscht dir viel kraft. ich nehme dankbar die ausgestreckte hand,und wünsche uns von ganzen herzen, dass wir irgendwann so weit sind, und unsere Krankheit als einen schatten, der einem bild die vollkommneheit gibt sehen. ich habe heute nach langer zeit wieder weinen können und das tat mir sehr gut. ich habe mich für dich gefreut, dass dir deine "ersten schritte" so gelungen sind und wüsche dir alles, alles liebe.

in tiefer dankberkeit marija

marija
18.09.2003, 22:36
liebe ann,

dankeschön!!!!!

marija

marjia
19.09.2003, 16:57
ich bin auch nach monaten in ein loch gefallen. in eines was ich vorher nicht wahr nahm. ich war einige monate spielfrei, habe am anfang auf wolke sieben geschwebt,war euphorisch.mit der zeit verging die euphorie. es wurde vieles zur normalität, so normal - schon langweilig. und ich empfand ,daß man mich und meine leistung, die spielfreiheit, zu wenig würdigte. es war eine kurze aber gefahrvolle zeit für mich.heute bin ich aus dem loch schon wieder eine weile rausgekrabbelt, hat glück und werde meinen einjährigen jahrestag am 6.10. in der türkei begehen.habe urlaub. ich habe in dieser phase glaube ich erst richtig begriffen, daß ich es ausschließlich für mich tun muß, für mich allein und die größte anerkennung der anderen darin besteht,daß sie mit mir normal umgehen ,ich bin wieder in ihren kreis angekommen. also halt die ohren steif, auch ein ganz klein wenig für uns, denn jeder der hier schreibt macht anderen mut und bringt seine erfahrungen ein die helfen. schönes wochenende allen. gruss norbert. schaut mal unter www.spielsuchtgruppe.de vorbei.