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Rudi
02.10.2003, 23:19
Ich heiße Rudi und bin Spielsüchtig. Mein ganzes Leben war geprägt von dieser Sucht. Oh, was habe ich gelogen was habe ich geschauspielert. Und immer einen Grund gefunden, doch weiter zu spielen.
Das ist so ganz typisch für uns Spieler. Wir suchen immer einen Grund, der zur Rechtfertigung unseres Spielens herangeholt wird. Eigentlich gibt es aber keine Gründe für das Spielen. Nur einen, wir wollen es,wil wir zu schwach sind uns zu wehren. Diese Schwäche geben wir nach Möglichkeit nicht zu. Irgendetwas war ursächlich, nur wir selbst nicht. Also die Maske aufgesetzt und weiter das Spiel spielen. Spieler spielen nicht nur mit Geld. Spieler spielen auch häufig im Leben.Mit der Arbeit, mit den Menschen die uns lieben und vertrauen ,ab und an auch mit unserer Gesundheit oder gar mit unseren Leben.
Seit meinen 16 Lebensjahr zocke ich. Das sind bei mir nun 37!!! Jahre. Frag mich keiner wieviel ich verspielte. Kann es nicht mehr sagen. Stets auf der Suche nach Geld, um es anschließend nutzlos zu verzocken. Gearbeitet wie ein Pferd, sehr gut verdient und was blieb ? Schulden bei der Bank. Und nicht 3,50€.Nun wirst du sicher sagen ein hoffnungsloser Fall.Doch du irrst. Nachdem meine erste Frau an einer bösen Krankheit verstarb, war ich mit meinen jetzt erwachsenen Sohn allein Ich armer Kerl, was hatte ich denn noch? Ach, da war ja noch das Zocken. Und die Lebensversicherung kam da wie gerufen.
Doch dann kam alles anders. Ich lernte meine ganz große Liebe kennen. Die erste Zeit dieser wunderbaren Beziehung
(ca. 3 Jahre) hatte ich nicht gespielt. Dann fing ich wieder an....
Eines Tages sagte meine ganz große Liebe, so könne sie nicht mehr mit mir leben...
Ich besuchte eine Gruppe. Das war vor 5 Jahren. Nach zwei Jahren hatte ich einen Rückfall.Doch es sollte bis heute
der letzte bleiben. Vor zwei Jahre gründete ich in Verbindung mit den Kreuzbund eine Selbsthilfegruppe.
Privat erholten wir uns auch witschaftlich.
Mein Leben hat erst in den letzten 5 Jahren richtig begonnen. Vorher war ich nicht ich selbst. Glaube mir, auch mit 50 kann man noch die Sterne sehen.
Deswegen will ich zum Schluß sagen,das es immer Hoffnung gibt. Aber du darfst ihn jetzt nicht vertrauen.Du mußt kontrollieren. Insbesondere das Geld .Halte ihn aus den Bankgeschäften heraus,teile ihn sein Geld ein und kontrolliere wofür es ausgiebt. Das ist die erste Kosequenz.
Wenn er dich wirklich mehr liebt, als sein Spiel, wird er einverstanden sein.Sollte er nicht mit allen ernst gegen seine Krankheit vorgehen, habt ihr ein sehr schweres Leben vor euch. Dann denke an dich. Sonst zieht er dich mit in sein Unglück und auch dein Leben wird zerstörrt.
Ich wünsch Euch alles gute und möge Gott die Hände schützend über Euch halten.
Alles Gute Rudi.

Su
03.10.2003, 11:08
Hallo Rudi!

Erstmal schönen Dank für Deine Antwort!
Und herzlichen Glückwunsch, daß Du es geschafft hast, schon so lange!!!
Weiter so, Du mußt nur immer gut auf Dich aufpassen, denn die Sucht lauert immer im Hintergrund!
Man meint leicht, wenn man schon so lange Zeit trocken oder clean ist, man hätte alles überwunden, wäre sozusagen geheilt, aber leider ist Abhängigkeit eine unheilbare Krankheit, sie begleitet einen ein Leben lang.
Aber das weißt Du ja bestimmt alles selber, wenn Du sogar eine Gruppe leitest, SUPER!!!

Ich spreche aus Erfahrung, denn ich bin selber abhängig, vom Alkohol!
Vor ca. 8 Jahren begann meine erste richtige Trockenphase, sie dauerte 5 lange Jahre, und es war nicht immer einfach in dieser Zeit, ich war damals auch lange in einer Kreuzbundgruppe, das hat mir sehr geholfen.
Dann habe ich aufgehört, mich intensiv mit dem Thema Abhängigkeit zu beschäftigen, hatte andere Prioritäten gesetzt, Ehe und Kind, und "BUMS" war es wieder passiert!
Dieser Rückfall dauerte dann 3 Jahre,wobei ich zwischendurch unzählige Male versucht habe trocken zu werden.Am Ende stand dann eine stationäre Therapie von 4 Monaten, aus der ich im Juni zurückgekehrt bin.
Ich hoffe sehr, daß es diesmal dauerhaft klappt!

Und gerade deshalb muß ich in Beziehung auf meinen Freund auf mich aufpassen, das weiß er auch!
Bin übrigens gestern nicht mehr hingefahren!
Ich weiß garnicht, was er jetzt macht, er hat sich noch nicht wieder gemeldet, hatte gestern überlegt, ins Krankenhaus zu gehen, das kann man doch auch als Spieler, oder? Quasi zur Entgiftung!

Ich weiß aber, ehrlich gesagt nicht, ob es gut wäre, wenn ich ihn kontrolliere und sein Geld verwalte etc.
Ich kann doch nicht für ihn die Verantwortung übernehmen, das muß er doch selber lernen!
Ich habe doch auch keinen Aufpasser dabei, wenn ich Einkaufen gehe, der kontrolliert, ob ich auch keinen Alkohol kaufe!

Oder wird ein Spieler niemals in der Lage sein, mit Geld umzugehen?

War das denn bei Dir so, hat Deine Freundin Dir auf diese Art geholfen?

Freue mich auf eine Antwort!

Liebe Grüße, Su

Rudi
03.10.2003, 16:48
Habe deine Antwort erhalten und mußte wirklich lange überlegen, was ich in deiner Situation machen würde. Insbesondere möchte ich zunächst daran appelieren, das deine Gesundheit hier über alles andere Vorrang hat.
Es nutzt weder deinen Freund noch dir, wenn du alle Lebenskraft die noch in dir ist, deinen Freund widmest.
Seit 4 Wochen bist du aus deiner Therapie. Was ist mit dir ? Wer kümmert sich um dich ? Auch du brauchst Hilfe und jemanden der auch deine Krankheit sehr ernst nimmt. Du schreibst, du hättest eine Kreuzbundgruppe besucht. Wie sieht es zur Zeit mit einer Gruppenteilnahme bei dir aus ? Was tust du für dich ?
Doch du hattest ja im Bezug Spielsucht eine Menge Fragen. Insbesondere im punkto Kontrolle. Dein Vergleich mit dem einkaufen gehen hinkt etwas. Du mußt dir forstellen, wenn du deinen Freund Geld in die Tasche steckst, ist es so, als wenn dir jemand dein Lieblingsgetränk (alkoh.) vor die Nase stellt. Würdest du einen Alkoholiker erlauben, alkoholische Getränke mit sich zu führen ?
So ist es mit uns Spielern, wenn wir Geld in der Tasche haben. Geld ist unser Suchtmittel!!!! Es brennt uns Löcher in den Taschen. Wir benutzen es nicht zum Leben, sondern beinahe ausschließlich um unsere Sucht zu befriedigen.
Und wenn es weg ist ? Mit allen Mitteln versuchen wir Geld zu beschaffen. Es wird gelogen, betrogen, gestohlen und geraubt. Wir benutzen Menschen, auch die wir sehr lieben, um an dieses Geld zu kommen. Wir sind als aktive Spieler nicht partnerschaftsfähig .Aus diesen Grund muß eine Kontrolle in der Anfagsphase der Abstinenz des Spielers unbedingt sein. Wir müßen lernen mit Geld umzugehen, wie ein Kleinkind das Laufen lernt. Irgendwann wird der normale Umgang mit Geld evtl. wieder gelingen. Ich habe mich persönlich dahin auch kontrollieren lassen. Meine Partnerin ist gerade auf den Umgang mit Geld sehr verlässlich. Heute fühle ich mich stark genug, mit Geld normal umzugehen. Auch das Vertrauen meiner Partnerin zu mir ist fast wieder voll hergestellt. Ich verzichte zum eigenen Schutz aber auch jetzt noch auf E-cards und ähnliches. Wie du richtig erkannt hast, fühle dich nie zu sicher. Je höher man klettert, je tiefer kann man fallen. Auch nach längerer Abstinenz darf der Kampf darum nie ganz aufhören. Wir haben eben unsere Sucht.Damit müßen wir leben.Aber es geht - und mit der Zeit auch recht gut.
Eine Art Entgiftung für Spieler gibt es nicht. Krankenhausaufenthalte sind mir nur bei Suizid gefährdeten Personen bekannt. Aber es gibt Therapeuten, die sich unserer Sache angenommen haben. Gerade in der Fachstelle Glüsspielsucht findet der Spieler kompotente Menschen, die eine ambulante oder stationäre Therapie vermitteln können.
Ich finde es richtig, das du deinen Freund jetzt nicht unterstützt. Er muß spüren,das es nicht so weitergeht. Und noch einmal sage ich ganz deutlich, DENKE ZUERST AN DICH!
Es geht steil bergab ,wenn du es nicht tust. Dein Freund muß seinen Weg finden. Er muß wissen und entscheiden ob mit dir oder ohne dich. Sei kosequent, auch wenn es dir selbst schwer fällt. Du weißt warum.
Ich drücke euch ganz fest die Daumen, und wünsche mir sehr, das ihr den richtigen Weg aus eurer Krankheit findet.
Hoffe, du meldest dich noch mal!
Alles Gute,Rudi

Su
03.10.2003, 21:06
Hi Rudi!

Natürlich bin ich jetzt wieder in einer SHG und habe zusätzlich 1x in der Woche Gespräche mit einer Therapeutin und werde ambulant von der Caritas betreut.
Ich habe schon für mich gesorgt!

Das hört sich ja sehr vielversprechend an, daß ein Spieler es irgendwann schafft, mal mit seinem Geld umzugehen!

Ich habe meinem Freund noch nie Geld gegeben, werde es auch nie tun!

Das ist vielleicht der Vorteil, wenn zwei Abhängige eine Beziehung haben, man weiß über alles eher Bescheid!

Mein Problem ist eher das emotionale. wie kann ich ihm klarmachen, daß es nur zu seinem Besten ist?

Schwere Frage, ich weiß!!!

Lieben Gruß, Su

Rudi
04.10.2003, 12:36
Der Wille aufzuhören und Hilfe anzunehmen muß beim Spieler unbedingt vorhanden sein. Ohne diesen eigenen Willen funktioniert gar nichts.
Da ist jede Hilfe vergeudete Kraft. Wir können nur Hilfe zur Selbsthilfe geben.
Gruß Rudi