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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Was mir auffiel !



Rudi
25.01.2004, 21:15
Hallo !
Immer wieder lese ich hier im Forum Eintragungen von Spielern , die sich in Therapien befinden oder eine Therapie abgeschloßen haben. Wobei ich feststellen muß, das über diesen Therapien auf diesen Seiten grundsätzlich sehr positiv berichtet wird.
Jedoch vermisse ich doch sehr den Gedanken an der Zeit nach besagter Therapie.
Wir leiden an einer Suchterkrankung. Wie wir ja wissen, behält man diese Sucht ein Leben lang.
Aus der Therapie heraus wird das abstinente Leben erst richtig auf die Probe gestellt. Ich weiß, das es da zu eklatanten Rückfällen kommen kann, auch das einige genau da wieder weitermachen, wo sie vor der Therapie aufgehört haben. Hierbei spielt für mich der Rückgang in das alte soziale Umfeld eine wesentliche Rolle.
Was kann ich also als therapierter Spieler tun, um diesen Teufelskreis entgültig zu durchbrechen ?
Hier gibt es eigentlich nur eine Form der tatsächlichen Hilfe. Das sind die Spielerselbsthilfegruppen. Gruppen, in denen Betroffene und Mitbetroffene regelmäßig ihre Treffen haben.
Dieses regelmäßige Treffen mit Menschen, die das gleiche Probelem wie ich haben, stärkt mich immer wieder. Der Austausch und die Aufarbeitung einzelner Probleme hilft mehr und mehr sich mit seiner Krankheit zu arrangieren. Von einer Heilung sollte man bei einer Sucht ja nicht ausgehen. Aber die Stabilisierung in meiner Spielsucht nimmt eine Form an, das man sich als geheilt fühlen kann.
Hinzu kommt zwangsläufig, das man durch den Besuch der SHG automatisch neue soziale Kontakte knüpft.
Leider ist es so, das Spieler dazu neigen, sich nach einer gewissen Zeit der Spielfreiheit als geheilt zu fühlen - um dann des öfteren eine Bauchlandung zu machen. Genau zu dieser Kategorie zählte ich selbst ziemlich lange. Dachte mir die richtigen Impulse zu holen, würde ausreichen. Dem war nicht so. Mit 16 zum Spiel , nach mehreren vergeblichen Anläufen nun mit 53 seit etwas mehr als 3 Jahre trocken. Geholfen hat mir der regelmäßige Besuch einer SHG.
Will nun zum Ende dieses Eintrags aber auch einmal darauf hinweisen, das bis vor ein paar Jahren kaum eine spezifische Spielertherapie gemacht wurde. Wenn, dann auf privater Basis. Die Krankenkassen zahlen diese Therapie noch nicht so lange. Deswegen sollten wir froh sein, das es diese Terapie endlich für uns gibt. Sollten jedoch nicht verkennen, das bis dahin einzig und allein Spielerselbsthilfegruppen als Hilfe für uns standen.
Und viele Spieler haben heute ihre Abstinenz einzig und allein mit Hilfe diese Gruppen erreicht.Dieses zeigt dir vielleicht, wie wichtig die Shg für uns ist.
Und wie geht es bei dir weiter nach der Therapie ?
Wie bist du " trocken " geworden ?
Euch allen - spielfreie Zeit
Alles Gute Rudi

Claus
25.01.2004, 22:24
Hallo Rudi,
mir hat folgendes Zitat aus dem SHG-Bereich geholfen:
"DU SCHAFFST ES NICHT DU MUSST ES ABER ALLEINE SCHAFFEN!"
mit Hilfe der Therapie und der Shg-Spieler und Alkoholker, ist mir klar geworden das es eine dauerhafte Abtinenz nur durch eine Veränderung meines Charakters bzw. meiner Einstellung geben kann.
Denn ich handle ja so wie ich denke und Fühle.
Also habe ich kapituliert vor der Sucht und damit das Recht abgegeben, "EGAL WAS PASSIERT" spiele oder Saufen zu gehen oder mich sonst "weg zu machen"
Gruss
Claus
mit der Hilfe Gottes und der Menschen in der Gruppe, habe ich bis Heute die geistige Gesundheit zu begreifen, das ich nicht süchtig auf etwas werden kann, wenn ich es einfach lasse.IMER WIEDER!
Es gibt keinen anderen Weg der mir bekannt ist.

Rudi
25.01.2004, 22:38
Hallo Claus !
Einen ganz wesentlichen Satz aus deiner Antwort will ich da doch unterstreichen:
Mit der Hilfe Gottes und den Menschen in der Gruppe.
Ich denke, da sprechen wir eine Sprache.
Alles Gute
Rudi

Claus
26.01.2004, 09:32
Hallo Rudi,
das Zitat lautet so:
"DU SCHAFFST ES NICHT ALLEIN, DU MUSST ES ABER ALLEIN SCHAFFEN!"

Gruss
Claus

Claus
26.01.2004, 09:47
27. Januar GEDANKE FÜR DEN TAG
Wahre Selbstachtung, menschliche Würde und eigene Persönlichkeit kann ich nur in Abhängigkeit zu einer 'Höheren Macht' nach meinem Verständnis erlangen, die wahre Größe, Liebe und Güte besitzt (was auch immer sich jeder darunter vorstellen mag). Ich will versuchen, mich künftig bei all meinen Entscheidungen im Leben von dieser Macht leiten zu lassen. Auch wenn meine menschliche Sicht auf die Dinge nur allzu begrenzt ist, will ich doch zuversichtlich und voller Hoffnung sein, dass alles, was mir in meinem Leben geschieht, letztendlich auch zu meinem Besten gerät.
Werde ich mich auch darum bemühen, -nur für heute- zu leben und nicht alle meine Probleme auf einmal zu lösen?

GEBET FÜR DEN TAG
Lieber Gott, lass mich keine wichtige Entscheidung und Richtungsänderung in meinem Leben mehr vornehmen, ohne Dich zuvor aufrichtig um Beistand und Rat gebeten zu haben. Lass mich Vertrauen und Zuversicht darin finden, dass Dein PLAN FÜR MEIN LEBEN ALLEMAL BESSER UND EINSICHTIGER IST, ALS ALLES, WAS ICH MIR SELBST ausdenken und vornehmen könnte.
NUR FÜR HEUTE will ich im Gedächtnis bewahren,
dass Gott der Architekt ist. Ich bin lediglich der Zimmermann.

Textauszug aus der deutschen Übersetzung der amerikanischen Originalausgabe A DAY AT A TIME
Gamblers Anonymous. Copyright © 1994 Anonymous, Published in the United States by Hazelden Foundation

andreas
27.01.2004, 17:28
Letze Woche Donnerstag habe ich eine Bilanz geschrieben:
Selbstverletzung;
Sozialphobie - Behördengänge,
Beziehungen;
Esssucht - Wut,Ärger,Groll;
Sexualität - Liebe;
Tagesstruktur...
Nur über das Spielen habe ich nichts in meiner Inventur geschrieben...
Ich bin dabei, diese Inventur mit einem Geistlichen, also auch mit Gott zu teilen.
Scham und Schuld werden keinen Bestand mehr haben, Lebensfreude wird wachsen, allmählich, langsam,beständig;
noch ist mein Leben eine zarte Planze,
- aber nach der Therapie bin ich ja ein liebenswerter Mann -
mit Fehlern, Ecken und Kanten, Trauer und Freude.
Und ich habe meine Freunde zu Hause neu entdecken dürfen:
FREUNDE, weil ich sie so lassen kann, wie sie sind, mit Fehlern , Ecken und Kanten
Trauer und Freude.
Nein, ich brauche HEUTE nicht Spielen,
Gruß Andreas

Claus
27.01.2004, 18:12
Ich Mag dich so wie Du bist!"
Wenn es klappt komme ich am 27. März zum GDA-Treffen nach hannover.
Freue mich darauf
Claus

Rudi
29.01.2004, 21:12
Hallo!
Eigentlich habe ich nicht so sehr mit theologisch -spirituellen Antworten gerechnet.
Gesucht hatte ich eigentlich mehr die praktischen Erfahrungen. Was waren meine Schritte nach der Therapie, was die Auslöser das ich mich von meiner Sucht befreien wollte, wie schließe ich die Lücken im sozialen Umfeld
die eventuell entstehen. An Gott glaube ich.
Doch drei "Vater unser " beten und denken dann wird alles gut, pardon, daran kann ich mich nicht erwärmen.
Bin da doch den weltlichen Möglichkeiten eher geneigt.
Alles Gute
Rudi

Kary
30.01.2004, 07:39
kann ich gut verstehen. Trotz Hang zum Spirituellen, bin ich doch auch eher ein bodenständiger Mensch.
Daher auch ganz bodenständige Antworten meinerseits:

Auslöser, um von meiner Spielsucht wegzukommen, war die Geburt meines Sohnes. Ich wollte ihm so ein Leben ersparen und mir dann letztlich ja auch.

Ich habe nie eine stationäre Therapie gemacht, sondern zwei ambulante Therapien und mich dann später den SHG's angeschlossen. Deshalb kann ich dazu nicht allzu viel aus eigener Erfahrung sagen.

Eine soziale Lücke ist nicht entstanden. Ich hab mich fast instinktiv von den Menschen getrennt (oder sie von mir), die mir nicht gut taten, weil wir einfach nicht mehr zueinander passten. Und als ich mich neu orientierte, kamen auch neue Menschen in mein Leben. Von den alten Freunden sind nur zwei geblieben und das sind mittlerweile meine besten Freunde geworden.

Ab einem gewissen Zeitpunkt war es mir aber zu wenig nur noch Menschen aus den SHG's zu kennen (irgendwann drehte sich alles nur noch im Kreis)und dann habe ich mich in einem Akt der Selbstbefreiung nach anderen Möglichkeiten umgeschaut und mir Menschen gesucht und gefunden, mit denen ich weitergehen kann. Da ist mir besonders deutlich geworden, dass das Leben ein ständiges Werden und Vergehen ist. Um konkret zu werden, ich habe mich einem Pop-Chor angeschlossen, bin ehrenamtlich im Altersheim aktiv geworden und habe durch den Sport und mein Interesse an Gesundheitsthemen viele Menschen aus diesem Bereich kennengelernt.

Natürlich gab es auch Zeiten, in denen ich nicht so recht wußte wo ich hingehöre und ziemlich allein war. Aber aus dieser Leere heraus konnte erst das wachsen, was jetzt in mir blüht.

Ich wünsche Dir ein schönes Wochenende,
liebe Grüße
Kary

Rudi
31.01.2004, 21:38
Hallo Kary !
Zunächst einmal schönen Dank, daß du so treffend auf meine Fragen eingegangen bist.
Es ist schon sehr bewundernswert, wie du die Sache in den Griff bekommen hast. Kann mir vorstellen, das sich alles heute leicht schreibt. Aber die investierten Mühen, der Kampf und die Suche heraus aus einen Zustand, den du als nicht lebenswert ansahst, kann man eigentlich nur erahnen.
Deutlich wird die Stärke, die dir eigen ist, wenn du über die Zeiten innerer Leere sprichst,die du überwunden hast. Gewiß sind diese Zeiten nur noch schsttenhaft in deiner Erinnerung, weil du jetzt viel schönes erleben darfst, . Ich freue mich da ganz aufrichtig für dich. Aber auch für die Menschen, die du heute Hilfestellung gewährst. Schwachen und alten Menschen, denen du mit deiner Anwesenheit bestimmt noch einmal Lebensfreude vermitteln wirst. Und zuvor das hohe Pflichbewußtsein deinem Kind gegenüber. Das alles ist nicht selbstverständlich.
Vielleicht muß man im Leben erst durch ein tiefes Tal gehen, bevor man den Berg erklimmt und den strahlenden Himmel sieht.
Du bist mir da eine ganze Menge voraus. Möglicherweise befinde ich mich da auf einen guten Weg. Doch ich habe ihn noch lange nicht bewältigt. Du machst mir Mut, diesen Weg weiterzugehen.
Liebe Grüße
Rudi

Kary
31.01.2004, 22:12
ich glaube DEN Berg hat man nie bewältigt, denn nach dem Berg kommt wieder ein Tal und dann wieder ein Berg......

Aber die Berge scheinen mir nicht mehr so hoch und die Täler nicht mehr so tief. Das hat mir lange Zeit zu schaffen gemacht, weil ich mich innerlich gewehrt habe ein mittel-mäßiges Leben zu führen. Ich glaube mittlerweile, dass ich diese ganze Qual selbst heraufbeschwört habe, einzig und allein deshalb, weil ich das normale Leben nicht aushalten konnte und wollte.
Ich wollte dieses Auf und Ab und diese Schwankungen und ich habe sie wohl auch gebraucht, um zu lernen das ganz normale Leben zu schätzen und zu lieben, ohne dabei abzustumpfen und es für etwas selbstverständliches zu halten.

Es sieht vielleicht so aus, als wäre diese Leere schon in weiter Ferne und nur noch schattenhaft vorhanden. Aber so ist es nicht. Es gibt diese Momente, Tage, Zeiten immer noch und immer wieder, nur kann ich sie mittlerweile besser aushalten und weil ich weiß, dass gerade das die Zeiten sind, in denen ich mir selbst am nächsten komme und mir damit die Möglichkeit für eine weitere Veränderung/Wachstum gegeben wird, habe ich sie sogar mögen gelernt. Ich spüre dann einfach die Wachstumsschmerzen und bin mir bewußt darüber, dass ich Liebe nicht ohne Hass, Glück nicht ohne Pech, Freude nicht ohne Leid, Fülle nicht ohne Leere.......haben kann.

Ich habe mich für ein intensives, bewußtes, emotionales Leben entschieden und das heißt eben auch, dass der Gegenpol dazu gehört. Ich versuche diese Gefühle nicht mehr zu bewerten und in Schubladen zu stecken. Für mich gibt es keine guten und schlechten Gefühle mehr, es sind einfach alles Gefühle und sie zeigen mir wie sehr ich Mensch bin. Für mich gibt es nichts schlimmeres als abgestumpfte, emotionslose, ignorante Menschen. Ich kann sie sein lassen, aber das wäre niemals mein Weg.

Im Moment geht es mir einfach gut, weil ich spüre auf dem richtigen Weg zu sein. Selbst die weniger guten Tage sind irgendwie gut, weil ich sie nicht mehr als unüberwindbar empfinde und einen Sinn darin erkenne.

Und wenn es mir gut geht, dann habe ich auch was zu geben. Aus lauter Dankbarkeit für mein Leben, möchte ich manchmal alle daran teilhaben lassen und bin gerade deshalb daran interssiert Menschen zu unterstützen, die eben im Moment nicht diese guten Voraussetzungen haben. Ich habe in meinem Leben auch schon sehr oft Hilfe erfahren und bin froh endlich mal ein bißchen was davon zurückgeben zu können, ohne in ein Helfersyndrom zu verfallen. Und ich weiß, dass ich auch jederzeit Unterstützung bekäme, wenn ich sie brauche und danach frage. Das ist doch das schönste was es gibt, sich gegenseitig zu begleiten. So jedenfalls mein Verständnis von Liebe und Leben.

Genug für heute, bin total müde,
gute Nacht und herzliche Grüße
Kary

Rolf
31.01.2004, 23:59
Viele Wege führen zum Gipfel eines Berges,
doch die Aussicht bleibt die Gleiche.

Aus China

Es ist egal, welchen Weg jeder für sich nimmt. Wichtig kann nur sein, ist mein Weg für mich ok. Nicht, ist mein Weg für Andere ok. Du fragst, was ist nach der Therapie. Ist das Leben nicht Therapie? SHG ist Therapie, solch ein Forum ist Therapie, ein gutes Gespräch mit einem Freund ist Therapie. Therapie=Heilbehandlung. Wenn es mir nicht gut geht und ich das schreibe oder erzähle, hilft mir das. Es nimmt mir Last von der Seele, ich behandele mich. Therapie. Umgekehrt, wenn es mir gut geht schreibe oder erzähle ich das auch, ein Mitmensch kann dann vielleicht daraus Kraft schöpfen, vielleicht macht es ihm Mut. Das tut dann seiner Seele gut, d.h. ich behandele. Therapie ist also nichts besonderes, sondern ein alltäglicher Vorgang. Manchmal reicht das nicht, dann gehen wir zu einem Therapeuten, auch nichts besonderes. Völlig normal. Geheilt bin ich nie, wäre auch irgendwie jammerschade, dann bräuchte ich mich nicht mehr weiter zu entwickeln, wäre ja geheilt. Irgendwann, wenn meine Stunde kommt, werde ich vielleicht von dieser Welt als geheilt entlassen, aber wer weiß....wohlmöglich geht der ganze Spaß dann von vorne los, die nächste Bewußtseinsebene, immer weiter. Egal, alles was zählt ist...ICH BIN. Und DU BIST AUCH.

Schönen Sonntag noch

Rolf

Rudi
04.02.2004, 20:58
Liebe Kary !
Habe deine Zeilen gelesen und diese Zeilen haben mich beschäftigt. Sehr sogar, denn ich mußte mich prüfen inwieweit ich diese Zeilen akzeptieren oder für mich anwendbar machen kann.
Jedoch denke ich in vielen Dingen viel konservativer als du.
Du wirst wohl recht haben, wenn du behauptest, wenn man einen Berg erklimmt, kommt der nächste und und und...
Das ein Berg erklimmen nicht ein glatter Weg nach oben ist, ist wohl klar. Denn in den Berg befinden sich immer wieder Auf- und Abstiege , ohne das Ziel den Gipfel zu erklimmen aus den Augen zu verlieren. Da meinen wir sicher das Gleiche, wenn wir es auch leicht unterschiedlich deuten.
Was mich jedoch beschäftigt ist die Gegensätzlichkeit , wo es das Eine ohne das Andere nicht geben kann. Denke, das kann nicht so sein. Liebe ohne Hass - gibt es nicht ?
Widerspreche ich. Was ist mit der Liebe der Mutter zum Kind ? Was mit der Liebe Jesu zu den Menschen, oder die Liebe Mutter Theresias zu den Armen ?
Enttäuschte Liebe sagt man, kann in Hass umschlagen. Das ist wohl wahr. Aber inwieweit es dann Liebe ist, bleibt dahingestellt. Desgleichen kann ich nicht nachempfinden, das es nur Freude ohne Leid geben soll. Tausendmal oder mehr habe ich Freude gespürt, ohne vorher gelitten zu haben. Fülle ohne Leere -naja, wenn ich ein Glas fülle, wird die Flasche leerer. Aber kann man das so einfach auf uns übertragen ? Ich denke mal nicht.
Es hört sich in deinen Zeilen so an, als wenn du erst alle Tiefen durchgehen müßtest, um Glück und Lebensfreude zu erhalten. Wenn du so fühlst, bedaure ich dich sehr.
Das geht anders. Indem man sich an die kleinen positiven Dinge erfreut, die man jeden Tag bekommt. Und sei es nur ein Tag ohne Spiel , ein Tag ohne Ärger Stress und Wut.
Und das genießen jener Dinge, die Gott uns geschenkt hat. Und dazu gehört natürlich auch unser Leben. Dieses Leben, was wir pflegen und behüten sollten wie eine ganz seltene kostbare Blume. Denn es ist genau so verletzlich.
Deswegen verstehe diese Zeilen nicht als Kritik. Es ist meine Ansicht und ein tiefes Gefühl in mir, mich auf Gott verlassen zu können. Nein, ich muß nicht alle Tiefen durchgehen um glücklich zu werden. Wir genießen einen ganz besonderen Schutz...
Ich freue mich immer, von dir zu lesen und ab und zu auch mal kontrover zu diskutieren. Es bereichert uns.
Bis auf bald
Alles Gute
Rudi

Rudi
04.02.2004, 21:53
Guten Abend Rolf !
Es brauchte diesmal wirklich etwas Zeit bei mir, bis ich auf Karys und deine Zeilen antworten konnte. Eure Einträge
haben mich sehr ins Denken gebracht. Und bei einen einfach gestrickten Menschen dauert so etwas dann.
Nein, das mit der Therapie kam mir noch nie in dieser Form, wie von dir vorgetragen, in den Sinn. Aber ich kann da deiner Vorstellung schon etwas abgewinnen. Trotzdem will ich meine Gedanken dazu äußern.
Wir wissen eigentlich häufig nicht, was wir mit unseren Worten bewirken. Wenn unsere Erzählungen als Therapie gedeutet werden, setzt das den Erfolg - die heilende Wirkung voraus. Denn Therapie - Heilbehandlung. Davon können wir aber nicht ausgehen. Wir können uns nur wünschen, das unsere Worte irgendwem nützlich sind.
Des weiteren würde ich davon ausgehen, das ich Heilabsichten hege, wenn ich aus ´meinen Erfahrungen berichte. Das ist zumindest bei mir nicht der Fall. Möchte ganz einfach erzählen , was mich bedrückt ob im Positiven oder Negativen. Jedoch wäre dann ja, wenn daraus jemand etwas für sich gewinnen könnte, nach deinen Erklärungen
schon eine gewisse Therapie erfolgt.
Demnach sind wir alle Therapeuten. Will ich eigentlich nicht sein. So sehe ich mich nicht. Aber deinen Gedankengut gefolgt, bleibt uns wohl keine Wahl.
In diesem Sinne
Alles Gute
Rudi

Kary
05.02.2004, 06:49
für mich ist es o.k. kontroverse Meinungen zu diskutieren und zu überdenken. Ich fände es eher seltsam, wenn wir immer der gleichen Meinung wären. Man kann ja durchaus auch davon lernen und Meinungen ändern.

Das mit der Gegensätzlichkeit sehe ich vielleicht etwas globaler als Du. Wenn ich schreibe, dass man meiner Ansicht nach, wahre Freude nur empfinden kann, wenn man zuvor gelitten hat, dann beziehe ich das nicht auf jedes alltägliche Erlebnis, sondern mehr auf die Gesamtentwicklung.

So könnte ich heute mit Sicherheit nicht die kleinen, wertvollen Momente in meinem Leben so schätzen, wenn ich nicht jahrelang vorher auch viel Leid erlebt hätte. Mir wäre gar nicht bewußt, dass es gerade diese kleinen Dinge sind, die das Leben so lebenswert machen. Ich würde es als selbstverständlich ansehen.

Bevor ich spielte gab es ja auch schöne Momente und Phasen, aber mir war damals nicht bewußt, wie wertvoll diese Momente sind. Ich glaubte immer, es müsse noch mehr kommen, wartete auf das Sahnehäubchen.

Das Spielen und all die daraus erwachsenden Konsequenzen haben mich an einen Punkt gebracht, wo es keine Steigerungen mehr gab und ich gezwungen war meine "Reizschwelle" erheblich nach unten zu fahren. Die erste Zeit war schlimm, weil ich nichts mehr empfinden und genießen konnte. Und wie oft höre ich von Spielern, die noch aktiv sind, dass sie es verlernt haben (oder es vielmehr nie gelernt haben) sich an den kleinen Dingen des Lebens zu freuen.

Vielleicht muß man erst jegliche Sensibilität verlieren, um zu erklennen und es auch so zu empfinden, dass der wahre Schatz im einfachen Leben liegt. Dass ich keine Action brauche, um mich gut zu fühlen. Sozusagen zurück zu den Wurzeln kommen.

Das heißt nicht zwangsläufig, dass ich heute erst leiden muß bevor ich glücklich bin. Das wäre wirklich traurig. Es heißt vielmehr, dass ich durch dieses jahrelange Leiden erst gelernt habe, dass das normale Leben etwas ganz besonderes ist und meine Dankbarkeit dafür ist eine ganz andere als vorher. Ohne das vorhergehende Leid könnte ich diese Freude am Leben nicht auf diese Weise empfinden.

Genauso verhält es sich mit der Liebe und den anderen von mir aufgezählten Empfindungen. Es wird zu viel, jetzt auf jedes einzelne einzugehen. Nur soviel zum Thema Liebe: Glaubst Du wirklich, dass eine Mutter ihr Kind immer nur liebt? Für mich ist das ein Ammenmärchen. Glaubst Du, dass Mutter Teresa die Armen und Schwachen immer nur geliebt hat? Oder dass Jesus immer nur gute Gefühle hatte?

Ich glaube nicht daran. Und da ich immer nur aus meiner eigenen Erfahrung sprechen kann, so muß ich sagen, dass meine Gefühlswelt die ganze Palette von Gefühlen enthält, die man sich vorstellen kann. Es gibt niemanden in meinem Leben, den ich immer nur geliebt hätte. Im Gegenteil. Die Menschen, die ich besonders liebe, sind die, die mich auch am meisten auf die Palme bringen können. Denn sie berühren mich zutiefst in meinen Empfindungen. Und das kann schon auch mal Hass sein, der dann geweckt wird. Und nur die Liebe ist dann in der Lage trotzdem wieder einen Anfang zu machen, immer wieder auf den anderen zuzugehen. Und gerade diese Vielfältigkeit der Gefühle macht eine Beziehung auf Dauer lebendig.

Mag sein, dass das eine Betrachtungsweise ist, die nicht jedermann für sich annehmen kann. Mir kommen viele Beziehungen vor wie "eingeschlafene Füße". So möchte ich nicht leben. Aber das kann sowieso nur jeder für sich selbst entscheiden und seinen eigenen Weg finden.

Finde es gut, dass Du dieses Thema angesprochen hast. Es birgt viele gute Gedanken und meine kleinen Gehirnzellen müssen sich ganz schön anstrengen.

Bis dann
Grüßli Kary

Rudi
11.02.2004, 22:29
Hallo Kary !
Ja, es gibt sie die Widersprüche in unseren Denken.
Und Aufgrund dieser Widersprüche würde ich wahrscheinlich mit dir heftig ins diskutieren kommen. Wobei ich durchaus deine Meinung respektiere. Akzeptieren kann ich es in für mich teilweise wesentlichen Punkten nicht.
Ich denke hier zunächst an die Sensibilität. Die muß ich doch wohl eher steigern um mich auch an den sogenannten alltäglichen Dingen zu erfreuen. Aber was ist schon alltäglich ? Alle Tage aneinandergereiht ergiebt in der Summe unser Leben. Und da ist keines alltäglich - oder jedes.
Mir ist auch klar, das es Mütter gibt, die ihre Kinder nicht lieben. Es wäre blauäugig, das anders zu sehen. Jedoch gibt es die Kategorie Mütter, für die ihre Kinder alles sind - und denen Hassgefühle auf das eigene Kind total fremd sind. Die sich aufreiben für ihre Kinder. Entbehrungen und Pein auf sich nehmen, um dieses Kind vor Ungemach zu bewahren. Das ist die Liebe der Mütter, die ich meine.
Dann noch das mit Jesu. ER wurde in den Körper eines Menschen gesteckt, mit all den Schwächen und Bedürfnissen, die ein Mensch hat.Um die Liebe zu den Menschen zu beweisen, für die er starb.Er hat diese Prüfung bestanden und ist somit das Sinnbild für Liebe schlechthin.
Mutter Theresia - nun, die kennt man nur von hörensagen.
Du - genau wie ich. Deswegen sollte man da mit Rückschlüßen vorsichtig sein.
Eine Beziehung braucht nicht an eingeschlafene Füße erinnern, nur weil es dort von himmelhochjauchzend und dann zu tode betrübt nicht gibt. Wenn ich das brauche, um meine Beziehung "lebendig" zu halten, ist sie meines Erachtens schon mehr als Scheintot. Beziehung entsteht durch Leben miteinander , gemeinsame Wege gehen, gemeinsame Erlebnisse haben , Gegensätzlichkeiten ausdiskutieren.Und wenn es mal kracht ? Was soll´s. Wichtig ist das keine Bitterkeit bleibt. Denn die wirkt wie Säure auf der Seele und frißt die Liebe auf.
Du siehst, manches sehe ich etwas anders. Aber wie du sagst, es bereichert sehr gegensätzliches zu hören. Es zwingt uns zu denken - und uns dadurch zu hinterfragen.
Das hat noch keinen geschadet.
Bis auf bald
Liebe Grüße
Rudi

Rolf
12.02.2004, 00:34
Ich habe meine Geschichte geschrieben, nur für mich, wenn sie jemand liest und daraus für sich etwas rauszieht um den Weg zu finden prima, freut mich. Da habe ich aber keinen Einfluß drauf. das ist einfach so von sich erzählen, ganz anders liegen
die Dinge jedoch bei einem Dialog. Wenn ich im Forum auf einen Beitrag antworte möchte ich mir schon bewußt machen, was ich mit meinen Worten bewirken könnte, wenns geht positives. Allerdings davon ausgehen das sie etwas positives,also einen "Erfolg=Abstinenz" bewirken wäre fatal, denn dann würde ich etwas erwarten. Wenn ich etwas erwarte kann ich enttäuscht werden. Also ist es besser ich erwarte nichts, aber um positive Antworten geben (positiv sein) zu können muss es mir gut gehen. D.h. umso besser es mir geht, ich mich um mich kümmere, desto besser kann ich Unterstützung geben. Letztendlich ist es das worum es geht, wenn ich Abstinent lebe, klaren Kopf habe, kann ich auf Suchtprobleme anderer eingehen ohne selber noch in der Suchtgedankenwelt gefangen zu sein. Das setzt natürlich auch ein sich weiterentwickeln woraus, also ist anderen Unterstützung geben auf ihrem Weg durchaus auch egoistisch. Im Sinne von, der Betrachter verändert das Betrachtete, verändert jede Reflektion eines Beitrages sowohl den Reflektor als auch den Reflektierten, ob ich will oder nicht. Selbst wenn auf einen Beitrag keine Antwort kommt verändert das was. Also habe ich keine Wahl, ich habe allerdings die Wahl im positiven zu reflektieren, was ist gut für mein Gegenüber. Aber wie gesagt, das kann ich nur wenn es mir selber gut geht, oder besser, wenn ich mir dessen bewußt bin was ich tue. Ganz schön anstrengend, da kannst du mal sehen was deine Antwort ausgelöst hat in meinem Denken, ob du es wolltest oder nicht, du hattest keine Wahl, ich auch nicht. Doch eine Wahl habe ich, klicke ich auf Antwort senden oder auf löschen. Spiele ich oder Spiele ich nicht, trinke ich oder trinke ich nicht

viele Grüße

Rudi
13.02.2004, 08:33
Hallo Rolf !
Ich habe in allen deinen Eintragungen immer das gelesen, was du vermitteln wolltest.
Deine Posivität ist unverkennbar. Spürbar der Wille bei dir ganz einfach helfen zu wollen. Denke mal, da bist du mir einiges voraus.
Ich selbst kann mich auch schon mal über Eintragungen ärgern - und das gebe ich dann auch kund. Für mich ist es sehr wichtig, meine Ehrlichkeit zu schreiben. Auch wenn ich dabei ins Fettnäpfchen trete.
Doch was ich schreibe, da stehe ich in den Augenblick wo ich es schreibe voll dahinter. Lege also auch eine ganze Menge Emotionen und Gefühle hinein. Wahrscheinlich auch weil ich die Bitterkeit meiner Spielsucht noch recht gut in Erinnerung habe. Das heißt natürlich auch, das ich auf Grund dieser Emotionen manchmal überreagiere. Bin aber auch bereit nach einer Phase der Abklärung mich da zu revidieren.
Dieses Versteckspiel und Lügen in meiner akuten Zeit , das Maske aufsetzen , ist das was ich unter keinen Umständen mehr bei mir zulassen werde. In den Bemühen ehrlich zu sein fand ich auch den Weg aus meiner Sucht. Fühle mich im Moment sehr gut und auf den richtigen Weg.
Auch ich suche da Anlehnung an Menschen, die ihren Weg in die Abstinenz gefunden haben. Da gibt es einige hier im Forum, die diesen Weg gehen und auch einige, die diesen Weg schon weit gegangen sind. Zu den letzteren zählst zweifellos du.
Es ist gut, das du so bist wie du bist -und viele provitieren da von dir. Da bist du eben du - und Gott sei dank sind wir alle ein wenig unterschiedlich.
Ich bin zur Zeit nur in der Lage meine Gedanken mitzuteilen. Wertfrei ob diese positive Auswirkungen haben oder nicht. Wenn ja, freue ich mich. Wenn nein ,dann ist es eben so. Nur verbiegen will ich mich nicht mehr.
Bis auf bald
Alles Gute
Rudi

Rolf
13.02.2004, 10:09
Was meinst du wohl wieviele von dir profitieren. Jeder der bereit ist hier mit zu machen gibt sehr viel, ob er will oder nicht, er hilft anderen. Mehr als Gedankenanstöße geben geht eh nicht. Ich weiß nicht ob ich weiter bin, geht das überhaupt? Alles was ich weiß ist, ich weiß sehr wenig und muss mir jeden Tag bewußt machen, worum geht es im Leben. Ich bin auf einem Weg, mehr nicht.
Ich bin wie ich bin, hilfsbereit, liebenswert, mitunter überempfindlich, tendenz zur Harmoniesucht, ängstlich, mutig, suchend, findend, kreativ, faul, fröhlich, traurig. Ich finde mich ganz ok. Mal sehen was ich auf dem Weg noch alles entdecken kann, wird mein Mut über die Angst vor dem Unbekannten siegen. Werde ich den Mut haben mir ins Auge zu sehen und sagen, ja, ICH BIN, ich vertraue mir, denn ich bin ok so wie ich bin. Warum eigentlich nicht? Ist doch so.

Wünsche dir ein schönes Wochenende,

Rolf