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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Wie kann ich helfen ?



Heinz
14.03.2004, 15:47
Hallo,

ich bin der Vater einer 25 jährigen Tochter, die mit ihrem Freund zusammenlebt.
Heute kam sie und teilte mir tränenüberströmt mit, daß ihr Freund ihr nun reinen Wein über seine vielen Lügen und letztendlich seine Spielsucht eingeschenkt hat.
Vorausgegangen war ihre Trennungsabsicht, welche sich seit ein paar Tagen zeigte.Wegen vieler anderer Gründe fühlte sie sich stark vernachlässigt, fürchtete sogar eine andere Frau sei im Spiel.
Nun, nach seiner Beichte ist sie nicht mehr sicher. Er tut ihr leid und sie möchte ihm helfen.
Hinzu kommt, er ist finanziell von ihr abhängig. Er ist seit fast zwei Jahren arbeitslos und versuchtes mit immer neuen Jobs, die er aber nach wenigen Tagen wegen der doofen Chefs hinwirft.
Nun fragt sie mich, ob sie besser auszieht oder besser bei ihm bleibt.
Ich kann ihr nicht helfen. Mein (Vater)Herz und Verstand sagt ausziehen.Aber ich bin natürlich nicht kompetent und schon gar nicht unparteiisch.

Für eine Antwort wäre ich dankbar.
Heinz

Kary
14.03.2004, 18:42
herzlich willkommen hier im Forum.

Ich selbst bin Spielerin, aber schon einige Zeit spielfrei.

Ob Deine Tochter ausziehen soll oder nicht, kann ich Dir nicht beantworten. Doch eines weiß ich sicher: Solange es ihrem Freund so gut geht, er finanziell durchgeschleift wird, er eine Frau hat, die sich um ihn kümmert und er keine Konsequenzen für sein Verhalten zu tragen hat, wird er nichts ändern und Deine Tochter immer mehr mit in die Sch.... ziehen.

Da hilft nur eins: Den Leidensdruck erhöhen, in welcher Form auch immer. Das kann heißen ihm kein Geld mehr zu geben, ihn nicht mehr durchzufüttern, ihn vor die Tür zu setzen, sich zu trennen oder einfach sich gefühlsmäßig zu distanzieren und mehr an sich selbst zu denken und danach zu handeln.

Wichtig wäre es zu wissen, ob er selbst sich als süchtig/krank sieht und bereit ist etwas konkretes daran zu ändern, sprich eine Selbsthilfegruppe aufzusuchen, zu einem Therapeuten zu gehen, eine stationäre Therapie zu machen o.ä. oder ob er den Ernst der Lage noch gar nicht erkannt hat, weil es ihm noch zu gut geht.

Wäre hilfreich, wenn Du etwas mehr darüber schreiben könntest.

Bis dahin eine gute Zeit und viele Grüße
Kary

Heinz
14.03.2004, 19:43
Hallo Kary,

vielen Dank für Deine Meinung !
Ich verfolge dieses Forum schon seit einigen Wochen.
Nenne es "Väterliches" Einfühlungsvermögen oder einfach Pessimismus. Ich ahnte schon lange die Spielsucht. Das Leben des Freundes meiner Tochter war bislang nur Spiel. Durch das Fussballspiel gewann er ab dem 7. Lebensjahr das Herz seines Vaters. Ansonsten liess der Vater ihn spüren das er ein Versager ist. Die Mutter log vor dem Vater alle Probleme fort. Lüge, das ist kein Wort für ihn. Ich mag diesen Mann. Er ist charmant gewesen, die Frauen lagen ihm als Mittelstürmer immer zu Füssen. Aber seit dem er mit meiner Tochter zusammen ist baut er ab. Er hat die jüngere "Mutter" gefunden die für ihn sorgt. Er muss nichts mehr tun.
Ob er in eine Selbsthilfegruppe geht steht noch nicht fest, das ganze ist noch zu frisch, ich darf eigentlich nichts davon wissen.Er hat ihr, wie ich es empfinde, seine Probleme vor die Füsse geworfen, nun muss sie damit fertig werden, nicht mehr er. Das ist doch Sch....
Entschuldigung.
Heinz

Rudi
14.03.2004, 19:59
Hallo Heinz !
Ich bin selbst Spieler und seit ein paar Jahren spielfrei.
Doch ich bin nicht nur Spieler, sondern auch Vater von zwei Töchtern, die im Alter deiner Tochter sind.
Wenn eine meiner Töchter einen spielkranken Partner hätte, würde ich ihr sehr von der Beziehung abraten. Denn gerade die Unzuverlässigkeit und der finanzielle Aspekt mit all den Folgen wie Verheimlichen und Lügen sind für den Partner eines Spielsüchtigen nur sehr schwer zu ertragen.
Natürlich haben die jungen Frauen im Alter unserer Töchter ihre eigenen Vorstellungen. Da können wir als Väter nur beraten. Die Beziehung mit einen aktiven Spieler halte ich für nicht möglich.
Aber es gibt auch Beziehungen, die diese Schwierigkeiten überstanden haben. Wobei die Partnerin des Spielers sogar
glücklich werden konnte.
Entscheidend hierfür war jedoch der Wille des Spielers seine Sucht anzugehen. Das heißt, er sucht sich eine Spielerselbsthilfegruppe und macht evtl. eine Therapie. Diese wird in der Regel durch die LVA bezahlt.
Adressen von Selbsthilfegruppen und Kontakte zu Therapeuten kannst du hier über die Starseite erkunden.
Ich denke auch, das deine Tochter jetzt deinen ganz besonderen Schutz braucht. Sie hat es sehr schwer.
Spreche mit ihr darüber ob ihr Freund gegen seine Sucht arbeitet. Ein Indiz, das er sich outet, ist sein Geständnis an ihr. Gehe diese Angelegenheit sehr sachlich an. Es ist nicht schlimm, krank zu sein, aber nichts dagegen tun.
Was Kary schrieb ist auch sehr wichtig. Er darf nicht unterstützt werden. Insbesondere in finanzieller Form. Wenn du deine Tochter helfen willst oder mußt, das ist in materieller Hinsicht denkbar, dann sorge dafür, das ihr Partner davon nicht profitiert. Da wirst du sicherlich Wege finden.
Wünsche Euch
Alles Gute
Rudi

Heinz
14.03.2004, 20:22
Hallo,

eigentlich finde ich dises "Hallo" ja viel zu unpersönlich.
Ihr mögt es nicht glauben, aber ihr habt mir schon sehr geholfen.
Bleibt für mich nur ein Problem, kann ich ihn direkt ansprechen, obwohl meine Tochter ihm absolute Verschwiegenheit versprochen hat ?
Ich neige dazu ihn direkt anzusprechen, "es" öffentlich zu machen. All seine Fussball-"Kollegen" achten ihn wegen seiner Spieleinsätze. Alle machen das.
Der Vater ist tot, die Mutter lügt weiter für ihn, weiss aber nicht wofür !
Soll sie nun ausziehen oder nicht ?
Schadet sie ihm damit oder nicht ?
Wo ich das so schreibe, denke ich, das kann sie nur selbst entscheiden , oder ?

Rudi
14.03.2004, 20:52
Lieber Heinz !
Von diesen öffentlich machen halte ich wenig. Damit wirst du weder ihn, noch deiner Tochter helfen können. Vielmehr wirst du eine Trotzreaktion hervorrufen, die dieser Sache nicht dienlich ist.
Was ich tun würde, ist ein Gespräch mit ihm unter 4 Augen suchen, wobei du ihm die Konsequenz seines Handelns aufzeichnest. Ich denke, das da schon einige Druckpunkte bestehen. Insbesondere wohl seine Beziehung zu deiner Tochter. Kann dich als Vater natürlich durchaus verstehen. Und deine Sorgen sind bestimmt nicht unbegründet.
Bevor du jedoch dieses Gespräch führst, spreche mit deiner Tochter darüber. Es kann sonst passieren, das sie sich zumacht. Denke, das willst du bestimmt am allerwenigsten.
Wenn sie schon im Augenblick keine Hilfe durch ihren Partner hat, umso mehr verlässt sie sich auf eure Absprache, auf IHREN Vater.
Sie fühlt sich belogen und betrogen, da ist sie mit Sicherheit jetzt gaaanz sensibel. Sie baut auf die Verlässlichkeit ihres Vaters. Also handele mit offenen
Visier, spreche dich mit deiner Tochter ab.Mach keinen Schnellschuß - die gehen meistens nach hinten los.
Im übrigen sind wir morgen um 21:00 Uhr hier im Chat, vielleicht können wir uns da intensiver austauschen.
Es gibt bestimmt Möglichkeiten. Eine Gefahr die erkannt ist, ist nicht mehr ganz so schlimm. Dann kann man sich viel leichter schützen.
Bis dann
liebe Grüße
Rudi

Heinz
14.03.2004, 21:11
Ihr habt mich vor Schlimmeren bewahrt, Danke !
Hallo Rudi, das sass, Danke !
Heinz

Kary
15.03.2004, 07:40
Du kannst Deine Tochter nicht vor ihren eigenen (schlechten) Erfahrungen bewahren, Du kannst sie nur begleiten und ihr eine Stütze sein.

Aus Muttersicht kann ich Deine Empfindungen bestens nachvollziehen, aber ich weiß auch, dass es Dein Verhältnis zu Deiner Tochter belasten würde, wenn Du dich zu sehr einmischst. Du kannst ihr zwar sagen, was Du in einer solchen Situation tun würdest, aber was sie letztlich macht, ist ihre eigene Entscheidung.

Grundsätzlich finde ich es schon wichtig diese Problematik öffentlich zu machen, aber nicht über dritte. Wenn Deine Tochter einverstanden ist, dann suche ein Gespräch mit ihm und sag ihm klipp und klar was Sache ist.

Klar würde ein Auszug Deiner Tochter ihm erst mal schaden, weil er dann, vielleicht zum ersten Mal in seinem Leben, die Veranbtwortung für sein eigenes Tun übernehmen müßte, ohne die "Mama" im Rücken, die wieder alles ausbügelt. Aber solche Erfahrungen müssen gemacht werden, um ein verantwortlicher Mensch zu werden, was im Nachhinein dann sicher eher hilfreich als schadend ist (für beide Seiten).

Eine gute Woche und weise Entscheidungen,
wünscht Dir Kary

Ann
15.03.2004, 12:17
Du hast ja schon viele Tipps von Rudi und Kary bekommen.
Von mir mal ein paar Anmerkungen aus der Sicht einer Angehörigen:
Daß deine Tochter dir von seiner Spielsucht erzählt hat, zeigt mir, daß sie nicht für ihn lügen möchte, wie es leider viele Angehörige tun. Deine Tochter hat ein so gutes Verhältnis zu dir, daß sie dir davon erzählt (ich habe in meinen Eltern leider nicht so gute Ansprechpartner). Sie hat damit von den Last, die ihr Freund ihr "vor die Füße gelegt" hat, ein wenig weitergegeben. Sie passt also (unbewußt) selbst auf, daß sie nicht unter die Räder kommt.

Ich finde es toll, daß du ihr helfen möchtest! Solche Eltern hätte sich wahrscheinlich manch ein Angehöriger gewünscht.

Liebe Grüße
Ann

Annabell
15.03.2004, 14:07
Lieber Heinz,

ich bin, wie Deine Tochter, 25 Jahre alt und seit einem Jahr mit einem Spieler zusammen.

Als wir uns kennnlernten, sagte er mir, dass er Spieler ist und spielte entgegen seinen Aussagen heimlich weiter. Seit Juni gehen wir seine Sucht gemeinsam an.
Ich weiss, dass ich eine starke Persönlichkeit habe und es wichtig ist, für meinen Partner beim Kampf gegen die Sucht eine Stütze zu sein.
ABER, das Grundlegende ist: ER muss mit dem Spielen aufhören wollen.

Ist das bei dem Freund Deiner Tochter der Fall? Dann fände ich es übereilt, auszuziehen. Aber es ist wichtig, Grenzen zu setzen, Regeln zu vereinbaren und konsequent zu sein: Einteilung der Finanzen, so dass er gar nicht die Möglichkeit zum Zocken hat, genaue Absprachen was er tut und wo er ist und vor allem Ehrlichkeit.
Du siehst, vor allem ist es davon abhängig, ob ER bereit ist, gegen seine Sucht zu kämpfen.

Sei Deiner Tochter eine seelische und moralische Stütze, aber mische Dich nicht zu stark ein, denn sie muss wissen und erkennen, wo sie hin möchte.
Sei für sie in Gesprächen und mit Tipps und Ratschlägen da, aber lasse sie ihre eigenen Entscheidungen treffen.

Ein Gespräch zu tritt, fände ich persönlich sehr gut. Ihr könntet Eure Ängst und Befürchtungen aussprechen und Euch gegenseitig erklären, was ihr von dem anderen erwartet. Das wäre doch ein sehr guter Anfang, um gemeinsam gegen die Sucht anzugehen.
Meine Mum weiss zwar, dass mein Freund Spieler ist, lässt mich aber mein Leben leben, ohne zu hinterfragen oder an der Spielsucht meines Freundes teilzuhaben. Manchmal würde ich mir genau so eine Reaktion wünschen, wie Du sie Deiner Tochter entgegen bringst: Anteilnahme, Interesse und Lebenserfahrung.

Unterstütze Deine Tochter so sehr Du kannst, aber gib ihr und ihm den Freiraum, ihre Beziehung und den Kampf gegen die Sucht selbst zu leben.

Mein Freund spielt (jedoch mit zwei Rückfällen im Dezember) seit Juni letzten Jahres nicht mehr und wir sind im Januar zusammen gezogen.
Du siehst, es kann funktionieren, wenn man auch als Angehörige eines Spielers eine Stütze von aussen hat, konsequent und ehrlich ist und der spielende Partner wirklich aufhören will (Selbsthilfegruppe und Therapie sind seeehr wichtig!!!).

Ich wünsche Dir Kraft, das Richtige zu tun! Du schaffst das. Ich wünsche mir auch manchmal einen Vater wie Dich...

Anni

Heiz
15.03.2004, 14:09
Guten Tag ihr Lieben !

Vielen Dank für Eure Beiträge. Jeder Einzelne bringt mich, meine Stimmung und wie ich hoffe, auch die Beteiligten des bösen Spieles (oh, wie doppelsinnig ! ) weiter nach vorn.
Heute geht es mir, dank Euch, schon viel besser. Ich hoffe ich kann das auf die beiden übertragen.
Bis die Tage !

Alles Liebe für Euch !

Heinz

Heinz
15.03.2004, 14:14
Hallo Anni,

unsere letzten Beiträge haben sich zeitlich überschnitten.
Ich habe einen dicken Kloss im Hals.
Vielen Dank für Deinen Beitrag.

Heinz