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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : so viele Fragen



Heike
16.03.2004, 19:53
Ich habe Freitag erfahren das mein Partner rückfällig geworden ist. Am Montag dann habe ich ihn auf seinem Wunsch hin zur Klinik gefahren. Ich muss dazu sagen das er vorher, inerhalb von drei Tagen sämtliche Konten leer gemacht und verspielt hat. Jetzt size ich hier allein mit vier Kindern und weiss mir nicht mehr zu helfen. Es war doch alles okay...zumindest habe ich es immer gedacht. Er sagt er kann mir den Grund nicht nennen warum es so passiert ist. Ich würde ihm so gern Helfen ,weiss aber nicht wie. Habe ich vielleicht was falsch gemacht ??? Habe ich etwas für ihn sehr wichtiges übersehen???
Andersrum weiss ich nicht einmal wie ich es mit den Kindern schaffen soll. Da ich ganz neu hier her gezogen bin kenne ich niemanden der mir auch nur im geringsten unter den Armen greifen, oder auch einfach mal zuhören würde. Es gibt so viele Fragen die einen quälen. Er hat jetzt fast genau sieben Jahre nicht mehr gespielt...Warum jetzt wieder ??? Ich hoffe ganz einfach das er wieder bei uns sein kann wenn unser kleiner Wurm ,auf den er sich doch gefreut hat zur Welt kommt.
DANKE...allein das schreiben hat schon geholfen ...
LG Heike

Rudi
16.03.2004, 20:32
Hallo Heike !
In der Situation, in der du dich befindest, ist es bestimmt beinahe unmöglich dir Trost zu spenden.
Jedoch ist eines sicher. Du brauchst dir keine Selbstvorwürfe machen. Nach dieser langen Zeit der Abstinenz muß eigentlich ein gewisses Vertrauensverhältnis wieder vorhanden sein. Und irgendwann funktionieren auch die Alarmglocken nicht mehr.
Allerdings muß gefragt werden, warum ein so schwerer Rückfall geschehen konnte. Nicht um Fehler zu suchen, sondern für die Zukunft vorzubeugen.
Hier muß gefragt werden, ob dein Mann begleitend in einer Spielerselbsthilfegruppe geht.
Man lernt in der SHG mit seiner Sucht - und insbesondere auch mit seinen Rückfällen umzugehen.
Da bei Euch sämtliche Konten geräumt wurden, ist eigentlich denkbar, das er in letzter Zeit fortwährend spielte. Das es nicht bei einen "Ausrutscher " blieb zeigt, das hier etwas nicht optimal lief. Dieses müßt ihr gemeinsam erforschen - mit Hilfe eines Therapeuten.
Wie man nur unschwer aus deinen Zeilen erfährt, bedauerst du deinen Mann sogar. Obwohl du eigentlch vor Wut zerplatzen müßtest.
Ganz bestimmt ja auch, weil du dich jetzt total im Stich gelassen fühlst.Vier Kinder - und eins unterwegs. Das ist für ein Ehepaar viel - geschweige denn für eine Person.
Ich vermute auch, das du jetzt amtliche Hilfe benötigst.
Das heißt zum Sozialamt gehen und dort die Karten auf den Tisch legen. Am besten mit einen ärztlichen Attest aus der Klink. Irgendwie muß ja für die Kinder und für dich was auf den Tisch kommen.
Und du kennst es ja, Freunde in der Not...
Wie gesagt, es ist schwer zu trösten. Das Kind ist in den Brunnen gefallen. Was bleibt ist die Situation meistern und nach vorne schauen. Auch wenn es sehr schwer wird.
Ich selbst bin jetzt seit über 3 Jahre ohne Rückfall. Ich bete zu Gott, das mir das niemals passiert. Kann mir vorstellen, wie schwer ew dir ankommt. Brauche mir nur meine Frau vor Augen führen, wie sehr sie daran leiden würde.
Ich wünsche Euch alles Gute - und drücke dir die Daumen, das du einen Ausweg aus der finanziellen Misere findest.
Und das dein Mann in der Klinik die richtige Hilfe bekommt.
Alles Gute
Rudi

Bories
16.03.2004, 22:39
Hallo Heike,

wie sollst Du Trost finden? Ich weiß es nicht, aber ich fühle durch Deine Zeilen hindurch Deinen Schmerz. Möchte Dir nur sagen, dass ich in meinen Gedanken bei Dir und Deinen Kindern bin. Wünsche Euch viel Kraft für die kommenden Tage.

Viele Grüße
Bories

Heike
17.03.2004, 05:33
Hallo Rudi, Hallo Bories.
Ersteinmal Danke,habe mit so einer schnellen Reaktion nicht gerechnet. Das ich wütend bin, oder war stimmt. Als er es mir sagte hätte ich schreien können vor Wut.Doch aus Angst etwas falsches zu sagen habe ich ertmal schweigend den Raum verlassen. Jetzt wo er weg ist und ich mich fallen lassen kann, keine Ängste verstecken muss und einfach mal die Tränen laufen lassen kann ist es weniger Wut sondern die Angst. Ich war für Ihn das ganze WE so stark das ich mich selbst über mich wunderte. Bloss nicht zeigen das es auch für mich hier schwer werden würde !!! Zur Selbsthilfegruppe ist er nicht gegangen. Er sagte mir auch das es ein Fehler war nicht dahin zu gehen. Das ist ja das komische...so vieles konnte er mir beantworten, aber das Warum blieb in der Luft. Wir sind noch nicht so lange zusammen (ca3Jahre) und die Zeit davor war er alleinerziehender Vater. Ich selbst war auch allein mit meinen Kindern und noch bevor unsere Beziehung begann hat er mir von seiner Sucht und von seinen Schulden erzählt. Ich glaube ich habe das ganze einfach zu leicht gesehen. Er dachte wenn er es mir sagt gehe ich mit meinen Kindern und er müsste seine Tochter weg geben, und versuchen das beste draus zu machen. So ist es aber nicht...Ich stehe hinter ihm und versuche alles was ich kann. Nur weiss ich wirklich nicht WIE ich helfen kann. Ich könnte noch Stunden hier sitzen, lesen und schreiben. Wie gesagt, hier kenne ich niemanden und die Leute die mir Helfen wollen sind 500 km weit weg !!! Wir haben uns entschieden das ich ersteinmal mit den Kindern zu meinen Eltern fahren soll und mir da eine Wohnung nehmen soll. Nun hab ich aber Panik das er sich dann sitzen gelassen fühlt. Vor hat er natürlch nach zu kommen. Aber ist es der richtige Weg? Schade ich ihm dadurch nicht???
LG Heike

Rudi
17.03.2004, 08:28
Hallo Heike !
Nein, du schadest ihn nicht, wenn du dein Vorhaben durchführst. Er wird ohnehin in der Klinik viel mit sich selbst zu tun haben.
Obwohl, der Klinikaufenthalt ist doch wohl in Verbindung mit seiner Spielsucht zu sehen ? Macht er eine Therapie ?
Er muß zu sich selbst finden, das ist sehr wichtig .
Du hast jetzt die Pflicht ,zunächst an die Kinder und dich selbst zu denken. Ich denke das die Kinder dich jetzt ganz besonders brauchen. Insbesondere das Kind deines Partners.
Wenn du bei deinen Eltern die entsprechende Untersützung finden kannst, dann zögere nicht. Sei froh, das dieser Weg offen ist.Ich denke auch, das dein Mann große Schuldgefühle in sich hat und er sehr froh ist, eine Frau zu haben, die diese Sache mitträgt. Er wird mit Sicherheit deinen Schritt verstehen.
Die Frage nach den WARUM ist für keinen Spieler erfüllend zu beantworten. Das Spielen kommt aus einem inneren Druck. Das nachvollziehen dieses Druckes nicht erklärbar. Irgendwann ist die Frage des Warums auch nicht mehr so wichtig. Dann ist das Heute und das Morgen wichtig, nicht mehr das Gestern. Und darauf müßt ihr euch nach Möglichkeit konzentrieren. Die Fehler der Vergangenheit nicht wiederholen. Eine Selbsthilfegruppe wirkt oft wie ein Sicherheitsnetz, das meinen evtl. Absturz abfängt. Darum für uns Suchtkranken unentbehrlich.Ich bleibe mein ganzes Leben Suchtkrank. Dementsprechend sollte auch meine Teilnahme in einer Gruppe sein. Sie ist ein Stück meines
gesund bleibens, wie bei einen Diabetiker das Insolin.
Vergiß bitte nicht, bald wirst du wieder Licht am Ende der dunklen Röhre sehen, auch wenn es heute nicht so scheint.
Ich drücke dir für deine Pläne die Daumen,
Alles Liebe
Rudi

Rolf
17.03.2004, 11:27
Nur ein Vorschlag. Wir haben einen extra passwortgeschützten Bereich auf www. spielsucht-gruppe.de nur für Angehörige, mit sehr kompetenten Ansprechpartnern. Um Gottewillen, ich möchte dich nun nicht hier weglotsen, aber vielleicht ist es für dich hilfreich mal mit anderen Angehörigen zu sprechen.

Liebe Grüße, Rolf

www.spielsucht-gruppe.de

Heike
18.03.2004, 06:53
Hallo Rudi,
Danke Dir... Es ist für mich viel Wert das aus der Sicht anderer zu lesen. Ich selbst bin im Moment an dem Punkt angekommen andem ich Angst habe alles noch schlimmer zu machen. An einem Tag sind alle Träume und Pläne den Bach runter geflossen und man sucht den Fehler auch bei sich selbst. Ja, der Klinikaufenthalt ist wegen seiner Spielsucht. Den ersten Tag haben sie ihn in der geschlossenen Abt. gehabt. Von der konnte er aber gleich den nächsten Tag runter. Gestern war ich bei ihm und es tat so weh ihn so zu sehen. Ich frage mich immer wieder warum ich nichts gemerkt habe. Er war ja schon soweit das er versuchte das ganze mit dem Trinken zu ersetzen. Wir hoffen das er gleich nach seinen Klinikaufenthalt einen Therpie Platz bekommt. Nun habe ich aber gehört das es extrem selten ist das man so schnell einen Platz bekommt. Nun meine, und auch seine Angst: Was ist wenn er Wochen, lang allein zu Hause auf seinen Platz warten muss??? Er hat mir ja von Anfang an von seiner Suchtkrankheit erzählt, auch das er immer süchtig sein wird. Das es jedoch so schnell und unerwatet passieren kann hab ich mir nicht vorstellen können. Ich wusste auch nicht das es mit den Alkohol in Verbindung zu sehen ist. Eine Frage hätte ich noch... Wie groß sind seine Chancen trocken zu bleiben wenn er nach seinen Klinikauenthalt warten muss ??? Ich denke ja mal das er dadurch auch seine Arbeit verliert oder ??? Er ist ein Mensch der eigentlich nicht allein sein kann, und dann noch in so einer Situation !!!!
Ich bedanke mich schon im Vorraus...
Ganz Liebe Grüße Heike

Rudi
18.03.2004, 07:57
Liebe Heike !
Du hast recht. Die Zeit nach dem Klinikaufenthalt und das Warten auf seinen Therapieplatz wird bestimmt nicht einfach. Da kann ich deine Sorgen nachfühlen.
Was kann man tun, um diese Zeit zu überbrücken ?
Als erstes würde ich sofort eine Selbsthilfegruppe aufsuchen. Das Gespräch mit Menschen, die in einer ähnlichen Situation waren oder sind ist unerlässlich. Hier wird er auch alle Hilfe bekommen, die bis zur Therapie möglich ist. Dabei halte ich es nicht für entscheident, ob es eine Alkoholiker - oder Spielerselbsthilfegruppe ist.
Zwischen Spielsucht und Alkoholsucht gibt es viele paralellen. Im übrigen wird er SOFORT in jeder SHG aufgenommen. Nur er muß sich auf den Weg machen.
Des weiteren müßt ihr Reden. Diese Sucht nicht länger totschweigen. Immer und immer wieder. Von Gespräch zu Gespräch wird dein Mann freier und offener werden, denn er brauch nichts mehr zu verbergen.
Ob er seine Arbeit verliert oder nicht, hängt von seinen Arbeitgeber ab. Spielsucht ist eine anerkannte Krankheit
und der Arbeitgeber muß nicht erfahren, woran dein Mann erkrankt ist.
Was kann man daheim machen ? Zunächst darfst du zur Zeit deinen Mann kein Geld anvertrauen. Das wird Löcher in seinen Taschen brennen. Des weiteren würde ich auch in dieser Zeit den Alkohol verbannen.
Alkohol macht auch gesunde Menschen labil. Erst recht einen suchtkranken Spieler. Genuss von Alkohol setzt die Hemmschwelle herab. Auch die Hemmschwelle nicht Spielen zu wollen.
Ganz klar tut es dir weh, einen geliebten Menschen in dieser Situation zu sehen. Und ich finde es ganz toll von dir, wie du zu deinen Mann stehst. Schade, das du zur Zeit Träume abhaken mußt. Doch denke dranm, das kommt wieder.
Mit jeden Tag seiner Abstinenz etwas mehr.
Bleibt mir nur noch Euch alles Gute und Spielfreiheit für deinen Mann zu wünschen.
Bis bald
Rudi