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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Schuld an der Spielsucht



Klaude
05.04.2004, 08:39
Hallo CHBE

Spielsucht hat nix mit guter oder schlechter Beziehung zu tun, auch wenn der Suchtkranke das so darstellt. Mach Dich nicht mit solchen Gedanken verrückt. Bist Du sicher, dass er spielt? Hohe Geldausgaben können auch andere Gründe haben, oder gibt´s da noch mehr Anhaltspunkte?

Viele Grüsse

Klaude

andreas
13.04.2004, 12:18
Hallo Klaude;
lieber würde ich deinen Beitrag unbeantwortet hinnehmen, aber wenn ich so meine eigene Leidens - Geschichte betrachte, möchte ich einfach heftigst Deiner These widerspechen.
Jede ausgelebte Sucht ist eine Beziehungsstörung in ihrem Wesen!
Natürlich ist es für jeden Betroffenen selber zu entscheiden, ob er sich damit auseinandersetzen möchte,Vorschriften möchte ich Niemandem machen.
Grund ist z.B. bei mir Körperlicher und Seelischischer Mißbrauch in meiner Ursprungsfamilie; vermutlich sexueller Mißbrauch im Kinderheim (als 2 - 3,5 jähriges Kind).
Das Ausleben der Spielsucht gewährt mir die "Sicherheit" mich vor unliebsamen Begegnungen zu schützen. z.B. in der Imbíßstube, wenn ich mir meinen Panzer anfresse und den Frust mit den Routierenden Scheiben des Geldspielautomaten überspiele. Kellerlokale in schummriger Umgebung eignen sich bestens, ebenso in Kabinen eingeteile Spielstätten mit Künstlichem Licht.
Vielleicht ist mir jetzt erst in der Therapie meine Beziehungs (mager) sucht bewußt geworden - und ich bin z.B. eifriger Vertreter der Meinung, daß Meetings Genesung bringen. Vor allem Wichtig: Ständige Konfrontationen in "Sorgender Haltung" also nicht irgend etwas dem anderen überstülpen, sondern seine Meinung haben und fragen, ob der oder die Andere BEREIT ist sie zu Verstehen.
Klaude, auch dir wünsche ich viele gute positive Begegnungen
Andreas

Hans
13.04.2004, 13:40
Hallo Klaude ,
den Satz, dass eine Sucht nix mit partnerschaftlicher Beziehung zu tun hat,würde ich auch auch nicht so einfach
als gegeben hinnehmen . Die Sucht an sich ist ein Spiegel-
bild seelischer Vorgänge, Andreas hat dafür ein Beispiel genannt , man könnte ihrer unendliche benennen . Ich würde niemals so weit gehen, Beziehungsprobleme als Ursache einer
Sucht zu bezichtigen , halte es aber für doch gewagt , beides getrennt betrachten zu wollen . Ganz offen meine
Meinung : eine Sucht in einer als völlig intakt bezeichneten
Beziehung ist für mich eine schwer nachvollziehbare Betrachtung .

ich freue mich auf hoffentlich viele andere Meinungen zu diesem wichtigen Thema

Gruß Hans

Ann
13.04.2004, 14:32
Hallo ihr,
CHBE hat in dem Thread "total der Spielsucht verfallen" gepostet und sich mehr oder weniger die Schuld für die Spielsucht ihres Partners gegeben.
Klaude hat hier einen neuen Post für CHBE geöffnet.

Ich gebe Klaude Recht:
Es kann doch nicht sein, daß sich der/die Angehörige Schuldgefühle einredet, weil der Partner spielt! Damit landet der Angehörige voll im Sog der Co-Abhängigkeit.
Schuldgefühl bedeutet doch auch: Verstecken vor anderen, auf jeden Fall zum Partner halten, egal was noch kommt.

Den Ansatz erkennen und sich nicht jeden Schuh anziehen, das ist wichtig für die Angehörigen. Oft genug werden uns Dinge vom Süchtigen "eingeredet", damit es für ihn "einfacher" wird!

Natürlich kommt eine Sucht nicht von allein und logisch - jeder sucht sich den Partner aus, den er/sie "braucht", aber trotzdem würde ich mich niemals in die Richtung "Du bist Schuld, daß ich spiele/gespielt habe" drängen lassen...


Ann

(die grade langsam wieder auf den Teppich zurückkommt.... grins)

therapeutin
13.04.2004, 21:03
hallo ann,
ich versuche es so einfach, als möglich zu erleutern:
die schuld... das ist ein thema für sich, weder der spieler/in noch der partner/in sollten keine schuldgefühle haben, denn der eine hat eine störung und der andere leidet mit. stelle es dir vor, du hast einen menschen ganz doll lieb, er erkrankt und stirbt, du bleibst alleine, traurig, verlassen, einsam mit unendlichem schmerz, und plötzlich bietet dir ein freund/in ein glas wein an, um zu entspannen, du findest daran ein gefallen, weil es dir für eine oder mehrere stunden möglich war, ein bisschen zu vergessen, ein bisschen normalität zu erlangen. nächsten tag sitzt du alleine in der leeren wohnung und die realität ist noch grausamer als davor, und du denkst, nach dem glas wein ging es mir gestern so gut, also versuche ich heute noch einmal, um den schmerz zu betäuben, und schon bist du im sog, dem du nur schwer entrinnen kannst. ganz banal würdest du sagen, so ist das auch... und schon ist es aus einer großen liebe die sucht entstanden, da gibt es keine schuld, der eine wollte nicht sterben, der andere nicht allein bleiben.
es gibt menschen die die stärke besitzen (egal was für schicksalsschläge sie erleiden) ihr leben weiter völlig "normal" zu gestallten, und wiederum gibt es die anderen, die tendenziel schon immer eine schwäche für irgendeine sucht haben, und in extremen situationen leben sie diese schwäche aus. es gibt partner die jahrzehnte mit einander leben, ohne sich zu kennen, und auf einmal hält der eine nicht mehr aus, sucht einen ausweg, kann mit dem partner darüber nicht reden (es ist fast die normalität)und landet entweder in einer kneipe oder in einem spielcasino. so einfach ist das ann, daher schuld zu suchen bei dem einen oder dem anderen ist völlig falsch, richtig ist, jede sucht ist genetisch bedingt, kann lange untedrückt werden (vielleicht auch ein leben lang) und in bestimmten extremsituationen bricht die krankheit aus, ähnlich wie beim krebs oder auch anderen krankheiten.
insofern ist es richtig, dass eine nicht intakte beziehung auch eine spielsucht hervorrufen kann.

schöne gruße

Rudi
13.04.2004, 22:21
Hallo Therapeutin !
Hervorgerufen werden kann die Spielsucht auch durch eine nicht funktionierende Beziehung.
Oder durch 1000 andere Gründe.
Hier scheint doch vor allen Dingen wichtig, das der Eine empfänglich ist für eine Sucht, der Andere weniger.
Die Sucht liegt also ,nach deinem Brief, bereits verschüttet in uns und wird durch äußerliche Anlässe geweckt.
Es ist also demnach nicht eine Beziehung oder ein anderer Anlass, sondern die Veranlagung, bestimmte Situationen nicht verarbeiten zu können.
Nach erkennen der eigenen Veranlagung darf es jedoch für den Erkrankten nur einen Weg geben. Der Versuch mit aller Hilfe und all dem mir zur Verfügung stehenden Mitteln für meine Gesundheit arbeiten.
Dieses geschieht nach meinen Wissen bei vielen Suchtkranken nicht. Vielmehr wird häufig durch den Suchtkranken die Verantwortung für seine Erkrankung auf Umstände oder bestimmten Personen abgewälzt. Inklusive weiteres Suchtverhalten auch bei eigener Erkennung der Situation.
Es wird mir zu häufig die Flucht in die eigene Krankheit vorgeschoben ( irgendwas kam über mich..) um eine Konsequenz aus dem eigenen Handeln zu vermeiden. Ich armer Mensch kann ja nichts dafür, - auch nichts ,wenn ich nichts gegen meine erkannte Krankheit tue ?
Das es geht ,beweisen viele " Trockene ". Auch viele trockene Spieler und Alkoholiker, die lediglich durch den regelmäßigen Besuch einer SHG abstinent wurden.
Der eigene Wille scheint also die wesentliche Voraussetzung für eine Abstinenz.
Will auch noch anfügen, das sehr viele trockene Spieler und auch Alkoholiker heute von sich erzählen, es ohne den Partner/in wahrscheinlich nicht geschafft zu haben.
Der Antrieb für viele Suchtkranke gegen die Krankheit zu arbeiten, kommt in sehr vielen Fällen doch wohl vom Partner, der einen gewissen Druck ausübt.
Auch für uns Suchtkranken ist unsere Beziehung zum Partner und zur Familie der soziale Mittelpunkt, dem es gilt zu bewahren und zu stärken.
Dieses sollte auch das Augenmerk professionäler Hilfe sein.
Liebe Grüße
Rudi (Spieler )

therapeutin
13.04.2004, 23:31
hallo rudi,

dem ist ja nicht zuzufügen, nur so viel, es vergehen unter umständen auch jahre, bevor ein süchtiger seine sucht annerkennt, bzw. erkennt. druck auszuüben kann auch das gegenteil bewirken (ist sehr individuell), denn hier geht es um menschen als individuum. dass die familie, vorausgesetzt intakte familie, die größte hilfe sein kann ist unbestrittbar, und ob die süchtigen (ausgenommen rauschgift) die schuld auf die anderen abschütteln wollen, ist auch sehr verschieden, denn die meisten spieler oder alkoholiker leben mit enormen schuldgefühlen, die sich auch kontraproduktiv auf die therapien und genesung auswirken. sich helfen lassen in der anfangsphase tun die wenigsten, aber das weißt du sicher aus eigener erfahrung. und noch eines, ich sagte nicht alle menschen sind potentiele spieler, und nicht alle haben die gleiche genetik, aber der spieler ist prädestiniert und entweder bricht die sucht aus (extreme situation, wie im positiven als auch im negativen) oder sie schlummert in dem menschen bis zum tod. und was ist eigentlich schuld, und wer kann darüber urteilen? jeder der unrechtes getan hat, muss mit seinem gewissen leben, aber ist die spielsucht unrecht? die süchtigen tun natürlich vielen menschen weh, bereiten sich selber aber die meisten schmerzen, weil sie einerseits zum größten teil realisieren, was sie den familien, freunden und auch sich selbst antun, andereseits können zum größten teil, bis zum völligen zusammenbruch nicht aufhören und genau diese ambvivalenz ist dies was einen menschen zerreist. eine selbstgeiselung tut niemandem gut, einsicht bringt weiter, muss aber erlernt werden, verzeihen ist eine edeltat, verzeihung annehmen können ist ein geschenk, und wenn die famile oder freunde verziehen haben, soll man es annehmen und versuchen, auf dem richtigem weg zu bleiben, die wunden heilen nur dann, wenn man sie nicht ständig aufreisst.

schöne grüße

Rudi
14.04.2004, 08:07
Hallo Therapeutin !
Spielsucht ist kein Unrecht .
Doch Unrecht ist das, was wir damit den Menschen abfordern, die uns sehr nahe stehen. Unrecht ist häufig auch die Art und Weise, mit der ich meine Sucht finanziere. Wo also fängt Recht und Unrecht an ?
Das eine negative Beziehung der Gesundung im Weg steht, oder auch andere negative Dinge, bezweifel ich überhaupt nicht. Allerdings gibt es viele nicht funktionierende Beziehungen - nicht nur bei Suchtkranken.
Für mich sehe ich also die Fähigkeit mit Belastungen umzugehen bei Suchtkranken als gestört an. Woran weder der Suchtkranke, noch dessen Partner oder Familie in irgendeiner Form Schuld trägt. Sicher kann ein falsches Verhalten des Partners evtl. auslösend werden.
Um zur Frage dieser Rubrik zurück zu kehren, liegt deswegen für mich niemals ein schuldhaftes Verhalten des Partners vor, vielleicht aber ein Falsches .
Es stimmt natürlich, das sich viele Spielsüchtige in der Anfangsphase nicht helfen lassen, weil sie meinen es alleine schaffen zu können.
Auf Grund meiner Gruppenerfahrung muß ich aber noch etwas hinzufügen.
Es gibt immer wieder Spielsuchtkranke, die wohl erkennen, wo ihr Problem liegt. Aber sie fühlen sich wohl in ihrer Rolle als Zocker - und betätigen sich als Abzocker bei ihren Partnern oder auch Firmen. Und hat der Partner keine Kohle mehr, wird halt gewechselt. Das wird hier totgeschwiegen. Und da fange ich an, die Schuldfrage neu zu bedenken.
Nein, der Spieler ist nicht immer das arme Opfer, das er oft so gerne wäre. Sein erstes Ziel ist häufig die Beschaffung neuen "Betriebskapitals".Und da sind manchmal keinerlei moralische Bedenken angezeigt.Ich bitte natürlich,die letzten Sätze nicht zu verallgemeinern. Es sind wenige Spieler die tatsächlich so sind - ganz wenige sogar. Aber ich hatte die Freude, auf ein paar zu treffen.
Was micht dazu veranlasst hat, mehr und besser aus den Augen des Mitbetroffenen zu sehen.
Bestimmt bin ich jetzt wieder in ein Fettnäpfchen getreten, macht nichts. Ich meine, das mußte gesagt werden.
Alles Gute
Rudi

Ann
14.04.2004, 09:14
Hallo Rudi,
für mich hast du kein Fettnäpfchen getroffen, sondern einfach das gesagt, was du denkst. Und das spricht mir aus der Seele.

Fehlerfrei ist niemand, jeder macht Fehler. Nur daß sich diese in einer Suchtbeziehung stärker auswirken können. Ich bewundere auch jeden Spieler und jeden Angehörigen, die es ZUSAMMEN schaffen, den Weg aus der Sucht zu finden. Das ist für beide nicht einfach. Denn da stehen Mißtrauen und Kontrolle und Vorwürfe im Raum, die nicht einfach verschwinden.

M.E. verpassen viele Angehörige diesen Zeitpunkt und machen dem trocken werdenden Spieler das Leben mit Kontrolle und Mißtrauen absolut schwer. Aber das sind eben Fehler, aus denen man lernen muß.

Ich persönlich habe gemerkt, daß nur eines hilft: Reden. Ohne Vorwürfe. Gefühl zeigen. Über Gefühle sprechen. Der Weg dahin ist weit, aber wenn beide es geschafft haben ist das Resultat eine spielfreie, feste, von Vertrauen geprägte Beziehung. Mit Schuldzuweisungen - egal von welcher Seite - kann das nicht funktionieren.
Ich spreche da aus eigener Erfahrung.

Gruß
Ann

claus
14.04.2004, 09:17
Hallo Therapeutin! Hallo Rudi,
ihr habt beide Recht mit dem was ihr sagt. Es tut gut eure Erfahrungen zu lesen.
Aus gutem Grunde schreibe ich meine eigene Gedanken Hier in diesem Forum nicht mehr auf.
Lieben Gruss
Claus

Rudi
14.04.2004, 12:01
Schade Claus !
Ich finde es sehr bedauerlich, das du dich so sehr zurückziehst.
Bestimmt waren wir manches Mal kontrovers.
Aber gerade deswegen habe ich mich ganz besonders mit deinen Eintragungen befaßt.
Sie fehlen mir und bestimmt auch vielen anderen. Und durch viele deiner Eintragungen konnte ich mein Wissen erweitern.
Hoffe sehr, das du recht bald in der Lage sein wirst mit deinen Kritikern umzugehen, ohne das du daran leidest.
Wünsche dir darin ganz besondere Kraft.
Alles Gute
Rudi

Claus
14.04.2004, 12:50
Hallo Rudi,
das ich zur Zeit nicht meine Gedanken hier schreibe, liegt auch daran dass ich keinen Kopf dafür habe. Mir hilft es sehr in die Gruppen zu gehen und mich dort zu mit zu teilen!
Habe sehr viel mit Krankheit in der Familie zu tun und bin voll eingespannt, aber es tut mir auch gut an die etwas zurück zu geben die zu mir standen als es mir dreckig ging.
Ich mag Dich Rudi, mit deinen Ecken...
Gruss
>>Claus

PS: schreibe auch mal in diesem Forum: http://www.spielsuchthilfe.de/spielsuchthilfe/forum/

therapeutin
14.04.2004, 21:30
hallo rudi,

du schneidest hier ein sehr heikles thema an, die beschaffungskriminalität. in diesen foren habe ich diesbezüglich ein paar interessante berichte gelesen, die mich sehr nachdenklich gemacht haben. was bewegt einen bis dato unbescholtenen menschen auf einmal alle werte vom bord zu werfen und des spieles wegen krimminäl zu werden? was bewegt jemanden, sein eigenes kind zu töten? meinst du nicht, dass die menschen doch die kontrolle über sich und ihr eigenes fühlen und denken verloren haben? meinst du nicht, dass die menschen sehr, sehr krank sind? warst du als spieler niemals in der situation, wo du kein ausweg sahst und versuchtest mit allen mitteln das verlorene geld zurück zu gewinnen, um deiner famile das entwendete wieder her geben zu können? meinst du nicht, dass die menschen, die ihre firmengelder veruntreut haben, den festen vorsatz hatten, dass geld zurück zu gewinnen und die gelder wieder in die kassen zurück zu zahlen. das unterscheidet den spieler von den korrupten geschäftsmenschen, politikern u.s.w., die würden es gerne zurück zahlen wollen.leider die realität ist eine andere, man kann nicht gewinnen. dies wird dem spieler erst dann klar, wenn er begriffen hatt, das sich hier um kontrollverlust handelt.

nein ich sehe weder den spieler noch andere süchtige als opfer, sondern als menschen, die jede kontrolle über sich selbst verloren haben, und das verurteile ich nicht. selbst die gerichte tun sich damit sehr, sehr schwer und die meisten süchtigen werden sehr milde verurteilt. ich denke in uns allen wohnt ein richter, dessen urteil meistens nicht so gut ausfällt.

schöne grüße

Rudi
14.04.2004, 23:15
Hallo Therapeutin !
Gewiß ein sehr heikles Thema, die Beschaffungskriminalität. Und wenn ich mich hier dazu äußere, dann ist es kein fundiertes Wissen, oder eigene Erfahrung aus der ich berichten kann. Allerdings bin ich am Rande damit konfrontiert worden - und es löst in mich Erschrecken und Abscheu aus.
Denn es ist wohl nicht so wie du schreibst.
Die Persönlichkeit des Spielers ist auf Grund seiner Sucht wohl zum Teil verschüttet. Nichts desto trotz gibt es Spieler mit krimineller Energie und Spieler ohne krimineller Energie. Wie bei den "normalen" Menschen auch.
Auch wird kein Geld "besorgt" um den finanziellen Verlust auszugleichen, sondern was mir bisher bekannt wurde, um weiter zu spielen. Die Familie provitiert von diesen Taten in keiner Weise. Hinzu kommt, das diese Taten meistens nach dem Spiel geschehen, wenn das eigene Geld verzockt ist. Zu einen Zeitpunkt also, wo betreffende Person schon Recht und Unrecht unterscheiden kann. Was mir bisher von betroffenen Personen berichtet wurde läßt für mich keinen anderen Schluß zu.
Ich bin natürlich sehr froh, kein Richter zu sein, der diese Taten abhandeln muß. Bin mir eigentlich sicher , das beim Spieler außerhalb des akuten Spiels immer ein Rest Eigenkontrolle vorhanden ist, die aber in diesen Fällen wohl bewußt übergangen wird. Aber wie gesagt, das ist eine ureigene Meinung und entbehrt
jeglicher Beweisbarkeit.
Und wenn du von Menschen sprichst, die andere töten -ob krank oder nicht - die gehören in voller Obhut des Staates, damit sich gleiches nicht wiederholt. Dann ist der Vergewaltiger und Kinderschänder auch "nur" krank.
Das kann es doch wohl nicht sein. Wenn ich den Gedanken weiterspinne, sind alle Täter ja nur krank, weil verhaltensgestört.
Es bringt nichts, diese Gedanken fortzusetzen.
Ich kann dir sagen, das du falsch liegst, wenn du den Spielern und andere Suchtkranke jegliche Kontrolle über sich absprichst. Die Eigenkontrolle ist da und wird zeitweise von der Sucht verdrängt. Wie sollte es denn sonst einen Spieler gelingen über große Zeiträume seine Sucht zu verbergen ? Oder das Familienleben und Arbeitsleben trotz der Sucht zu erhalten ?
Nein, es mag in ganz wenigen Fällen vielleicht so sein. Aber das ist nicht die Norm.
Über weite Strecken seines Spielerlebens weis ein Spieler ganz genau was er tut. Und ist sich aller rechtlichen Konsequenzen bewußt.
Bitte vereinheitliche nicht den Suchtkranken. Hinter der Sucht sind Menschen - Gute und auch Schlechte. Wie überall im Leben.
Liebe Grüße
Rudi

Hans
15.04.2004, 00:10
Die Frage nach einer Schuld im justiziablen Sinne können
wir hier sowieso nicht erschöpfend behandeln , was uns
hier zur Verfügung steht , sind unsere eigenen Erfahrungen
und auf Grund dieser möchte ich Rudi eindeutig zustimmen.
Es kann kein pauschalisiertes Entschulden von Sucht geben.
Wir müssen uns verantworten , uns unserem Handeln stellen.
Wir mussten erkennen : Hier ist die Krankheit , aber da ist
unser Auftrag , selbst aktiv an der Besserung mitzuwirken.
Das Annehmen diser Verantwortung ist der erste Schritt der
Reintegration und sollte auch , wie es in Ann's Beitrag
anklang , Anlass sein, erste Versuche von Vertrauen aufzubauen .

Aber nochmal zum Ausgangspunkt dieses Beitrages:Kann es überhaupt in irgendeiner Weise eine Schuldzuweisung geben?
Für den Süchtigen oder den Angehörigen ?Ich denke , prinzipiell ist jeder Beteiligte immer gut beraten , seine
eigenen Anteile kritisch zu hinterfragen , denn das Enstehen einer Krankheit , so auch einer Sucht ist immer
multifaktoriell .

Grüße Hans

therapeutin
15.04.2004, 21:47
hallo rudi,

nein, ich vereinheitliche nicht die spieler/innen, denn wie du auch selbst sagtest, das sind individuen, halt menschen. aber ich vereinheitliche die ausgangspunkte, den verlauf des spielens, zuerst ganz zaghaft am ende bis zum völligen exzess, aber immer mit dem glauben, das große jackpott zu knacken und für immer mit dem lieben geld glücklich sein. sicher mit einem kleinen rest von kontrolle, nicht über sich im gänze, sondern über die momentane situtation, bzw. über den zwang. ich bin keine spielerin, sondern beobachterin, aber das eine oder andere mal bin ich mit dem spielenden im casino gewesen, um mir über den spielerverhalten einen bild zu machen. ich wollte es verstehen, denn ich wollte nicht glauben, dass phatalogisches spielen nicht zum stillstand gebracht werden kann. was ich dort beobachtete trieb mir den kalten schweiß über den rücken. die menschen veränderen sich in einer brutalen weise, die gesichtzüge entgleiten und verzeihe mal, die gleichen sich alle. für mich gab es dort eine masse an menschen, die fern jeglicher realität für stunden ohne essen, trinken oder ansprache ausharten und steckten einen fünfziger schein nach dem anderen in die bunte kisten. wie soll man diese menschen bitteschön verurteilen? welche kontrolle haben sie über diese situation? was treibt sie dahin? für mich gibt es nicht den guten und den bösen spieler/in, sondern menschen in einer ausnahmesituation, dennen es geholfen werden muss, natürlich nur dann, wenn sie auch selber die hilfe wollen, oder suchen. und so ein mensch braucht hilfe ein leben lang. sicher wissen die beteiligten in der situation, was sie tun, aber können sie in den momenten anders? können sie aufhören, bevor der letzte cent in den automaten steckt?

schöne grüße

Rudi
15.04.2004, 23:35
Hallo Therapeutin !
Erst einmal Danke für deine vielen Denkanstöße.
Du beschäftigst mich zur Zeit in einer Weise, die mich mein Innerstes durchwühlen läßt.
Natürlich kam ich nie auf die Idee, andere Spieler beim Spielen zu beobachten. Und gewiß wirst du da Recht haben, das sich die Gesichter vor den Automaten oder am Roulettetisch wohl gleichen. Auch mit dem nicht aufhören können in der Spielphase hast du Recht. Und wie du ,bekommt wohl jeder nicht Betroffene das blanke Grauen, wenn er Zocker beim Spiel beobachtet.
Aber was ich dir jetzt erzähle sind eigene Erfahrungen und bestimmt auch Anhaltspunkte die in dem von dir wiedergegeben Bild des Spielers noch keinen Zugang hatten.
Denn was ist mit dem Spieler nach seinen exessiven Spiel ?
Natürlich der Gedanke, wie mache ich den Verlust wett. Aber natürlich auch Selbstvorwürfe und Selbstzweifel.
Doch gerade in dieser Phase weis der Spieler recht gut, was er macht. Er hat zu diesen Zeitpunkt die freie Entscheidung, das nächste Spiel vorzubereiten, oder sich mit Hilfe vom Spiel abzuwenden. Der Druck spielen zu müßen ist in dieser Phase eigentlich nicht mehr vorhanden. Der Spieler denkt in dieser Situation nüchtern und scharf. Er ist sich bewußt, was bei ihm verkehrt läuft. Wenn er in dieser Phase Straftaten begeht, ist er voll verantwortlich. Wenn er keine Schritte gegen seine Sucht unternimmt, ist er voll verantwortlich. In der Regel findet der Spieler ( bis zum Zusammenbruch insbesondere finaziell) sein Spiel als toll. Nur aus diesem Grund der lange Anlauf, bis tatsächlich etwas getan wird. Andere geben ihr Geld dür Urlaub oder Autos aus - warum soll ich dann nicht spielen, wenn es mir doch Spaß macht. Eine Äußerung die im Laufe einer "Spielerkarriere" wohl jeder Spieler so oder ähnlich von sich gibt.
Entscheident ist aber auch, das viele Spieler - mich eingeschloßen - einen enormen Druck spüren spielen zu müßen, wenn Geld in der Tasche ist. Wobei ich mich manchmal ertappe das ich mich frage, ist es jetzt eine Spielsucht, oder kann ich kein Geld in der Tasche halten.
In der ersten Zeit meines "Nichtspielens" vermied ich es dann auch Geld an mich zu nehmen, was ich nicht unbedingt brauchte. Und lies mich durch meine Partnerin kontrollieren. Mit Erfolg.
Ich verurteile keine Spieler. Aber wenn jemand eine Straftat begeht, soll er dafür auch die Konsequenz tragen.
Und dann nicht anfangen zu weinen, ich bin ja nur ein armer Spieler. Glaube mir ,die Straftaten werden im nüchternen Zustand (meißtens) geplant und ausgeführt.
Wenn ein Spieler abschaltet (nicht denkt), geschieht das einzig und allein beim Spiel. Da würde ich dann auf verminderte Zurechnungsfähigkeit plädieren. Aber beim Spiel hat der Spieler ja nun mal keine Zeit straffällig zu werden.
Im übrigen möchte ich noch mal eingehend darauf aufmerksam machen, das nur ein kleiner Bruchteil der Spieler tatsächlich Straftaten begingen. Nicht viel mehr, als der sonstige Bevölkerungsdurchschnitt.
Der Großteil der Spieler verspielen das eigene Geld - und das ihrer Partner und Familien.Bis dann irgendwann die Einsicht kommt , das es so nicht geht. Leider fast immer etwas spät.
Menschen in Ausnahmesituationen sind natürlich vor allen Dingen häufig die Familien des Spielers. Die krebsen am Existenzminimum -oder darunter - von einen Tag zum anderen. Und die Kinder dieser Familien haben überhaupt keine Schanzen sich zu wehren. Es ist schon alles ein Elend. Und für uns Spieler gibt es nur einen Weg.
Aufhören - und jede Hilfe ergreifen die sich da anbietet.
Ich hörte auf zu spielen - für mich - und für die Menschen die ich liebe.
Und jeden Spieler , der diese Zeilen liest, kann ich nur ermuntern das auch zu tun. Es gibt viel Hilfe und Menschen die Euch beistehen. Ihr müßt nur wirklich wollen.
Liebe Grüße
Rudi

andreas
17.04.2004, 19:58
...wenn das immer nur so einfach ginge!
Dieses ständige Analysieren MEINER Spielsucht und dieses Vergleichen, wie es anderen SpielerInnen so im allgemeinen und insbesondere geht - und zockt der Bundes.. nicht auch?
Als meine Frau schwer depressiv war, habe ich sie halt unter Druck gesetzt, in die Meetings zu gehen, - damit es MIR besser geht. Mein Therapeut nahm das Wort "Sadismus" in den Mund. Habe ich lange nicht verstanden und - meine Neigung kräftig verleugnet.
Erst in der Stationären Therapie konnte ich meine Bilanz über meine Ehe schreiben und habe sie jetzt in mehreren Sitzungen mit einem Seelsorger geteilt.
Nur wenn ich meinen Partner manipuliere mache ich mich schuldig, wenn ich ihn so nehme wie Sie/Er gerade ist kann ich loslassen.
Ich nehme das Bild einer geöffneten Hand: Die Handinnenfläche zeigt nach oben. Ich lasse los, aber nicht fallen. Ich lasse meinem Partner die Entscheidungsfreiheit.
Nach unserer letztendlich einvernehmlichen Scheidung verstehen meine Frau und Ich - wir uns wieder.
Dieses als Quintessenz zum Thema Krankhaftes Festhalten in einer offenen Suchtstruktur.
Heute habe ich nicht gespielt, ich bin Dankbar für meine Spielfreiheit und ich wünsche Euch, ihr Lieben - viel Anregungen
Andreas

therapeutin
18.04.2004, 19:15
hallo rudi,

es tut mir leid, wenn ich dich in unruhe versetzt habe, war nicht mein vorhaben, ganz im gegenteil. ich würde mich freuen, wenn du dich nicht so stark unter druck setzen würdest und den urteil über dich selbst etwas milder ausfallen lassen würdest. ich bin nach wie vor der meinung, dass die spieler, und auch deren familien, viel leid ertragen müssen, die einen, weil sie eine krankhafte störung haben, und die anderen, weil sie mit der situation völlig nüchtern umgehen müssen. ich bin genau wie du der meinung, dass jeder, wirklich jeder mit dem spielen aufhören müsste, und jede erdenkliche hilfe in anspruch nehmen sollte, bloß, wie wir beide wissen, du aus deinen erfahrungen und ich aus erzählungen, so einfach ist das nicht. die meisten menschen hören damit zwangsläufig auf, weil die resourcen erschöpft sind und die möglichkeiten weiter zu spielen nicht vorhanden sind. dannach kommt die ernichterung, und die suche nach der hilfe. oder aber die brechen völlig zusammen, weil sie ihr doppelleben nicht mehr praktizieren können oder wollen (meistens die frauen). übrigens in dem forum sind kaum frauen vertreten, man könnte es annehmen spielen ist männersache...dennoch aus meiner erfahrung spielen frauen genau so intensiv wie männer, aber nicht so lange (nehmen schneller hilfe in anspruch, und die wenigen die sich hier melden, werden scheinbar nicht so ernst genommen, täusche ich mich da?
ich vermute, dass es auch unterschiedliche spielmotive gibt, die einen spielen, wie du auch sagtest hobbymäßig, die anderen, weil sie es müssen, in der hoffnung das verspielte wieder zurück zu gewinnen und einfach einmal für immer aus der miesere rauszukommen. ein zurückgewinnen gibt es nicht, nur, dies muss man ersteinmal begreifen. der gute alte spruch heißt: "die hoffnung stirbt zuletzt". in diesem sinne wünsche ich dir alles liebe und urteile nicht zu hart.

Rudi
19.04.2004, 20:05
Hallo Andreas !
Wenn das immer nur so einfach ginge...
Das ist es. Da bin ich voller Selbstzweifel - schaffe ich es oder nicht. Einfach machen wir es uns weis Gott nicht.
Aber es liegt in uns. Denn der Einfachheit wegen tun wir häufig das, was wir gewohnt sind.
Es ist so schwer , neues Land zu betreten - und auf der anderen Seite simpel und einfach. Sich trauen einen Schritt in der anderen Richtung zu gehen. Was hielt uns so lange ab, diesen Schritt zu gehen ?
Ich kann es heute nicht mehr beantworten. All die vielen Jahre, die ich einfach in meiner Haltung ausharrte. Wenn ich mir diese vor Augen führe, kann ich mich selbst jetzt nicht mehr begreifen.
Warum ich so schreibe, als ob es so einfach wäre ?
Im Grunde genommen ist es so. Und ich möchte denjenigen. der meine Zeilen liest den Mut zum Umbruch mit auf dem Weg geben. Die Hoffnung fördern, das es machbar ist für jeden. Das Leben ohne Spiel.
In diesem Sinne wünsche ich dir gute Zeit.
Beste Grüße
Rudi

Rudi
20.04.2004, 16:01
Hallo Therapeutin !
Du hast mich nicht so in Unruhe gebracht, wie du vielleicht meinst. Es geht mir gut und ich habe zur Zeit keine Probleme. Jedenfalls, was meiner Spielsucht angeht.
Ich verurteile mich auch nicht selbst. Doch das heraus aus der Spielsucht erfordert ein ein konsequentes Handeln.
Wenn das Härte ist, dann bin ich hart. Doch ich denke, es ist eine gesunde Härte, denn ich fühle mich wohl dabei.
Du hast das Thema Frauen mit Spielsucht angeschnitten.
Mir selbst sind nur wenige Frauen bekannt, die spielsüchtig sind. Diese Frauen werden wohl von uns sehr ernst genommen. Doch nach meinen Erfahrungen suchen Frauen auf eine andere Art und Weise Hilfe.
Sie kommen wohl auch ins Forum, oder auch in der Gruppe.
Jedoch was ich bisher gemerkt habe ist, das sich Frauen auf einen "Helfer" konzentrieren. Darüber hinaus fällt es Frauen wahrscheinlich schwerer als Männer sich da weitergehend zu öffnen.
Vollkommen anders ist meine Erfahrung mit Frauen als Mitbetroffene. Da wird Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt, um Hilfe für den Betroffenen zu finden. Ich denke, das liegt wohl bei den Frauen in ihrem sozialen Verantwortungsgefühl.
Gerade aus diesen Grund mache ich mich auch ein paar Gedanken um dich.
Denn es stellt sich mir die Frage, was möchtest du persönlich in diesem Forum ?
Ist es berufliche Neugier, als Therapeutin, oder ist Therapeutin nur ein Deckname und du suchst Hilfe ?
In diesem Fall möchte ich dich doch bitten, deinen Namen zu ändern. Denn in diesem Fall und hier im Forum ist dieser Name nicht angebracht.
Wie dem auch sei. Es hat mir eine Menge gegeben, mich mit dir auszutauschen.
So sei für heute recht herzlich gegrüßt.
Alles Gute
Rudi

therapeutin
20.04.2004, 22:14
hallo rudi,

ja, es ist rein berufliches interesse. und darüber hinaus auch interesse an menschen, die einfach aus der "norm" fallen, was auch immer normalität ist. dabei helfe ich auch mir selbst indem ich die "schattenthese" immer auf´s neue bestätigt bekomme. der freud sagte, dass jeder von uns eine schattenseite hat, bei einigen bricht sie aus, man wirft sein schatten voraus, bei anderen bleibt sie verborgen. weißt du wenn wir alle perfekt wären, wüssten wir nicht, dass es auch fehler gibt. eine welt nur aus guten menschen, grauenhafte vorstellung.

ein ausstieg aus der spielsucht erfordert sicher eine harte diziplin, dennoch kann man auch verständniss für sich selbst aufbringen, denn wer will sich schon freiwillig in die katastrophe stürzen. und da wären wir bei unseren schattenseiten. jeder ist für sich selbst verantwortlich, sagt man, aber die ausnahmen bestätigen die regeln.

schöne grüße

andreas
26.04.2004, 17:33
Hallo Therapeutin!
unter dieser Rubrik im Forum wird FRAU gebraucht. Deinen Ausspruch, daß Spieleroinnen schneller Hilfe finden kann ich pauschal nicht beurteilen.
Manchmal, und hier scheint es mir wichtig zu sein wird wirklich der Austausch mit einer Spielerin (oder mehrerer)gesucht.
Vertrauen
In meiner Klinik gab mir meine Therapeutin neues Selbstvertauen - indem sie mich ganz einfach fragte, wie ich sie als Frau sehe. Frau wirkt Menschlich sorgend voller Hingabe.
Achtung und Liebe
Heute spüre ich beides - meiner Therapeutin gegenüber, ohne Sie wäre ich nie dem Teufelskreis der Selbstverdammnis entronnen.
Nun bin ich Zuhause, Lebe, und gehe gleich in mein Meeting zu meinen Freunden, zu meiner männlichen Seite.
Augeregt
Andreas