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Rudi
23.05.2004, 20:52
Hallo Sandra !
Möchte hier auf deinen Eintrag eingehen, den du hier im Forum unter "Caritas und Spielsucht" eingetragen hast.
Wie du schreibst, bist du Partnerin eines Spielers.
Es ist eigentlich mit wenigen Worten gesagt, was ich dazu sagen will. Ich bin wie du erkannt hast selbst Spieler und seit ein paar Jahren trocken.
Habe durch meine Partnerin auf meinen Weg in die "Trockenheit" viel Hilfe erfahren. Insbesondere durch ihre ultimativen Bedingungen, die sie im Bezug mit meiner Spielsucht und unserer Beziehung stellte.
Ohne diese Bedingungen -ich sollte mir Hilfe suchen - die ich dann auch Taten folgen lies, wäre ich wohl kaum meinen Weg in die Abstinenz so konsequent gefolgt. Denn ich liebe meine Frau und ohne ihren Druck hätte ich es vermutlich doch alles viel lockerer angehen lassen. Und mit einer " Lockerheit" läßt sich der Weg aus unserer Spielkrankheit nicht finden.
Insbesondere das nicht umgehen können mit Geld - und das verheimlichen unserer Spielsucht gegenüber unseren Angehörigen ist bezeichnend.Zu diesen Verheimlichen zählt dann letzten Endes auch das konstruieren eines Lügennetzes, das immer dichter wird. Zur Finanzierung unserer Sucht wird zudem häufig unsere Angehörigen,Partner und Freunde ausgenutzt.Was dem Spieler zusätzliche Isolation einbringt.
Aus diesem Gründen ist ein ultimatives Handeln gegenüber deinen Freund dringend erforderlich.
Was auch eine finanzielle Kontrolle über einen gewissen Zeitraum einschließt. Der Besuch einer Spielerselbsthilfegruppe wird bestimmt der richtige erste Schritt zur Hilfe für deinen Partner sein.
Will dein Partner nichts gegen seine Sucht unternehmen,
werden auf Euch verstärkt Probleme zukommen, die irgendwann
Eure Partnerschaft zerstören werden.
Deinen Partner Hilfe infinanzieller Form zukommen lassen, ist das Gleiche, als wenn du einen Alkoholkranken mit Alkohol versorgst. Also mit Sicherheit falsch.
Ich wünsche Euch, das ihr den richtigen Weg findet.
Alles Gute
Rudi

Sandra
27.05.2004, 18:27
hallo rudi,

vieles das du geschrieben hast, kenn ich zu genüge, leider. doch es war nicht so, dass mein partner mir seine spielsucht verschwiegen hat. gut, es hat eine weile gedauert, aber dann hat er mir von alleine davon erzählt. auch wie es ausgeartet ist und das er eine therpie dagegen gemacht hat. nicht die erste.... er sucht schon hilfe, doch bis zu diesem entgültigen helfen, dass ihm dann hilft, soweit geht es nicht. irgendwie macht er da vorher immer einen rückzieher. ich habe ihm angeboten, seine finanzen zu verwalten. das will er nicht, aus angst vor der totalen kontrolle, wie er es bezeichnet. er meint zwar schon immer, dies wäre der richtige weg, aber lässt es eben einfach nicht zu. klar, ich unterstütze ihn in dem ganzen scheiß wohl auch, indem ich die zeitweisen prikären finanzsituationen auszugleichen versuche, doch was bleibt mir anderes übrig? ich kann nicht mit dem gewissen, irgendwo etwas nicht bezahlt zu habe, miete etc. leben. ich brauche auch mein dach über dem kopf. im mom weiß ich echt nicht mehr was ich machen soll. ich hoffe, das ganze bessert sich ein bisschen, wenn er jetzt dann wieder arbeiten geht, denn dann is er erst mal ne ganze weile unterwegs und wieder beschäftigt.
wünsche dir noch alles gute,
sandra

Rudi
27.05.2004, 22:44
Hallo Sandra !
Vieles gehört zum Spiel des Spielers.
Auch mitunter scheinbar Hilfe anzumehmen um den Partner und die Angehörigen zu beruhigen.
Eigentlich ein Zeichen, das der Spieler eigentlich noch nicht so weit ist, aufzuhören. Dieses aufhören funktioniert auch nur, wenn er mit aller Konsequenz dahinter steht.
Bisher scheint es mir, als ob dein Partner sich immer ein Hintertürchen aufhält. Z. B. das nicht zulassen von finanzieller Kontrolle. Das ist auch ein sehr eigenes Kapitel bei jeden Spieler. Denn das hat letzten Endes die Konsequenz tatsächlich das Spielen sein zu lassen.
Also ist es wahrscheinlich möglich, gerade mit diesen Punkt die tatsächlichen Absichten deines Partners zu erkennen. Ich denke mal, wenn du dieses sehr energisch forderst, wird es bei Euch dicke Luft geben.
Gegen seinen Willen ist eine Kontrolle ja auch nicht möglich.
Nun mußt du dich selbst fragen, was du für dich tun kannst. Geht es so weiter, zieht er dich mit in den Sumpf.
Du solltest in dieser Situation an dich denken. Auch du hast nur das eine Leben und wenn er weiter derart inkonsequent bleibt, ist der totale finanzielle Zusammenbruch vorprogrammiert. Egal, was er auch verdient.Seine Sucht frißt allles auf.
Du hast eine ganz wichtige Aufgabe : Du mußt dich selbst schützen.
Alles Gute Rudi

Bianka
28.05.2004, 22:01
Hallo Sandra!!
Glaub mir, ich weiß sehr genau wovon Du redest. Mein Freund (oder soll ich besser EX-Freund sagen?) ist auch spielsüchtig. Wir sind vor etwas über einem Jahr zusammen gezogen und am Anfang lief auch alles ganz gut. Bis auf seine Launen, die konnte ich nicht zuordnen.Aus heiterem Himmel hat er los gemeckert und ich konnte das gar nicht verstehen.
Dann sind immer und immer wieder irgendwelche unbezahlte Rechnungen, Mahnbescheide und Vollstreckungsbescheide angekommen und als antwort habe ich immer gehört :" Ich weiß wirklich nicht was das ist. Da ist nie ne Rechnung gekommen!!" Klar, wenn ich meine ganze Post nicht aufmache, weiß ich ja wirklich nicht was da ganz genau drin steht...
Nun gut, ich habe also irgendwann seine kompletten Sachen durchgesucht und festgestellt das er in dem Jahr bevor wir zusammen gezogen sind, nichts aber auch wirklich nichts bezahlt hat. Keine Miete, keinen Unterhalt für seine Exfrau und sein Kind, kein Strom - einfach nichts. Das fand ich nun wirklich nicht lustig, aber ich habe mir nichts anmerken lassen, weil ich hoffte er erzählt mir das sicher von alleine. Hat er aber nicht. Im Gegenteil. Je mehr Sachen bezahlt waren desto weniger Geld hatte er. Und genauso wie bei Dir habe ich ständig draufgezahlt.
Er hat sogar kontoauszüge gefällscht um mir zu beweisen, das er Telefonrechnungen etc. bezahlt hat.
Bis dahin wusste ich nicht wirklich was er mit seinem Geld trieb und warum er nie Geld hatte.
Anspielungen von seiner Exfrau habe ich oft bekommen, habe mir aber leider nichts draus gemacht, da sie nicht wirklich gut auf ihn zu sprechen war. Erst als das Telefon mal wieder gesperrt war(obwohl natürlich alles bezahlt) und der Gerichtsvollzieher zu MIR kam weil ne Tierarztrechnung nicht bezahlt war (von der ich aber keine Mahnung gesehen hab) habe ich eins und eins zusammen zählen können...
Ich habe daraus meinen Entschluß gefaßt und bin ausgezogen. Schließlich arbeite ich bei ner Bank und habe Angst meinen Job zu verlieren wenn ich noch weiter mit runter gezogen werde und habe auch noch mein eigenes Leben. Ich habe ihn als Voraussetzung gegeben ne Therapie zu machen und dann können wir gerne noch mal über ne Beziehung reden, aber im Moment kann ich ihm sonst einfach nicht trauen.
Nach diesem Schritt hat er zumindest schon mal geschafft, mir die Wahrheit zu sagen, sich einen Termin zu einem Beratungsgespräch geben zu lassen und mir seine Kontovollmacht - Karte und Onlinebankingunterlagen zu geben.Ich habe ihm übrigens auch mehrmal angeboten seine Finanzielle Seite zu übernehmen, wurde aber auch immer abgelehnt.
Nun höre ich mir jeden Tag Vorwürfe und Selbstmorddrohungen an und werde dadurch von Morgens bis abends unter Druck gesetzt, aber ich habe mir ganz fest vorgenommen ihm daraus zu helfen - aber halt in getrennten wohnungen!!!
Aber so langsam denke ich, das ich wohl auch bald ne Therapie anfangen muß, denn das ganze nagt schon sehr an mir und über irgendwelche Tips würde ich mich auch sehr freuen...
Danke fürs zuhören.

Rudi
28.05.2004, 22:53
Hallo Bianka !
Du beschreibst in deinen Posting einen typischen Spielabhängigen.Über das verheimlichen seines Spiels,seinen Lügen und das entzwecken eures Geldes.
Eigentlich kann ich dir nur wenige Ratschläge geben.
Das Wesentliche hast du bereits getan. Deine Konsequenz und deine ultimative Forderung ihn gegenüber ist nach meiner Sicht der einzig gehbare Weg.
Mit deinen Angebot, für ihn die finanziellen Sachen zu regeln,liegst du auch volllkommen richtig. Denn Spielkranke müßen unbedingt den Umgang mit Geld wieder lernen - oder überhaupt lernen.
Er verweigert das. Wahrscheinlich, weil er noch nicht bereit ist, sich helfen zu lassen.
Was bedeutet das für dich ?
Sicher ist es gut, das er einen Termin für ein Beratungsgespräch machen will. Doch bei wem und wann ?
Du solltest ihm sehr nahelegen, umgehend regelmäßig eine Spielerselbsthilfegruppe aufzusuchen. Vielleicht eine SHG in der auch Angehörige willkommen sind. Denn dadurch würdest auch du im Umgang mit deinen Freund viele Erkenntnisse sammeln können.Er kann auch hier in der Glücksspielsucht Verbindung mit einen Therapeuten aufnehmen. Auch das wäre sehr ratsam.
Es gibt also Wege zur Hilfe für ihn. Er muß sie nur gehen.
Ohne Hilfe aus dieser Sucht heraus zu kommen ist sehr schwer. Eigentlich kenne ich niemand, der es auf Dauer geschafft hat. Wenn, dann nur über kürzere Zeiträume um danach noch exessiver zu spielen.
Ich wünsche dir sehr, das du mit deinen Handeln den nötigen Erfolg hast. Und ich bestätige dir gerne noch einmal, das dein jetziges konsequente Handeln das einzig mögliche ist. Bei aller Hilfe für ihn, vergiß dich selbst nicht dabei.Mach ihm klar, das es so keine Zukunft für Euch geben kann. Er hat das alles selbst in der Hand.
Mach ihm das bewußt.
Alles Gute
Rudi ( Spieler )

Mai-Lee
29.05.2004, 02:04
Liebe Sandra,
liebe Bianka,
lieber Rudi,

bist Du es Bianka(?) oder habe ich einen Beitrag geschrieben, von dem ich nichts weiß? Das ist die Geschichte einer Co-Spielerin, in diesem Fall läuft sie absolut parallel zu meiner. Und ich denke, etliche laufen ähnlich. Ich bin immer wieder sowohl überrascht, als auch völlig niedergeschmettert, wie viele Frauen sich in den finanziellen Ruin stürzen aus Liebe zu einem Mann, der spielt. Ich habe das genauso getan- jeden Tag und immer wieder. Obwohl ich glaube, einigermaßen intelligent zu sein, seine "Spielchen" durchschaut hatte und zusehen konnte, was er tut, hat mich nichts davon abhalten können,
seinen Worten immer wieder zu glauben. Ein ganzes Jahr lang und darüber hinaus. Er hat leider nicht nur sein Geld verspielt, auch meine Kinder beklaut, meine Wertgegenstände versetzt und immer wieder gelogen. Ich lebte immer in der Hoffnung, dass er es ernst meint, etwas zu ändern- zumal er nach einem privaten Treffen mit Rudi (ja unser Rudi, mein lieber Elefant!) wirklich Anstalten machte, jetzt tu ich was...
Sechs Wochen ging es gut. Ich glaube, für ihn ist das ein halbes Leben! Für ein gemeinsames Leben reicht es leider nicht. Seine Sachen stehen gepackt in meiner Wohnung, nachdem ich die Nase voll hatte und ich die räumliche Trennung wollte. Wenn ihm so viel an mir liegt, hat er alle Chancen, das zu beweisen.
Bislang kam er jeden Abend wieder. Mittlerweile habe ich ihm den Schlüssel abgenommen- dann klingelt er Sturm. Ich habe zwei Kinder und Nachbarn, was soll ich anderes tun als öffnen? Ich habe gerade zehn Stunden Arbeit hinter mir, er ist in neuem Outfit auf der Rolle, hat bislang 500€ abgehoben und der kleine Rest ist auch bis morgen weg...
Ich hatte auch seine Karte, aber es ist sein Konto und ich kann ihn nicht zwingen, sie bei mir zu lassen-die Karte!
Und ich glaube, wirklich alles getan zu haben. Er hätte mir meinen halben Hausstand geklaut, wenn ich nicht so wache Augen hätte. Wahrscheinlich habe ich vieles noch gar nicht gemerkt!

Bianka, Du hast den einzig wahren Schritt getan und es fiel Dir bestimmt nicht leicht, das beweist Stärke und enormen
Mut! Lass Dich von seinen Drohungen nicht erweichen, er wird diesen Schritt sehr wahrscheinlich niemals wagen. Es ist ein Mittel, Dich auf seine Seite zu ziehen!

Liebe Sandra, Du machst den Fehler, den alle machen! Wenn er nicht bereit ist, seine Finanzen in Deine Hände zu legen, musst DU alle finanziellen Belange trennen. Dich finanziell vollkommen unabhängig von ihm machen. Gleiche bloß nichts aus, was Du nicht verantwortet hast- dann läuft es ja für ihn! Tust Du das nicht, sind ein Teil seiner Schulden bald DEINE Schulden! Dieser Tatsache musst Du ins Auge sehen. Mein Defizit beläuft sich auf etwa 4000€. Ein Vorstrecken kleiner Beträge immer und immer wieder, die man kaum merkt- und das kommt in einem Jahr zusammen. Mir geht es hier bestimmt nicht um Summen, aber ich möchte Dir vor Augen führen, dass ein recht hoher Betrag verdammt schnell zusammenkommt, ohne dass Du es merkst! Löse Dich ganz schnell aus diesem Kreislauf! Er wird sich von alleine nicht ändern- aber DU kannst Dein Verhalten ändern! Wenn er es nicht zulässt, sich zu schützen, setze alles dran,DICH zu schützen! Du hast auch nur das eine Leben!

Lieber Rudi, wie immer bin ich fasziniert davon, wie sehr Du auch, oder vor allem, Verständnis für die Angehörigen zeigst. Sei mir nicht böse, aber wirklich nachfühlen kannst Du es nicht! Du hast auch nie illegale Dinge getan und bist nie an die Substanz Deiner Familie gegangen. Und ich bin mir nicht mehr sicher, ob Diebstahl in den eigenen vier Wänden, massive Lügen in ALLEN Bereichen (fern vom Geld) noch etwas mit Spielsucht zu tun haben oder einfach einen miesen Charakterzug preis geben.
Ja, ich dachte, etwas bewirken zu können, vielleicht habe ich einfach an zuviel Einfluss meinerseits geglaubt. Ich habe seine Stärken gesehen und wollte nicht, dass sie durch seine Sucht verloren gehen. Ich weiß nicht woher, er diesen "Helfersyndrom"-Wahn hat... Klar wollte ich etwas bewirken, ich möchte auch gerne mein Geld zurück. Aber dahingehend weise ich kein "Krankheitsbild, das sich aus dem Zusammentreffen verschiedener charakteristischer Symptome ergibt" auf. Ich halte mich für recht normal!
Und was ist naheliegender, als dem Menschen, den man liebt, helfen zu wollen? Euch hat er scheinbar auch um den Finger gewickelt, warum sollte ich an seinen Worten zweifeln?
An den vielen Versprechen, an jeden Versuch, den er unternommen hat? Ja, mein Glaube war auf Hoffnung gebaut-
ich hätte alles daran gesetzt- nee... ich habe es getan! Und fast geglaubt... den Weg daraus habe ich für mich geebnet und heute wieder gesehen, dass dieser Weg für mich der Richtige ist. Die Frage, warum er nicht entgültig geht- bislang- brauchst Du mir nicht beantworten.
Es tut einfach nur fürchterlich weh!
Schön, dass es Dich gibt!

Finde einen Weg hinaus, einen Weg für Dich, liebe Sandra-
sonst verlierst Du Dich selbst!

Eure weinende Mai-Lee

PS.: Gibt es wirklich die Möglichkeit, bei der Caritas sein Geld verwalten zu lassen? Wenn ja, wie soll das funktionieren?

Rudi
29.05.2004, 10:18
Hallo, ihr Lieben !
Es kommt für mich doch ein wenig so rüber, als wenn bei Euch ein gewisser Tenor herrscht. Die Spieler...
Ihr habt recht, Spieler haben eines gemeinsam - ihre Sucht.
Doch hinter dieser Sucht verbergen sich die verschiedensten Charaktere.
Zum einen Spieler, die tatsächlich aus ihren Spielerdasein heraus wollen, zum anderen aber auch Spieler, die noch nicht soweit sind und evtl. auch gar nicht soweit kommen wollen. Zu den zuletzt genannten gehören nun leider auch Spieler, denen schon maßgeblich geholfen wurde.
Da wird eine neue Beziehung eingegangen und nachdem die Sache mit dem Spielen auffliegt, rückhaltslos geholfen. Und diese Hilfe sieht zunächst so aus, das die Partner in die Bresche springen. Besonders finanziell. Denn was ist denn Geld, gemessen an unserer Liebe ?
So macht der Spieler, der vielleicht schon sehr tief unten war, die Erfahrung, das ohne viel eigenes Zutun seine Probleme erst mal gelöst werden. Auf einmal hat man wieder ein Dach über den Kopf, kann auf gesunde Konten des Partners zugreifen und hat somit sehr wenig Anlass persönlich die Sucht anzugehen. Das diese Situation nur über einen gewissen Zeitraum läuft, ist klar. Aber für den Spieler hat das doch prima geklappt.
Oft ist es dann für den Spieler am bequemsten, die Partnerschaft zu kippen. Es findet eine Schuldzuweisung statt. Der Partner leidet an einen Helfersyndrom oder ist Co - Abhängig. Gerade mit diesen Zuweisungen kommen zusätzliche Probleme auf. Die evtl. vom Spieler gewollt sind,um für sich einen Grund zu finden, die Beziehung zu beenden. Denn irgedwo wartet die nächste Naive, mit gesunden Konten - und den Himmel voller Geigen.Für was soll sich ein Spieler mit den gemachten Erfahrungen auch weiter anstrengen ? Und dann klingen in meinen Ohren die Beteuerungen der Angehörigen. Ich habe ihn so geholfen, habe alles für ihn getan, ein Zuhause gegeben, aber was ist der Dank ?
Hier sieht man dann, das Hilfe nicht gleich Hilfe ist. Der Spielsüchtige muß sich seine Erfolge erkämpfen. Dann gewinnt er auch an Selbstsicherheit und kann ein gesundes eigenes Ego aufbauen.
Das es geht, haben viele trockene Spieler gezeigt.
Ganz frisch kommt mir da Jens aus Dresden in den Kopf. Ein Mann, der sehr an sich arbeitet. Wenn ihr seine neuen Postings mit seinen vor wenigen Monaten geschriebenen vergleicht, fällt euch das auf. Aber auch so manch anderer.
Claus, Rolf, Neon , Jürgen, Hans, Andreas...ich könnte die Liste sehr weit führen. Damit will ich eigentlich nur deutlich machen, das es Suchtkranke gibt, die hart an sich arbeiten und es sich nicht leicht machen. Oder Boomer, die sehr frisch, aber mit viel Energie ihre Sucht angeht.
Also Spieler ist gleich Spieler ???
Diese Antwort kann sich jeder selbst stellen.
Für mich gibt es keine gleichen Menschen - somit auch keine gleichen Spieler.
Es macht mich traurig, wenn ich als letzte Zeilen lesen muß, Eur weinende Mai Lee.Ich werde dir, liebe Mai Lee
eine Mail senden, denn da besteht doch neues Klärungspotential.
Bis auf bald ..und laßt Euch nicht unterkriegen.
Liebe Grüße
Rudi

Hans
30.05.2004, 09:14
Danke , lieber Rudi , dafür , dass du dieses heikele
Thema so behutsam aufgeriffen hast . Es ist in der Tat ein
unglaublich sensibler Punkt: im (naiven) Glauben dem
Partner so zu helfen , wird für ihn das Konto ausgeglichen,
die Schulden bezahlt....Der Weg aus der Sucht ist ein
langwieriger Lernprozeß , den der Süchtige meiner Meinung
nach selbst wollen und selbst vollziehen muss.Wohl dem , dem
ein Partner hilfreich zur Seite steht , aber Vorsicht bei Massnahmen , die dem Süchtigen den Lernprozeß ersparen .

Die Kontrolle der Finanzen ist ein Kernpunkt des Genesungsprozeßes , ich habe damals diese Aufgabe wohlweisslich nicht meiner Frau übertragen : Als Süchtiger
reagiert man leicht aggressiv , wenn einem der Geldhahn zu-
gedreht wird , dies ist bei ohnehin schon belasteter Be-
ziehung eine zusätzliche , die man , wenn möglich jemand
anderem übertragen sollte ( in meinem Fall ein guter Freund).

Ja , und da sollten keine Illusionen aufkommen , der Weg aus der Sucht ist hart und steinig , verbunden mit Rück-
schlägen , die verkraftet sein wollen , aber mit dem
Ziel vor Augen sein Leben wieder frei von dieser zerstörerischen Sucht leben zu können , hat man doch immer das Licht am Ende des Tunnels vor sich . Man verändert sich:
manches wird als positiv empfunden werden, manches wird zu
Tage treten , was durch die Sucht verschüttet war und dann,
wie eine Blume auf steinigem Boden zum Vorschein kommt . Es werden aber auch Eigenschaften zu Tage treten , die im
täglichen Leben eher Schwierigkeiten bereiten ; auch diesen
Veränderungen muss man klar kommen . Und Eins ist das wichtigste: man muss lernen zu akzeptieren , das was war und der Zustand, der ist. Dann ist der Weg geebnet .

Mai-Lee
30.05.2004, 14:43
habt Ihr es gebracht, lieber Rudi, lieber Hans. Aber dennoch
denke ich, dass das Thema mit der Hilfe für die Angehörigen noch etwas umfangreicher ist. Natürlich sehe ich im Nachhinein viele Dinge, die ich falsch gemacht habe und heute niemals mehr so tun würde. Aber es ist nicht so, dass ich seine roten Zahlen ausgeglichen hätte, ihm ständig Geld geliehen hätte. Es summiert sich einfach eine ungeheure Summe im alltäglichen Leben zusammen. Anfangs sind wir hin und wieder nach der Arbeit essen oder was Trinken gegangen. Ich habe immer bezahlt. Nun hätte ich wählen können: gar nicht weggehen oder ihn mit seinem Deckel sitzen lassen? Es gibt viele solcher Beispiele. Sollte ich das Brot und die Wurst nicht kaufen? Aber was essen dann meine Kinder? Hinzu kam, dass er mir eine Menge Geld und Wertsachen gestohlen hat, was ich aber teilweise erst Monate später bemerkt habe. Damals hätte ich schon einen Schlussstrich setzen sollen, aber ich habe seinen Worten geglaubt und er hat ja definitiv an sich gearbeitet. Warum sollte ich daran zweifeln? Auch Ihr, lieber Rudi habt daran geglaubt.
Traurig macht mich die Tatsache, dass es ihn in keinster Weise zu einer Änderung im Umgang mit mir bewogen hat. Er nur neue Strategien entwickelte, mich hinters Licht zu führen. Natürlich ärgere ich mich auch über mich selbst, so naiv gewesen zu sein. Er hat den Weg trocken zu werden nicht wirklich gewollt. Diesen Eindruck muss ich leider gewinnen, wenn ich ihn nun sehe. Nichts hat sich geändert, nein, es ist eigentlich fast noch schlimmer geworden. Neue Arbeitsstelle, neue Menschen, die ihm Geld leihen, seins ist eh schon verspielt. Bei mir sind nun alle Schotten dicht. Es tut mir sehr leid und Du hast vollkommen Recht, Rudi: dieser Mann hat einfach Glück- er findet immer wieder Menschen, die ihm seine Geschichten glauben. Nicht nur Partnerinnen, auch Bekannte, Freunde, sofern er sie noch hat oder Arbeitskollegen. Er fällt immer wieder auf die Füße. Warum sollte er einen Weg aus seiner Sucht suchen? So klappt es schließlich auch. Aber ich glaube, ich bin einen ganzen Schritt weiter hinaus aus der Co-Abhängigkeit- und das ist doch schon was?!!!
Aber es tut schon verdammt weh!

Wünsche Euch eine spielfreie Zeit und vielen Dank fürs lesen!

Liebe Grüße, Mai-Lee

Rudi
30.05.2004, 16:37
Ihr Lieben !
Wir haben hier einen Punkt im Gespräch, der eigentlich das wesentliche Leben des Spielers und seine Angehörigen und Partner prägt.
An diesen Punkt angekommen müßen Entscheidungen getroffen werden. Für den Spieler, für den Partner. Entscheide ich mich als Spieler für ein "normales " Leben, arbeite ich an mich, lasse Hilfe zu . Eine Entscheidung, die jedoch nicht von jeden Spieler so gefällt wird.
Auch der Mitbetroffene ist nun an den Punkt, wo er merkt, es geht so nicht, es geht alles den Bach runter, wenn es so weitergeht. Und der Mitbetroffene wird Hilfe suchen und geben wollen. Und glaube mir, Mai Lee, ich kann die Hilflosigkeit der Mitbetroffenen wohl nachfühlen. Die verzweifelten Versuche, zu Retten, was zu Retten ist, die Liebe zueinander stärker einzuschätzen, als die verdammte Sucht. Und wie leer bin ich, wenn ich erleben muß das all meine Kraft und Hoffnung die ich einsetze vergebens sind.
Sehe kein Licht am Horizont - fühle mich, als wenn ich niedergeschlagen wäre - und versuche trotz all meiner Schmerzen aufzustehen. Und suche doch wieder Hoffnung und das Licht am Horizont. Und werde doch wieder nur enttäuscht....
Du richtest dich auf, du hast Verantwortung für deine Familie - und bist doch selbst so sehr erledigt. Wo bleibt der Dank, der Erfolg für deine Bemühungen ? Doch, den gibt es, liebe Mai Lee. Du wirst gestärkt und erfahrener neue Schritte im Leben gehen und du wirst dich sagen Hören, das nichts ohne Sinn im Leben geschieht. Auch wenn wir den heute nicht erkennen.
Ich kann dich nicht trösten..und die vielen anderen, die dein Schicksal teilen. Aber ich kann dir sagen, ich verstehe dich.
Im Bewußtsein dessen, was ich hier schrieb, appeliere ich an jeden Spieler, der diese Zeilen liest, sein Leben wieder in die Hand zu nehmen. Es lohnt sich für dich...und für die Menschen, die dich lieben.
Hans habe dank für deine Zeilen. Alles was du in deinen Posting schriebst, trifft den Nagel auf den Kopf.
Bis auf bald
Rudi

Mai-Lee
30.05.2004, 23:50
Lieber Rudi,

ich habe Dir schon einmal in einer E-mail geschrieben, dass ich daran glaube, dass alles so passiert, wie es passieren muss. Ich trauere auch keiner Sekunde nach, in der ich so gehandelt habe, wie ich gehandelt habe. Ich war überzeugt, das Richtige zu tun. Und glaube mir, vor jedem Schritt habe ich mir sehr viel Gedanken gemacht. Ja, ich kann aus dieser Zeit sehr viel schöpfen- für mich! Denn ich habe dazu gelernt. Vieleicht mehr, als in einer langen Zeit zuvor. Ich weiss auch, dass mich diese Erfahrungen nicht in den Sumpf ziehen werden- dafür bin ich zu sehr ICH. Aber diese Zeit hat mich um einiges "härter" gemacht- und ich weiß noch nicht, ob das gut ist. Härte stumpft ab! Sowohl in der Sensibilität und dem Verständnis für andere, aber auch und vor allem zu sich selbst. Ich habe für ihn gelogen- bei Menschen die mir sehr nahe stehen. Damit komme ich einfach nicht klar. (Als er mir Weihnachten den Brief mit Geld des Ex-Schwiegervaters klaute,vor sechs Wochen das Gleiche mit dem Geburtstagsbrief an meine Tochter) Ich wusste ja, wo sie gelandet sind, habe aber geschwiegen. Das sind Dinge, mit denen ich einfach nicht klar komme und ich überlege ernsthaft, sie aufzuklären. Aber ich habe enormen Respekt davor- was wird dann? Wer wird MIR noch glauben? Ich habe schließlich auch gelogen, zumindest beim ersten Mal- da wusste ich sehr schnell Bescheid.
Das sind Fehler, die ich MIR ankreide. Sein Spiel gedeckt zu haben, hat weitere maßgebliche Dinge nach sich gezogen.
Ja, mein lieber Rudi, lieber Hans, klar haben wir Mit-Spieler den Weg mit-geebnet. Ich glaube noch nichtmal, dass das aus Liebe geschehen ist. Ich glaube, dass der Umfang, den diese Sucht mit sich zieht, einfach nicht in dem Ermessen eines Nicht-Spielers liegt. Dieser erfährt erst nach und nach, wie groß der Umfang ist,indem diese Suchtform Kreise zieht. Mich schockiert das sehr und langsam beginne ich zu begreifen, was ich nie für möglich hielt. Das Gefühl von dem Du schreibst, Rudi ist schon so, aber dazwischen liegen Kämpfe, die sehr detailliert sind. Ich habe darüber hinaus so vieles nicht verstanden. Und das lässt mich eben darauf schließen, dass ich nicht "nur" mit einem Spieler zusammen bin/war, sondern mit einem Menschen,
der außer sich nichts kennt.
Ich habe mein eigenes Leben wieder begonnen, aber die Verbrennungen brauchen ihre Zeit. Seit zwei Wochen zieht er aus- die drei Säcke stehen noch immer hier und ER kommt auch. Mal um 23.00Uhr, mal klingelt er um sechs Sturm! Was soll ich tun? Ihm die persönlichen Dinge zur Arbeit bringen? Das wäre der gerade Schritt, ich weiß- aber der fällt mir eben schwer!
Ich will ihn schließlich nicht denunzieren.
Aber ich weiß auch, dass ich mich wieder in den Hintern beiße, wenn ich darauf warte, bis er für sich alles geebnet hat. ...ich glaube, ich habe gerade die Antwort selbst gefunden! Er wird sich nicht ändern- davon muss ich mich einfach lösen- und von dem Traum einer großen Gemeinsamkeit... ich arbeite daran! ....
ist auch scheiße, mit der Tasche unterm Kopfkissen zu schlafen.

Dir lieber Hans möchte ich sagen, dass ich kaum ein kurzes Posting um dieses Thema in diesem Forum gelesen habe- und ich habe sehr viel gelesen!- welches ein Thema so derart auf den Punkt bringt. Einfach klasse!

Auch wenn mich diese Beziehung alles an Nerven, Verständnis,
Liebe und Enttäuschung gekostet hat, hat sie mich sehr viel gelehrt. Und die Härte, von der ich anfangs sprach, wird mich weitere Dinge bewältigen lassen. Und diese Kraft brauche ich- allein für mich und meine kleine Familie!

Gute Nacht, Ihr Lieben! Die Spielotheken schließen gerade und ich hoffe, keiner von Euch war dort!

Alles Liebe,
Mai-Lee

Rudi
03.06.2004, 21:24
Liebe Mai Lee!
Natürlich brauchst du Zeit, mit der ganzen Situation klar zu werden.
Was ich dir sagen will, ist ganz einfach ; suche nicht die Schuld bei dir. Wer macht schon wirklich alles richtig in de Beziehung mit einen Suchtkranken? Es ist ja leicht gesagt, tue dies oder jenes - die Umsetzung ist ein viel schwereres Kapitel. Und das Lebensmittel gekauft werden ist ja klar. Und das beim Essen niemand zuschauen muß auch.
Nach meinen Dafürhalten hast du sehr viel richtig gemacht.
Schade, das alles in einer großen Enttäuschung geendet hat.
Wenn Vertrauen derart erschüttert ist, das man seine Sachen schon unters Kopfkissen deponiert, besteht eigentlich auch kaum noch eine Basis.
Nun kenne ich viel von Eurer Geschichte und du hast recht, wenn du sagst, ihr habt ja auch an ihm geglaubt.
Obwohl ich vieles in diesen Bereich schon erlebt habe, versuche ich trotz meiner Bedenken positv zu bleiben.
Denn es gibt sie, die Spielsüchtigen, die irgendwann mit sich ins reine kommen. Und mit ihren Partnern.
Leider aber auch oft die andere Seite. Wo Hilfe in den Wind geschlagen wird.
Es macht mich immer wieder traurig und ein bißchen böse, wenn ich mitansehen muß, wenn ein Spieler vor seiner Sucht kapituliert. Da wird erzählt, wie stark man doch ist , aber die Fähigkeit für sich konsequent zu handeln, ist anscheinend nicht vorhanden.
Es ist ja das, was ich immer wieder fordere, konsequentes Handeln. Öfters muß ich mir dadurch sagen lassen ich wäre hart. Bin ich gar nicht. Doch das wegkommen von der Sucht fordert eine gewisse Härte zu uns selbst. Diese Härte muß der Spieler sich selbst abfordern. Den inneren Schweinehund immer wieder zu besiegen, ist eben nicht leicht. Aber je öfter wir diesen Schweinehund besiegt haben, je leichter wird es für uns. Bis wir uns als Gewinner fühlen dürfen.
Ich will auch niemand einen Vorwurf machen - ich selbst ging meiner Spielsucht auch lange Zeit nur halbherzig an.
Es hat gedauert.
Heute kann ich von mir behaupten, ich vermisse das Spiel nicht mehr. Ich spüre keinen inneren Druck mehr, fühle mich befreit.Diese Gefühl gönne und wünsche ich all meinen Leidensgenossen. Und hoffe, recht viele können dieses Glück mit mir teilen.
Nun habe ich noch die Hoffnung, liebe Mai Lee, das dich diese Sache nicht zu sehr verändert. Das du nicht besonders hart wirst. Denn du bist so wie du bist, ein Mensch mit dem Herz auf den richtigen Fleck.
Liebe Grüße
Rudi

Mai-Lee
03.06.2004, 21:45
...Deine Zeilen zu lesen, lieber Rudi!
Wie Du schon weißt, ist er vor zwei Tagen ausgezogen. Ich konnte einfach nicht mehr und möchte mich, vor allem aber meine Kinder vor noch Schlimmerem bewahren. Es tut sehr weh, aber ich bin mir sicher, das war die einzig richtige Konsequenz, zumal es schon wieder eine neue Entäuschung gibt, die mir zum wiederholten Male zeigt, dass dieser Mann (noch) in keinster Weise bereit ist, seine Sucht anzugehen.
Gestern Abend rief ich ihn an. Ich wollte wissen, wie es ihm geht. Er wollte versuchen heute Abend frei zu bekommen, um Deine Gruppe zu besuchen. Heute Nachmittag wollte er sich melden. Um halb zehn rief ich auf seiner Arbeitsstelle an. Sein Chef sagte, er wäre in der Stdt. Ich könnte mich selbst ohrfeigen, dass ich wirklich geglaubt habe, er meine es ernst. Immernoch spricht er von Liebe und dass er beweisen will, dass er es ernst meint. Ich glaube nun gar nichts mehr. Versuche nun langsam wieder aufzustehen und das alles als ein trauriges Kapitel in meinem Leben abzuschließen. Aber es fällt mir sehr schwer. Hart hat mich das Ganze sicher nicht gemacht, aber sicherlich wacher für die Zukunft. Dank diesem Forum weiß ich, ich bin nicht allein mit meiner unglaublich großen Enttäuschung und der Leere, die momentan in mir ist.

Ganz liebe Grüße,
Deine traurige Mai-Lee

Hans
05.06.2004, 02:27
Liebe Mai-Lee,

Es erfüllt mich immer wieder mit Trauer,so etwas zu lesen , aber glaube mir , es ist im Moment die einzige Lösung .
Du musst dich abgrenzen , um nicht mit in den Strudel ge-
rissen zu werden , du bist , das klingt hart , ist aber meine Überzeugung, Teil seines Spiels geworden .Ihm ist
im Moment noch nicht zu helfen . Aber bei allem Schmerz
und bei aller Leere , die du jetzt empfindest , denke
immer daran : nur ganz wenige Dinge im Leben sind definitiv
und unumkehrbar , es lassen sich immer wieder neue Strukturen und (Lebens)-Wege finden.Was heute noch unmöglich
und undenkbar erscheint ,kann schon bald Realität sein .

In erster Linie wichtig bist jetzt erst mal du und die
Kinder und ein Blick nach vorne , wobei ich trotzdem
wichtig finde , auch der Trauer ihren Raum zu geben und
damit das Geschehende zu verarbeiten .

Weisst du , ich habe oft darüber nachgedacht , was das
eigentlich ist und war dieser Zustand , Sucht genannt .
Ich habe , auch mit meinem Abstand heute, noch keine
befriedigende Antwort gefunden . Nur eins ist klar, man
muss sich selbst davor schützen lernen , alles Aufge-
zwungene , alles gut gemeinte Drängen und Beschwören in
Bezug auf den Süchtigen haben im besten Fall eine unter-
drückende Wirkung , den Kern trifft es nicht .Ahnlich
einem Kinde kann man dem Süchtigen gewisse Erfahrungen
nicht abnehmen , so weh es auch allen Beteiligten tut.Man
braucht unglaubliche Stärke , um zu wiederstehen , diese
kann nicht erzwungen , sondern nur erarbeitet werden und
zwar vom Süchtigen selbst , am besten mit professioneller
Hilfe.Erst dann kann der Erfolg dauerhaft sein .

Liebe Mai-Lee , du hast versucht , fast übermenschliches
zu leisten , um diesem Menschen zu helfen . Es geht im
Moment nicht , nun gilt es daraus die Konseqenzen zu ziehen.

viel Kraft für die kommende Zeit und viele Grüße

Hans

Mai-Lee
05.06.2004, 12:03
Lieber Hans,

mich bewegt es immer sehr, wie genau Deine Worte das treffen, was Tatsache ist; was geschehen ist, passiert, aber auch möglich ist. Ich glaube auch, dass dieser Schritt der richtige war und es für mich keine Alternative gibt, ihm zu helfen. Es liegt nicht in meiner Macht- allein in seiner und ich glaube, er sieht das ganz genauso. Gestern haben wir lange geredet und er sagte, dass es grausam für ihn ist, abends in diesem Hotelzimmer zu liegen. (Er wohnt momentan im Hotel seines Arbeitgebers) Ständig kreisen seine Gedanken um all das, was ihn die letzten 17 Jahre in diesen Strudel gezogen hat. Aber er sagt auch, dass das gut so sei und er vielleicht genau da landen musste, wo er jetzt steht. Ich sehe das als eine sehr positive Entwicklung und hoffe er schafft es, daraus seine Konsequenzen zu ziehen. Er möchte in jedem Fall versuchen, wieder regelmäßig in Rudis SHG zu kommen. Doch ich befürchte auch, dass er sich wieder in irgendetwas flüchten wird (viel Arbeit, neue Beziehung, etc.), um diesen steinigen Weg aus der Sucht heraus, nicht gehen zu müssen oder zu wollen. Aber das liegt allein in seiner Macht und ich wünsch ihm so sehr, dass er es schafft. Deine ersten Worte geben mir da sehr viel Hoffnung! Schließlich ist das ganze Leben Veränderung und ich wünsche mir, dass diese in eine positive Richtung verläuft. Bei meinen Versuchen dabei etwas Positives zu bewirken, habe ich sicherlich auch viel falsch gemacht, aber ich habe auch sehr viel gelernt- auch über mich selbst. Ich versuche nun auch die kleinen Dinge positiv zu bewerten. Als verloren sehe ich diesen Kampf noch nicht, aber es ist SEIN Kampf, bei dem er weiterhin mit meiner Unterstützung rechnen kann. Wie diese auszusehen hat, habe ich verstanden!

Lieber Hans, ich danke Dir für diesen sehr einfühlsamen "Brief". Ich habe ihn mehrfach gelesen und Deine Worte lassen mich wissen: auch ich bin auf dem richtigen Weg! Danke!

Liebe Grüße,
Mai-Lee