PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Ich bewege mich (unaufhaltsam?) auf den Abgrund zu



Lars
09.06.2004, 12:12
Hallo zusammen,

ich habe in den letzten Wochen meine Ersparnisse im Internet Casino verspielt.

Obwohl ich im Laufe dieser Zeit versucht habe, damit aufzuhören, war der Drang weiterzuspielen, stets stärker. Ich denke, dass es einerseits immer dieses irrsinnige Argument war, dass ja irgendwann mal ne Glückssträhne kommt und dann werden die Verluste egalisiert und andererseits sicherlich das Eingestehen des eigenen Versagens/Scheiterns.

Inzwischen hat das ganze Spielen für mich eine Art Eigendynamik derart gewonnen, dass ich nur noch schwer an etwas anderes denken kann. Entsprechend groß ist der Drang, es noch "ein letztes Mal" zu versuchen.

Ich muß es irgendwie schaffen, aus diesem Kreislauf auszubrechen, was ich anscheinend nicht aus eigener Kraft schaffe.

Mein schlechtes Gewissen (gepaart mit Angst) läßt es aktuell jedoch nicht zu, mich über diese Thematik mit meiner Freundin bzw. meiner Schwester oder meinen Eltern zu unterhalten.

Mir ist klar, dass ich einen langen Weg vor mir habe und vor allem irgendwann die Motivation meines Handels verstehen muß. Auch werde ich aktiv gegenüber meiner Umwelt diese Thematik ansprechen müssen, also die Verantwortung hierfür zu übernehmen.

Aktuell jedoch will ich nur eins, nämlich erst einmal diesen Teufelskreis des Spielens zu durchbrechen, um mich nicht in eine finanzielle Schieflage zu manöverieren.

Ich wäre für jeden Hinweis dankbar, der mir einen Ausweg aus meiner Situation ermöglicht.

Vielen Dank,

Lars

andreas
09.06.2004, 12:27
Hallo Lars,
Schön, daß Du das Forum hier gefunden hast und Danke für Deinen Beitrag!
Nur ich vermisse doch eine gangbare Perspektive, einen Weg, den Du gehen willst um diesen Teufelskreis zu durchbrechen. Das kommt bei mir nicht so durch!
Ich selber habe den Drang - im Internet ponographische Seiten anzuklicken, (Gerade eben - Immmer mit Scham und Schuld verbunden) und bin dann heilfroh H I E R im Forum wieder mich selber zu finden und zurückzukommen. Will sagen: Wenn der Spieldruck kommt: Auf die Site spielsucht.net klicken - das ist der erste Schritt! Auch für mich! Gerade wenn ich meine - meine Daddelkästen sind weit fern...
Ich besuche regelmäßig eine Spieler - Selbsthifegruppe;
ich habe im Sommer 2003 eine Stationäre Therapie in einer Psychosomatischen Klink gemacht (blödes Wort) Ich habe Genesung erfahren (klar und gut)
Ich bin in einer Kirchengemeinde engagiert, bin Gesprächspartner für Menschen in der Sitiation der Arbeitslosigkeit ... aber alles aus dem Schatz meiner eigenen Erfahrungen heraus.
Nun, Lars würde ich mich freuen, zu lesen, wie es mit Dir weiter geht.
Andreas

Hans
09.06.2004, 13:43
Lieber Lars ,
wenn ich deine Zeilen recht verstehe , hast du bisher "nur"
dein Erspartes verspielt , bist also finanziell noch nicht
existentiell bedroht. Ich kann dir nur sagen , auch wenn
dies nur ein schwacher Trost für dich sein mag , damit bist du noch relativ gut dran, was deine Situation und damit
auch deine Prognose betrifft . Ich kann Dir , aus meiner
Erfahrung nur folgendes raten : der erste Schritt ist immer
das Erkennen der Problematik , der zweite ist sich zuzugestehen , dass man Hilfe bedarf und der folgende, Hilfe
auch wirklich anzunehmen. Du wirst hier im Forum eine Menge
Menschen mit den unterschiedlichsten Erfahrungen begegnen.
Diese für dich zu nutzen , liegt bei dir . Es ist auf jeden Fall ein Anfang eines Weges . Ich würde dir raten , umgehend
einen Termin bei einer Suchtberatungsstelle ( z.B. die der
Caritas , zu erfahren über die Homepage, zu machen ). Wenn
das nicht schon längst geschehen ist , würde ich schleunigst
die Software für das Internetcasino von deinem PC löschen
und sicher stellen , dass du nirgendwo anders Zugriff auf
diese Casinos bekommst . Das Öffentlichmachen der Sucht
gegenüber Angehörigen und Freunden ist zwar schwer , hilft
aber enorm :Erstmal wirst du sicher auch hier Hilfe bekommen
und darüber hinaus hilft der Druck,beobachtet zu werden oft.
Ich würde mir allerdings genau überlegen , wem ich es erzähle. Erstmal wichtig ist jedenfalls professionelle Be-
ratung .

Alles Gute und lass mal wieder von dir hören
Hans

Lars
09.06.2004, 20:10
Hallo Andreas und hallo Hans,

erst einmal vielen Dank für Eure Rückmeldungen auf meinen Beitrag.

Andreas, Du hast richtigerweise erkannt, dass ich momentan keine genaue Vorstellung davon habe, welchen Weg ich gehen will, um aus dem Teufelskreis rauszukommen. Ich weiß nur, dass ich aber umgehend aufhören muß (leider muß ich zugeben, dass an dieser Stelle das Wort "muß" wesentlich ehrlicher ist als das Wort "will"; das sollte mir zu denken geben, oder???), und zwar nachhaltig, mein Geld zu verzocken. Die Frage nach dem "Wie" ist für mich noch ziemlich unklar.

Hans, ja Du hast mich richtig verstanden, ich bin glücklicherweise noch nicht existenziell bedroht.

Bezogen aus das oben erwähnte "Wie" erscheint mir Deine Einteilung in unterschiedlichsten Stufen als hilfreich (Von meiner Selbsteinschätzung her befinde ich mich aktuell im Schritt 2 (erkennen, dass man Hilfe bedarf)). Ehrlicherweise muß ich gestehen, dass ich noch immer hoffe, mit dem Spielen endgültig aufhören zu können, ohne einen Termin in einer Suchtberatungsstelle zu machen bzw. ohne dem Öffentlichmachen der Sucht gegenüber Angehörigen und Freunden; kann das überhaupt funktionieren???.

Nochmals vielen Dank an Euch beide.

Ich freu mich schon auf weitere Meinungen bzw. Anmerkungen.

Bis bald,
Lars

norbert
10.06.2004, 09:14
...vielleicht kann es funktionieren ohne termin in der suchtberatung, aber warum in herrgotts namen willst du es dir schwerer machen, als es eh schon ist ? Scham - unangebracht, kann ich aus eigener erfahrung sagen. ich bin nie vorurteilsloser, unkomplizierter, offener in einer relativ losen gemeinschaft aufgenommen wurden, als in meiner therapiegruppe bei der caritas. ich bin nicht kirchlich gebunden und hatte schon deswegen meine bedenken, aber es hat bis heute nie eine rolle gespielt. dieses alibi vielleicht nicht hinzugehen hätte ich dir also erstmal genommen. das was uns vielleicht unterscheidet an dieser stelle, ich mußte UND ich wollte aufhören. ich hatte mich entschlossen weiterzuleben. es klingt banal, aber als ich diesen entschluß faßte, in meiner inneren zerrissenheit und feigheit, waren alle anderen peinlichkeiten, vorwände, bedenken gegenstandslos. der kampf und das ringen waren deswegen nicht weniger hart. aber ich bin meine verkrustung losgeworden und war in der lage hilfe anzunehmen. mit einem lächeln kann ich diesen prozeß ganz oberflächlich im forum nachvollziehen. erst habe ich als "Spieler" gepostet und je besser es mir ging, je mehr ich meine verkrustung ablegt, bekannte ich mich zu meinem namen. gute 24 stunden. gruß norbert

Lars
11.06.2004, 13:28
Hallo Norbert,

vielen Dank für Dein Posting und Deine Hinweise/Anmerkungen.

Insbesondere der Satz "das was uns vielleicht unterscheidet an dieser stelle, ich mußte UND ich wollte aufhören" trifft den Nagel auf den Kopf.

Dadurch, dass ich anscheinend nicht innerlich überzeugt bin, mit dem Spielen aufzuhören, mache ich es mir wahrscheinlich tatsächlich schwerer, als es eh schon ist.

Vielleicht ist das auch der Grund, wieso ich mich mich noch nicht bereit fühle, den Schritt in Richtung Beratungsgespräch vorzunehmen.

Wenn dem so ist, dann stellt sich für mich die Frage, wie ich es schaffe, dass ich es auch will, mit dem Spielen aufzuhören.

Nochmals danke die Anregungen und ebenfalls gute 24 Stunden,

Lars

Rudi
11.06.2004, 14:59
Hallo Lars !
Worauf wartest du ?
Vielleicht darauf, das jemand bei die Überzeugungsarbeit leistet und dir so die Einsicht vermittelt , ich muß mit den Spielen aufhören ?
Wenn sich da wirklich einer finden würde und diesen Versuch startet, so wäre es vergebene Mühe.
So lange du selbst nicht bereit bist, deinen eigenen Willen in dieser Richtung zu schärfen,ist alle Mühe vergebens.
Spielerselbsthilfegruppen haben nicht von ungefähr diesen Namen. Sie heißen so, weil man dort Hilfe zur Selbsthilfe geben will. Ohne die Basis des eigenen Willens ist es nach meinen dafürhalten nicht möglich, eine Sucht anzugehen.
Es ist auch kein Spaziergang aus einer Spielsucht heraus zu gelangen. Und bei vielen Spielern mußte erst sehr viel geschehen, bis sie bereit waren ,ihre Sucht anzuerkennen und dann auch entsprechende Hilfe zu suchen. Häufig ging es dann bis zur existenziellen starken Gefährdungen.
Das sowohl soziale Bindungen stark vernachlässigt wurden, Partnerschaften zerbrachen, aus Beschaffungsnot kriminelle Handlungen begangen wurden , Arbeitsplätze verloren gingen und Vertrauen innerhalb der Familie nicht mehr vorhanden war.
Vielleicht mußt du ja diesen bitteren Gang gehen - wie viele andere auch. Noch könntest du ihn vermeiden. Aber die Wahrscheinlichkeit, das es bei dir so wird, wie bei fast allen Spielern ,ist nachdem, was ich von dir gelesen habe groß.
Es ist alles deine Entscheidung. Du trägst Verantwortung für dich selbst. Und wenn du alles verzockt und verspielt hast - auch Partnerschaften und Vertrauen deiner Familie, wird keiner sagen, das ist ein armer Spielsüchtiger. Außer die, die es besser wissen. Doch die meißten werden sagen, wie auch bei mir - der hat ja nicht alle..
Und wenn man so tief unten ist, so weit im Tal, ist es verdammt schwer langsam wieder den Berg rauf zu kommen.
Du kannst dir vieles ersparen ...Tu es !!!
Wünsche dir spielfreie Zeit
Alles Gute
Rudi ( Spieler )

norbert
11.06.2004, 15:18
als erstes muß ich nochmal hervorheben, daß mir spielen im moment des spielens spaß machte, daß die freudige erwartung auf sekunden der euphorie mich voll und ganz beherrschte und daß ich darauf mit meiner spielfreiheit bewust verzichtete. ich mußte mir andere sachen suchen um spaß zu haben, anderen spaß, oftmals nicht so extrem euphorisch. es ist immer noch nicht ganz einfach, aber schon viel einfacher als noch vor 1,5 jahren. und ich habe meine innere ruhe wiedergefunden, kann meine zukunft planen, tätige investitionen die nicht nur mit dem nächsten spiel zusammenhängen, sondern mit meiner materiellen zukunftsabsicherung . einer zukunft die es vorher nicht zu geben schien. allen gute 24 stunden. gruß norbert

Boomer
11.06.2004, 15:53
Hallo Lars

Du schreibst :

Zitat:
Insbesondere der Satz "das was uns vielleicht unterscheidet an dieser stelle, ich mußte UND ich wollte aufhören" trifft den Nagel auf den Kopf.

Meine Gedanken dazu:

Gibt ist nicht oft Dinge im Leben von denen man vielleicht nicht –noch nicht- so überzeugt ist und es trotzdem tun muss ? Mir käme da einiges in den Sinn.

Du bist nicht innerlich überzeugt aufzuhören. WESHALB ? Dies interessiert mich brennend.
Nenne deine Gründe.

Du weißt ganz genau aus deinem tiefsten innern das es dir nichts bringt. Du hast dein ganzes erspartes Geld verspielt. Also was willst du ? Deine Existenz –auch noch- verspielen ? Deine Partnerin verlieren ?

Deine Partnerin, und deine Familie wissen nicht das du spielst. Wissen sie es nicht oder wollen sie es nicht wissen ?

Meines Erachtens gibt es für dich nur eine Lösung wenn du deinen Angehörigen nicht erzählen willst was mit dir los ist. Unverzüglich aufhören mit der Zockerei. Ansonsten wirst du früher oder später nicht mehr Drumherum kommen. Denk mal drüber nach !

Ich wünsche dir viel Kraft deinen WILLEN zu stärken.

Es grüsst dich Boomer (Spielerin)

Hans
11.06.2004, 21:29
Lars, ein Spieler lebt von und er lebt in einer Illusion.
Solange du das noch nicht begriffen und verinnerlicht hast,
wirst du hier vermutlichlich wenig profitieren können: die
meisten von uns sind auf dem Wege aus der Sucht in Bezug
auf das Spielen zu Realisten geworden .

Gruß Hans

Rudi
11.06.2004, 22:35
Hallo Hans, Hallo Lars !
Aus dem Weg heraus aus der Sucht vom Illusionisten zum Realisten. Bestimmt nicht falsch, was Hans da sagte.
Ich möchte jedoch lieber sagen zum Normalisten.
Denn ich als Spieler bewege mich auf einer Ebene, die normale Maßstäbe bricht.
Angefangen mit dem verheimlichen meiner Spielsucht , woraus wir uns in ein Lügennetz begeben, was wir in spätere Zeit als " normal " empfinden.
Das es nicht normal ist, beweisen die Probleme, die wir in der Partnerschaft in der Familie und auf anderen Ebenen bekommen, wenn wir nichts gegen unsere Sucht tun. Unsere Partner tragen dieses Verhalten nicht mit - oder bekommen mit sich selbst erhebliche Probleme.
Was wäre also ein wichtiger Schritt, aus diesen Verhalten heraus ?
Ich denke mal vor allen Dingen sich in Ehrlichkeit üben.
Erzählen, was wirklich mit uns los ist und NICHT ,wenn unsere Partner nach den Verbleib des Geldes oder der Zeit fragen, Lügengeschichten erzählen.
Mit dieser, unserer neu gefundenen Ehrlichkeit gehen wir nach meiner Ansicht den wesentlichen Schritt aus der Sucht.
Der Ruf nach Hilfe wird laut - zunächst und insbesondere in den häufigsten Fällen durch unsere Partner.
Mit erkennen der Situation wächst aber auch das Verlangen in uns, aufzuhören mit der Zockerei. Damit sind die Weichen gestellt, aus der Sucht heraus zu finden.
Das sich öffnen - und der Schritt in die eigene Ehrlichkeit auch uns selbst gegenüber, war und ist für mich der wesentliche Punkt, abstinent zu werden und mit Gottes Willen auch zu bleiben.
Um diesen Weg zu gehen, kann man sich Gehhilfen besorgen. In Form einer Selbsthilfegruppe, oder einer ambulanten / stationären Therapie. Vielleicht auch beides.
Lars, du hast erkannt, das es mit deiner Zockerei so nicht weitergehen kann. Das ist ein erster Schritt. Aber natürlich viel zu wenig. Nimm dein Herz in beide Hände und erzähle deinen Lieben, was dich so sehr verändert. Gemerkt haben dise ohnehin schon etwas, nur sie können es vermutlich nicht einordnen.
Wünsche dir den Mut zur Offenbarung !
Und spielfreie Zeit !
Alles Gute Rudi