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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Was soll ich tun???



Lina
15.06.2004, 09:57
Hallo ihr Lieben...

seit 2 1/2 Monaten bin ich mit meinem Freund zusammen. Kennen tu' ich ihn seit 4 Monaten. Schon bevor wir zusammen gekommen sind, wußte ich, dass er spielsüchtig ist. Schon nach kurzer Zeit hat er mir sein Problem anvertraut - was ich persönlich, ohne Erfahrung mit dem Problem Spielsucht zu haben, als ersten Schritt sehe. Für kurze Zeit hat er dann mit dem Spielen aufgehört, jetzt jedoch wieder angefangen.

Leider weiß ich nicht genau, wie ich ihm helfen möchte. Sicher, er selbst kann sich wahrscheinlich nur helfen. Ich möchte ihn aber gerne unterstützen. Ich habe das Gefühl, dass er sein Problem unbedingt lösen möchte. Schon alleine mit dem Schritt, offen darüber mit mir und seinen Eltern zu reden, zeigt mir, dass er es wirklich will. Er selbst sagt, dass er sich schämt...

Nur leider weiß ich nicht, was ich tun soll!!! Habe Angst, dass eine falsche Handlung/Reaktion meinerseits bei ihm einen Hebel auslöst und er wieder spielen geht.

Weiß auch manchmal gar nicht, wie ich mit dem Problem umgehen soll. Soll ich ihn darauf ansprechen, soll ich mit ihm darüber reden, soll ich warten bis er auf mich zu kommt oder soll ich einfach weiterleben und so tun als wenn nicht wäre???

Gerade die letzte Möglichkeit passt mir nicht...

Was habt ihr denn für Erfahrungen gemacht???

Ganz viele liebe Grüße

Lina

Rudi
16.06.2004, 14:32
Hallo Lina !
Nein, du kannst nicht so tun, als wenn nichts wäre.
Das mit der Spielsucht nehme mal nicht auf die leichte Schulter.
Wie allen anderen Süchte auch ,ist die Spielsucht ein ständiger Begleiter der Betroffenen. Das bedeutet ganz klar ausgedrückt, als Betroffener muß man eigentlich immer auf der Hut sein.
Was für dich besonders interessant ist, wird wahrscheinlich die Frage der Finanzierung einer solchen Sucht sein.
Spielsüchtige sind dabei sehr erfinderisch. Es geht zunächst einmal um das eigene Geld, was verzockt wird. Danach werden häufig Kredite genommen, die natürlich ziemlich schnell zum finanziellen Bankrott des Betroffenen führen. Auf Grund ihrer Sucht scheuen auch manche Spielsüchtige nicht davor zurück, Geld zu entwenden. Auch das der Partner oder anderen Familienmitgliedern. Der Absturz ins soziale Ungewisse ist somit vorprogrammmiert. Des weiteren schämen sich natürlich Spieler ihre Neigung zuzugeben. Aber Spieler nehmen es leider oft nicht so genau mit Worten oder Wahrheiten. Sie können gut Schauspielern und das nur aus einen Grund. Anderen Menschen zu belatschern, doch noch ein paar Kröten locker zu machen.
Das alles hört sich sehr schlimm an. Ich als Spieler sage dir, es ist es auch.
Dennoch bestehen durchaus Möglichkeiten mit einen Spielkranken eine gute Partnerschaft aufzubauen.
Die wichtigste Voraussetzung dafür ist aber der WILLE des Abhängingen seine Sucht in den Griff zu bekommen.
Dabei muß er sich Hilfe suchen. Ein Alleingang ist gefährlich - meißtens kommt es nach den Versuch ohne Hilfe klar zu kommen, nach einiger Zeit zu noch exessiveren Spielausbrüchen. Wobei die Hemmschwelle sich illegal Geld zu besorgen weiter fällt.
Für deinen Freund würde das bedeuten, das er eine Spielerselbsthilfegruppe aufsuchen müßte. Ferner könnte er natürlich eine ambulante oder stationäre Therapie machen.Ansprechpartner findest du auf der Startseite der Fachstelle Glücksspielsucht.
Ich würde auch empfehlen, eine Gruppe zu suchen, wo du mitgehen könntest. Denn so lernst du diese Spielsucht aus Augen der Betroffenen und ihrer Partner kennen. Und erkennst dadurch deutlicher, was mit deinen Partner los ist. Erkennst seine Ausflüchte und Lügen besser.
Ihr solltet natürlich reden - so viel es irgend machbar ist. Vielleicht führst du ihn auch mal auf diese Seiten, damit auch er erkennt, welche Probleme entstehen können - und im Laufe der Zeit auch kommen, wenn er nicht an sich arbeitet.
Ich wünsche Euch alles Gute - und vor allen Dingen das dein Freund die Sache richtig in die Hand nimmt.
Im übrigen muß ich auch für uns Spieler eine Lanze brechen. Viele Menschen, die mit einen "trockenen" Spieler leben, sagen immer wieder, sie können sich keinen besseren Partner wünschen. Vielleicht wirst du das auch in einiger Zeit sagen können.
Viel Erfolg und alles Gute
Rudi

Annabell
16.06.2004, 16:32
Hallo Lina,

als ich eben Deine Zeilen las, kam es mir vor, als wären es meine eigenen Worte vor ca. einem Jahr.
Da lernte ich Jens kennen. Er erzählte mir nach etwa zwei Wochen, dass er Spieler ist.
Ich konnte damit gar nichts anfangen. Also kaufte ich mir Bücher zu dieser Problematik und las, las, las...
So bekam ich einen kleinen Einblick, was Spielsucht überhaupt bedeuten kann.

Rudi hat ganz recht. Spieler nehmen es mit der Wahrheit nicht so genau. Jens sagte mir, er würde nicht mehr spielen. Aber ständig hatte er kein Geld, ich bezahlte all unsere Unternehmungen und es fehlte manchmal Geld aus der Geldbörse. Ende Juni 2003 hatten wir dann eine Aussprache und er gestand, dass er die letzten drei Monate fast täglich zocken war...

Seit diesem Tag kämpfen Jens und ich jeden Tag gemeinsam gegen seine Sucht.
Ich verwalte seine Finanzen, so dass er nicht mehr ohne weiteres an Geld zum Spielen rankommt. Er geht regelmäßig in eine Selbsthilfegruppe und gründete vor einigen Wochen eine SHG für Spieler und Angehörige, die wir nun aller zwei Wochen gemeinsam besuchen.

Ganz wichtig finde ich, zu reden. Frage Deinen Freund, wie es ihm geht, wie es ihm mit Zocken und ohne Zocken geht. Versuche ihm zu zeigen, dass Du ihm helfen möchtest.

Das Grundlegendste dabei war für mich Ehrlichkeit. Meine Bedingung meinen Freund gegenüber besteht darin, dass er zu mir uneingeschränkt ehrlich ist. Ich kann und will ihm nicht verbieten zocken zu gehen. Denn was verboten ist, reizt wohl um so mehr. Aber ich möchte auf jeden Fall wissen, wenn es passiert sein sollte.
Das setzt natürlich voraus, dass Dein Freund auch vom Spielen loskommen möchte.
Mein Freund hatte seit Juni letzten Jahres zwei Rückfälle. Er hat sie mir sofort erzählt und wir konnten nach Ursachen suchen.
Außerdem ist wichtig, dass Du ihm keinesfalls je Geld gibst. Egal was er Dir erzählt. Das Suchtteufelchen in Deinem Freund ist wahnsinnig erfinderisch, wenn es darum geht, Geld fürs Spielen ausfindig zu machen.
Wenn Dein Freund wirklich gegen seine Sucht etwas unternehmen möchte, sollte er auf jeden Fall eine Selbsthilfegruppe besuchen.

Ich hoffe, mit meinem kleinen Erfahrungsbericht konnte ich Dir ein wenig die Angst und die Zweifel vor einer Beziehung mit einem Spieler nehmen.

Übrigends: Ich bin vor einem halben Jahr mit Jens zusammen gezogen. Er war seit Dezember nicht mehr spielen und hat eine eigene Selbsthilfegruppe gegründet. Es geht... Man muß nur immer wachsam sein.

Seid beide konsequent und stark, dann hat Eure Beziehung mit Sicherheit eine Chance!

Paß auf Dich auf.
Viele Grüße
Anni

Rudi
16.06.2004, 16:41
Hallo Annabell , hallo Jens !
Wünsche Euch viel Erfolg mit Eurer neuen Gruppe.
Vor drei Jahren habe ich genau das gleiche getan. Es lohnt sich !
Haltet durch, auch wenn es mal Durststrecken gibt.

Lieben Gruß
Rudi

Lina
18.06.2004, 12:20
Hallo ihr Lieben,

danke für eure lieben und schnellen Antworten. Finde es total klasse von euch, dass ihr mir nicht ratet, meinen Freund fallenzulassen... Habe nämlich Angst, es jemanden zu erzählen... Keine Ahnung, wie die anderen Leute auf so was reagieren... Daher ist es schön, jemanden zu haben, der einen versteht...

Nur eine Frage habe ich noch: Wie schaffe ich es, meinen Freund zu einer Selbsthilfegruppe zu bewegen??? Er hat schon mal den Versuch gestartet und ist zur Caritas oder einer ähnlichen Organisation gegangen, war aber ziemlich enttäuscht davon... Angeblich sind die nicht wirklich auf ihn eingegangen...

Nochmals DANKE!!!

Eure Lina

Rudi
18.06.2004, 12:50
Hallo Lina !
Klick doch mal auf der Startseite dieser Seiten unter der Rubrik " Wichtige Adressen " an.
Dort findest du Kontakte zu Selbsthilfegruppen.
Solltest du dort keinen Erfolg haben, teile dein Wohnort mit, ich werde dann nachschauen und dir Adressen mitteilen.
Alles Gute
Rudi

Kessi
08.07.2004, 17:57
Ich hatte keine Chance, meinen Freund zu der Erkenntnis zu bringen, dass er spielsüchtig ist. Er hat mich für krank erklärt ud spielt weiter. Unterschlupf sucht er bei immer neuen Frauen über eine Singlebörse im Internet! Ich kann sie nicht schützen, denn die Lügen, die er erzählt, sind so überzeugend.
Schade um ihn....er war kein schlechter Mensch, sondern geistig krank!

LG
kessi