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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Was kommt auf mich zu?



Lutz
09.09.2004, 09:21
Hi Leute,
nach 14jähriger Spielabstinenz, Rückfall und Selbstmordversuch dieses Jahr kam ich am 23.07. zu einer 3monatigen Therapie nach Nordfriesland. Als ich hier ankam, war ich vollkommen "am Boden". In der Zeit nach dem Rückfall bis zur Therapie ging es mir sehr schlecht. Ich hatte Depressionen, körperliches Unwohlsein, Spieldruck usw.. Die körperlichen Mißstände wurden durch die Ärzte mit Spritzen, Beruhigungs- und Schlaftabletten zum Teil behoben. Den Spieldruck konnte ich mit Hilfe der ambulanten Vorsorge und unserer Selbsthilfegruppe und meiner Lebensgefährtin in Wolfsburg zurückhalten. Durch diese war mir auch klar, daß ich so schnell wie möglich eine Therapie machen mußte. Sonst hätte ich es nicht ausgehalten.
Sehr gut kann ich mich noch daran erinnern, wie ich ankam. Verunsichert, ängstlich und wollte eigentlich sofort wieder nach Hause fahren.
Mittlerweile bin ich in der 7ten Woche in der Therapie und habe mich grundlegend geändert. Durch die Therapie bin ich wesentlich ruhiger geworden, nehme meine Umwelt wieder wahr,kann wieder Gefühle zeigen (wie schön ist es doch, wieder weinen zu können!), kann Kontakt mit anderen Menschen aufnehmen, kann zuhören und endlich offen und ehrlich über mein Leben, Ängste und Nöte, Höhen und Tiefen sprechen. Von entscheidender Wichtigkeit ist: "ich brauche nicht mehr zu Lügen!"
Doch langsam rückt der Tag immer näher, an dem ich wieder aus meiner Obhut der Therapie in das "normale" Leben treten muß. Ich gebe zu, daß ich ein wenig (oder mehr?) Angst davor habe. Was kommt auf mich zu? Welche Gefährdungssituationen werde ich haben und wie gehe ich damit um? Was ist mit den sozialen Kontakten? Wie reagieren Freunde, Bekannte und Arbeitskollegen auf meine Krankheit (soweit ich sie nicht schon vorher informiert habe)? Wie verhalte ich mich den Leuten gegenüber? All diese Fragen und noch viel mehr stellen sich mir. Ich weiß, daß ich sie nicht auf einmal beantworten kann. Auch weiß ich, daß heute heute ist und morgen morgen. Aber vielleicht habt ihr selber in einer ähnlichen Situation gesteckt und könnt mir ein paar Hinweise auf die Zukunft geben. Wie ist es Euch ergangen und wie habt ihr Euch verhalten? Ich wäre Euch sehr dankbar, wenn ihr euch zu dem Thema melden würdet.

Schöne 24 Stunden

Lutz

Tina
09.09.2004, 09:58
Hallo Lutz!
Ich denke du bist auf einem sehr gutem Weg, du hast den Schritt der Therapie gewählt und ich kann mir vorstellen das war nicht leicht! Überleg dir genau wieviel Geld du ab sofort ganz allein für dich zur verfügung hast, vorher hast du wahrscheinlich Tage gehabt an denen du alles bis auf deinen letzten Euro in Automaten gesteckt hast, ich selbst habe auch die Erfahrung gemacht ich habe mich Hundeelend gefühlt, besonders dann wenn am nächsten Tag meine Freundin anrief und fragte ob ich mit ihr was Trinken ect. möchte, nur leider mußte ich sehr oft absagen da ich ja kein Geld mehr hatte. Das ist zB. einer der Größten Gründe warum ich das in den Griff bekommen möchte, und glaub mir jedes wunderbare Leben hat seinen Sinn! Es gibt so viele Dinge auf die ich in der letzten Zeit verzichtet habe nur wegen dieser Spielsucht, dass möchte ich NIE WIEDER!

Ich glaub an dich und drücke dich ganz fest ;)

Rudi
09.09.2004, 22:26
Hallo Lutz !
Nein, Angst brauchst du nicht zu haben, für die Zeit nach der Therapie.
Im allgemeinen ist von deinen Mitmenschen wohl erkannt worden, das etwas bei dir nicht in normalen Bahnen lief. Und Menschen, denen du etwas bedeutest werden froh darüber sein, das du es erkanntest und Maßnahmen ergriffen hast.
Vielleicht wird der Eine oder Andere das nicht verstehen - und vielleicht auch anzügliche Bemerkungen machen. Doch das sind Menschen, die nie deine Freunde waren - auch wenn du sie dafür gehalten hast. Also wirst du wohl auch spüren, wer die Menschen sind, denen du vertrauen kannst. Das ist ein unglaublich positiver Nebeneffekt -der dir keine Angst machen sollte - vielleicht ein wenig Neugier.
Jedoch wirst du zusätzlich Menschen begegnen in deiner Gruppe, die du nach einiger Zeit sicher zu deinen Freunden zählen kannst. Es wird mit jeden spielfreien Tag besser und leichter werden. Und selbst die finaziellen Gegebenheiten werden sich verbessern.
Also wirf deine Bedenken diesbezüglich über Bord und freue dich auf die Zeit nach deiner Therapie. Wenn du weiter deinen Weg gehst, wird es eine schöne Zeit - die du wahrscheinlich nicht mehr vergessen wirst.

Ich wünsche dir eine angenehme Zukunft - ohne Spiel und ohne Spieldruck.
Gute 24
Rudi