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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Rückfallzeit ?



Rudi
09.11.2004, 17:13
Hallo !
Die düstere Jahreszeit hat begonnen. Eine Zeit, in der ich in früheren Jahren besonders excessiv meine Spielsucht erlebte. Es ist ja nicht von der Hand zu weisen, das diese Jahreszeit auch bei gesunden Menschen für depressive Phasen sorgen kann.
Vor wenigen Tagen spürte ich wahnsinnigen Spieldruck. Einen Druck, der mir in den vergangenen Jahren erspart blieb.Ich mußte sehr auf mich achten - und einige Sicherheitsmaßnahmen ergreifen - um diesen Druck nicht zu erliegen.Es war ein wirklicher Kampf, nicht spielen zu gehen.
Ich wurde gefragt, wie meine sogenannten Sicherheitsmaßnahmen denn aussehen. Eigentlich sehr banal. Ich verheimlichte meinen Spieldruck nicht - sprach mit meiner Frau darüber - sofort. Beschäftigte mich hier im Forum - es ist nichts nennenswertes dabei rumgekommen, doch ich war abgelenkt. Und machte diesen Vorfall auch in meiner Gruppe bekannt.
Es ist so gut, Menschen zu kennen, von denen ich verstanden werde. Die aus eigener Erfahrung wissen, was Spieldruck ist. In Erinnerung ist mir auch ganz lebhaft mein letzter Rückfall. Das ist über 4 Jahre her - und war auch an so einen miesen dunklen Tag.
Wie geht es Euch an solchen Tagen ? Habt ihr da auch mehr mit euch zu kämpfen als gewöhnlich ?
Für mich war das Gefühl des Spieldruckes aber auch ein Warnsignal. Es sagt mir, fühle dich NIE zu sicher - auch wenn du meinst, du hast alles gut im Griff. Es kann urplötzlich doch wieder da sein. Warum auch immer.
Es wurde mir sehr deutlich - du bist Spielsüchtig - vergiß das nie.
Euch allen
Gute 24
Rudi

Karl
10.11.2004, 08:22
Hallo Rudi,

als Du letzte Woche im Chat geschrieben hattest, dass Du unter Spieldruck leidest, war ich doch erst mal ziemlich baff, nach der langen Zeit, wie kann das sein, habe ich mich immer wieder gefragt.
Du hattest ja schon letzte Woche die dunkle Jahreszeit als ein auslösendes Element ausgemacht.

Ich hatte das Thema dann auch am Montag in unsere Gruppe eingebracht, und wir haben darüber diskutiert, welchen Einfluß Jahreszeiten und auch andere Stimmungen auf das Spielen haben können.

Viele haben bestätigt, dass sie im Herbst stärker gespielt haben. Ist vermutlich so, dass durch das fehlende Licht nicht so viele positiv wirkende Stoffe in unserm Körper ausgeschüttet werden. Einige meinten auch, man traut sich eher in die Spielhalle, weil man im Dunkeln nicht erkannt wird. Glaube ich aber nicht, denn einen Spieler hält dies glaube ich nicht ab.

Bei mir ist es etwas anders. Ich verbinde mit dem Herbst sehr positive Gefühle. Meine Frau war 3 mal im Herbst schwanger und wir haben uns in dieser Zeit sehr umeinander gekümmert, haben gesund gelebt und sind sehr viel an der frischen Luft gewesen. Dies Gefühl kommt bei mir immer wieder wenn ich durch raschelndes Laub gehe.

Bei mir ist es eher der Frühling um Ostern herum, der bei mir zu erhöhtem Spieldruch geführt hat. Hinzu kommen auch Zeiten, in denen ich körperlich nicht so fit war.

Ich hoffe, Du kommst gut über diese Jahreszeit und meine Unterstützung hast Du in jedem Fall.

Vielleicht sehen wir uns ja am 20.11., klärt sich heute.

Schöne Stunden und Tage

Karl

Susi
10.11.2004, 09:38
hallo rudi
ich möchte dir unbedingt sagen, dass ich dir ganz viel kraft wünsche diese für dich so schwierige zeit zu überbrücken. so vielen menschen hilfst du hier im forum, und doch für dich selbst brauchst auch du ab und zu verdiente aufmunterung durch deine familie, freunde, gruppe und uns nichtspielern!! du bist ein beispiel für mich, dass man alles schaffen kann zu überwinden, auch so eine heimtückische sucht wie diese.
wenn ich doch nur wüsste, was für euch spieldruck bedeutet?!
mein freund ist aus mauritius, da ist es ja immer wunderschön und warm. er liebt unseren herbst, den nebel (meine güte?), den stunden- nein den tagelangen regen, den winter mit der "tollen" kälte, schnee und allem drum und dran. er meint "ohhh susi, da kann man sich lange in den armen halten ohne das der andre die schweissausbrüche des anderen erleben muss" ;-). er sagt auch "da muss man sich nicht stressen immer abends ausgehen zu müssen"... und er meint auch "oh diese 4 jahreszeiten bei uns in europa seien wunderschön". tja, so gesehen, hat der herbst ja was schönes gell!!
mann kann es fast nicht glauben, dass in mauritius 70 % der bevölkerung bei "pferdewetten" spielt! sie haben keine andere chance als mit geld von der insel wegzukommen, oder wenigstens mal 1x auf reisen gehen zu können. sie müssen uns touristen sehen, und dabei feststellen was wir alles haben können und uns leisten können... "SIE" hingegen träumen von schnee, hagel und kälte.

wir menschen neigen alle dazu, das haben zu wollen was wir nicht besitzen und das nicht zu wollen was wir haben...

du hattest mir vor ein paar tagen liebe worte geschrieben. jetzt versuchte ich dir etwas zurückzugeben. ich bin 100%-tig überzeugt, dass es ganz ganz viele angehörige gibt, die wie ich jeden tag in diesem forum alles lesen. diese menschen lernen von euch trockenen spielern als auch von noch nicht trockenen spielsüchtigen, über eure aussagen, ängste, erfolge, die uns enorm helfen.

ich würde alles dafür geben es zu verstehen oder zu erfahren, was euch so sehr verletzt hat oder noch tut, dass ihr zum "spielfieber" kommt... denn dann vielleicht könnte ich meiner mutter die richtigen worte sagen sowie die richtige hilfe geben...

bleib stark rudi und denk wie schön der herbst sein kann wie mein freund ;-))...
hier am bodensee in der schweiz kommt jetzt grad die sonne und die farbigen blätter an den bäumen sind einfach sooo schön...
ich denk an dich und alle hier
liebe grüsse
susi

Claus
10.11.2004, 11:54
Hallo Rudi,
mit Spieldruck und Deprssionen ist nicht zu spassen , so meine Erfahrung, so etwas entsteht aus Angst und Angst ist eine Mangelkrankheit. Mangel an Vertrauen im Kontakt zu Gott.
Steht irgendwas zwischen Dir und IHM? Hast Du das Gefühl, gegen eine Wand oder sonstwie ins Leere zu reden, wenn Du mal betetst?
Gegen Deprssionen hilft nur Bewegung der Satz ""keine Lust" zu irgendetwas war die Einleitung zum Rückfall.
Also Ar... hoch und etwas tun!
Wer selbst einmal im Schlamm saß, weiß, wie man kleine Bällchen macht.
Ich wünsche Dir alles Gute
Claus

Dirk
10.11.2004, 12:12
Hallo Rudi,

ich lass Gott mal aus dem ´Spiel´...

ich spiele selbst seit 24 jahren, mit jahrelangen unterbrechungen, statinärer therapie und heftigsten rückfällen.
jetzt bin ich wieder seit mehr als 6 monaten trocken. regelmässige gruppenbesuche und ambulante einzeltherapie helfen dabei.

auch ich spüre in der letzten woche spieldruck. auch ich habe ihn thematisiert und öffentlich gemacht.aber es hilft mir nur kurzzeitig.

dieses ewige schwanken der gefühle, des fühlens, es ist unglaublich anstrengend, find ich.

eine lockere, unbeschwerte zeit, die über mehrere jahre andauert, kenn ich nicht. es ist grösstenteils ein kampf.

aber diesen kampf zu gewinnen, hab ich mir auferlegt. jeden tag. durch mich und durch die hilfe anderer.

heute ist bisher der mieseste tag. und ich werde trotzdem nicht spielen gehen.

alles gute

dirk

Rolf
10.11.2004, 14:22
Klasse !

Liebe Grüße, Rolf

Rudi
10.11.2004, 16:13
Ihr Lieben,
möchte mich aufrichtig für Eure Zuschriften bedanken.
Zunächst muß ich sagen, das es mir heute und in den letzten Tagen erheblich besser geht.
Ich führe es vor allen Dingen darauf zurück, das ich ehrlich mit dem Spieldruck umgegangen bin.
Für mich lag es auch irgendwie in der Erwartung, das es wohl in Verbindung mit meiner Spielsucht hin und wieder Knackpunkte geben kann. Es wäre auch zu schön, wenn das Problem mit unserer Sucht so leicht zu überwinden wäre.
Wenn ich mir nur sagen müßte, ich werde nicht mehr Spielen
und das würde ganz reibungslos ablaufen, brauchte ich wohl nicht von einer Sucht sprechen. Das abstinenz sein kann eben schon mal schwer sein - ein Grund, warum wir weiter daran arbeiten - und uns Selbsthilfegruppen suchen. Wir bleiben eben spielsüchtig - was ich tun kann, darin abstinenz leben. Die letzten 4 Jahre hatte ich relativ wenig Probleme nicht zu Spielen - diesmal waren es ein paar mehr.
Wie gut es mir trotzdem geht, beweist der Eintrag von Dirk - der immer wieder hart um seine Abstinenz fighten muß. Ich wünsche dir sehr, das du weiter so standhaft bleibst, Dirk.
Ich denke nicht, das ich meine Probleme einfach in Gottes Hand legen darf. Ich habe von Gott die Kraft und das Vermögen bekommen, meine Spielsucht in den Griff zu bekommen. Und wenn ich meine Möglichkeiten konsequent nutze, werde ich spielfrei bleiben.Habe schon sehr viel Hilfe von ihm erhalten, eine Frau die mich liebt, Kinder die zu mir halten, Menschen in der Spielergruppe, die mich verstehen - ja- und nicht zuletzt auch dieses Forum, wo ich die Meinung von Menschen höre, die ich gar nicht kenne- aber die oft mit sehr viel Herz und Gefühl Mut machen.
Alles das ist mir als Hilfe auf den Weg gegeben .
Ich möchte mich selbst nicht enttäuschen - und auch die Menschen nicht, die auf mich bauen. Ich habe alle Gründe "trocken" zu bleiben und den entsprechenden Willen. Und diesen Willen und die nötige Hilfe wünsche ich ein Jeden auf seinen Weg.
Ich freue mich über meinen Chatpartner Karl. Karl, du gehst mit so viel Selbstverständlichkeit in deine Abstinenz, das ich wirklich beeindruckt bin. Ich hoffe, du behälst diese Selbstverständlichkeit. Doch baue dir Sicherheit ein - leider können irgendwann einmal Tage kommen, wo wir besonders gefährdet sind, wie du bei mir gesehen hast.Das positive dabei war jedoch, das ich wieder verschärft auf mich achte. Es war ein deutlicher Denkanstoss für mich, niemals überheblich zu werden - und kann auf einmal auch die Spieler verstehen, die nach mehreren Jahren auf einmal wieder mit dem Spiel beginnen.
Aber das ist ein sehr weites Thema - möchte ich im Moment nicht weiter darauf eingehen.
Susi, herzlichen Dank für deine lieben Zeilen - du hast selbst mit dir -deiner Mutter - eine Situation, die jede Menge Energie fordert. Das du trotzdem die Kraft hast, auch noch anderen Spielern Mut zu machen, ist bewundernswert.
Ich hoffe sehr, das angesagtes Gespräch mit den 2 Doktoren positiv verlaufen ist. Möchte auch gerne wissen, wie deine Mutter sich jetzt verhält.
Ich will mich an deine positiven Gedanken zum Herbst gerne
anlehnen. Werde morgen durch den Park gehen ( Wald ist etwas weit weg ), und das rascheln der Blätter unter den Füßen hören. Du hast recht - dunkel ist es nur, wenn wir es uns dunkel machen . Und das fängt ganz bestimmt beim denken an.
Ich wünsche dir, das aus deinen dunklen Tagen auch wieder sehr schnell helle Tage werden. Das es mit deiner Mutter wieder aufwärts geht.
Euch Allen, liebe Grüße und Spielfreiheit
Rudi

Hans
10.11.2004, 18:06
Lieber Rudi,

sei herzlich bedankt für deine Ehrlichkeit und den Mut , hier von dir zu berichten . Ja, es ist ein Problem , dass
man in der trockenen Phase seines Spielerdaseins oft vergisst : die Krankheit ruht nur .... Wenn wir , die wir
längere Zeit trocken sind, hier von unseren Erfahrungen berichten , lässt es manchmal die Tatsache vergessen , dass
das Damoklesschwert auch noch über uns schwebt. Dafür , dass
du uns das wieder einmal vor Augen geführt hast , vielen Dank . Dein Umgang mit der Situation war für mich beispielhaft dafür, wie schlimmeres verhindert werden kann , wenn man eben nicht in alte Verhaltensmuster zurückfällt. Eben nicht mehr lügen und verheimlichen , zu sich stehen , offen sein . Der Krankheit die Stirn bieten .
So kann es gehen , wenn wir Glück, haben ein Leben lang .

Herzliche Grüße Hans

yymarcusyy
13.11.2004, 17:11
Hallo Rudi,

ich kann Dich gut verstehen, wenn du sagst das du in der zeit wo es jetzt eher und mehr dunkel ist, spieldruck hast.

Ganz kurz zur mir, ich habe viele jahre gespielt, habe mir 2 mal ärtzliche hilfe geholt und bin doch nach ein paar monaten rückfällig geworden. Jetzt bin ich seit Ende januar bis jetzt spielfrei.

Nun zu dem Punkt den ich klasse bei dir fand in deinem eingangspostings. Und zwar hast du geschrieben, das wenn du spieldruck hast, dich deiner frau und deiner selbsthilfegruppe offenbarst.
Das ist ein punkt den ich nie gemacht, auch als ich ärztliche hilfe hatte. Ich habe mich nie freunden oder familie oder sonst wem offenbart. wenn höchstens andeutungsweise.
Anders ist es seit Januar. Ich habe es jedem erzählt , der mir richtig wichtig war. Und auch heute, wenn ich druck verspüre offenbar ich mich sofort. Dieses hilft mir sehr. Auch habe ich mir wie du ganz einfache regeln aufgestellt wenn der spieldruck da ist. Wenn ich bei uns aus dem haus gehe, und an den bakannten spielhöllen vorbei muß, wechsele ich die straßenseite. Weitere sache ist, das ich nichts mehr anfang mitsachen wo geld zum einsatz kommt. Sprichauch lotto oder toto, irgendwelche fußballwetten in der firma, alles wo spiel und geld zusammenkommt, wird von mir strickt abgelehnt. Gerade bei fußball wetten, wo ich doch nen großer fußball fan bin, fällt es mir schwer.

Ich denke mal es ist ganz wichtig, auch wenn man länger abstinez ist, sich solche regeln aufzustellen. DEn diese helfen , bin ich der meinung, ungemein.

Desweiteren, möchte ich mich bei diesem Forum bedanken, in dem ich heute das erste mal schreibe, in dem ich aber schon knapp ein jahr lese. ich arbeite fast jedes wochenende in einem nebenjob um die schulden abzubauen, die sich durchs spielen aufgebaut haben. in diesem job habe ich die möglichkeit, halt hier im forum zu lesen und ich muß sagen ich freue mich jede woche aufs neue dieses forum zu durchstöbern.

So Long Marcus

Susi
15.11.2004, 13:31
hallo rudi
ich hoffe dein spaziergang im park half dir mit über die "runde" zu kommen. für DICH würde ich mir immer zeit nehmen!!....keine ahnung warum, aber deine zeilen für alle hier denen du schreibst sind immer mit viel wärme, klarheit, ehrlichkeit und auch liebe bestückt. wie gesagt, ich kann mit allem umgehen nur nicht mit lügen und du hast das für dich beendet und deine klarheit tut mir wirklich gut.
also, das gespräch mit den ärzten war fürs 1ste mal nicht schlecht. wir waren alle nervös, aber meine mutter war ganz schlimm dran. sie sass wütend auf dem stuhl und ich konnte förmlich fühlen, dass nur ein falsches wort, sie zur explosion bringen wird. das machte mir natürlich extrem angst. der oberarzt erklärte als erstes, dass man bei spielsucht nie "verrückt" wird (das war ja meine grösste angst). sie hat zusätzlich eine psych. erkrankung (frag mich nicht nach dem namen) die er so beschrieb: sie hat in frühen jahren schon begonnenn wie ein "lebensschema" zu entwickeln, welches sie sich selbst zurechtgelegt hat und nach welchem sie auch lebt. jetzt seien aber ihre probleme immer grösser geworden, und es passte alles nicht mehr ins lebensschema, wobei es dann ja immer mehr druck zum spielen gab. was sie dann auch machte.
nach ca. 15min disskussion fragte er sie wo sie sich denn einschätze bei 100%, wie weit sie denke vortschritte gemacht zu haben? mami antwortete stolz "bei ca. 70 - 80%". dann meinte der oberarzt "und wenn ich ihnen jetzt sage, dass sie gerade mal bei ca. 20% sind?"...oh rudi, da vielen meiner mutter alle gesichtszüge weg.... es hat sie echt hart getroffen. aber der arzt machte es wirklich lieb und gut.
bei meinem letzten telefonat mit ihr war es dann endlich soweit....sie ist jetzt nicht mehr verwirrt. sie erzählte mir, dass sie sehr geschockt war, und sass nachher angeblich die ganze nacht im aufenthaltsraum in ihrer klinik bis zum frühstück.
die wohnung werden wir kinder jetzt (auch im namen der ärzte) für sie suchen. sie will eine günstige kleine wohnung. wobei sie aber unter der woche immer noch in die klinik gehen möchte. (zurzeit ist sie seit 7 wochen dort). sie möchte unbedingt, dass das sozialamt alle wichtigen rechnungen bezahlt und vom rest möchte sie vom betreibungsamt die schulden zurückzahlen. sie selbst möchte so wenig geld wie möglich - da ihr die schulden auf dem magen liegen.
die ärzte haben auch 2 oder 3 kleinere "schwindeleien" (die wir kinder nachgefragt haben ob dies wirklich so seie) meiner mutter NICHT bestätigt... du kannst dir vorstellen wie sauer und beschämt sie war. ich hätte sie am liebsten umarmt, aber schon bei einer zarten berührung meiner schwester hat sie vor wut sich gewehrt, und die hand abgeschüttelt.
es ist wohl wahr, dass es in kleinen schritten vorwärts geht und ihr ist es jetzt auch bewusster. sie hat zu mir (ohne es zu merken) das erste mal von ihrer sucht gesprochen. sie meinte, dass sie nicht wisse ob sie wieder mal rückfällig werde in die sucht, aber dann wisse sie wo sie sich melden kann, nämlich bei den ärzten.
ich bin jetzt viel beruhigter, vor allem da diese verwirrtheit weg ist. ich bin kein geduldiger mensch, aber in dieser sache kann ich lange warten, denn sie hat es verdient, da sie immer ein wahnsinnig lieber mensch war und noch immer ist - wie du rudi, da bin ich mir sicher...
sie bekommt nur noch eine antidepressiva. die ärzte meinten, bei spielsüchtigen ist es wichtig, dass sie einen "klaren" kopf haben.
für mich gibt es nur noch eine grosse frage, auf die ich hoffe irgendwann eine antwort zu erhalten. denn gem. meinem vater hat sie 1/3 ihres gemeinsamen hauses (ca. CHF 90'000) vor 30 jahren erhalten in 3 raten. sie hatte uns aber immer gesagt, dass unser vater die alimenten nie richtig gezahlt hat und der hausdrittel für die mieten verlorengigen. deswegen mussten wir ja immer "schmal" durchs leben. angeblich hat er alles immer pünktlich gezahlt und sogar noch mieten (die damals ausstanden) für sie bezahlt. ich wäre sehr enttäuscht wenn das stimmt, denn dann hat sie uns unseren vater als sehr schlecht hingestellt, als das er vielleicht wirklich war. ich verlor nämlich ein bischen die achtung vor ihm, und das bedrückt mich jetzt sehr.... ich habe leider keine ahnung ob er die wahrheit spricht.
eines habe ich aber daraus gelernt; ich werde mir immer zuerst beide seiten anhören, bevor ich mir ein urteil bilden werde. und das gilt für jedermann über den ich was negatives höre...
für dich wünsche ich wie immer ein leben ohne spiel und dass du deinen weg gehen kannst.
bis bald
susi

Karl
15.11.2004, 16:01
Hallo Rudi,

ich glaube nicht, dass meine Abstinenz selbstverständlich ist. Ich denke nur, dass ich und alle, die um mich herum an mich glauben eine Menge Arbeit in diesen Prozeß, den ich bewußt nicht als Heilungsprozeß bezeichnen möchte, gesteckt haben. Ich weiß auch, dass ich nicht vor Rückschlägen gefeiht bin. Gerade am Wochenende hatte ich wieder einige ziemlich depressive Stunden. Ich bin einfach noch zu dünnhäutig, wenn ich meine Vertrauensbeweise nicht bekomme und sogar mal Misstrauen ernte, schlägt mein Gefühlsleben gleich wieder Purzelbäume. Ich bin dann in den Baumarkt meines Vertrauens gegangen, habe ein neues Gurtband für unsere Rollläden gekauft und auch eingebaut. Der anschließende Lob meiner Familie hat mich dann wieder aufgebaut und aus der Depri rausgeholt. Du siehst, es läuft auch bei mir nicht wie von selbst, aber ich bemühe mich positiv zu denken.

Ich gehe heute das erste mal in eine SHG, nur zum schnuppern. Vielleicht schaffe ich es ja heute Abend im Chat darüber zu berichten.

Alles Liebe

Karl

Rudi
15.11.2004, 18:59
Lieber Karl !
Nein, selbstverständlich ist deine Abstinenz nicht. Ich weiß, du mußt, genau wie viele andere, um diese Abstinenz kämpfen. Das uns nicht alles im Schoß fällt, liegt nun mal auf die Hand.
Beeindruckt bin ich allerdings von deiner Marschroute. Schnurgerade gehst du deinen Weg - und trotz aller Hindernisse verlierst du dein Ziel nicht aus den Augen.
Das zeugt von deinen sehr tiefen Willen, für dich was zu verändern. Und das ist bei uns Spielabhängingen leider sehr oft nicht der Fall. Bis wir bereit sind wirklich an uns zu arbeiten, vergeht viel Zeit - und leider manchmal so viel Zeit, das es schon unmöglich scheint, aus seinen Verhalten auszubrechen. Das es geht, beweißt du. Obwohl du , genau wie ich ,über 30 Jahre gespielt hast, findest du nun deinen neuen Weg.Es beweißt, das es nie zu spät ist aufzuhören - und macht bestimmt so manchen Spieler, der wie wir über Jahrzehnte spielt, Mut zu neuen Ufern aufzubrechen. Es ist nie zu spät zur positiven Veränderung.
Das gibst du uns mit auf dem Weg - und dafür sei einmal Danke gesagt.
Jetzt gehst du gerade wieder ein Stück deines Weges voran - indem du nun in eine Selbsthilfegruppe gehst. Du wirst in kurzer Zeit feststellen, wie gut dir dieser Schritt tut. Davon bin ich überzeugt.
Gehe deinen Weg so weiter - dann ist mir um dir nicht Bange, selbst dann nicht, wenn du mal kurze Zeit ins stocken geraten solltest.
Vielleicht begegne ich dch am Samstag in Herzogenrath - es würde mich freuen.
Für heute herzlichen Gruß.
Gute 24
Rudi

Peanuts
15.11.2004, 22:21
Bei mir ist es auch so das es am schwersten mit den Spielen im Herbst ist . was kann ich tun ?

Rudi
16.11.2004, 00:12
Hallo Susi,
erst einmal meinen herzlichen Dank für deine lieben Zeilen.
Deine Zeilen sind natürlich sehr schmeichelhaft für mich - und muß dir hier einmal klar sagen,daß du mich vermutlich überbewertest. Ja, ich gebe mir große Mühe offen und ehrlich zu sein - die verdammte Spielsucht hat mich auch lange genug zum negativen beeinflußt. Es wurde wirklich Zeit für mich, mein Leben zu drehen und ernsthaft an mir zu arbeiten.
Du schreibst, du weißt nicht, was du über deinen Vater jetzt denken sollst. Ist er der schlechte Mensch, wie von deiner Mutter dargestellt - oder ist er doch nicht so sehr schlimm. Wie immer wird vermutlich die Wahrheit in der Mitte liegen. Er wird nicht so schlecht sein, wie von deiner Mutter ,in ihrer Enttäuschung über ihn, geschildert - aber er selbst wird so manche Bösartigkeit, die er begannen hatte auch verdrängt haben. Es ist auch müßig, vom Neuen alles aufzurollen.
Schade finde ich, das augenscheinlich wenig Kontakt zu deinem Vater bestand - ein Zeichen, das es da nicht richtig lief. Denn das Recht auf Euren Vater hattet ihr ja nun mal. Das Recht, Euren Vater selbst zu erleben - und so auch ein eigenes Bild von ihm zu bekommen. Das wurde euch, warum auch immer, verwährt.
Also denke ich, das du dir ein eigenes Bild von deinen Vater machen solltest. besser spät als nie.
Deine Mutter ist ja mehr als nur Spielkrank. Nun weiß man natürlich nicht, wann sie mit dem excessiven Spiel begann.
Ein Spieler ist durchaus in der Lage, Geschichten zu erfinden um sein Spielen zu verheimlichen. Also ist es wohl möglich, das sie das erhatene Geld verspielte und sich in einer Lügengeschichte begab, aus der später für sie keine Möglichkeit zu sehen war, wieder hinaus zu kommen. Lügengeschichten - Erschleichung von Geldern - sind leider bei Spielabhängingen an der Tagesordnung. Wenn das eigene Geld erst mal verspielt ist, werden viele Dinge gemacht, nur um weiter Spielen zu können. Der soziale Abstieg der Familie ist somit unausweichlich. Chronischer Geldmangel ist an der Tagesordnung . Geld - warum auch immer - ist nie da, zumindest nicht im erforderlichen Maß.
Also die Möglichkeit einer neueren Enttäuschung über deine Mutter ist gegeben - und trotzdem - sie wollte euch nie was böses, davon bin ich überzeugt. Sie ist vermutlich nur zu schwach für das Leben - und braucht darum Eure und ärztliche Unterstützung. Vielleicht seit ihr stark genug eure Mutter da ein Stück zu tragen - trotz aller Enttäuschung - mir ist dabei bewußt, was ich da von euch an Großherzigkeit verlange - denn der Dorn einer solchen Lüge sitzt sehr tief.
Will nun kurz nochmal auf mich zurück kommen.
Den Spaziergang im Park habe ich gemacht - und empfand diesen als sehr positiv. Jedoch haben deine Zeilen da eine Menge bewirkt. Du schriebst mit anderen Worten, ich solle auch dieser dunklen und kalten Zeit positiv begegnen.
Das habe ich ganz ernsthaft getan - und es geht mir besser.
Ja, das positive Denken - wir vergessen es oft - und steigern uns in Ängste und Unwohlsein. Und wir müßen uns ernsthaft fragen, warum wir gerne alles grau und schwarz sehen . Die Freude über kleine Dinge sind es, die unsere Tage erhellen - und die unser Leben lebenswert machen.
Ich wünsche dir und deiner Schwester die nötige Kraft, um diese Situation zu meistern - und deiner Mutter das sie bald genesen wird - und die Weichen für sich in eine spielfreie Zukunft stellt. Irgendwie hat sie ja erkannt, das es so nicht weiter gehen kann.
Alles Gute
und bis bald
Rudi

Susi
17.11.2004, 08:09
schön das es dir wieder besser geht und ich fühl da doch ganz klar schon wieder "positiveres" denken bei dir hi..hi...!!
unser denken macht uns tatsächlich aus! wenn wir doch nur mal aufhören würden alles zu bewerten. einfach nur versuchen, die arbeit, das leben, und die liebe zu "erleben", und bei negativem zu versuchen das positive daraus zu sehen. das ist wohl das allerschwerste in unser aller leben. wie meine grossmutter immer zu sagen pflegte: "man muss sich an dem erfreuen was man hat, statt immer an dem herumzustudieren was man nicht hat"... das versuche ich mir in meinen "traurigeren" momenten immer vor augen zu halten, dann gehts wieder aufwärts.

du hast das mit meinen eltern wirklich schön formuliert.
in kurzen stichworten zu meinem vater, ich empfand/empfinde ihn etwas so:
betrunken, lustig, interessant, sehr intelligent, durch betrug sein geschäft verloren, hat uns kinder nie geschlagen, aber auch nie in die arme genommen, konnte nie mit ihm reden (mit dir rudi habe ich mehr gesprochen als mit ihm!), partys und freunde sind sein leben, hatte nie zeit für uns kinder - ist bis heute so, selbstlobend (mag ich nicht)
meine mutter empfand/empfinde ich so:
immer ein ohr für mich, gute ratschläge gegeben, lieb, mitfühlend, "ehrlich", hat versucht uns den vater trotz "geiz" gut hinzustellen, hat uns nie geschlagen, hat uns immer in den arm genommen, selbstlobend (mag ich nicht)

ich möchte auch nicht mehr alles aufrollen, denn so viele lügen waren es ja gar nicht....aber dafür 1 oder 2 deftige! (auch bei meinem vater).
ich habe ihre ärztin gefragt, ob sie vielleicht meine mutter mal darauf ansprechen möchte, oder wir kinder es mal versuchen sollen. sie meinte, dass wir bestimmt den richtigen zeitpunkt erfühlen können und sie dann darauf ansprechen sollen. das werde ich für mich auch genau so umsetzen.
nicht meine mutter hat uns den vater vorenthalten rudi, ER wollte nie kommen (wollte ich noch kurz erwähnen!) und bis heute will er nur so 2x kontakt im jahr und wir telefonieren so 2 oder 3x. und meine älteste schwester leidet bis heute darunter. für mich genügte es immer, da ich ihm nie vorwürfe machte. ich akzeptiere menschen immer wie sie sind....nur lügen, das habe ich probleme.

du hast auch recht, dass sie sich wohl in eine lügengeschichte verstrickt hat, was mir wirklich das vertrauen zu ihr schon recht zerstört hat. ich weiss jetzt plötzlich nicht mehr was ich ihr glauben kann und was nicht wenn sie was erzählt. du hast auch recht, dass es mich jetzt unglaublich viel kraft kostet, jetzt erst recht für sie da zu sein. ich habe richtige wut in mir...lasse sie aber nicht raus, und weiss gar nicht auf was ich so wütend bin. werde dem mal genauer nachgehen. auch habe ich nicht so grosse unterstützung meiner schwestern. trotzdem werde ich deinen ratschlag immer im herzen tragen, nämlich mit güte und grosszügigkeit auf sie zuzugehen...

danke rudi, und sorry dass es jetzt ein etwas persönliches mail geworden bist, danke für dein "zuhören"...
ach ja.....ich schätze dich nicht zu hoch ein, glaube mir. ich kann fühlen wenn sich ein mensch wirklich zum guten ändert. aber alles geschiet in kleinen schritten...
bis bald und grüsse deine familie gell.
susi

Rudi
18.11.2004, 22:59
Liebe Susi,
ich sage mal einfach liebe Susi, da du wahrscheinlich nah am Alter meiner eigenen Kinder bist.
Meine drei Kinder , zwei Töchter, ein Sohn, sind zwischen 24 und 28 Jahre alt. Alle außer Haus mittlerweile- und wie es aussieht auch in geordneten Verhältnissen.
Du schreibst von der Veränderung zum Guten.
Ich denke, das hinter der Maske des Spielers eigentlich der wirkliche Mensch steht, wie er ist. Nach der Ablegung der Maske , dem aufhören des Versteckspieles kommt die dahinter stehende Persönlichkeit wieder zum tragen. Gut oder schlecht, wie bei allen Menschen. Deswegen trifft die häufig gemachte Aussage, alle Spielsüchtigen sind gleich auch nicht zu. Sie benehmen sich wohl sehr ähnlich in ihrer nassen Phase. Wobei die Zumutbarkeit des Spielens wohl bei jeden unterschiedlich ist, bevor er für sich wirklich ernsthaft was tut. Bei dem einen Spielabhängingen ist es genug, wenn die Ersparnisse verspielt sind - der Kreditrahmen ausgeschöpft ist - andere kommen auch dann noch nicht zur Einsicht, wenn die eigenen Kinder nichts zu Essen haben und die Wohnung gekündigt wird. Und ein Teil der abhängingen Spieler wird betrügen und stehlen und fast alle Skrupel über Bord werfen, nur um weiter zu Zocken. Nein, alle Spieler sind nicht gleich - die Charaktere sind unterschiedlich - und somit auch die Schamgrenze und oder die Skrupellosigkeit.
Ich finde es sehr traurig, das du mit mir mittlerweile mehr gesprochen hast, als mit deinen Vater. Aber nicht nur für Euch Kinder. Auch für ihn selbst. Er weiß augenscheinlich nicht, was er versäumt hat im Leben. Denn Vater sein bedeutet nicht nur Pflichten haben, sondern auch unzählige Freuden mit den Kindern zu genießen. Niemals möchte ich auf die tiefgreifenden Diskussionen mit meinen Töchtern, insbesondere im pubertären Alter verzichten. Sie gingen manchmal die halbe Nacht durch . Heute Vergangenheit - aber weder bei mir, noch bei meinen Kindern in Vergessenheit.
Vielleicht auch ein Grund, das sie immer hinter mir standen und stehen. Wie das auch im umgekehrten der Fall ist. Wie arm ist dein Vater, das er sich diese Erfahrungen selbst verbaute. Ich war bestimmt kein Kind von Traurigkeit - aber alle Feiern und Vergnügungen können das auch nur ansatzweise ersetzen. Auch sehr traurig für Euch - aber ihr habt die Möglichkeit das in eurer eigenen Familien wesentlich besser zu machen - und dafür drücke ich dir ganz fest die Daumen, das er dir so gelingen wird.
Du schreibst, alles geschieht in kleinen Schritten - das ist richtig. Aber am Anfang steht eine krasse Kehrtwendung die da heißt, ich will nicht mehr weiter so in meinen Spielerleben verweilen . Und das ist mehr als ein kleiner Schritt. Darauf kann und soll man Schritt für Schritt aufbauen - und insbesondere die alten Verhaltensmuster ( Lügen, Verantwortungslosigkeit, Unaufrichtigkeit, Unzuverlässigkeit ) ablegen. wenn das gelingt, hat man die eigenen Sucht recht gut im Griff - und selbst wenn es mal einen Ausrutscher gibt, brauch es noch kein Rückfall ins frühere Verhaltensmuster sein.
Jetzt bin ich müde ,
Gute Nacht - und Danke für´s zuhören.
Rudi

19.11.2004, 10:54
Hallo Rudi,

ich weiss nicht, ob Du gestern im Chat warst, ich habe es wieder einmal nicht geschafft.

Mit dem was du Susi geschrieben hast, dass am Anfang eine Kehrtwendung stehen muss und dass der größte aller Schritte ist, hast Du recht. Ich möchte das aber etwas anders Formulieren und du bist mir hoffentlich nicht böse.

Ich kenne meine Frau nun schon über 30 Jahre. Es war keine Liebe auf den ersten Blick und am Anfang haben wir uns heftig auseinandergesetzt, da wir Grundverschieden waren und heute eigentlich auch immer noch sind.

Wir haben aber nicht aufgegeben und uns gegenseitig durchleucht, alles Gute gesammelt und daraus eine Basis für unser Zusammenleben geformt.

So ähnlich ist es auch jetzt wieder. Wir haben uns an alle unsere guten Eigenschaften erinnert, sie wiederbelebt, die schönen Zeiten unseres Zusammenlebens oben draufgepackt und damit einen neuen Weg deffiniert, den wir jetzt konsequent gehen.
In sofern bedeutet für mich die Kehrtwende nicht, dass ich alte Wege beschreiten möchte, sondern es ist ein ganz neuer Weg, den ich mit meiner Frau und meinen Kindern gehen möchte.
Vermutlich hast Du das gleiche gemeint und fragst Dich jetzt wieder, warum muß der seinen Senf dazugeben. Aber für mich ist das niederschreiben meiner Gefühle im Moment noch sehr wichtig und hier im Forum kann man dass sehr gut tun. Hier bekommt mal sehr viel Liebe, Anerkennung, Kritik und Erfahrungen anderer mitgeteilt.

Ich wünsche allen schöne besinnliche Tage.

Ich denke wir sehen uns morgen Rudi

Gruß Karl

Rudi
20.11.2004, 21:44
Hallo Karl ,
warum soll ich dir böse sein ?
Es ist schön, daß du das Thema noch einmal erfaßt hast und zum besseren Verständnis noch einmal aus deiner Perspektive darüber geschrieben hast.
Ich freue mich, das du mit deiner Frau eine neue Perspektive für Eure Gemeinsamkeit erarbeitet habt. Ihr habt Euch neue Ziele gesetzt - ich bin überzeugt, ihr werdet sie erreichen, wenn ihr weiter so sehr daran arbeitet.
Lieben Gruß
Rudi

Susi
22.11.2004, 09:01
so endlich kann ich mal wieder schreiben. ich war am samstag mit meiner mutter wohnungen anschauen und wir haben 1 ganz schöne 1 1/2-zimmer-wohnung in aussicht. das sozialamt wird sich jetzt darum kümmern, da ja die mietzahlungen von ihnen garantiert wird. mami lässt ja jetzt alle ihre finanzen vom sozialamt "managen" und die schulden werden step-by-step zurückbezahlt. es ist ihr unglaublich wichtig!!
sie ist jetzt wieder ganz klar mit den füssen auf dem boden und nimmt sehr ernsthaft ihr leben wieder in den griff. ohhh wunderschön. sie hat den ganzen samstag von ihrer sucht erzählt, ohne dass ich nur eine frage stellen musste. sie meinte, dass sie jetzt keine schuldgefühle mehr habe (denke aber schon noch ein bischen), und vor allem habe diese lügerei endlich ein ende. sie scheint mir woche zu woche viel befreiter zu sein.
diese super schönen gespräche die du mit deinen kindern geführt hast, das durfte ich mit meiner mutter erleben. und ich misse keine sekunde und bin froh, eine echt liebe und fair denkende mutter zu haben.
ich bin 39 jahre alt und mein vater hat sich auf drängen meinter schwester zu einem gespräch hinreissen lassen. aber eben....nur für 1 std. hätte er zeit. mal sehen was das wird. es findet in 2 wochen statt.
danke, dass du uns eine eigene nette familie wünschst. leider habe ich meinen partner sehr spät kennengelernt, doch trotzdem überlegen wir uns vernüftig, ob wir es noch wagen sollten mit einer kleinen familiengründung! so ein süsses indisch/schweizerisches mischlingskind wäre schön süss. auf jeden fall hätten die kinder einen super lieben papi, denn er ist schon vater von 2 kindern!
rudi für all deine lieben mails danke ich dir nochmals von ganzem herzen. ohne dich wäre ich wirklich einem zusammenbruch nahe gewesen...
es ist schön zu wissen, dass es auch väter gibt, die sich mit ihren kindern "stundenlang" unterhalten können und es selbst nicht missen möchten.
übrigens möchte auch meine mutter nach der therapie in der klinik unbedingt eine ambulate therapie weiterführen... ich muss sagen... meine "neue" alte mutter.... gefällt mir sehr!
danke für alles und schön das es dich gibt.
en liäbe gruess
susi

Rudi
24.11.2004, 09:08
Liebe Susi,
das Gefühl wie es ist, wenn man als Suchtkranker reinen Tisch gemacht hat, wird wohl von den Mitbetroffenen erlebt, aber wahrscheinlich können die Emotionen und innere Bewegung im Suchtkranken nicht ganz nachvollzogen werden. Ähnlich, wie von Angehörigen ja auch die Spielsucht nie so ganz nachgefühlt werden kann.
Als Suchtkranker ist man, nachdem ich alles mitgeteilt habe, mehr als innerlich befreit. Es ist , als wenn ein Riesengewicht von meiner Seele genommen wird . Es ist als wenn man seine Seele gebadet hätte. Ja, es sind mehr als Schauer die über den Rücken laufen, wenn man erleben darf, das trotz aller schiefen Dinge immer noch Menschen die Arme weit öffnen um uns aufzunehmen.In diesem Moment lassen wir uns fallen wie kleine Kinder, die die Geborgenheit in Mutters Arm finden. Und doch ist es anders.
Weil wir viel bewußter sind als kleine Kinder - weil wir darum wissen wie schwer es ist Fehler anderer zu verzeihen - weil wir selbst es vielleicht nicht können - zeigen uns die entgegengestreckten Hände die ganze Liebe der Menschen, die um uns gekämpft haben, damit wir den Weg finden.
Der wesentliche Schritt in meine Abstinenz war für mich den Ballast jahrelanger Lügen ablegen zu dürfen.
Reinen Tisch zu machen und mit einen so wunderbaren Gefühl zu starten , nicht mehr die Maske aufzuhaben - sich mit seinen Schwächen zeigen zu dürfen und trotzdem angenommen zu werden.
Es ist bestimmt emotionell, was ich heute schreibe. Ich weis, das viele Menschen über diese Gefühle nicht schreiben.
Für mich habe ich Ehrlichkeit zu einen festen Ziel erklärt. Mir selbst und anderen gegenüber - deswegen schäme ich mich nicht mehr der Gefühle die ich damals hatte . Und schäme mich auch nicht der Tränen, die auf Grund meiner Öffnung geflossen sind .
Weinen ist etwas, was ich mir selbst verbiete - und das ist auch heute noch so. Wenn Tränen der Emotionen kommen wollen, verstecke ich die - warum auch immer.
Aber Männer weinen nicht - ein wichtiger Satz in meiner Erziehung - und diese Erziehung sitzt sehr tief.
Wollte eigentlich nur sagen, das ich mich sehr über deine Mutter freue. Und fest an sie glaube. Sie hat sich geöffnet. wie ich damals - und darauf läßt sich gut bauen.
Lieben Gruß
Rudi

Susi
24.11.2004, 10:13
also diese mail von dir hat mich jetzt echt umgehauen... vor freude! du weisst gar nicht wie sehr du den nagel getroffen hast. wie du das alles beschreibst, genau das habe ich mir die letzten wochen gedacht.
ich spürte aus den erzählungen meiner mutter, dass jetzt für sie das allerwichtigst ist, dass sie nie mehr lügen muss. und das sie reinen tisch gemacht hat, dass muss für sie so unglaublich befreiend sein. trotzdem fühle ich manchmal, dass sie wie sauer auf uns kinder ist...keine ahnung warum.
ich hätte wohl noch 1000 fragen die ich ihr gerne stellen würde...aber das muss ich lernen, dass man nie auf alles eine antwort erhält...und vor allem, wenn sie mir die 1000 fragen alle beantworten würde, weiss ich, dass sich aus den anworten wiederum neue fragen bilden werden. und so würde sich alles immer wieder weiterziehen, was niemandem am schluss was bringen würde.
ich habe begriffen, dass es wichtig ist immer aneinander zu glauben, und wenn mir jemand sein herz öffnet, darf er/sie das gerne tuen, aber es soll freiwillig bleiben.

du hast so recht, ich kann es nie ganz nachvollziehen was da alles in ihr abläuft, und jetzt bin ich mir fast sicher umgekehrt kann sie unsere bedenken und ängste ebenfalls nicht ganz verstehen. hmmm...... das ist der punkt!
auch was du schreibst "...weil wir viel bewusster sind als kinder"... ich bin da ganz deiner meinung. zum glück bin ich ebenfalls ein sehr bewusster mensch, darum weiss ich jetzt, dass es bei meiner mutter so ist. sie ist soooo extrem mitfühlend, und das kann man nur sein, wenn man extrem bewusst ist, und sich über die gefühle anderer menschen eben "bewusst" ist. und doch ist das einer der punkte, den sie in der klinik lernt zu ändern. eben NICHT mehr so mitzuleiden.... sondern nur noch mitfühlen...
ich merke auch, dass sie angst hat wir kinder glauben ihr nichts mehr. das braucht alles noch zeit und es ist wahr, dass wir durcheinander sind, wer wohl was lügt. wir fragen uns das aber nur noch, weil unser vater etwas anderes erzählt als sie.
auch ich bin sehr sehr glücklich, dass sie "aufgemacht" hat. und es kann nur noch besser werden, was ich übrigens auch spüre...
rudi, es ist wieder einmal mehr ein sehr schönes mail von dir...danke...
bleib so wie du bist, ich mag dich!

susi

PS: ich lese oft von spielsüchtigen hier im forum, dass sie wie "wütend/aufgeregt" werden, wenn andere süchtige sich nicht in form einer therapie oder bei gruppensitzungen helfen lassen wollen. dazu möchte ich euch allen nur sagen, wir ALLE (auch nicht spielsüchtige) haben diese gefühle immer dann, wenn wir bereits etwas GELERNT haben, aber es andere für sich noch nicht erkennen. es ist somit eine ganz "NORMALE" reaktion und ihr könnt (in meinen augen) stolz auf euch sein. denn ihr wollt ja dann dem anderen nur das wissen weitergeben, wie gut es euch tat und wie sehr es euch half - ein schöner zug!
bis bald...

Rudi
24.11.2004, 20:50
Liebe Susi,
wie du deine Mutter beschreibst, muß sie eine sehr liebenswerte Frau sein.
Ich denke, wenn du deiner Mutter Zeit läßt, werden nach und nach alle deine Fragen beantwortet werden.
Deine Mutter hat mehr als ein Schritt gemacht - sie hat eine komplette Kehrtwendung vollzogen - und es geht ihr dabei bestimmt gut.
Was jetzt folgt sind kleine Schritte . Nach dem großen Reinemachen wird jetzt eine Zeit kommen, wo sie nach und nach verdrängtes, ihr selbst jetzt noch furchtbar peinliche Begebenheiten aufarbeiten wird. Das braucht aber seine Zeit - und ihr müßt da sehr aufpassen, das sie ihre Schritte weitergeht. Denn die Spielsucht ist sehr tückisch - und wenn man da nicht aufpasst, ist man schnell wieder von dieser Sucht gefangen. Also sehr wichtig, alle verfügbare Hilfe zu nutzen.
Wer mehr die Unwahrheit spricht von deinen Eltern, kann ich nicht sagen.Bei einen Spieler kann man davon ausgehen, das er lügt, wenn es um finanzielle Dinge geht. Das heißt, das oft dubiose Erklärungen für den Verbleib von Geldern erfolgen. Ansonsten liegt es wohl in den Personen, wer in anderen Dingen lügt. Prinzipiell würde ich die Person wohl eher glauben und vertrauen, die ihr Leben lang für mich da war. Allein aus diesen Grund hat diese Person wohl auch ein gewisses "mehr" an Vertrauen verdient.
Also würde ich an deiner Stelle das annehmen, was deine Mutter erklärt - erst mal so - weil sie es auch irgendwie - trotz ihrer Schwächen - wohl verdient. Im Laufe der Zeit wird die Wahrheit schon herauskommen.
Wie würdest du dich fühlen, deinen Vater geglaubt zu haben - und es war doch so wie Mutter sagte ?
Dein Vater hat in der Vergangenheit gezeigt, das er recht kalt sein kann. Daraus resultiert, das es ihn wahrscheinlich auch wenig kümmert, was du glaubst. Höchstens zur Bestätigung seines Egos.
Es ist sehr schwer, den richtigen Rat zu geben. Ich kann nur nach meinen Gefühl - das von deinen Schreiben geprägt wurde - zu dieser Sache was sagen.
Ich hoffe, du tiffst da die richtige Entscheidung . Aber da ist mir nicht Bange, denn bei dir scheint das Herz ein wenig mehr zu sagen als dein Kopf.
Bis bald
Lieben Gruß
Rudi

Gerri
07.11.2007, 12:09
und auch 2007...dunkle Zeit
gerri

K@rl
07.11.2007, 13:07
Hallo Gerri,

schön dass Du diesen alten Eintrag wieder hervor geholt hast, habe gerne unsere alten Postings gelesen, war schon eine besondere Stimmung damals, ich habe sehr viel Zuneigung, Harmonie, Verständnis, Euphorie und Gefühle in den einzelnen Einträgen entdeckt.

Es tut mir leid, wenn die dunkle Jahreszeit wieder Einfluss bei Dir gewinnt. Ich würde gerne ein Licht anzünden, damit Du Dich besser fühlst.

Ich war übrigens wieder auf dem letzten Vernetzungstreffen, vielleicht treffen wir uns ja mal wieder im Chat, kann dann mal berichten.

Lieben Gruß

Karl

Gerri
14.11.2007, 09:55
Hallo Karl,
danke für den netten Gruß - und das Licht.
Licht im Dunklen ist wohl für uns alle sehr wünschenswert.
Ja Karl, habe diesen Thread nochmal vorgekramt, weil doch viel gegenseitige Wertschätzung zu spüren ist - und ein eingehen aufeinander, was in Foren nicht immer an der Tagesordnung ist.
Manches hat sich seitdem verändert - haben mehr Erfahrungen - aber auch meine Rückschläge stecken mir noch sehr in den Knochen.
Habe große Probleme gehabt in den letzten Jahren - gesundheitlich - beruflich.
Muß Medikamente nehmen, die irgendwo eine gewisse Gleichgültigkeit in mir erzeugen - und mittlerweile muß ich mich als Doppelabhängig sehen.
Gab Phasen in den letzten Jahren, in denen ich mich selbst nicht ausstehen konnte - und ich denke meine Umwelt blieb durch meine Launen nicht verschont.
Bemühe mich sehr alles in den Griff zu bekommen - und weiß aber das ich mich sehr schwer tue im Moment.
Z.B. habe ich wohl mein Rückfall gebeichtet - aber trotzdem meiner Frau gegenüber das ganze heruntergespielt - und auch nicht das volle Ausmaß meines Rückfalls erzählt.
Wieder mal verschwieg ich wie in alter Zeit einen Betrag von 400 €, den ich mitverzockte - also nur Halbwahrheiten. Wieder unter den Motto - die 400 werde ich schon reinkriegen.
Nein - es geht mir damit nicht gut. Kann mir selbst nicht erklären, warum ich nicht alles erzählte - meine Frau gab mir mehrfach die Gelegenheit.
Die dunkle finstere Zeit Karl...aber auch das herabsetzen meiner Hemmschwelle durch Medikamenteneinnahme. Alles das wird mir bewußt - und mir wird speiübel wenn ich darüber nachdenke ..übel über mich selbst.
Meine Power - mein Wille was zu bewegen ..es ist vieles auf der Strecke geblieben.
Aber das Licht was du mir gegeben hast - Danke.
Will dieses Licht gerne weitergeben ..an Mikesch, Jürgen, Claus, Andreas, Monika, Sternchen, Boomer, Funkelmond, Susi, Karotte ...Sheela..und allen anderen die mich kennen.
Euch allen - Wärme, Licht und Zuversicht in einer dunklen Zeit.

Herzlichst Gerri

mikesch
14.11.2007, 21:21
Hallo Gerri,

ganz vielen lieben Dank für die Weitergabe der guten Wünsche.

Aber natürlich habe ich wieder mal ein aber:

verschenke nicht alles, behalte ein klein wenig davon für Dich zurück! Es wird Dir guttun.

Freue mich auf Deine nächsten Postings

Marlies

Gerri
17.11.2007, 02:20
Hallo Mikesch,
gerne teile ich das Licht mit Euch..denn dadurch wird es nicht weniger - eher mehr.
Wenn wir eine Kerze anzünden - und ein zweiter gesellt sich zu uns, so wird Licht und Wärme der Kerze nicht weniger für den Einzelnen. Im Gegenteil - die Wärme wird eher mehr..freu
und wenn ich mit dem Feuer meiner Kerze andere Kerzen anzünden kann. auch davon wird mein Feuer nicht kleiner.
Also keine Sorge, behalte genug für mich.
Im übrigen will ich dir sagen, das ich gerne deine Eintragungen lese, darin -wie behauptet wird an anderer Stelle - weder Spiel noch Manipulation ausmachen kann. Ich finde du bereicherst dieses Forum - und lasse dich um himmelswillen nicht von einer einzelnen Person abhalten weiterhin dein Standpunkt und dein Denken zu schildern.
Im übrigen..das mehr werden von Licht..wenn wir unsere lichten Gedanken mitteilen, insbesonders in einer Gruppe, werden diese Gedanken aufgenommen - und durch das dazutun dieser Gedanken reifen unsere lichten Ideen. Wir sind halt geschaffen für ein miteinander - dadurch gewinnt der Einzelne an Stärke.
Möchte natürlich von Karl gerne wissen, wie es in der Gruppe war , ob er sich dort wohlfinden konnte. Entschuldige Karl, das ich dich da nicht seperat anschreibe - aber ich denke, das du lesen wirst - und sicher nichts dagegen hast, wenn ich meine Frage hier ausspreche.
Wünsche Euch weiterhin viel Erfolg in Eurer Suchtbewältigung - und die innere Freude und das Wohlbefinden sich sagen zu können - ja, ich komm weiter - ich schaffe es. Auch wenn unserer Weg nicht immer schnurgerade geht..WIR SCHAFFEN DAS.

Lieben Gruss

Gerri

mikesch
18.11.2007, 13:44
Hallo Gerri,

jetzt bedanke ich mich schon wieder, aber mindestens genauso herzlich bei Dir, für Deinen Zuspruch! Das hat mir richtig gut getan.

Ich hab' ein wenig Bauchweh bei Deinem Posting an Karl bekommen. Und zwar bei folgendem Sätzen:

"Bemühe mich sehr alles in den Griff zu bekommen - und weiß aber das ich mich sehr schwer tue im Moment.
Z.B. habe ich wohl mein Rückfall gebeichtet - aber trotzdem meiner Frau gegenüber das ganze heruntergespielt - und auch nicht das volle Ausmaß meines Rückfalls erzählt.
Wieder mal verschwieg ich wie in alter Zeit einen Betrag von 400 €, den ich mitverzockte - also nur Halbwahrheiten. Wieder unter den Motto - die 400 werde ich schon reinkriegen.
Nein - es geht mir damit nicht gut. Kann mir selbst nicht erklären, warum ich nicht alles erzählte - meine Frau gab mir mehrfach die Gelegenheit."

Konnte mir mein Bauchweh erst so gar nicht recht erklären. Schrieb eben einen Beitrag zur Gretchenfrage und da fiel es mir wie Schuppen von den Augen, es ging um mein eigenes Verhalten früher:

Ich habe immer nur soviel zugegeben früher, wie ich für mich entschieden habe, dass meine Leute es verkraften, bzw. wenn sie es eh' herausgefunden hatten. Nie habe ich selbstständig was hinzugefügt und immer war da noch ein Rest übrig. Ein Rest, den ich dann auch nicht mehr zugeben konnte, wie ich mir selbst einredete. In Wirklichkeit aber war das für mich ein Grund, weiter zu zocken, oder irgendwann wieder anzufangen, egal. Weil wo sollte ich plötzlich Geld herbekommen? Es ging ja nur auf diese Weise, kannte ja keine andere.

Ich kann mir nun aber so gar nicht vorstellen, dass Du Gerri, Dich mit den gleichen Hintergedanken trägst. Und jetzt habe ich wieder Bauchweh, was gibts noch für Gründe, nicht alles offenzulegen?

Herzlichst

Marlies

Gerri
18.11.2007, 20:20
Hallo Mikesch,
zunächst will ich dir sagen, das mittlerweile alles offengelegt ist - also kein Hintertürchen auf ist.
Warum habe ich nicht direkt alles auf den Tisch gelegt? Sicher bin ich da nicht viel anders als du - und habe stets ausgelotet, was ich meinen Menschen so zumuten kann.
Aber auch wohl, das ich vor mich selbst bestehen konnte , das die innere Bereitschaft bei mir zu diesen Zeitpunkt nicht gegeben war.
Nicht um weiterzuspielen - aber die ganze Sache als nicht so ganz schlimm aussehen zu lassen. Irgendwie dumm - ich weiß - aber ist ja nicht so einfach zu erklären was da alles in uns abläuft.
Scham..Stolz ..ein Stück von Selbstachtung, die man unbedingt halten will.
Eigentlich kann ich nur etwas beichten, wenn ich selbst mit der Sache ziemlich durch bin - und schlecht läuft es, wenn ich ertappt werde und soll erklären.
Dann kommt alles nur scheibchenweise.
Ob das Rückfälle begünstigt, kann ich wirklich nicht sagen. Doch Spielen neu geplant habe ich zu diesen Zeitpunkten garantiert nicht. Viel zu sehr am Boden - mich selbst verachtend wegen dieser Schwäche..
wie kann ich da ans neue Spiel denken ?
Mein nicht alles erzählen war wohl ein Stück die eigene Würde nicht verlieren wollen -konnte nicht über meinen Schatten springen.
Gut fühlte ich mich dabei nicht - beruhigte mich aber auch indem ich mir sagte - nun, was ich nicht erzählte, kann ich ja geradebiegen - ohne das sie es merkt.
Das es falsch war, ist mir klar - aber will ehrlich schildern wie es aussah.
Denn es ist ein Punkt den ich bearbeiten muß - der nicht in Ordnung ist.

Ich spiele nicht, habe kein Spieldruck kein Verlangen im Moment.
Doch in mir ist viel an Sicherheit verloren gegangen durch meine Rückfälle, die ich ziemlich lange vermeiden konnte.

War mir ziemlich sicher, meine Sucht weitgehend unter Kontrolle zu haben.
So ein wenig büßte ich an Selbstachtung ein, durch diese Rückfälle - ja, kam mich minderwertig vor.

Was ich jetzt tue, ist ein behutsamer Neuaufbau - denn ich weiß, ich bin fähig meine Sucht im Griff zu halten - sie als Belastung - aber auch als zu mir gehörend zu begreifen.

Letztlich hat jeder Mensch seine Schwachstellen - bei uns ist es die Spielsucht - und wenn wir akzeptieren, das sie zu uns gehört, werden wir den Umgang damit lernen - unsere Sucht beherrschen - nicht andersherum.

Will dir zuletzt noch sagen, das du dich durch die hohen Emotionen hier im Forum nicht zu sehr hineinsteigerst. Das schadet uns nur ..
und das ist eigentlich die Sache nicht wert.

Wäre schön, wenn du es schaffen könntest nicht auf Provokation zu reagieren - denn damit nimmt man jeden Provokateur den Wind aus den Segeln.

Aber ich weiß, das es schwer ist - weil wir als Suchtkranke besonders emotionell reagieren - und oft nicht anders können. Habe ja gerade auch nicht wenig Erfahrung mit diesen Dingen.
Für mich habe ich beschlossen auf Provokationen gar nicht mehr zu reagieren -
aber übrigens..bei mir lag es nicht immer an die anderen . Ich konnte es auch sehr gut.
Provokation als Mittel des Angriffs, wenn ich mich in irgendeiner Weise meinte verteidigen zu müßen - weil ich mich verletzt fühlte , oder wurde - auch wenn es nur mein Stolz war.
Das habe ich gar nicht nötig...
ich bin ich .. kann mich freuen, so zu sein, wie ich bin .. ich bin und bleibe auf meinen Weg - auch wenn ich mal stolpere..
brauche mich niemand beweisen - außer mir selbst.
Wenn ich mit mir selbst zufrieden bin, geht es mir gut - und das strahlt auf meine Umwelt ab.
Ich wünsche dir, das du deinen innere Zufriedenheit für dich bewahren kannst - das es dir gut geht und du dadurch positiv auf deine Mitmenschen ausstrahlst.


Lieben Gruß und einen schönen Wochenanfang

Rudi

mikesch
18.11.2007, 22:39
Hallo Rudi,

da fallen mir zunächst mal ganz viele Steine vom Herzen, das jetzt nichts mehr offen ist bei Dir.

Mir sind diese "Kleinigkeiten" auch erst bei meinem ersten und einzigen ernsthaften Wunsch aufzuhören klargeworden.

Ich möchte mich sehr herzlich für Deinen Tip bedanken, sicherlich hast Du völlig recht! Leider ist es so, dass ich mit "Ungerechtigkeiten" mit Wahrheiten zurechtbiegen sehr schlecht umgehen kann. Ich fühle mich hilflos und geradezu mißbraucht. Das liegt wahrscheinlich daran, dass fast mein gesamtes Leben im Bezug auf meine Eltern - besonders im Bezug auf meine Mutter - so abgelaufen ist. Hier bin ich echt lernbedürftig.

Aber: der Mensch lernt nie aus und ich sowieso nicht! Leider ist mir heute ein Fehler unterlaufen. Wir sind Menschen - und Menschen machen Fehler. Ich werde dafür gerade stehen. Aber ich werde auch daraus lernen. Und ich freue mich über die Unterstützung, die mir nicht nur durch Dich widerfährt.

Wünsche auch Dir einen erfolgreichen Wochenbeginn
(meine Woche wird sehr ereignisreich, dass weiß ich jetzt schon! Aber mein Mann hat sich Urlaub genommen und wird mich tatkräftig unterstützen)


Alles Liebe

Marlies

Gerri
19.11.2007, 11:34
Hallo Marlies,
vielleicht ist es nicht so ganz verkehrt, das du eine Woche voller Pläne und Ereignisse hast. Im Hintergrund dieser Aussage steht aber auch, das du ein wenig Abstand vom Ärger und Verdruss hier im Forum bekommst.
Auch für mich steht diese Woche einiges an - so will ich mich auch mit der Fachstelle in Verbindung setzen, um für mich neue Hilfen zu suchen.
So wie ich weiß, wird auch eine Schreibtherapie oder ähnliches angeboten - kann mir vorstellen, das es für mich wohl eine Hilfe bedeuten kann.
Ich darf nicht so weiter machen als wäre nichts geschehen - es ist was geschehen - also hab ich in der Vergangenheit auch Fehler gemacht - vielleicht auch nur Unterlassungssünden.
Doch schien mir meine Spielsucht zwischenzeitlich sehr entfernt - und auch zweitrangig im Anbetracht anderer Erkrankungen.
Das war sicher falsch.
Wir müßen uns als gesamtes betrachten um zu genesen. Da gibt es nichts zweitrangiges. Wenn es mir schlecht geht, weil ich spielte, wird es sich auf meinen gesamte Persönlichkeit niederschlagen.
Umgekehrt..wenn ich mich krank und hilflos fühle auf Grund anderer Erkrankungen - wird auch die Spielsucht leicht wieder hervor kommen ..denn im Hintergrund steht ja auch das menschliche Bedürfnis bequem zu sein - sich nicht bemühen zu müßen - und natürlich auch die Frage warum soll ich mich denn so quälen - und warum ich.
Wenn man dann noch starke Medizin nimmt, ist schon ein Rückfall vorprogrammiert - wie bei mir geschehen - eigentlich ohne echte Gegenwehr meinerseits - einfach passiert - und fertig.
Das FERTIG - das darf ich nicht so stehen lassen - muß dafür sorgen, das ich mch im gesamten besser fühle. An mich arbeiten - für mich sorgen - mich nicht auf kraftzehrende Auseinandersetzungen einlassen.
Ich brauche im Moment alle Kraft für mich - und meine Frau ist es, die versucht mir von ihrer Kraft abzugeben - nicht ganz einfach - nicht das geben - nicht das nehmen.
Marlies - laß dich nicht deine Stärke und mentale Kraft durch einer unter der Gürtellinie gehende Auseinandersetzung abzapfen.
Wir brauchen unsere Stärke - für uns - und wenn wir was über haben davon für die Menschen, die wir lieben...und wenn es uns mal ganz gut geht - ja dann darf man ruhig versuchen Menschen die zur Zeit in einen Tief sind etwas rauszuholen.
Das machst gerade DU und auch Sternchen..habt Dank dafür.
Ein Miteinander ist ein geben und nehmen - bin im Moment der Nehmende -vielleicht kann es auch mal andersherum sein..im Augenblick bin ich froh, das ich nehmen darf.
Verpulvere deine Stärke nicht im Streit - die ist so viel besser angewandt.
Ist wohl ein wenig eigennützig..aber auch das brauche ich zur Zeit.
Schließe diesen Eintrag mit einem Lächeln..denn es tut gut, sich wirklich auszutauschen.

Lieben Gruß
Rudi


NS: Hört sich ein wenig nach schleimen an..aber ist im Moment so mein tatsächliches empfinden

Monika
20.11.2007, 08:42
Hallo Gerri,

du schreibst:

Wenn man dann noch starke Medizin nimmt, ist schon ein Rückfall vorprogrammiert


Genau diese Schwierigkeiten wolltest Du bei mir nie gelten lassen, aber starke Medis machen die Abstinenz bei einem süchtigen noch schwerer.

Ich hoffe allerdings, dass Du dieses im Griff hast mittlerweile.

Ich sagte mit Absicht schwerer, ich meinte damit ausdrücklich nicht "unmöglich"!!

Gruss
Monika

Gerri
20.11.2007, 11:25
Hallo Monika,
du hast vollkommen recht - habe das mit Medikamenten nicht gelten lassen.
Sah es einfach als Schutzbehauptung sich nicht anstrengen wollen, spielfrei
zu bleiben.
Ich mußte auch damals schon Medikamente nehmen - sie störten mich nicht dabei spielfrei zu sein. Also konnte ich es nicht nachvollziehen..
Entschuldige das ich nicht einfach stehen lies was du sagtest.
Denn eine wirklich starke Medikation beeinflußt den GANZEN Menschen -lähmt den Willen, den wir brauchen uns gegen Sucht zu wehren.
Ich kann damit nur schwer umgehen - und während ich das zugebe rinnen einfach Tränen.
Fühle mich schwach und hilflos wie nie ..ausgesetzt der Medikation die ich nehme - und versuche mich zu wehren.
Manchmal habe ich das Gefühl anstatt zum Ufer ins Meer zu schwimmen.

Hilflos fühlen, hilflos sein??

Ich erinnere mich was ich kann - konnte - ich brauche nicht spielen - habe meine Spielsucht im Griff....
und gerade wenn ich letzteres schreib spüre ich eine Lüge...
sie hat mich im Griff im Moment..und ich versuche mit Windungen und Drehungen diesen Griff zu entgehen.
Ich bin seit ein paar Wochen wieder spielfrei Moni..
doch NIE - selbst in den ersten Wochen meiner Spielfreiheit mußte ich darum kämpfen wie heute...

Der Körper dröhnt vor Schmerz..und gleich nehme ich die zweite Ration Tramal.
Und mir wird ein Wohlseingefühl vorgegaukelt - alles ist einfacher und leichter - und spielen macht doch nur Spass..das ist was geschieht in mir nach Medikamenteneinnahme.
Ich verstehe dich besser als früher Monika, weil eigene Erfahrungen helfen zu verstehen - kann mir nur für viele Dinge entschuldigen die ich im Euphoriestadium meiner "Abstinenz" als total richtig sah.

Im Moment bezeichne ich mich als Doppelabhängig - Medikamente - und Spielsucht. Wobei die erst genannte die zweite Tür und Tor öffnet.
Irgendwie werde ich immer lahmer die Tore schließen zu wollen - denn es kostet Kraft - und habe das Gefühl, gerade diese wird von den Medikamenten einfach aufgesaugt.

Greife nach jedem Strohhalm um neue Festigkeit zu erreichen - und fühle mich doch oft nur wie das Blatt im Wind.

Da auch Winnetou hier liest will ich Ihm nur sagen das ich ihn nicht mißachte, aber das ein solch schlimm geführter Streit weder ihn noch Marlies guttut - bewerte nicht Recht oder nicht Recht - sondern sage die Tatsache - Streit kostet nur Lebensenergie.

Nun Monika - also gut sieht es bei mir nicht aus.
Habe einen Termin bei meinen Schmerztherapeuten am 8. Januar - eher gings nicht - Weihnachtsurlaub etc.

Das ist jetzt mein Fixpunkt - erst mal. Und die Hoffnung vielleicht geht es ja mit anderen Medikamenten (Pflaster von dir vorgeschlagen) besser.
Du siehst..kleine Schritte..
wie sagten wir als Kind.. Gänsefüßchen..so eins vorm anderen, damit ich in der Spur bleibe..und dennoch schwer.

Wichtig wäre es mir zu wissen, wie es dir geht - denn trotz aller Querelen und Streitigkeiten - ernsthaft böse war ich dir nie.
Bin ohnehin ein Mensch der ziemlich barsch sein kann - aber auch schnell Streitigkeiten begräbt.

Freue mich, das du wieder aktiv hier bist - und hoffe von dir regelmässig zu lesen.

Lieben Gruß

Rudi

Monika
20.11.2007, 15:16
Hallo Rudi,
habe gerade wenig Zeit, aber eines wollte ich Dir noch mitgeben.

Wer verschreibt Dir Dein Tramal?
Geh zu dem und verlang Tilidin. Ist ähnlich, aber da ist noch ein Mittel drin, welches das Gefühl des "Highseins" unterdrückt.

Würde Dir beseits besser tun. Später mehr.

Gruss
Monika