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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Mit oder ohne Angehörigen....



Rudi
01.12.2004, 11:31
Hallo,
ein Thema, das im Laufe meiner Zeit in der Selbsthilfegruppe immer wieder kommt, ist die Frage, gehe ich allein, oder in Begleitung meines Angehörigen in die Shg.
Auch beim Vernetzungstreffen der Landesstelle ist diese Thematik in den Pausen nicht ohne Emotionen diskutiert worden.Ich will hier nicht ein "besser oder schlechter"
thematisieren, jedoch aus meinen Erfahrungen und Denken berichten.
Wenn ich als Spielabhänginger für mich den Entschluß fasse, meine Sucht ernsthaft anzugehen, ist eines sehr wichtig. Nämlich raus aus dem Versteckspiel, aus dem Lügen.
Ich will eine Kehrtwendung bei mir - und die ist nur machbar, wenn ich mich zu meinen Fehlern und Unzulänglichkeiten bekenne. Das heißt offen und ehrlich zu beginnen. Bei mir kam dieses offene Gespräch zunächst mit meiner Frau zustande. Natürlich mit den Versprechungen alles wird sich ab sofort ändern - ich würde einfach nicht mehr spielen. Meiner Partnerin war das natürlich zu wenig - und bestand darauf, ich solle eine Selbsthilfegruppe aufsuchen. Therapien für uns Spieler gab es in der jetzigen Form nicht. Für mich stand nie zur Debatte meine Partnerin nicht in die Gruppe mitzunehmen. Suchte also eine Gruppe, wo auch Angehörige mitkommen können.
Was heißt ich suchte - sie suchte für mich Telefonnummern raus - und über unseren Gesundheitsamt fand ich dann eine Gruppe.
Im Laufe der Jahre machte ich die Erfahrung, das auch Spieler zunächst allein in die Gruppe kamen. Sie öffneten sich und erzählten viel von sich und ihrer familiären Situation. In dem Moment, wo dann die Partnerin auf unser drängen dann mitkam, wurde klar, das der Betroffene in sehr wichtigen Dingen ganz andere Erfahrungen hatte, als der Angehörige. Sie hatten also andere Wahrheiten - jeder für sich. Immer waren Angehörige erstaunt was in Spielern vorgeht - so habe ich das nie erfahren - sehr oft ist den Spieler nicht bewußt wie seine Partnerin die Situation sieht.Es erfolgte durch die Hilfe der Gruppe zwischen den Partnern ein sehr hilfreicher Austausch - der so nach Aussage der Paare wahrscheinlich nie stattgefunden hätte.
Es wurde für viele ein Stück gemeinsamer Weg - der nicht nur den Spielabhängingen half - sondern auch die Angehörigen, die ihren spielsüchtigen Partner viel besser erkannten. Man wurde und wird mit diesen miteinander viel feinfühliger- und weis viel besser miteinander umzugehen.
Auch muß ich mal sagen, das bei Paaren, die in der Gruppe kommen nur sehr wenig Rückfälle zu beklagen sind.
In der Regel stärkt diese Gemeinsamkeit aber auch die Partnerschaft neu.
Aus diesem Grund ist für mich eine Selbsthilfegruppe ohne Angehörige nicht nachvollziehbar. Es sei denn, es gibt keine Angehörigen, oder die Partnerschaft ist bereits zerstört.
Der Grund vieler Spieler, ich kann mich im beisein meiner Partnerin nicht ganz öffnen, beweist natürlich, das nicht alles offen gelegt wurde.
Das auch der neue Beginn schon wieder nicht auf die volle Ehrlichkeit fundamentiert wird. Gerade diese Aussage bestätigt das ich nicht bereit bin, mich wirklich zu öffnen. Woraus oft zwei Wahrheiten existieren - die zu Hause und die in der Gruppe. Finde ich nicht für mich erstrebenswert.
Aber bestimmt haben andere Menschen andere Erfahrungen.
Wäre da einen Austausch nicht abgeneigt.
Wünsch Euch allen Spielfreiheit.
Bis bald
Rudi

kai
01.12.2004, 14:41
Hi,

Ich kann dir aus erfahrung sagen das die Angehörigen lieber alleine sein wollen,denn ich habe eine Eigene SHG gegründet,und weiss wovon ich spreche!

Aber du musst die Angehörigen sowieso erst fragen!

ok das wars erst mal

schönen tag noch!
kai

karl
01.12.2004, 15:36
Hallo Rudi,

ich habe die Diskussionen am Rande des Vernetzungstreffens ja auch mitbekommen.

Am Anfang steht für mich die Frage,den ob der Angehörige überhaupt mitgehen will.

Wie Du bin ich auch offen und ehrlich zu meinen Angehörigen und ich habe schon den Wunsch, dass meine Frau mich in die SHG begleitet. Mann muss sich aber überlegen, dass man dem Angehörigen zusätzlich etwas aufbürdet. Der Angehörige muß erst einmal mit der ganzen Sache klar kommen, er kümmert sich in der Regel um die Finanzen und dies nicht gerade freiwillig. Ich kann durchaus verstehen, wenn er sagt, nein, ich will mich nicht noch weiter belasten und zu den hausgemachten Problemen noch über die Probleme anderer sprechen. Ich denke auch wenn der Angehörige stark ist oder vielleicht durch eigene Therapiegespräche stark gemacht wird, braucht es eine Zeit für die Entscheidung mit zu einer SHG zu gehen.
Ich würde es daher immer akzeptieren, wenn der Angehörige nicht will und würde dies auf keinen Fall fordern.
Ich denke meine Frau und ich haben das mitlerweile miteinander abgestimmt, dies hat aber einige Zeit gedauert.

Liebe Grüße
Karl

Rudi
01.12.2004, 18:17
Hallo Kai,
es ist schön, das du eine Angehörigengruppe gegründet hast.
Und so auch deine Erfahrungen hast.
Ich selbst bin in einer Selbsthilfegruppe mit Angehörigen, wo ein ganz anderer Konsens herrscht.
Natürlich sind unsere Angehörigen nicht gezwungen mit in die Gruppe zu gehen, es ist ihre eigene Entscheidung.
Wie wohl jeder für sich eine eigene Meinung haben soll.
Meine Frage an dich, wo nehmt ihr als Angehörige das Wissen um Spielsucht her, wie erlebt ihr die Veränderung Eures Partners ? Und er die Veränderung bei Euch ?
Nicht aus Unerfahrenheit behaupte ich, das bei den Besuch getrennter Gruppen wohl häufig was für die eigene Person getan wird - aber gleichermaßen die Beziehungen dadurch noch weiter auseinanderdriften, als ohnehin bereits geschehen.
Nicht in Frage stellen möchte ich damit, das es durchaus reine Angehörigengruppen geben muß. Denn oft ist soviel durch die Spielsucht zerstört worden, das gemeinsam nichts mehr geht.Da ist es super, wenn ein Angebot zur Selbsthilfe für den Angehörigen besteht.
Oftmals ist aber gerade gemeinsam noch viel zu kitten und zu retten - da macht das gemeinsame erarbeiten neuer Perspektiven sehr viel Sinn und fördert nicht nur die Stärkung des Einzelnen sondern auch sehr häufig die Beziehung.
Ich denke, das es nicht im Sinn der Selbsthilfe liegen kann , ohnehin vorhandene Kluften zwischen Spielern und deren Angehörige noch weiter zu vertiefen.
Vor dem Hintergrund, das häufig viel zu reparieren ist, würde ich als Leiter/in einer Angehörigengruppe meine eigenen Erfahrungen dahingehend überprüfen, ob diese auf jeden Angehörigen zutreffen.
Lieben Gruß
Rudi

Rudi
01.12.2004, 21:49
Hab noch was vergessen:
was ist eine EIGENE SHG ?

Rudi
02.12.2004, 10:01
Lieber Karl,
habe nicht viel Zeit, will dir aber ein paar Worte sagen.
Ich bin der festen Überzeugung, das du und deine Frau den für Euch besten Weg finden werdet.
Du bist sehr bemüht um deine Abstinenz - das ist nicht nur für mich, sondern auch mit Sicherheit für deine Frau spürbar.
Aus diesem Grund könnt ihr eigentlich nicht viel falsch machen - ich denke, ihr geht Euren Weg.
Mach weiter so - und ich denke für Euch wird alles gut.
Lieben Gruß, auch an deine Frau
Rudi

Heide
02.12.2004, 14:41
In letzter Zeit kann ich mir schon eher vorstellen, mal (nicht immer) mit in die Gruppe zu gehen. Denn ich glaube, dass mein Mann dort auch nicht die Wahrheit erzählt. Die sagt er noch nicht mal seinem Psychologen. Dann geht ja nichts weiter, wenn man sich nicht öffnet, oder? Aber wenn ich in der Gruppe sitze, wird er sich wahrscheinlich gar nicht mehr dorthin bewegen. Das wäre fatal.
Lieben Gruß
Heide

Rudi
02.12.2004, 23:29
Hallo Heide,
ich kann natürlich nicht in deine Mann reinschauen und wissen was er denkt.
Warum fragst du ihn nicht einfach, ob er dich mitnimmt ?
Ich denke, du wirst an seiner Reaktion schon einiges spüren.
Schade, das dein Mann in der alten Schiene des Verschweigens und Vertuschens weiterfährt. Zumindest dem Psychologen gegenüber.
Wenn dein Mann vor dir nichts zu verheimlichen hat, das heißt, er ist bei dir und in der Gruppe ehrlich, wird er sich freuen, das du mitgehst.
Wenn er anfängt rumzudrucksen und dich abhält mitzugehen, stimmt auch in dem Bereich wahrscheinlich vieles nicht.
Dann existieren vermutlich zwei Wahrheiten - die zu Hause und die in der Gruppe.
Gegen seinen Willen solltest du nicht an diese Gruppenabende teilnehmen.
Allerdings mußt du dir dann wirklich überlegen, was du für dich tun willst und mußt.
Ich hoffe, das dein Mann wirklich den Dreh findet - und Abschied von dem Spiel und seinen Verhalten als Spieler nimmt.
Lieben Gruß
Rudi