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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Lageschilderung eines Spielers



Thomas
18.12.2004, 18:47
Hallo,

die Beiträge in Eurem Forum haben mir heute geholfen, ja auch ein wenig Mut gemacht, mich offen meiner gegenwärtigen und mich belastenden Situation zu stellen, und so möchte ich einfach einmal meine Situation schildern. Vielleicht hat ja der eine oder andere einen guten Hinweis, wie man dieser Sucht begegnen kann.

Seit ca. einem Jahr spiele ich, in der Regel in einer Spielhalle in der Nähe meines Büros, ca. 2-3 Mal in der Woche.

Gerade gestern abend und heute morgen habe ich nach einer insgesamt geschäftlich guten Woche wieder nach einwöchiger Abstinenz den Weg in meine Spielhalle gefunden, und ca. 400 EUR verspielt an einem Gerät, das Token nimmt. Manchmal habe ich mich "unter Kontrolle", verliere wenig bis nichts, manchmal ist es wie eine Trance, in der ich mich wenige Stunden später selbst frage, wie man als vernunftbegabtes Wesen so idiotisch sein kann und innerhalb weniger Minuten 100-200 EUR verzocken kann. Ich spiele im Prinzip nur an einem Gerät ("Hotstuff" von Barcrest), das mir der Betreiber der Spielhalle vor einigen Monaten gezeigt hat, nachdem ich zuvor einige Monate an Geldspielautomaten gespielt habe und nach wie auch spiele, wenn das Gerät besetzt ist.

Ich habe schon öfters den Entschluß getroffen, damit aufzuhören, schließlich geht ja auch eine Menge Zeit dabei verloren. Mir ist klar, dass das Spielen eine Kompensation darstellt; meiner Firma geht es nicht gut, ich musste Angestellte entlassen, habe damit schwer zu schaffen gehabt und überdies hat mir das finanzielle Probleme beschert, die (noch) nicht überstanden sind.

... muss mich jetzt beeilen, weil ich noch eingeladen bin, und noch etwas einkaufen muss; es ist jedenfalls ein gutes Gefühl, wenn man darüber schreiben kann. Vielleicht antwortet ja der eine oder die andere, wie sich diesem sporadischen, gänzlich irrationalen "Zwang" begegnen lässt.

Burkhart

Moni
18.12.2004, 19:25
Hallo Burkhardt !

Dein Beitrag spricht mir aus der Seele, denn mir ist es genauso gegangen .
Ich habe mich nicht immenz verschuldet aber dennoch hab ich mich immer gefragt, warum ich ( ausgerechnet ich ) so blöde bin und in einem Kasten am selben Abend mehrer hundert Franken verzocke ????
Auch habe ich immer am gleichen Kasten gespielt , nie wo anders. Aber das ist ja egal!
Das ging dann auch ca. 1 Jahr lang so .Mit der Zeit wurde dann auch immer öfter das Konto überzogen und zum Leben blieb nicht mehr viel, weil ja alles für s Zocken draufging. So wurde es immer knapp und knäpper und mein neues Auto, das ich mir eigentlich zulegen wollte war schon lange verspielt ! Und das, obwohl ich eigentlich nicht schlecht verdiene .
Meine Rettung war glaube ich, daß ich " nebenher " recht hohe Finanzielle Verpflichtungen habe, die ich dann auch nicht mehr regelmässig zahlen konnte. Mach nur so weiter, dacht ich mir, dann ist alles aus ( - bzw. weg ) , alles schöne , für das ich immer lange und hart arbeite ( denke, das macht jeder ).
Also hab ich mich vor die Versammelte Mannschaft gestellt und mich selbst sperren lassen. Kostet Überwindung , alle glotzen und der Geschäftsführer versucht all seine Künste um Dich doch noch zu überreden. Nein, keine Chance !!!
Zum Glück habe ich keine anderen " Süchte ", das heißt , ich spiele weder Lotto, noch komme ich auf die Iddee , mir ein anderes Casino zu suchen. Mir geht es gut nun :-)

Ich kann die Geschichten hier, in denen es um weitaus höhere Betträge und Ereignisse geht kaum glauben !
Ich denke, mir hat auch geholfen, daß ich niemanden hatte, den ich um Geld anbetteln , bzw. den ich belügen konnte ! Hört sich schlimm an aber ich weiß nicht, wo ich heute wäre, wenn ich dummerweise auch noch die passende Geldquelle gehabt hätte.

Also, pass auf Dich auf, gönn Dir doch vom nächsten "eingesparten " selbst ein kleines Weihnachtsgeschenk :-)

Alles Gute, Moni

Thomas
19.12.2004, 11:33
Hallo Moni,

danke für Deine netten Zeilen, auf die ich Dir gerne antworten möchte. Es freut mich für Dich, dass Du für Dich einen Ausweg gefunden hast. Da hast Du mir einiges voraus, den Schritt, mich in meiner Spielhalle sperren zu lassen, bin ich (noch) nicht gegangen, aber ich werde mich damit auseinandersetzen. Ich trage immer noch den (vielleicht trügerischen?) Vorsatz in mir, dass ich das auch so schaffe, und das Schreiben hilft mir dabei.

Ich denke, und das zeigt mir Dein Schreiben, dass es bei dieser Sucht auch Abstufungen gibt; natürlich gibt es gänzlich schockierende Fälle, die in diesem Forum geschildert werden und die einen fassungslos machen. Ich denke, dass ich in dieser Hinsicht auch eine gewisse Grunddisposition habe, die mich vor gewissen Grenzüberschreitungen bewahrt: es gibt eine Bremse, und ich würde den Teufel tun, alles Geld, an das ich kommen könnte, zu verspielen. (Geschweige denn, andere um Geld anpumpen ...) Aber natürlich ist und bleibt es viel Geld, das man verspielt hat. "Dass" ich überhaupt so viel Geld verspielt habe, machte mich ratlos, ja bereitet mir regelrecht Angst und ich würde eigentlich schon gerne wissen, warum ...

Es geht mir wie Dir ähnlich, ich spiele kein Lotto und rauche nicht. Allerdings habe ich schon seit Jugendzeiten immer gerne und viel gespielt (natürlich nicht um Geld, und allenfalls zu Studienzeiten Skat oder Doppelkopf, um Kleinst-Beträge), auch viel Sport getrieben. Habe während meiner Schüler- und Studienzeit in der Zweiten-Bundesliga Schach gespielt, es gibt also bei mir schon den Hang zum Spielen (homo ludens, der spielende Mensch, wie ein Buchtitel eines holländischen Historikers heisst). Ich beobachte bei mir auch eine gewisse Exzessivität beim Spiel, ich erinnere mich noch – 1994 oder 1995 -, als es mit dem Internet populärer wurde und man im Internet gegeneinander Schach spielen konnte. Da habe ich einige Stunden gespielt, bis ich auf meiner Telefonrechnung bemerkt habe, dass da doch einiges zusammenkam. Das war mir der Spass dann auch nicht wert, und ich habe damit aufgehört.

Worin liegt also der strukturelle Unterschied zu heute? warum ist es schwer einfach zu sagen: "Du hast auf Dauer gesehen nur Verluste, also hör auf damit!". Und selbst die gelegentlichen Gewinne sind im Prinzip vergleichsweise gering zu dem, was ich bei gleichem Zeitaufwand mit meiner Arbeit erwirtschaften kann.

Meine Erklärung liegt darin, dass meine Spielhalle eine ideale Verdrängungsstätte für mich ist, hier bin ich rumdum versorgt: Essen und Trinken inklusive, das Personal ist nett, fast familiär. Die Sorgen um die Firma sind im besten Fall für diese Stunden außen vor, im schlimmsten Falle lassen sie sich nicht verdrängen und machen mich nervös, das Spiel ist dann der Nährboden einer gewissen, fast fiebrigen Nervosität. Meistens habe ich mich für einige Stunden im Griff, und dann wird alles innerhalb weniger Minuten verspielt. Am Freitag vor meinem ersten Posting hier im Forum z.B. hatte ich 150 EUR dabei und mir 100 EUR als Ausgaben-Limit gesetzt. Ich wechselte 10 Token und bekam 2 als "Glücksgeld", Usus bei diesem Betreiber. Anfangs spielte ich äußerst bescheiden, 3- oder 5-fach. Irgendwann wechselte ich auf 10- oder 20-fach und hatte nach kurzer Zeit 4000 Punkte auf der Habenseite, also 200 EUR. So gesehen wäre das ja eine "gute Rendite". Token wechseln und die Spielhalle mit 50 EUR Einsatz und150 EUR Gewinn zzgl. mehrerer Gratisgetränke wieder zu verlassen. Habe ich nicht gemacht, habe weitergespielt und mit 100 EUR Verlust den Abend beendet, um am nächsten Morgen 250 EUR noch einmal zu verlieren. Das ist doch völlig aberwitzig! (Wenn man das auch noch aufschreibt und sich das Geschieben vergegenwärtigt, ist das noch einmal eine Steigerung des Irrsinns!).

Den Hinweis mit dem Weihnachtsgeschenk werde ich jedenfalls beherzigen und mich mit einem Kino- oder Theaterbesuch belohnen. Ich denke und hoffe, dass sich dieser Suchtzustand bei mir relativ von selbst erledigen wird, wenn ich meine persönlichen und beruflichen Dinge wieder in den Griff bekomme. Jeder erzielte Erfolg auf diesem Gebiet lässt den Erfolg in der Spielhalle jedenfalls weit hinter sich!

Ebenfalls alles Gute
Und frohe Weihnachten
Hallo Moni,

danke für Deine netten Zeilen, auf die ich Dir gerne antworten möchte. Es freut mich für Dich, dass Du für Dich einen Ausweg gefunden hast. Da hast Du mir einiges voraus, den Schritt, mich in meiner Spielhalle sperren zu lassen, bin ich (noch) nicht gegangen, aber ich werde mich damit auseinandersetzen. Ich trage immer noch den (vielleicht trügerischen?) Vorsatz in mir, dass ich das auch so schaffe, und das Schreiben hilft mir dabei.

Ich denke, dass es bei dieser Sucht auch Abstufungen gibt; natürlich gibt es gänzlich schockierende Fälle, die in diesem Forum geschildert werden und die einen fassungslos machen. Ich denke, dass ich in dieser Hinsicht auch eine gewisse Grunddisposition habe, die mich vor gewissen Grenzüberschreitungen bewahrt: es gibt eine Bremse, und ich würde den Teufel tun, alles Geld, an das ich kommen könnte, zu verspielen. (Geschweige denn, andere um Geld anpumpen ...) Aber natürlich ist und bleibt es viel Geld, das man verspielt hat. Dass ich überhaupt so viel Geld verspielt hat, macht mir Angst und ich würde eigentlich schon gerne wissen, warum ...

Es geht mir wie Dir ähnlich, ich spiele kein Lotto und rauche nicht. Allerdings habe ich schon seit Jugendzeiten immer gerne und viel gespielt (natürlich nicht um Geld, und allenfalls zu Studienzeiten Skat oder Doppelkopf, um kleinere Beträge), auch viel Sport getrieben. Habe während meiner Schüler- und Studienzeit in der Zweiten-Bundesliga Schach gespielt, es gibt also bei mir schon den Hang zum Spielen (homo ludens, der spielende Mensch, wie ein Buchtitel eines holländischen Historikers heisst). Ich beobachte bei mir auch eine gewisse Exzessivität beim Spiel, ich erinnere mich noch – 1994 oder 1995 -, als es mit dem Internet populärer wurde und man im Internet gegeneinander Schach spielen konnte. Da habe ich einige Stunden gespielt, bis ich auf meiner Telefonrechnung bemerkt habe, dass da doch einiges zusammenkam. Das war mir der Spass dann auch nicht wert, und ich habe damit aufgehört.

Worin liegt also der strukturelle Unterschied zu heute? warum ist es schwer einfach zu sagen: "Du hast auf Dauer gesehen nur Verluste, also hör auf damit!". Und selbst die gelegentlichen Gewinne sind im Prinzip vergleichsweise gering zu dem, was ich bei gleichem Zeitaufwand mit meiner Arbeit erwirtschaften kann.

Meine Erklärung liegt darin, dass meine Spielhalle eine ideale Verdrängungsstätte für mich ist, hier bin ich rumdum versorgt: Essen und Trinken inklusive, das Personal ist nett, fast familiär. Die Sorgen um die Firma sind im besten Fall für diese Stunden außen vor, im schlimmsten Falle lassen sie sich nicht verdrängen und machen mich nervös, das Spiel ist dann der Nährboden einer gewissen, fast fiebrigen Nervosität. Meistens habe ich mich für einige Stunden im Griff, und dann wird alles innerhalb weniger Minuten verspielt. Am Freitag vor meinem ersten Posting hier im Forum z.B. hatte ich 150 EUR dabei und mir 100 EUR als Ausgaben-Limit gesetzt. Ich wechselte 10 Token und bekam 2 als "Glücksgeld", Usus bei diesem Betreiber. Anfangs spielte ich äußerst bescheiden, 3- oder 5-fach. Irgendwann wechselte ich auf 10- oder 20-fach und hatte nach kurzer Zeit 4000 Punkte auf der Habenseite, also 200 EUR. So gesehen wäre das ja eine "gute Rendite". Token wechseln und die Spielhalle mit 50 EUR Einsatz und150 EUR Gewinn zzgl. mehrerer Gratisgetränke wieder zu verlassen. Habe ich nicht gemacht, habe weitergespielt und mit 100 EUR Verlust den Abend beendet, um am nächsten Morgen 250 EUR noch einmal zu verlieren. Das ist doch völlig aberwitzig! (Wenn man das auch noch aufschreibt und sich das Geschieben vergegenwärtigt, ist das noch einmal eine Steigerung des Irrsinns!).

Den Hinweis mit dem Weihnachtsgeschenk werde ich jedenfalls beherzigen und mich mit einem Kino- oder Theaterbesuch belohnen.

Ebenfalls alles Gute
Und frohe Weihnachten

Burkhart