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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Gedanken...



Rudi
23.03.2005, 17:00
Hallo,
wie auch in den Selbsthilfegruppen bemerke ich auch hier im Forum, das Spielsüchtige bereits nach kurzer Zeit des Austausches einfach fortbleiben. Das ist beileibe kein Einzelfall- und im Gegensatz zu Alkoholkranken, die doch sehr entschieden und konsequent ihr Problem angehen, meint der Spielabhängige wohl das nach einer Therapie und einer gewissen Zeit des Austausches wohl alles wieder in Ordnung sei. Unter den Motto, ich brauche einfach nicht mehr spielen. Das es jedoch nicht so einfach ist, beweisen immer wieder die Eintragungen der Angehörigen - ein Beweis, das Spieler die ihr Problem wohl kennen, trotzdem nicht entschieden gegen ihre Sucht angehen. Das scheint wohl so zu sein.
Bereits nach kurzer Zeit des Nichtspielens fühlt sich der Spieler vermutlich schon als "Gewinner". Doch das geht nicht so leicht.
Nicht umsonst ist ja die Spielsucht als Suchtkrankheit anerkannt - und eine Sucht ist nun mal nicht heilbar.
Da heißt es stets auf der Hut sein - wach bleiben. Viel zu schnell ist man wieder in den alten Dilemma von Lügen, Betrügen und Verheimlichen gefangen.
Ich meine damit nicht den Rückfall - der ohnehin schlimm genug ist. Ich meine damit das sich wieder einpendeln alter Verhaltensnormen - und das geschieht automatisch wenn wir als Spieler nicht an uns arbeiten.
Mich eingeschloßen stelle ich im allgemeinen bei Spielabhängingen ein übergroßes Maß an Rechthaberei fest - ein für mich gefassten Gedanken zu revidieren fällt unerwartet schwer. Auch darf ich hier anführen, das betroffene Spieler aus meiner SHG dieses Problem auch für sich erkannt haben. Im Austausch miteinander erfahren wir, das Rechthaben vollkommen unrelevant ist. Entscheident ist, seine Gedanken und Meinungen frei auszusprechen - und zur Diskussion stellen zu können. Zugegeben - das wir geneigt sind, andere von unserer Auffassung zu überzeugen - da Bedarf es wirklich bei jeden von uns (mit uns meine ich meine Freunde in der Gruppe ) noch reichlich Arbeit an sich selbst. Da müßen wir noch viel lernen.
Eigentlich ist diese Rechthaberei ja nur ein Hinweis - schaut mal, was ich für ein toller Kerl bin - wahrscheinlich um von den reichlichen Schwächen meiner Person abzulenken.
Ich möchte mit meinen Gedanken doch Spieler zum nachdenken auffordern. Was mache ich nach der Therapie - warum gehe ich nicht regelmäßig in einer SHG - was kann ich mehr tun außer zu sagen, ich will nicht mehr spielen. Das es meißtens so nicht klappt, brauche ich keinen erzählen.
Die meißten haben es ohnehin am eigenen Leib erfahren - auch ich. Bis ich bereit war mir einzugestehen, ich muß mehr tun als sagen, ich will aufhören zu Spielen. Das ist zwar die Voraussetzung um sein Leben neu zu ordnen - aber verdammt wenig gegen den starken Gegner Sucht...
Ich wünsche allen ein Frohes und vor allen Dingen Spielfreies Osterfest.
Lieben Gruß
Rudi

marija
24.03.2005, 22:28
hallo rudi,

woran wird es wohl liegen, dass viele süchtige sich nach kurzer zeit nicht mehr melden?

du hast es erkannt, die rechthaberei!
keine akzeptanz anderes denkender!

sicher hast du unglaublich viel in dem forum beigetragen, aber auch den einen oder anderen einfach auf punkt gebracht, vergrault (eingeschlossen mich)

recht haben, sicher wollen wir alle, aber objektiv, subjektives recht hilft keinem.

natürlich müssen wir alle wach bleiben, natürlich müssen wir gegen die sucht kämpfen, aber bitteschön nicht gegeneinander.

in diesem sinne frohes fest und einen schönen gruß

marija

wilhelm
25.03.2005, 14:34
hi marija,

ja, seh´ ich sehr ähnlich. Insgesamt find` ich es hervorragend, dass solch ein Forum offentsichtlich dem ein oder anderen hilft. Aber erstaunt (bis erschrocken) bin ich über sehr viele Einträge. Vieles geht aus meiner Sicht dann doch in eine völlig falsche Richtung. Vor allem scheint mir der jeweils eigene Narzissmus (der uns Spielern ja scheinbar in ausgeprägtem Maße zu eigen ist) oftmals wichtiger zu sein als anderen (Spielern oder Angehörigen) Hilfestellung zu geben.

Es gibt neben dem Forum eine ganze Reihe anderer Möglichkeiten, endgültig mit dem Spielen aufzuhören. Ich halte es für mehr als vermessen zu glauben, weil jemand nicht mehr postet, sei das direkt schon wieder der falsche Weg und er begeht schon wieder Selbstbetrug.

Ich habe nicht wirklich vor, mich noch jahrelang mit dem Spielen als beherrschendes Thema zu beschäftigen. Letztlich bedeutet das doch, dass die Sucht auch während meiner Abstinenz bestimmend für mein Leben ist. Nach mittlerweile 13 Monaten Abstinenz seh ich da ganz andere Möglichkeiten. Und das hat nicht viel mit Selbstüberschätzung zu tun, eher im Gegenteil.

Insofern bin ich auch (nach wie vor) ein "erbitterter" (;-)) ) Gegner der "gute 24 Std" Wünsche. Das mag am Anfang richtig oder zumindest in Ordnung sein, mittel- und langfristig halte ich grade solches Denken für gefährlich. In Konsequenz wird einen die Sucht dann niemals loslassen bzw. sie wird niemals in den Griff zu kriegen sein.

Zusammengefaßt verliere ich etwas die Lust am Forum, es scheint mir nur ein kurzfristiges Betätigungsfeld zu sein. Zumindest für mich (und einige andere). Und das kann auch völlig in Ordnung sein!

gruss

wilhelm

Hotte
26.03.2005, 06:27
Hallo Rudi,
Hallo Wilhelm,

ich selbst habe seitdem 17.11.04 keine Spielhalle mehr besucht. Ich habe die Beiträge in diesem Forum alle gelesen
und habe mir auch für mich wichtige Erkenntnisse daraus gezogen. Ein wichtiger Leitspruch ist für mich das jeder
seinen eigenen Weg finden muss. Ich gehe für mich ganz bewußt nicht mehr täglich in dieses Forum. Ein Stück Normalität ist für mich auch, das ich mich nicht mehr täglich mit dem Thema der Spielsucht beschäftigen muß. Ich
wache morgens nicht mehr mit Schuldgefühlen oder dem Gedanken an irgendeine Spielmöglichkeit auf. Das bedeutet nicht, dass ich die Gefahren eines Rückfalles nicht kenne und dass das Thema für mich erledigt ist. Meinen Respekt und meine Achtung vor allen die mit Ihren Beiträgen helfen und andere Unterstützen. Das sich einige zurück ziehen ist aus meiner Sicht ( wenn es Ihr Weg ist) kein Problem.
Viele Grüße
Hotte

Rudi
26.03.2005, 14:02
Hallo Hotte, Wilhelm, Marija,
schönen Dank für Eure Reaktionen auf meinen Eintrag.
Irgendwie entsprach es meinen Erwartungen, das Spieler Stellung nehmen, die nach relativ kurzer Zeit der Trockenheit sich ihrer Sache wirklich sicher sind.
Von Spielern, die nach kurzer Zeit der Spielfreiheit im Alleingang wieder total auf den alten Trip sind, habe ich auch keine Resonanz erwartet.
Wobei ich das Wissen habe, das es sehr oft nicht so glatt geht, wie von Euch geschildert. Ob es denn bei mir - oder bei Euch denn auch restlos glatt läuft, kann nur die Zukunft zeigen.
Ich verkenne nicht Euren Weg - ich akzeptiere den.
Allerdings soll es ja ein Austausch sein - und der bedarf eigener Erfahrung.
Vor einiger Zeit hätte ich vermutlich genauso geantwortet wie ihr. Es geht auch allein - konnte ich doch auf 3 Jahre Trockenheit im Alleingang zurückblicken.
Das ich den festen Vorsatz habe, nie mehr zu Zocken, läßt mich auf Grund eigens gemachter Erfahrung nun anders die Sache in den Angriff nehmen. Für mich habe ich erkannt, das ein Austausch von Nöten ist. Weniger hier, als in der Selbsthilfegruppe.Über 4 Jahre bin ich nun Rückfallfrei - das läßt mich vermuten, das der von mir gewählte Weg der richtige für mich ist.
Vergraulen kann ich mit meiner Darstellung und evtl. Rechthaberei aber nur den Menschen, der von seiner eigenen Sache so gar nicht selbst überzeugt ist. Auch muß ich abschecken, wo basiert diese "Rechthaberei" denn auf wirklichen Fakten. Das erkennen von Fakten wird ja auch für mich als Spieler verdrängt, wenn ich es als unangenehm empfinde.Das Gegenüber dann auch leichtfertig als Rechthaberei abgetan - auch wenn die gegensätzlichen Behauptungen der Wahrheit entsprechen.
Rechthaberei ist für mich eine Behauptung, die durch nichts zu bestätigen ist - widerlegbar ist - aber trotz dieser Widerlegbarkeit als das Nonplusultra verkauft werden soll.
Ich denke auch, jeder muß seinen eigenen Weg gehen. Und ist auch nicht vor Fehlern zu schützen.
Allerdings könnten wir aus den bereits gemachten Fehlern anderer profitieren. Aber die Betonung liegt auf KÖNNTEN.
Wir sind vermutlich alle nicht bereit auf eigene Fehler und Erfahrungen zu verzichten. Denn nur gebranntes Kind scheut das Feuer. Und wir müßen uns als Spieler wohl schon sehr verbrennen, bevor die Bereitschaft auf Änderung unseres Verhaltens vorhanden ist. Da helfen uns Ratschläge und Erfahrungen anderer wohl nicht.Auch wenn diese wirklich mit offenen Visir erfolgen und nach besten Wissen getätigt werden. Immer unter dem Motto - ich schaffe es bessser als jeder andere - und sehr oft und sehr spät kommt aber auch die Einsicht - ich schaffe es auch nicht besser als andere. All das sind eigens von mir gemachte Erfahrungen - und niemand sollte sich fälschlicher Weise angesprochen fühlen.
Ich wünsche jeden das sein Weg der für ihn richtige ist.
Nur wenn alles so einfach ist - wofür gibt es Spielertherapien - Selbsthilfegruppen - oder auch dieses Forum ?
Ich kann es sagen - weil ich bestimmt nicht der einzigste bin, der im Alleingang seine Sucht bezwingen wollte - und wie viele tausend andere sich eingestehen mußte - irgendwann - ich pack es nicht allein.
Darum gibt es Hilfe für Spielsüchtige - und entschuldigt - diese Hilfe nicht zu suchen und anzunehmen ist in meinen Augen ein Stück Dummheit.
Aber wie gesagt - es sind nun mal meine Gedanken - sie sind ehrlich mitgeteilt - und sie sollen nicht dazu dienen, jemand zu verunsichern oder den von ihn gewählten Weg zu verlassen.
Ihr habt Eure Meinung - ich die meine. Überzeugen will ich niemanden - nur erzählen, wie ich es sehe.
Lieben Gruß - und Frohe Ostertage
Rudi

marija
26.03.2005, 18:14
hallo rudi,

sicher ist alleingang einer der gefäherlichsten formen für ein austieg aus einer sucht. dennoch möchte ich, aus eigener erfahrung behaupten, dass es auch ohne shg geht. ich bin seit zwei jahren und zwei monaten (ohne rückfall) abstinet, krank bin ich immer noch. bin in therapeutischer behandlung 2 mal in der woche, ansonsten rede ich viel mit freunden, bekannten, lese natürlich auch in den foren, lese sehr viel in den fachbüchern und versuche zu mindest größten teil des tages nicht an die krankheit zu denken. an den tagen wo der druck massiv wird, fangen mich die arbeitskollegen, meine familie und meine therapeutin auf. also für dich ist eine shg non plus ultra, für mich eine qual. qual insofern, ich komme schlecht klar mit menschen, die sich selbstdarstellen, die in mittelpunkt stehen wollen und andere menschen stigmatisieren. weißt du rudi, selbst die schlimmsten krebsformen sind (auch für fachmediziner unerklärbar) durch selbstheilung verschwunden, warum sollte es nicht menschen geben, die auch mit selbsdisziplin, aufgrund der fehler und erfahrung die die spielsucht mit sich trägt auch schaffen. welchen weg maqn auch geht, wichtig ist und bleibt, zu erkennen, wo liegen meine schwächen, warum spielte ich, was tue ich wenn es mir nicht gut geht. wenn ich anfange positiv zu denken an mich zu glauben, prioritäten setze, die selbstvorwürfe einschränke, begreife, dann werde ich auch schaffen. es ist schwer, dennoch nicht unmöglich. in diesem sinne alle gute marija.

Kary
26.03.2005, 19:29
Liebe Marija,

ich freue mich mit Dir, dass Du nun schon so lange abstinent bist und Deinen Weg gehst. Echt super.

Ein wunderschönes Osterfest
und liebe Grüße
Kary ;-)

Rolf
29.03.2005, 12:01
Ich habe eure Beiträge gelesen und mir meine ganz persönlichen Gedanken dazu gemacht. In letzter Zeit beschäftigt mich auch sehr die Frage, Abstand nehmen, wieviel Abstand, geht es überhaupt völlig Abstand zu meiner Krankheit zu nehmen. Die Erfahrung hat mir gezeigt, lass deine Suchtkrankheit nie ganz aus den Augen und ehrlich, manchmal kotzt es mich an. Spielsucht, Spielsucht, Spielsucht. Herrgott ich weiss das ich Spielsüchtig bin, aber das muss nicht mein denken komplett bestimmen. Letzte Woche bekam ich eine mail, da stand ...die Dosis macht das Gift...aus meiner Laborausbildung weiss ich das noch, aber in dem Zusammenhang betrachtet, richtig. So ist es. Die Dosis macht das Gift.
Ich glaube es ist wichtig für sich selbst heraus zu finden, wie hoch darf die Dosis sein ohne mir gefährlich zu werden.

Vor allem immer bedenken, alles hat seine Berechtigung. Jeder Mensch hat das Recht auf seinen Weg, ohne wenn und aber. Wenn der Weg über 24 Stunden führt, gut, dann ist das so. für viele Suchtkranke sind sehr feste Regeln wichtig und in der Anfangszeit ist vielleicht nicht mal schlecht nicht zu weit in die Zukunft zu blicken. Auch wenn ich manches anders sehe, es ergibt aber doch einen Sinn für mich. Es hat etwas mit der Bewältigung eines Berges zu tun, man tut sich leichter ihn nicht komplett zu betrachten sondern Schritt für Schritt hoch zu gehen.
Der Nächste geht seinen Weg mit einem Therapeuten, ein Anderer liest in Foren und zieht sich raus was er braucht. Wichtig ist nur für sich heraus zu finden, was ist gut für mich.
Mir ist ganz wichtig mich noch mehr von meinem alten schwarz/weiss Denken zu lösen. Manchmal bemerke ich bei mir auch noch Starrsinn, das ist aber nicht weiter schlimm, alles geht nur mit Geduld. Ich will die vielen Nuancen entdecken, die leisen Zwischentöne hören lernen. Zwischen schwarz und weiss liegen auf der Farbpalette unendlich viele Farben. Alle werde ich wohl nie entdecken können, macht nichts.
Jetzt werde ich mich wie ich schon in meinem Forum geschrieben habe eine Weile zurück ziehen. Vielleicht werde ich mir über die Dosis klar. Es gibt ja nicht nur schwarz und weiss.

Alles Gute, Rolf

Karl
29.03.2005, 12:45
Hallo Rudi,

auch ich möchte kurz auf Deinen Eintrag antworten. Wir hatten ja auch heftige Diskussionen, welches der richtige Weg ist, mit der Sucht fertig zu werden. Du weißt, für mich war es immer wichtig dass es mein Weg ist, denn ich muß ihn auch gehen. Wie ein Kind, dass laufen lernt habe ich am Anfang helfende Hände gesucht und auch gefunden.
Zu meinem Weg gehört auch, mein Suchtproblem nicht mehr an die erste Setlle meines neuen Lebens zu stellen. Es ist für mich nicht nur die platte Aussage "Ich will nicht mehr spielen". Ich habe auch mein Leben komplett umgekrempelt um so eine Plattform zu schaffen, die es mir hoffentlich erlaubt auf Dauer spielfrei zu bleiben.
Ich habe mich von vielen alten Gewohnheiten, wenn auch von einigen mit schwerem Herzen, getrennt.
Wir haben Fernseher und PC aus Räumen verbannt, die eigentlich für andere Zwecke gedacht sind. Diese Räume haben wir zusammen komplett nach unseren Bedürfnissen neu gestaltet. Wir haben uns neue gemeinsame Hobbys und Aktivitäten gesucht.
Sicher ist die SHG für viele eine gute Möglichkeit auf Dauer spielfrei zu bleiben. Für mich kam das jedoch nicht in Frage, obwohl ich auch diese Möglichkeit ausprobiert habe.
Ich möchte gerne weiter den Blick nach vorn wenden, mich gegenüber meiner Familie der Verantworung stellen. Meinen Weg würde ich nach meinen heutigen Erkenntnissen immer wieder zumindet bis hier gehen.

Ich wünsche Dir auf Deinem Weg viel Erfolg

Liebe Grüße auch an die anderen

Karl

Susi
29.03.2005, 16:30
hallo zusammen
mal ganz ehrlich ich finde alle eure "arten" zur bewältigung bzw. zur ablösung der sucht echt super! und bin immer wieder erstaunt, mit welchen schönen gewählten worten ihr das hier im forum ausdrückt - kompliment!

jeder einzelne weg ist ein beginn und schön finde ich, dass ihr alle euren weg suchtet und ihn gefunden habt und jetzt diesen euren ganz persönlichen weg...lebt...
echt schön!!

gruss susi

Hotte
31.03.2005, 21:52
Hallo Susi ....einfach nur Danke für deinen Beitrag und ich hoffe es bleibt auch so wie es ist.
Gruß Hotte

Rudi
02.04.2005, 15:29
Hallo,
nun sind wir uns einig, das jeder seinen Weg für sich finden sollte.
Obwohl ... ist es ein Weg, wenn ich nach kurzer Zeit der Spielfreiheit so tue, als wenn ich nicht Spielsüchtig wäre ?
Gehe ein paarmal in die Gruppe - oder mache eine kurze Therapie - und dann ist für mich alles in Ordnung.
Ich denke für mich, das ist kein Weg. Das ist eine Verharmlosung der Situation und Bequemlichkeit.
Natürlich will ich ein normales Leben führen und nicht ständig an meine Spielsucht erinnert werden.
Aber auch ein "normal" Kranker wie der Diabetiker oder Asthmatiker lebt mit seiner Krankheit und empfindet sein Leben als normal - vergegenwärtigt sich aber die Gefahr die für ihn besteht - und schützt sich durch Medikation.
Woraus besteht aber unser Schutz? Wir zweifeln ja nicht daran, das wir suchtkrank sind.Und Suchtkrankheit bedeutet nach meinen Wissen, das sie nicht heilbar ist, immer in uns schlummert.
Die Gefahr unserer Krankheit liegt wohl in der sozialen Issolation - und des finanziellen Disasters, in der wir auch unsere Angehörigen schnell mit einbeziehen - und macht selbst vor unseren Kindern nicht halt.
Wir haben diese Gefahr bei uns erkannt - und gerade weil wir mit unsrer Sucht auch das Leben unserer Familien zerstören können, haben wir eine besondere Sorgfaltspflicht.
Nicht nur uns gegenüber.
Gerade diese Situation sollte für uns die Einbeziehung aller Eventualitäten in unserer Suchtkrankheit zum wesentlichen Merkmal unserer Suchtbearbeitung machen.
Ich denke nicht, das jemand nach 3 monatiger Therapie oder einigen wenigen Besuchen in der SHG für sich alle Eventualitäten betrachtet hat. Auch aus Gründen der Bequemlichkeit ( Gruppe habe ICH nicht nötig ) wird dies oft verdrängt.Die regelmäßigen Gruppentreffs werden somit heruntergespielt und fälschlicher Weise für nicht von Nöten betrachtet.
Ich finde es gut, wie Rolf sein Problem bisher angegangen ist. Mit seinen Aktivitäten beispielhaft. Aber auch Claus oder Neon und viele andere.
Ich frage mal wie sehe es mit Spielsuchtbetreuung überhaupt aus, wenn es all die stillen Helferlein nicht gebe ?
Wenn jeder vor sich hinbröselt und sagt, ich schaffe es schon allein.
Es sind und waren abhängige Spieler, die mit ihren persönlichen Arrangement überhaupt fachliche Hilfe für Spielsuchtkranke erreichten.
Von sich aus wäre bestimmt nichts passiert - und es gebe keine Fachstelle Glücksspielsucht.
Es liegt ganz einfach daran, das süchtige Spieler Ihren Weg gefunden hatten.
Lieben Gruß
Rudi

marija
03.04.2005, 20:55
hallo rudi,
entschuldige wenn ich jetzt einfach mal salopp sage, entweder du liest die postings nicht richtig oder du mißverstehst die. jeder einzelner der hier geschrieben hat, macht sich sehr wohl gedanken darüber, wie er mit der sucht am besten klar kommt. ich persönlich nehme das kein einzigen tag auf die leichte schulter und sage; es ist vorbei, aber ich versuche jeden tag auch als solchen zu geniesen, gerade jetzt, wo ich nicht spiele, wo ich die tage auch sehe, den regen spüre, lachen meines kindes genieße... und genau in den momenten möchte ich nicht an meinen "diabetis" denken, denn dann würde ich einfach kontraproduktiv an mir arbeiten. sicher ist eine kronische krankheit, "kronisch" und somit auch latent immer vorhanden, mal stärker mal in abgeschwächter form. ich kann mich genauso permanent in kreis drehen, darüber nachdenken, was ich während meiner exzesiven spielphase getan habe, wem ich alles weh tat, oh, mein gott glaube ich, dann würde ich eines tages irre und absolut nicht mehr lebensfähig. sicher, soll ich die konsquenzen für mein handeln tragen, sicher soll ich die menschen um entschuldigung bitten, aber irgendwann ist ja schluss. als ich meiner famile weh tat, als ich mir selber unendliche schmerzen zufügte, als ich gegenüber meinen freunden unerhlich war, war ich nicht ich selbst, heute kann ich das nicht begreifen, kann ich nicht nachvollziehen, dass das eine und der selber person ist, ich!!! dennoch ist es war, ich war es, nun gut, ich erkannte es, mit hilfe, dass in mir auch eine schattenseite gibt, und die will ich nicht mehr leben, ich hoffe, es gelingt mir!!! in diesem sinne

schöne grüße
marija

marija

Rudi
03.04.2005, 21:28
Hallo Marija,
ich freue mich sehr für dich, das du so gut klar kommst. Im übrigen für jeden Einzelnen.
Und weder dir noch Karl oder irgendjemanden möchte ich zu nahe treten. Ich habe auch nicht wirklich auf die Einträge geantwortet, lediglich meine Gedanken vervollständigt.
Entschuldige, das ich etwas abgeschweift bin.
Natürlich habe ich die Einträge von Euch intensiv gelesen und da gibt es auch nichts hinzuzufügen, oder zu sagen macht es anders.
Bestimmt ist die Art, mit der du deine Sucht verarbeitest, die richtige für dich. Und mit Sicherheit werde ich auch aus deinen Erfahrungen - und auch aus den von Karl versuchen, Rückschlüsse für mich zu ziehen.
Gerade die Verschiedenheit des Angehens unseres gemeinsamen Problems macht diesen Austausch für mich besonders nutzvoll.
Wenn es den Anschein hatte, das ich meinen Weg "verkaufen" will, so war das nicht beabsichtigt.
Ich habe mich einfach hingesetzt und "laut" gedacht. Allerdings ohne Rückschlüsse auf richtig oder falsch zu ziehen.
Ich wünsche dir, das es auch weiterhin so gut für dich läuft. Du kannst bewußt zufrieden mit dem von dir erreichten sein.
Lieben Gruß Rudi

Karl
06.04.2005, 11:38
Hallo Rudi,

ich möchte zu Deinen Gedanken noch eine These, die ich im Netz gefunden habe hinzufügen.

In einem anderen Posting hatte ich ja schon einmal über eine Untersuchung berichtet, daß das Belohnungssystem im Gehirn der Spielsüchtigen während des Spielens weniger aktiv ist als bei anderen Menschen.

Ich habe dazu noch einen weiteren Artikel gefunden, in dem nach den Untersuchungen davon ausgegangen wird, dass es zwei unterschiedliche Typen von Spielern gibt.

Zum einen den Vermeidungsspieler. "Das sind Menschen, die Probleme in Ehe, Familie oder im Berufsleben haben. Durch Zufall haben sie entdeckt, daß sie beim Glücksspiel, meist am Automaten, sich besser von ihrem Unglücklichsein ablenken können als mit anderen Aktivitäten. Deshalb wird für diesen Menschen das Glücksspiel so attraktiv. Er vermeidet damit auch eine Auseinandersetzung mit den Ursachen."

Der zweite Typ ist der Aktionsucher. "Dieser findet das Glücksspiel faszinierend. Auch wenn er hoch verschuldet ist, hofft er immer noch auf den großen Gewinn. Das sind überwiegend Spieler, die in klassischen Casinospielen, wie zum Beispiel Roulette, oder auf der Pferderennbahn ihr Glück suchen. Irgendwann rutschen sie in ein exzessives Spielen hinein, weil sie Verluste machen, die nicht mehr tragbar sind. Sie spielen weiter, weil sie immer auf den großen Gewinn hoffen, um ihre Schulden auszugleichen, mit dem Vorsatz: dann spiel ich nie mehr".

"In ihrem Spielverhalten sind diese beiden Spielertypen nicht klar voneinander zu trennen. Deshalb haben die Psychiater einen Fragebogen entwickelt, der zusammen mit der Magnetresonanztomographie klären soll, zu welchem Spielertyp jemand gehört."

"Denn die Therapie, die diese Patienten brauchen, ist ganz unterschiedlich."

"In den USA und Kanada werden Aktionsspieler hauptsächlich nach ihren Symptomen behandelt, das heißt Aufklärung über das Glücksspiel, über statistische Wahrscheinlichkeiten, um Sätze wie Jetzt war zwanzigmal rot, jetzt muß schwarz kommen, als unzutreffende magische Vorstellungen zu entlarven."

"Bei Vermeidungsspielern spielt diese Therapie keine Rolle. Ein solcher Spieler erhält eine Verhaltenstherapie, in der es darum geht, belastende Lebensereignisse herauszufinden und zu lernen, damit umzugehen. Wenn das gelingt, wird die Stimmung deutlich besser, er lernt, vor seinen Gefühlen nicht mehr davonzulaufen und der Spieldrang verschwindet"

Wenn dem so ist, kann man ohne zu wissen, zu welchem Typ man gehört auch nicht sagen welche Therapie die richtige ist.
Ich denke auch jetzt einmal ein wenig weiter und kann mir vorstellen, dass ich als Spielertyp "Aktionsspieler" in einer SHG, in der nur "Vermeidungsspieler" sind, keine Hilfe erfahre. Wobei ich nicht weiß welcher Typ ich bin.

Den ganzen Artikel, aus dem ich hier zitiert habe kannst Du unter: http://www.abendblatt.de/daten/2005/01/14/386605.html

nachlesen.

Liebe Grüße Karl

mumey
06.04.2005, 21:54
Hallo Karl, den Artikel finde ich sehr informativ. Ich denke, es ist für alle (Spieler und ihre Angehörigen) wichtig, Genaueres über das Phänomen der Spielsucht zu erfahren und die Forschung ist ja wohl erst am Anfang. Es leuchtet sehr ein, dass die Behandlung sich nach den ursächlichen Auslösern richten sollte, wenn sie erfolgreich sein will.
Dazu, dass sich einige nicht mehr im Forum melden: Immerhin muss man ja in der Lage sein, seinen Internetanschluss finanzieren zu können. Wer aber alles verspielt hat, dem geht auch diese Möglichkeit verloren. Die hier Versammelten haben es geschafft, ihre Telefonrechungen pünktlich zu bezahlen. Das ist ja schließlich auch etwas Positives!
Grüße von mumey

Chris
06.04.2005, 23:18
Hallo Karl,
Danke für die Mühe, die Du dir mit dem Artikel gemacht hast,
sehr informativ.
Ich kann nur sagen,die ganzen Informationen sind schön und gut ,damit kann ich mir nur bestätigen,dasß ich wirklich krank bin, selbstdiagnosen sind allein aber schwierig.
Auch bin ich nicht der Meinung, das Du als Actionspieler eine gänzlich andere Selbsthilfegruppe brauchst.
Ich zähle mich ja auch dazu und sie, die Gruppe hat mich vor größeren Schulden bewahrt.
Kapiert habe ich erst wirklich, was mit mir los ist, durch einen heftigsten Absturz letzten Winter auch voll depressiv
,da half auch keine "Aktion", mehr ,sie machte alles nur noch schlimmer, weil ich absolut nicht mehr auch mit Gewinnen,aufhören konnte bis garantiert alles weg war.
Als dann 2 Mieten dann auch noch weg waren,hats gereicht,
ich bin zum Glück halbwegs nüchtern geworden, und will
es zum Verrecken auch bleiben.
Sagen in der Gruppe ,ich will nicht mehr reichte nicht,
es muß erst das ganze Bewußtsein sich verändern!!Und das Verhalten.
Den Rest hoffe ich jetzt in der Therapie zu bewältigen,die bald anfängt. Das eigentliche Leben ist nur durch GAme over
möglich, das merkst Du sicher auch. Wie siehst Du das für Dich?
Herzliche Grüße
Chris