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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Wann bin ich "Trocken"???



Rudi
04.07.2005, 08:51
Hallo,
es ist wohl nicht verkehrt, wenn man sich als Spieler als trocken bezeichnet, wenn das Spiel unterlassen wird.
Nach meinen dafürhalten gehört aber mehr zum unterlassen, als kein Geld mehr einzusetzen.
Insbesondere muß ich mich ja fragen, was geschieht mit mir.
Wenn sich mein Denken und Handeln trotzdem weiterhin mit meinen Spiel befasst, bin ich wohl trotzdem (innerlich)nicht trocken.
Was hilft es mir, wenn ich beherrscht werde von den Gedanken, dem richtigen Gewinnsystem so nahe gewesen zu sein, was nutzt es mir, wenn ich mein persönliches Lottosystem - mein erfolgreichen Umgang mit den Automaten
immer wieder geistig durchlebe?
Diese Gedanken verhelfen mir absolut nicht zu meiner Abstinenz. Sie können immer beherrschender werden und letzlich auch zu den erneuten Einsatz des Geldes führen.
Erst dann sprechen wir von einen Rückfall - obwohl eigentlich falsch - denn wir waren ja in Gedanken gar nicht abstinenz. Wir haben ja nur aus Gründen der nicht
weiteren Finanzierbarkeit aufgehört, Geld einzusetzen.
Sich gegen diese Gedanken wehren - sie nicht mehr aufkommen lassen ist wohl der wesentliche Schritt aus unserer Sucht.
Wir alle hatten als Spieler Zeiten, in denen wir eine gewisse Zeit nicht gespielt haben - mit vielseitigen Hintergründen - auch manchmal mit Zwang.
Aber wenn wir uns nicht gedanklich von unserer Sucht entfernen, dann bleibt sie - jeden Tag greifbar und für uns gefährlich.
Der Weg aus diesen Gedanken ist, sich intensiv mit etwas anderen zu befassen - dazu gehört auch der Besuch der SHG - auch sich über diese Sache im Forum auszutauschen.
Aber das wichtigste scheint mir, das wesentliche Leben wieder aufzunehmen.
Die Intensivierung der Partnerschaft - der gesuchte größere Kontakt zu Eltern und Kindern. Das Teilnehmen an Sorgen, Ängsten, Freuden aller die mir nahe sind.
Teil werden meines gesamten Umfeldes - raus aus der Isolation in der ich mich als Spieler begab.
Das kann ich erreichen, indem ich mich öffne - versuche herzlich zu sein - versuche auf Menschen zuzugehen - versuche die Sorgen des anderen verstehen. Das alles macht Mensch sein aus - davon hatte ich als Spieler zuviel aufgegeben.Das müßen wir uns holen - das muß unser Ziel sein.
Mancher von uns, da bin ich mir sehr sicher - hat diese Art des miteinanders niemals erlebt. Wurde vielleicht von Mitmenschen in seiner Isolation gedrückt - und hat es nie gelernt da heraus zu kommen, weil sie irgendwann als normal empfunden wurde.Vielleicht sogar schon als Kleinkind von den eigenen Eltern. Das mag alles sein.
Doch das entbindet uns auch am heutigen Tag nicht von unserer Pflicht, unser Leben fest in der Hand zu nehmen.
Machen wir wirklich das Beste daraus - ich habe festgestellt, das es sehr hilft, ehrlich zu seinen Mitmenschen zu sein. Diese Ehrlichkeit stärkt die Achtung, die wir erfahren. Auch letztlich unsere Selbstachtung und unser Selbstwertgefühl.
Diese Ehrlichkeit ist unser Weg - eigentlich das Gegenteil von dem, was wir als Abhängige gelebt haben - nämlich Lüge und verstecken und verheimlichen.
Das haben wir einfach nicht länger nötig - wir können auch anders - das beweisen wir uns und anderen.
In diesem Sinne
Rudi

Karl
04.07.2005, 17:24
Lieber Rudi,

dies war für mich der wichtigste Satz in Deinem Posting. Seit ich der Sucht den Rücken gekehrt habe versuche ich zu meinen Mitmenschen offen und ehrlich zu sein. Das fällt nicht immer leicht und ich hatte anfangs auch das Problem, dass ich mit dem Mißtrauen was mir entgegen schlug nicht richtig umgehen konnte. Mitlerweile habe ich mich daran gewöhnt, dass ich in bestimmten Situationen zweifelnd und fragend von meinen Mitmenschen angesehen werde.
Ich denke, auch hier wird die Zeit die größten Wunden heilen.
Du schreibst: "wenn wir uns nicht gedanklich von unserer Sucht entfernen, dann bleibt sie - jeden Tag greifbar und für uns gefährlich" Dem kann ich voll zustimmen, und das ist auch mein Weg.
"Der Weg aus diesen Gedanken ist, sich intensiv mit etwas anderen zu befassen - dazu gehört auch der Besuch der SHG - auch sich über diese Sache im Forum auszutauschen" schreibst Du. Hier weist Du, das für mich die SHG nicht ein Weg aus diesen Gedanken ist, da hier die Nähe zum Spiel für mich zu groß ist. Der Spiegel der mir dort vorgehalten wird löst in mir Gefühle aus, die mich erniedrigen und nicht dazu beitragen, dass ich in vollem Umfang meiner neuen Verantwortung gerecht werde. Im Forum ist das etwas anders, hier kann ich lesen, wann ich will, dann, wenn ich mich gut fühle.
Ich weiß viele sehen das anders, aber ich denke, dass ich so am besten klar komme.
Selbstachtung und Selbstwertgefühl sind, wie Du schon sagtest mit das Wichtigste was man wiedererlangen muß.

Ich wünsche Dir viele schöne Stunden.

Karl

nefi
05.07.2005, 11:13
unter algemeines vom 26.06.
an rolf

Rudi
05.07.2005, 11:37
Hallo Karl,
ich freue mich zu hören, das es dir und deiner Familie so gut geht.
Leider ist meine Zeit im Augenblick sehr knapp bemessen, so das ich nur noch selten im Chat zu finden bin.
Wenn ich meine Zeit habe, sind andere nur schwer erreichbar.
Trotzdem wäre es schön mal wieder mit dir und Boomer zu chatten. Bestimmt wird sich da auch bald eine Möglichkeit ergeben, auch wenn ich im Moment noch keinen Termin nennen kann.
Ich kenne deine Einstellung die du im Punkto SHG hast. Du weißt, gerade in dieser Sache unterscheiden wir uns sehr auf unseren Weg. Trotzdem denke ich, das wir wohl beide das Wesentliche erkannt haben.
Zur Gruppenarbeit gehört natürlich nicht nur das vorhalten eines Spiegels. Gehört bestimmt im Anfang dazu. Aber viel wichtiger ist das austauschen mit Menschen, die wissen, wovon ich spreche, auf Grund eigener Erfahrungen.
Diese Kommunikation finde ich an keinen anderen Ort und hat auch nichts mit gedanklichen Spielen zu tun.
In einer guten Gruppe kann ich lernen mit meiner Spielsucht natürlich umzugehen - ohne Selbstvorwürfe, ohne Selbstmitleid und mit den Verständnis anderer Menschen. Deswegen bedeutet mir selbst die Gruppe sehr viel.
Es ist klar, wenn ich neu in einer SHG komme, das mitunter mehr oder weniger gebohrt wird - und das es uns im Anfang auch oft peinlich ist, uns in diesen Kreis zu öffnen.
Aber aus diese Gespräche, wenn sie ehrlich geführt werden, entsteht eine Art Vertrauensverhältnis - bei manchen stärker als in ihrem sonstigen sozialen Umfeld.Das hilft sehr - und auch das Gefühl was später eintreffen wird - in der Gruppe wird mit Sicherheit die eine oder andere Freundschaft geschlossen, die oft viele Jahre hält.
Ich merke, ich gehe schon wieder zu sehr auf das Thema Gruppe ein.
Aber ich will dich nicht bekehren, nur meine Beweggründe aufzeichnen.
Wenn es dir weiterhin so gut wie bisher gelingt, deine Vorsätze umzusetzen, dann sehe ich für dich auch keine Gefahr.
Allerdings haben viele Menschen nicht das Durchhaltevermögen, was du an den Tag legst.
Das hat mit Sicherheit auch mit den Halt in deiner Familie zu tun - im wesentlichen aber mit deinen Willen - mit deiner Art dich auch gedanklich mit anderen Dingen zu befassen - auch dein Beruf zählt dazu.
Es gibt so auch nicht mehr viel Zeit sich mit dem eigenen Spiel zu befassen - und wenn der Gedanke doch mal kommt, ist er auch schnell verdängt - weil wir gelernt haben,uns mit wirklich wichtigen zu befassen. Wichtiger als der Gedanke ans Spiel ist sogar die Farbe der Blumen, die wir ab und zu mal wieder unseren Frauen mitbringen.
Ich freue mich, das es dich so gut geht und hoffe hin und wieder von dir zu hören.
Gruß an deiner Frau
Lieben Gruß
Rudi

Rudi
05.07.2005, 11:55
Hallo Claus,
habe den Provider gewechselt und somit konnte ich deine zuletzt an mich gesandte Mail nicht lesen.
Schade.
Ich möchte dir aber auch an dieser Stelle einmal Dank sagen für deine Unermüdlichkeit, mit der du uns immer wieder mit Informationen versorgst.
Da durch meinen Wechsel auch meine Kontaktliste verloren ist, kann ich das nur auf diesen Weg mitteilen.
Meine neue Mailadresse habe ich eingegeben.
Lieben Gruß
Rudi