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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Wirklich gute Ratschläge??? Für wen???



Eva43
29.10.2005, 12:41
Hier im Forum lese ich immer wieder die Hilferufe von Angehörigen, die nicht
mehr weiter wissen. Auffällig dabei ist, dass es häufiger um die Frage geht, wie es
zwischenmenschlich weitergehen soll, als die Frage nach, soll ich weiter Geld leihen
oder nicht.
Es wühlt mich innerlich immer ziemlich auf, wenn ich den meist kurzbeschriebenen
IST-Zustand eines Angehörigen lese, der meist mit der Frage WAS SOLL ICH NUR TUN????“
endet, um dann als Folge immer wieder dieses „Trenn Dich am besten sofort“ zu lesen.
Ich frage mich, wie man sich selbst anmassen kann, einem Menschen, dessen Geschichte man
nun wirklich kaum kennt, solche Ratschläge zu geben.
Müsste man nicht viel mehr nachfragen, viel mehr erfahren, wie beispielsweise an welchem
Punkt sich der spielende Partner befindet, bevor man solche Sätze in den Raum wirft???
Sollte man nicht erst über mögliche Lösungen sprechen, als hier solche Ratschläge zu erteilen,
die für den Angehörigen in dem Moment ganz sicher keine sind???
Für mich klingt das so, als gäbe es für einen Spieler oder Ex-Spieler keine Abstinenz.
Glaubt hier niemand mehr an sich ????

Hätte man mir nicht immer und immer wieder eine Chance gegeben, dann wäre ich ganz
sicher heute nicht dort wo ich jetzt bin...nämlich seit 10 Monaten spielfrei.
Ich hätte den Karren, wie Merowinger es fomuliert hatte, an die Wand gefahren.
Ohne diesen Rückhalt, der anfänglich ein finanzieller und später dann mehr und mehr ein
emotionaler wurde, sässe ich wohl heute noch Abend für Abend am Automaten.

Wie kann ein Angehöriger an eine Spielabstinenz glauben, wenn wir Spieler das nicht mal selbst tun?

Viele Grüße
Eva
@Stefanie, long time no see.....wie wäre es mit chat am Montag abend oder am Dienstag vormittag? Sag mal eine Uhrzeit - gerne schon früh, ich bin Frühausteher.....
L.G.
Eva

29.10.2005, 14:22
Hallo Eva,

mit Deinem Beitrag hast Du mir aus der Seele gesprochen. Ich habe nach meinen positiven Erfahrungen immer dafür plediert, es gemeinsam zu versuchen aus diesem Strudel, herauszukommen. Sicher kann das nicht bei jedem funktionieren, denn es hängt mit Sicherheit von vielen unterschiedlichen Faktoren ab.

Als ich am 01.Mai 2004 reinen Tisch gemacht habe und endlich eingesehen habe, dass es nicht mehr so weitergeht, war ich fest davon ausgegangen dass meine Frau und meine Familie mir den Rücken kehrt, zumal es schon das 2. Mal war, dass wir so etwas durchgemacht hatten.

Sie haben mir jedoch den Rücken gestärkt und ich kann heute sagen, dass wir im Moment eine der glücklichsten Perioden unseres 30 jährigen Zusammenseins erleben.

Für uns hat es sich gelohnt zu kämpfen und wenn wir heute auf die schlimme Zeit zurückblicken und meine Frau merkt, dass ich dabei verschämt bin, sagt sie, vielleicht wären wir nie wieder so glücklich geworden, wenn wir nicht durch diese Hölle gegangen wären.

Liebe Grüße

Karl

Rudi
29.10.2005, 16:24
Hallo Eva, hallo Karl,
für mich gibt es bestimmte Kriterien, die ein Zusammenleben mit einen Spielsüchtigen als unmöglich erscheinen lassen.
Das wichtigste Kriterium ist für mich die Frage, ob der Spielkranke wirklich gegen seine Sucht angehen will.
Sollte er dies nicht für angebracht halten - oder aus anderem Grund nicht an sich arbeiten wollen, müßte er auch die Konsequenz seines Problems alleine tragen. Niemand hat das Recht andere Menschen mit in sein persönliches Unglück zu ziehen - bei aller Liebe nicht.
Niemand hat das Recht seiner Familie die Substanz des Überlebens zu nehmen. Und um nichts anderes geht es leider oft. Da werden die letzten Gelder verspielt - Mieten nicht bezahlt - Kinder nicht entsprechend versorgt.
Leider ist es oft so, das der Partner den Spielsüchtigen in diesem Fall nur noch als hohe Belastung sieht. Und da machen wir uns doch nichts vor. Das hält keine noch so große Liebe auf Dauer durch. Nein, die Gefühle werden sich zum Negativen wenden. Aus Vertrauen wird Mißtrauen - aus Liebe Hass. Um das zu vermeiden ist wirklich manchmal eine Trennung das einzig machbare.
Es geht hier nicht um Zutrauen zu sich selbst - sondern um klare Fakten. Schönreden hilft nicht - es müßen Taten folgen - nämlich das angehen der Sucht.
Ich bin selbst Spieler - seit knapp 5 Jahren trocken und lebe in einer glücklichen Beziehung. Diese Beziehung gebe
es heute nicht mehr wenn ich nichts getan hätte für mich.
Das positive ist, das es tatsächlich den Weg aus der Sucht gibt - auch wenn sie weiter in uns wohnt.
Wir als Spielsüchtige sind in der Lage unsere Sucht in den Griff zu bekommen - uns aus dem Spielerverhalten zu lösen -wenn wir es wollen. Allein der EIGENE WILLE ist es, der Erfolg oder Nichterfolg ausmacht.
Therapien und Selbsthilfegruppen sind lediglich Stützen auf den Weg in die Suchtfreiheit.
Stützen, auf die jedoch nicht verzichtet werden kann.
Den Satz - ich schaffe es schon allein - ist unzählige Mal schon gesprochen worden und beweist letztlich das man nicht voll an der Besserung des Zustandes wirkt.
Eva - ich pflichte deine Ausführungen voll zu - auch die von Karl. Es gibt den Weg mit uns Spielsüchtigen - und häufig werden wir ja dann auch als "besondere" Partner gesehen. Und ich finde es wunderbar wie es bei dir und Karl läuft - im übrigen auch bei mir.
Es gibt ihn also wirklich - den Weg mit uns - und das möchte ich jeden Angehörigen hier mitteilen.
Aber es gibt auch die Unmöglichkeit - und hier hat der Angehörige oft die schwere Entscheidung. Er glaubt an seinen spielsüchtigen Partner - aber ist vielleicht schon so oft enttäuscht worden, das er nur noch glauben will - aber nicht mehr kann.
Es ist also sehr schwer eine Angehörigen einen Rat zu geben. Den Rat trenne dich sofort, halte ich genau wie du Eva, für falsch. Aber es ist auch nicht unbedingt richtig an der Festhaltung der Beziehung unter allen Umständen zu appelieren.
Für den Angehörigen auf jeden Fall eine Gratwanderung - wir als Betroffene können unseren Partner nur bestärken wenn wir wirklich an uns arbeiten.
In diesem Sinne
allen liebe Grüße

Eva43
29.10.2005, 18:50
hallo zusammen,
ich sollte vielleicht noch mal ganz klar sagen, dass es mir nicht um das Festhalten an der Beziehung um jeden Preis ging.
Der Punkt war vielmehr, dass ich es so schlimm finde, solche Trenn-Dich Ratschläge fast immer lesen zu müssen, selbst wenn die Angehörigen in nur wenigen Sätzen Ihre Situation beschreiben. In einem Moment, in dem ein Angehöriger hier schreibt....und meist ist es ja dann auch das erste mal, dass er sich hier äussert, kommen doch immer diese Ratschläge.
Es ist für uns alle doch völlig klar, in welchem Zustand man sich befindet, egal ob als Spieler oder als Angehöriger, wenn man hier das erst mal postet....
Man ist völlig am Boden und weiss nicht mehr weiter...

Ein solcher Tipp hilft in diesem Moment dem Angehörigen genauso wenig weiter, wie wenn man einem Spieler, der hier das erste mal postet und Hilfe sucht, schreibt, dass es
ihm besser ginge, wenn er nicht spielen würde.
(....auch wenn dieser Vergleich ein klein wenig hinkt.....)
Manchmal wünsche ich mir ein klein wenig mehr EQ.


Liebe Grüße
Eva

Ute
29.10.2005, 21:11
Hallo, ihr drei!

Ich freue mich darüber, dass ihr als Ex-SpielerInnen euch Gedanken über andere Angehörige macht.
Fühlte mich manchmal nicht so wohl hier, weil ein "Was habt ihr schon für ne Ahnung" oder so ähnlich von einigen Leuten hier durchklang.

Ich kann mich euren Ansichten und Erfahrungen nur anschließen, habe aber hier nicht den Tipp "Trenn dich lieber" bekommen und hab es und hätte es auch dann nicht getan. Und ich bereue es auch nicht, denn ich glaube, dass wir, mein Mann und ich, gemeinsam auf dem richtigen Weg sind.
Im Gegenteil: Oft habe ich gehört und gelesen, dass Spieler, die in einer Beziehung leben und wirklich aufhören wollen, es leichter schaffen, wenn es denn ein "leichter" gibt.

Es macht mir Mut zu lesen, das ihr schon so lange spielfrei seid.

Viele liebe Grüße und noch ein schönes Wochenende, Ute

beppigs
30.10.2005, 10:05
@Eva

Toller Beitrag. Wirklich.
Ich würde mich freuen auf Montag abend Chat oder Dienstag vormittag ist egal.
Ich bin Montag abend (19.00h ?) aufjedenfall mal online.

Gruß
Stefanie

Harry
30.10.2005, 15:05
Hallo Angehörige,
ich finde es auch sehr falsch wenn hier immer wieder geschrieben wird TRENN DICH.
Ich würde nie einem Angehörigen einen Rat geben wollen, ich kann nur meine Erfahrungen mitteilen, und nur erzählen, dass ich einen Schubs in die Richtung clean gebraucht habe.
Meiner Meinung nach ist es richtig den Süchtigen vor die Entscheidung zu stellen Beziehung oder Sucht.
Sehr sehr enttäuschte Angehörige sollten hier auch von ihren Emfindungen schreiben und nicht Ratschäge erteilen wie man mit einem Süchtigen umgeht, das ist Sache der Therapeuten.
Ich bin Süchtiger und keine Therapeut also werde ich hier versuchen meine Emfindungen und meine Gedanken mitzuteilen, und ich möchte alle andern (Süchtige wie auch Angehörige)auch darum bitten das auch zu tun. Wenn wir alle zusammen an einem Strang ziehen können wir es schaffen.
Und wenn manche Angehörige Probleme mit der Trennung haben,(manchmal ist die Trennung ja die letzte Möglichkeit) dann sollten sie das auch hier mitteilen, aber ich denke man sollte hier in dem Forum aufhören andern zu schreiben was sie tun sollen.

Liebe Grüße
Harry

Eva43
30.10.2005, 21:18
@beppigs
hallo Stefanie,ich bin morgen leider erst ab ca 20.3O Uhr online..(dafür dann aber mit einer neuen Frisur ;o)
Ansonsten kann ich Dir dann noch Dienstag vormittag ab 8.30 Uhr anbieten....gib einfach kurz Bescheid, wann es Dir passt..
Ich freue mich.
Lieber Gruss
Eva

beppigs
31.10.2005, 11:58
20:30 h heute sollte auch kein Problem sein.
Habe allerdings von zu Hause aus das Problem, das ich manchmal nicht in den Chat komme. Hoffe, es klappt heute abend.
Sollte es nicht klappen, schreibe ich um diese Uhrzeit hier nochmal rein !!! Dann müssen wir einen anderen Termin ausmachen, ok ? Vormittags vom Büro aus dann. Denn da klappt es komischerweise mit dem Chatraum.

Gruß
Stefanie


P.S. Kleine Veränderungen an Kleidung oder Frisur wirken manchmal Wunder fürs Selbstwertgefühl, oder ?