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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : 25 jahre spieler



axel
25.05.2006, 13:28
hallo meine name ist axel und ich bin seit über 25 jahren spieler.

das letzte mal habe ich am 30.9.05 gespielt. mein schicksal sind wie bei vielen die spielautomaten. habe schon oft versucht aufzuhören, gelungen ist es mir nie. hab immer geglaubt, ok, hast halt ein problem aber so schlimm ist es nicht. wie schlimm das problem wirklich ist/war merke ich nun mit dem größer werdenden abstand. ich lerne gefühle neu kennen, positive wie negative. ich lerne menschen die mich seit jahren begleiten neu und tiefer kennen. und ich lerne mich neu kennen. ich habe das gefühl, jahrelang mein leben hinter eine milchglasscheibe verbracht zu haben. jetzt ist gar keine scheibe mehr da und ich sehe rieche und fühle ganz neu und ganz anders. trotzdem habe ich angst, angst wie viele hier wohl auch haben. die angst trotz der vielen positiven entwicklungen rückfällig zu werden.

ich bin seit zwei monaten in psychotherapeutischer behandlung. ich will ergründen wann meine sucht begonnen hat und warum ich spielsüchtig geworden bin. ich hoffe wenn ich das weiss, besser damit umgehen zu können.

grüße von einem "neue dazugekommenen" spieler
axel

Gerri
25.05.2006, 14:28
Hallo Axel,
erst einmal ein herzliches Willkommen in diesem Forum.
Und natürlich meine besten Wünsche für deinen Aufenthalt in der Klinik.
Du hast schon recht, so bald man von den Spielen eine gewissen Abstand hat, beginnt man wieder realer zu sehen. Alles ist am Anfang wunderbar - weil wie neu.
Das natürlich die reale Welt nicht nur himmelblau ist, wirst auch du erfahren -
und stärker aufnehmen als früher, wo du hinter deiner Milchglasscheibe Schutz suchtest.
Die Welt ist nicht besser oder schlechter - wir können sie nicht verändern.
Was wir können ist die Veränderung in uns. Uns zu dem Leben bekennen - zu unseren Leben - und die Flucht hinter die Milchglasscheibe unterlassen - sie bietet nur scheinbar Schutz - bei einer Belastung zerspringt sie in 1000Teile und wird dich arg verletzen.
Du hast eine guten Startschuß - seit 25.09.05 spielfrei.Das ist super.
Etwas, worauf du stolz sein kannst und darfst.
Wünsche dir viel Kraft und Energie deinen Weg in die Spielfreiheit weiter zu gehen.
Herzlichst
Gerri

axel
25.05.2006, 15:06
hallo gerri,

zunächst danke für deine antwort. ich gehe nicht in eine klinik. ich bin in ambulanter behandlung. habe einmal pro woche eine sitzung mit meinem therapeuten. darüber hinaus habe ich eine sehr gute freundin die ebenfalls dieses problem hatte. bis vor 13 jahren, sie hat es geschafft und hilft mir nun in stundenlangen gesprächen meine spielsucht und die paralell gescheiterte beziehung zu meiner damaligen lebensgefährtin zu verarbeiten.

ich bin froh dieses forum entdeckt zu haben, ich werde hier wohl meine erfahrungen einbringen und gerne die erfahrungen gleichbetroffener aufnehmen

lg
axel

Maik
29.05.2006, 08:56
Hallo Axel,

ich habe 20 Jahre gespielt und bin seit dem 23.9.05 spielfrei. Wir haben also eine ähnliche Periode und ich kenne das, was Du geschildert hast nur allzu gut. Auch ich habe 20 Jahre meines Lebens nicht wirklich gelebt, weil ich alle Gefühle und Empfindungen nicht wahrgenommen habe bzw. es nicht zulassen konnte. Mittlerweile ist alles anders. Die Trennung von meiner letzten Freundin hat so wehgetan, wie noch nie etwas weh getan hat, weil ich die Gefühle zugelassen habe. Jetzt habe ich eine neue Freundin und entdecke fast jede Woche neue Gefühle in mir - gute und schlechte - ich nehme das Leben, die Probleme und die Glücksmomente ganz anders wahr - ich brauche nicht mehr schauspielern - ich kann sagen was ich fühle und denke, weil ich es weiß und nichts mehr verstecken muß. Das Leben hat an Qualität gewonnen, denn die positiven Momente überwiegen.
Mir haben viele Menschen zu dieser Entwicklung geholfen - Freunde, denen ich reinen Wein eingeschenkt habe und auch mein Verhaltenstherapeut - mit ihm konnte ich einfach einige Sachen in meinem Leben auf eine vernünftige Basis bringen (vom Denken her) und er hat mir geholfen, der Realität wieder näher zu kommen, denn ich glaube, daß wir Spieler im Laufe der Zeit nicht nur einen Realitätsverlust beim Thema "Spielen" haben, sondern bei allen das normale Leben betreffenden Sachen.

Ich wünsche Dir weiterhin Spielfreiheit und das auch Du das Leben ohne spielen weiterhin schätzen lernst.

Viele Grüße
Maik

axel
29.05.2006, 18:11
hallo maik,
danke für deine antwort. unsere geschichte liegt wohl sehr nahe beieinander. auch ich sage glückwunsch zu acht monaten spielfreiheit. ich komme von meiner letzten freundin nicht los, sie empfindet tiefe freundschaft zu mir und signalisiert mir, es ist nicht endgültig. meine gefühle sind völlig konfus. es ist schwer zu differenzieren zwischen verarbeiten der spielsucht und verarbeiten der beendeten beziehung. das ist eine extremsituation. zum glück zieht mich nichts an die automaten. ich habe festgestellt das ich sehr viel zeit habe, ist ja auch logisch, die zeit die ich sonst vor den automaten gesessen habe, die habe ich ja nun.

meine gefühlswelt ist so chaotisch, dass ichmanchmal glaube nackt zu sein und völlig schutzlos der welt ausgeliefert zu sein.

grüße
axel