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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : kann es ganz einfach sein?



axel
26.05.2006, 12:01
da ich in diesem forum neu bin, ich mich überhaupt noch nie in einem forum bewegt habe, möchte ich hier einmal meine aktuellen erfahrung zum besten geben.

ich habe vor drei jahren beate kennengelernt. sie war von anfang an offen und ehrlich zu mir, hat mir volles vertrauen entgegengebracht. ich habe ihr dieses vertrauen nicht erwiedern können. von meiner spielsucht habe ich ihr erst erzählt als wir schon mehrere monate zusammen gewohnt haben und das, obwohl ich wusste das sie eine lange zeit mit einem drogenabhängigen zusammen war.

irgendwie habe ich gespürt, das beate ein besonderer mensch ist. trotzdem oder vielleicht gerade deshalb habe ich immer intensiver gespielt. ich blicke auf eine über 20jährige "spielerkarriere" zurück.

in unsere knapp zwei jährigen beziehung hat es mir an nichts gefehlt; wärme, zuneigung "vertrauen" gemeinsame interessen alles war da. es war einfach harmonisch. es ging MIR richtig gut.trotzdem immer intensiver gespielt,warum??? dieser frage werde ich mit meinem therapeuten auf den grund gehen.

beate ist in unsere beziehung fast vor die hunde gegangen, sie hat nicht verstanden was ich eigentlich von ihr will, sie fühlte sich in unserer beziehung einsam. heute weiss ich warum. ich habe meine gefühle nicht zugelassen,ich habe sie nie richtig an mich herangelassen.

ich bin nun acht monate spielfrei und von beate getrennt. ich habe manchmal das gefühl ein anderer mensch zu sein, was mich nachdenklich macht ist die tatsache das mir das spielen nicht fehlt. ich habe überhaupt keine entzugserscheinungen. ich habe es einfach gelassen,seit dem 30.9.2006.

KANN ES GANZ EINFACH SEIN???

Das wiederum macht mir ein wenig angst und beschäftigt mich, ich will der sache auf den grund gehen.

für mich persönlich habe ich eine theorie:

beate war in der lage mir das zu geben wonach ich mich mein ganzes leben gesehnt habe, sehnSUCHT eben. das konnte aber nicht sein, das konnte es nicht geben. der spieler axel hat sich immer mehr dagegen gewehrt, wenn das so wäre, dann würde der spieler axel nicht mehr gebraucht. die sehnSUCHT spielen wäre überflüssig und so hat der spieler mit seinen mitteln versucht die SUCHT zu erhalten. aber der spieler axel hat den wahren axel unterschätzt und damit verloren.hoffentlich für immer.

Vielleicht KANN ES WIRKLICH GANZ EINFACH SEIN!!!

eines noch zum schluss, ich erlebe viele dinge, trotz der relativ kurzen abstinenz, heute viel intensiver und das macht wirklich mut.

Gruß
axel

Heide
26.05.2006, 12:26
Hallo Axel,
nein, ich glaube nicht, dass `es` ganz einfach sein kann. Du machst dein Glück von Beate abhängig, sie hat dir "das gegeben, was du brauchst". Da hast du gesucht und gefunden. Was aber, wenn sie nicht mehr gibt?
Spielsucht ist doch wie alle Süchte nur ein Symtom, keine eigenständige Erkrankung, sondern Ausdruck einer Persönlichkeitsstörung. Der musst du auf den Grund kommen, sonst wirst du immer dann, wenn es Probleme gibt, wieder eine Fluchtmöglichkeit suchen und sicher auch finden.
Bei meinem Mann war es auch so. Er war glücklich mit mir, alles lief bestens, kaum tauchten die ersten Problemchen auf, tauchte er ab, ging zocken, log und alles ging bergab. Da steckt doch mehr dahinter als nur die Lust am Spiel und am Wagnis. Eine ernste Neurose zu überwinden, eine Persönlichkeitsstörung zu bewältigen kann nicht einfach sein. Einfach kann es höchstens sein, dass Spielen für eine Zeit zu lassen. Willst du wirklich gesund werden, wird das ein hartes Stück Arbeit und kein Spaziergang.
LG
Heide

Gerri
26.05.2006, 13:32
Hallo Heide,
danke für deine kurze, präzise und für mich als richtig angesehene Einschätzung der Spielsucht.
Es kann einfach sein, gewisse Zeit nicht zu Spielen.
Eine wirkliche Veränderung ist niemals einfach...sie bedeutet ein wahnsinniges arbeiten an sich.
Ob es eine Neurose ist, kann ich nicht beurteilen - ansonsten gebe dir in deiner Darstellung uneingeschränkt recht.
Aber es gibt - die Spielermenschen - die bereit sind auch schwere Wege zu gehen.
Ich denke auch Axel hat sich auf diesen Weg gemacht - und ich hoffe sehr, das er den begonnenen Weg konstruktiv fortsetzt und auch nach verfliegen der Euphorie nicht mehr spielen zu wollen - zu müssen - auch weiter an sich arbeitet.
Nach relativ kurzer Spielfreiheit meinen viele Spieler, ich habe es geschafft, es war gar nicht schwer - hören auf an sich zu arbeiten - unterschätzen die Sucht - und fallen oft tiefer zurück als sie je waren.
Auch die Streicheleinheiten - ich finde toll das du nicht mehr spielst - fallen natürlich irgendwann weg. Weil alles scheinbar normal läuft.
Der beginn der Normalität des Alltags ist jedoch ein wesentlicher Knackpunkt auf den Weg in die Abstinenz. Zu begreifen es ist normal nicht zu spielen - für alle - nur nicht für mich.
In dieser Phase der scheinbaren Sicherheit gibt es oft wahnsinnig schwere Rückfälle, die nicht nur den Betroffenen - sondern sein ganzes Umfeld - Partner , Familie - zutiefst erschüttern.
Hier entstehen nach der ersten Euphorie riesige Vertrauensverluste - und die Problematik der Sucht erkennbar in all ihrer Schwere.
Ich möchte Alex hier nahelegen auf diese Gefahr sehr zu achten.
Irgendwann sehen es alle als normal an, das du NICHT spielst. Das war für mich als Spieler so nicht ganz nachvollziehbar.
Das der Alltag nach 30 Jahre Spiel nicht verschüttet, worauf es ankommt, werde ich mich dauerhaft mit diesem Forum - und somit auch mit der Sucht -
befassen, um nicht zu vergessen.
Ich liebe meine Famile - meine Frau. Aber ich beginne langsam auch mich selbst zu lieben - weil ich einverstanden bin mit dem was ich tue.
Aus diesem damit in Verbindung stehenden innerlichen Wohlbefinden schöpfe ich Kraft - schöpfe Freude und gute Laune, die ich weitergeben kann.
Ab diesen Punkt habe ich erst gemerkt...es kann ganz einfach sein...

Lieben Gruss
Gerri

axel
26.05.2006, 13:53
danke euch beiden,

wie gesagt mir macht dieses "einfach sein" eben auch angst. ich habe es in den vergangenen 20 jahren noch nie geschafft, über einen zeitraum von acht monaten spielfrei zu bleiben.

und ich bin ja "so stolz auf mich"

beate ist für mich nicht mehr verfügbar. nicht mehr als partnerin in einer beziehung.diesen punkt musste ich gleichermaßen akzeptieren. ob ich das beides kann wird die zukunft zeigen. es gibt dinge die mir sicherheit geben. ein geregeltes einkommen.einen schuldenrahmen der überschaubar und geordnet ist. gute freunde die über mich, seit neuestem, wirklich bescheid wissen und einen therapeuten mit dem ich versuche den ursprung zu ergründen. und jetzt auch noch dieses forum. mit menschen zu sprechen die wissen über was man spricht. erfahrungen austauschen. wie genau das von mir geschilderte: kann es ganz einfach sein....

ich habe eure schilderungen zu dem thema: was wäre, wenn ich nicht spielsüchtig wäre....gelesen

verenas vergleich mit den vasen beschäftigt mich, was in der kindheit liegt....
bearbeite ich grad mit meinem therapeuten. viele dinge versuche ich mir selber zu erarbeiten, davon später mehr.

bin sehr froh hier zu lesen und mich mitteilen zu können, später vielleicht auch mit meinen erfahrungen anderen helfen können.

grüße
axel

Maik
29.05.2006, 09:26
Hallo Axel,

ich emfinde Deine Frage "kann es so einfach sein ?" als sehr passend, denn so oder ähnlich habe ich mir die Frage auch schon gestellt.
Ich hatte aufgehört, nachdem ich nochmal richtig viel Geld verspielt hatte (an Automaten) .Irgendwie hatte sich mein "Hebel" umgelegt und ich wollte und ging nicht mehr spielen. Ich fing an, mir Mechanismen zu entwickeln, um einfach gewissen Gefahrenpotenzialen aus dem Weg zu gehen und siehe da, es funktionierte - ganz einfach und ohne Probleme.
Boar, war ich stolz auch mich ! Ich konnte es also - ich war nicht so schwach, wie ich immer dachte. Ich nahm es mir vor und es gelang mir. GEIL

Aber nach ein paar Monaten wurde es plötzlich richtig schwer, denn es lief einfach alles zu gut, zu glatt, zu problemlos. Ich hatte keine wirklichen Probleme mehr, denn die Schuldenabzahlung ist geregelt und ich kann damit leben. Ich vernachlässigte die SHG, weil ich ja ohne Probleme zurecht kam, ich vernachlässigte das Forum und eine andere Gruppe, denn warum sollte ich mich mit dem spielen beschäftigen, wenn ich doch gar kein Problem damit habe, nicht spielen zu gehen ? Und genau da, erkenne ich mittlerweile den Knackpunkt. Es ist im Grunde genommen so, wie Gerri es beschrieben hat und wie man in vielen, vielen Berichten hier im Forum nachlesen kann. Sobald man aufhört (trifft zumindest auf mich zu) sich mit seinem Problem zu beschäftigen, läuft man in die Gefahr eines Rückfalls. Ich versuche mittlerweile (teilweise) es mir bildlich vorzustellen - in mir drin ist ein kleiner Spielteufel, der gerne spielen möchte, weil es ihm Spaß macht und dem es scheißegal ist, welche Konsquenzen und Probleme das Spielen FÜR MICH mit sich bringt, denn er will nur spielen. Dieser Spielteufel in mir wird immer da sein - den Rest meines Lebens - und es liegt an mir, wie tief ich ihn in mir zuschütten kann mit Mitteln, die mich vor ihm schützen. In dem Augenblick, in dem ich anfange, ihn nicht mehr mit Blockaden und Mitteln (keine Medikamente) zuzuschütten, fängt er an, sich immer mehr Macht anzueignen und arbeitet sich immer weiter nach oben. Er war bei mir schon wieder sehr weit oben und fing an mich mit Sätzen "Du hast es geschafft, ich gebe auf, aber wie wärs denn noch einmal mit ner Runde Automaten - beweise mir nochmal, das ich keine Macht mehr über Dich habe" - und was soll ich sagen, ich wäre ihm fast erlegen gewesen. Und das nicht nur einmal......

Bisher habe ich noch die Oberhand, aber damit das so bleibt, muß ich immer weiter daran arbeiten, sonst kommt der Spielteufel wieder nach oben und ich weiß nicht, ob ich auch dann wieder die Oberhand behalten werde. Auch wenn man vorher immer liest, das die Spielsucht keine Krankheit wie die Grippe ist, die sich heilen läßt - ich habe ich zwar geglaubt, aber irgendwie auch nicht. Wenn man aber an dieser Schwelle zum Rückfall steht, dann versteht man diesen Satz wirklich. Ich habe ihn mittlerweile verstanden - wirklich verstanden. Ich werde weiter an mir arbeiten - möglichst täglich - und wenn ich nur alle 1-2 Tage hier ins Forum gucke und auch alte Beiträge lese - es hilft.

Gerri, Deinen Eintrag, was die Normalität des "Nicht spielens" betrifft, finde ich sehr gut und ohne Deinen Eintrag wäre es mir gar nicht so aufgefallen. Du hast recht. Anfangs haben die Freunde noch gefragt - und wie lange schon ? 1 Monat - oh toll ! Es wird weniger ! Einige von Ihnen wissen "Mein Datum" und werden vielleicht am 23.09.06 fragen, ob ich das Jahr geschafft habe, aber spätestens dann werden die Fragen vereben, weil es für sie mehr oder weniger selbstverständlich ist - in Ihren Augen habe ich es dann geschafft. Und ich kann es Ihnen nicht verübeln, denn ich habe ja erfahren, wie schnell man es selbst als Selbstverständlichkeit ansieht, das man nicht mehr spielt.

Ich kann nur an alle spielfreien Spieler appelieren - hört nicht auf, gegen den Spielteufel anzuarbeiten und tretet mir in den Hintern, wenn ich selbst damit aufhöre oder nachlasse. Wünsche Euch viel Kraft und Durchhaltevermögen.

Viele Grüße
Maik

Harry
29.05.2006, 12:36
Hallo Axel,
es kann ganz einfach sein, wenn du für immer den 1. Einsatz vermeidest, denn nur bei dem ist es deine Entscheidung, der Rest der danach kommt ist Sucht und führt dich dahin wo du vorher warst. Wenn "nur" das Spielen dein Problem ist, dann vermeide den 1. Einsatz un führ ein zufriedenes Leben. Das du einen Therapeuthen hast find ich toll, bleib da dran.

Liebe Grüße
Harry