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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Dieter Teil 1.



Cl@us
27.05.2007, 20:31
Hallo,
ich bin im Schreiben nicht so begabt, wie mein im Jahre 2005 verstorbener Freund Dieter, Trotzdem habe ich überlegt wie ich einen Nachruf über ihn schreiben könnte.
Kennen gelernt hatte ich Dieter vor 18 Jahren in der GA-Gruppe in W., er fiel mir dadurch auf das er sich sehr über die Dinge Gedanken machte gerade in psychologischen, religiösen und vielen anderen Dingen, das brachte zwar Bewegung in die Gruppe rief aber aber auch starke Ablehnung hervor.
Es kam wie es kommen musste Dieter verließ die Gruppe wie er sagte in Freundschaft, obwohl er’s selbst die Gruppe mitgegründet hatte!
Jahre später bin ich ihm in einen Internetforum wieder begegnet und seitdem haben wir uns öfter getroffen und Kontakt gehalten. Anfang dieses Jahres habe ich versucht ihn zu erreichen telefonisch, per Brief und Email aber die Post kam zurück und von seinem Kollegen erfuhr ich, das er im Vorjahr verstorben ist.
Nun habe ich überlegt was ich über Dieter und sein Wesen schreiben könnte und da kam mir die Idee einen Text den er mal in ein Forum stellte (er gab mir zu Lebzeiten die Erlaubnis ihn zu verwenden) als Nachruf auf ihn zu benutzen. Um seine seine großartige Art Herz- und Hirn zu gebrauchen noch mal zum Leben erwecken.


Einleitung:
Hallo Ihr Lieben, der eine/die Andere kennt mich. Andere nicht. Ich bin Dieter, bin spielsüchtig und seit über 11 Jahren trocken. Lange funktionierte hier bei GA das Prinzip, dass Erfahrene den Unerfahrenen helfen und damit auch sich selbst. Im Moment lese ich viel von Menschen, die keine Gruppen mehr besuchen, die Probleme mit dem Begriff "Spiritualität" haben, die die 12 Schritte "irgendwie" intellektuell verarbeiten wollen, die die Schritte nie auch nur versuchsweise lebten. Ich möchte die Schritte mit Euch durchgehen, erklären wie ich sie für mich lebte/lebe. Vielleicht mag das hilfreich sein, wenn Ihr für "Spielsucht" einfach eure "Sucht" setzt.

1. Schritt:
Wir gaben zu, dass wir dem Spielen gegenüber machtlos sind - und unser Leben nicht mehr meistern konnten.
Dies war, nach langem Wehren der einfachste Schritt. Ich hatte es mit Vernunft versucht, ich hatte es mit Kontrolle versucht, ich habe es mit Selbst-Analyse versucht, ich habe es mit der Verarschung von Therapeuten versucht. Nichts ging mehr!
Meine Kontoauszüge, die nicht mehr vorhandenen Freunde, der Stress innerhalb der Familie, mein nicht mehr vorhandenes Selbstwertgefühl, die Unfähigkeit mich selbst und andere zu empfinden, die Befriedigung meiner Sucht, die noch vor Verantwortung, Ehrgefühl und Liebe kam, hatten mir deutlich gezeigt, dass ich "mein Leben nicht mehr im Griff" hatte.
Es war mir entglitten. Gemeinsam mit Selbstachtung, Anerkennung anderer und Liebe. Liebe zu mir selbst und Liebe zu anderen.
Ich war ein "arme Sau". Ich war am Ende. Ich kam mit meinen Mitteln nicht mehr weiter.
Und das war alles was ich mir eingestehen musste. Den Selbstbestimmten Dieter gab es nicht mehr. Ich brauchte dringend Hilfe um nicht körperlich zu sterben. Innerlich war ich schon lange so gut wie tot.

2. Schritt:
Wir kamen zu dem Glauben, dass eine Macht, größer als wir selbst, uns unsere geistige Gesundheit wiedergeben kann.
Klar habe ich mich an Begriffen wie "Gott", "höhere Macht" und ähnlichem erst einmal aufgehängt. Ich war Atheist und stolz darauf. Konnte ich doch in religiös motivierten Diskussionen immer wieder meine geistige Überlegenheit zeigen, konnte mich lustig machen, ein wenig Schein-Überlegenheit ausspielen.
Immer nur das letzte Aufbäumen eines nicht mehr vorhandenen Egos!
Ich hatte es mit meiner "Stärke" versucht und war kläglich gescheitert.
Wenn es also "da draußen" nichts gab, was stärker war als ich, dann war ich verloren!
Ganz zu Anfang hat mir als "höhere Macht" die Achtung vor meiner Selbsthilfegruppe, den Menschen dort und deren gesammelter Erfahrung gereicht.
Außerdem habe ich feststellen müssen, dass es Menschen in ähnlicher Situation gab, die noch schlimmer litten als ich. Die hatten ihren Verstand, ihre Gesundheit und manche ihr Leben verloren. Also gab es "etwas", dass mich trug, behütete, beschützte. Ich muss es nicht Gott nennen, es kann Zufall, Glück, positive Energie oder wohlmeinendes Schicksal heißen. Von mir aus auch Franz, Fritz oder Helga.
Aber ich kam zu dem Glauben, dass "da" etwas ist das es "gut" mit mir meint.

3. Schritt:
Wir fassten den Entschluss, unseren Willen und unser Leben der Sorge Gottes - wie wir ihn verstanden - anzuvertrauen.
Wieder so ein Aufreger!
"Gott" habe ich gar nicht, als Gar nichts verstanden!
Aber ich war soweit unten, dass ich mich nur noch dem Wohlwollen der Menschen um mich herum und meinem "Schicksal" anvertrauen konnte. Meine Kraft war erschöpft, hatte keine Erfolge gezeitigt.
Hier beginnt für mich das Gelassenheitsgebet:
"Gott gebe mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann,
den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann,
und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden."
Es beinhaltet alles was ich als Süchtiger wissen und beherzigen muss. Für "Gott" kann ich jeden x-beliebigen Begriff einsetzen, solange es "etwas" ist, dass ich für stärker als mich selbst erachte.

4. Schritt:
Wir machten gründlich und furchtlos eine moralische und finanzielle Inventur in unserem Innern.
Hier glaube ich, dass es sehr hilfreich ist sich nicht nur auf das Innere zu beschränken, sondern all dies aufzuschreiben. Die Arbeit daran hat schon etwas Befreiendes und was man "Schwarz auf Weiß" hat, hat "Wert". Ein Kaufmann macht seine Inventur auch nicht nur im Kopf. Zu leicht wird etwas übersehen. Kleine Formulierungsänderung meinerseits "eine Inventur unseres Inneren".
Da liegt der Hase im Pfeffer. Warum und gegen wen haben wir Groll?
Was verzeihen wir uns selbst nicht? Was ist arm an unserem Leben?
Was erwarten wir? Was erhoffen wir? Was können wir geben, sind wir bereit zu empfangen? And so on.
Diese Gewinn-/Verlustrechnung hilft wirklich weiter.