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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Und nun?



lila
02.11.2007, 12:01
Hallo,
ich habe hier schon ein paar mal in anderen Themen Fragen bezüglich meines Freundes eingestellt.
Ich habe immer gedacht, wenn er mir erst einmal "beichtet" das er spielt, würde sich in mir eine große Erleichterung breit machen. Nun war es gestern Nacht so weit. Er hat in den letzten 4 Monaten 3000 Euro bei Fußballwetten verloren. Das Geld hat er nicht selber gesetzt, sondern ein Kumpel von ihm, da er sich mit Fußball gar nicht auskennt. Deshalb ist seine Schlußfolgerung nun auch, dass er kein Problem mit dem "Spielen" hat, denn er hat es ja nicht selber gesetzt. Er hat mir das ganze in einem Tonfall erzählt, als ob er Schwierigkeiten mit Schuheputzen oder ähnlichem hat. Wenn ich unbedingt will, kann ich für ihn einen Gesprächstermin bei einer Spielerberatung machen. Aber er ist sicher, die werden bei ihm nichts finden, da gehört er nicht hin. Er versucht immer noch mir einzureden, dass ich diejenige bin, bei der etwas nicht stimmt ( womit er natürlich zum Teil auch Recht hat).
Ich habe das Gefühl, dass diese ( halbherzige ) Beichte nur ein weiterer Schritt der Manipulation war, damit ich ihn wieder aufnehme und alles so weiter läuft wie bisher. Deshalb habe ich ihm gesagt, wenn er sich ernsthaft Hilfe holt, kann er sich gerne wieder bei mir melden. Vorher nicht. Ich kann so einfach nicht mehr ( Finanziell und Psychisch ).
Da ich hier nun mit großen Schuldgefühlen sitze, wollte ich gerne mal Eure Meinung dazu hören.
Warum komme ich nicht an sein Herz?
Vielen Dank fürs Zuhören.
Lila

mikesch
08.11.2007, 21:00
Hallo Lila,

habe gerade Deinen Beitrag gelesen und bemerkt, dass obwohl Du Fragen stelltest, diese noch nicht beantwortet sind.

Wobei - beantworten kann ich sie auch nicht, dass kannst Du wahrscheinlich nur selbst.

Trotzdem möchte ich Dir mein Empfinden beim Lesen Deines Beitrages schildern - vielleicht hilft es Dir ein wenig weiter:

Ich habe den Eindruck, dass Dein Freund nicht nur bei Fußballwetten sein Geld verspielt hat, sondern das das eben nur der letzte Strohhalm war, nach dem er griff in der irrigen Annahme, dass er dadurch und auch durch den immens hohen Einsatz Gewinn herausholen konnte. Ich denke auch, das es keine Rolle spielt, ob er den Einsatz selbst setzt oder andere setzen läßt.
Wenn ich mich an meine Spielzeit erinnere, dann waren es immer die neuen Automaten, die mein Interesse ganz besonders erweckten und von denen ich noch schlechter als sowie so schon wieder los kam.

Wie schon gesagt, es spielt keine Rolle ob er selbst die Einsätze setzt oder es jemanden machen läßt. (Ich habe keine Ahnung von Fußballwetten) Aber ich kann mir vorstellen, dass die Spannung - sprich der Adrenalinschub eine ähnliche ist wie eben bei anderen Spielen um Geld auch.

Wie Du schon selbst erkannt hast, nutzt es auch nichts, wenn Du ihm einen Termin bei einer Beratungsstelle machst. Solange er der Meinung ist, dass er nicht süchtig ist, solange wird es -selbst wenn er hingeht - nichts bringen, außer das er die Vorstellung hat, Dich besänftigt zu haben.

Sorge für Dich, Lila. Tue das, was Dir gut tut und gebe auf Dich acht.

Ich wünsche Dir alles Gute

Marlies

howi1111
10.11.2007, 22:21
Hallo Lila!
Marlies hat Recht. Du hast keine Chance ihm seine Sucht zu nehmen. Er muss bereit sein sie selbst zu bekämpfen. Wenn Dir sehr viel an ihm liegt, kannst Du ihm Hilfestellung geben, aber die darf auf keinen Fall in Form von finanziellen Zuwendungen bestehen. Du diktierst ihm die Bedingungen. Als süchtiger Spieler ist er ja gewohnt zu verlieren!
Mit seinen Schulden muss er selbst klar kommen. Von seinem Einkommen darf er ein kleines Taschengeld behalten (zum Beispiel 25 € die Woche). Den Rest bekommst Du. Eventuell ist es erforderlich das er zuerst eine Verbraucherinsolvenz durchführt. Solange er diese Bedingungen nicht erfüllt, lasse ihn nicht bei Dir wohnen. Dann soll er sehen wie er klar kommt. Als Masochist wird er schon zum Schluss (wenn er ganz am Ende ist) zu Dir zurückfinden. Ein paar Tage unter der Brücke werden ihm in diesem Falle gut tun, weil Deine Beziehung zu ihm noch intakt ist. Du bist dann sein Rettungsseil.
Liebe Grüße
Holger

andreasg
10.11.2007, 23:48
Hallo Holger,
nun komme ich überhaupt nicht mehr mit Deinem Gruß zur Nacht klar.
Was mag Dich treiben, eine fragende Angehörige mit Wegen in destruktive Verhaltensweisen zu konfrontieren. Oder ist Dir der spielende Mann etwa selber bekannt?
Plagen Dich irgendwelche Rachegefühle - einem Spieler gegenüber;
hast Du ev. schon ein mal unter einer Brücke genächtigt?
Dann teile uns bitte Deine Erfahrungen dabei mit.
Wenn Du von Masochismus schreibst, gehört nicht auch Sadismus dazu. Hast Du irgendwelche Phantasien in dieser Richtung.

Ich glaube wirklich daß ein genesener Spieler einem Angehörigen Menschen Hilfe zukommen lassen kann, wenn ER das Bild eines genesenen Spielers gibt. Wer noch unter einer Brückenphantasie leidet sollte sich Hilfe suchen.
Aus dem Grunde (Angst vor Sozialem Verfall)habe ich vor 4 Jahren eine Stationäre Therapie in einer Psychosomatischen Klinik unternommen - und ich fühle mich in meiner kleinen schicken Wohnung pudelwohl!
Auch Angehörige Menschen können durch Beratung, Ärztliche Hilfe unf in Selbsthilfegruppen ein Neues Selbstbewusstsein lernen, daß von Suchtverhalten fernhält. (z.B. Co - Abhängigkeit).

Also: All Morgen ist ganz frisch und neu ...
Schöne 24 Stunden
Andreas

mikesch
11.11.2007, 01:07
Hallo Holger,

Bedingungen diktieren ist nicht das Thema und sehr ungesund für den betroffenen Angehörigen.

Noch einmal klar und deutlich: Es gibt nur eine Bedingung jeweils für den Spieler und für den Angehörigen!

1. Der Spieler selbst muss für sich entscheiden was ihm wichtiger ist, Beziehung und somit Halt und dafür Abstinenz mit allen Konsequenzen und aller Inanspruchnahme von Hilfe bei "externen" Stellen.

2. Der Angehörige, der entscheiden muss, was ihm wichtiger ist: der Selbstschutz oder die Co-Abhängigkeit.

Du hingegen forderst vom Angehörigen, der selbst in einem "Schlamassel aus Vertrauensverlust, Enttäuschung, Selbstkritik, evtl auch Mitleid, völligem Unverständnis bis hin zur Selbstaufgabe zunächst völlig überfordert ist, Konsequenz in seinen Handlungen, störungsfreie Sichtweisen - sprich Weitsicht - und uneingeschränkte Entscheidungsgewalten.

Findest Du nicht, dass das ein wenig zu viel verlangt ist bei einem Menschen, dessen Zukunft sich in dem Moment, in dem er von der Sucht des Partners erfahren hat, in Luft auflöste? Der selbst versucht, wieder Boden unter den Füssen zu bekommen?

Hast Du eigentlichen eine/n Angehörige(n, dem dies alles wiederfahren ist?

Marlies

howi1111
11.11.2007, 10:22
Hallo Andreas und Marlies!

zu Andreas:
Ich glaube nicht das eine Person grundsätzlich masochistisch und gleichzeitig sadistisch sein kann. Man ist ja auch entweder Optimist oder Pessimist.
Bei meinem Vorschlag steht es dem süchtigen Spieler doch frei seinen Weg zu wählen. Wenn er die Bedingungen ablehnt, kann er doch seinen eigenen Weg gehen. Das mit der Brücke ist ja nur der Extremfall. Jedem Zocker sollte aber bewußt sein, dass der Abstieg bis dorthin führen kann. Mit Nachsicht hilfst Du dem Zocker nicht. Selbstverständlich kenne ich die betroffene Person nicht, und ich habe auch keine Rachegefühle gegenüber meinen ehemaligen "Leidensgenossen". Warum sollte ich auch? Des Menschen Wille ist schließlich sein Himmelsreich. Über eine bestehende Co-Abhängigkeit konnte ich in Lilas Beitrag nichts rauslesen. Es ist doch schön, dass Du dich von Deiner Sucht befreien konntest, und nicht bis zur Brücke gekommen bist.

Zu Marlies
Ich habe Lila nur einen Weg vorgeschlagen. Selbstverständlich führen viele Wege nach Rom. Auch wenn sie sich zunächst trennen, bleiben beide Personen ja geistig miteinander verbunden.

Zitat:
1. Der Spieler selbst muss für sich entscheiden was ihm wichtiger ist, Beziehung und somit Halt und dafür Abstinenz mit allen Konsequenzen und aller Inanspruchnahme von Hilfe bei "externen" Stellen.

Ich finde das habe ich doch genau so klar formuliert: Die Entscheidung liegt ganz klar beim Spieler. So wie Lila ihren Lebensgefährten beschrieben hat, glaube ich aber nicht das eine Therapie jetzt schon etwas bringt. Das hörte sich eher wie Lippenbekenntisse an.

Zitat:
2. Der Angehörige, der entscheiden muss, was ihm wichtiger ist: der Selbstschutz oder die Co-Abhängigkeit.

Da gibt es noch einen dritten Weg: Dem Zocker zu helfen, und sich gleichzeitig zu schützen.

Ich kann nicht erkennen warum es für den Angehörigen ungesund ist Bedingungen zu diktieren. Klar definierte gesellschaftliche Regeln bestimmen doch auch unsere Gesellschaft. Ich habe übrigens nicht das Gefühl, dass dieser Vertrausensverlust erst "gestern" bei Lila aufgetreten ist. Die Sache liegt doch schon in der Vergangenheit, schließlich ist das nicht der erste Beitrag von ihr im Forum. Über die Phase die Du in Deinen letzten Zeilen schreibst ist sie doch längst hinweg. Letzten Endes glaube ich fest daran, dass bei meinem Vorschlag der Spieler wieder auf den richtigen Weg geführt wird.

Zu meiner Person:
Ich habe nie unter der Brücke geschlafen. Das kommt daher, weil ich mir beim zocken immer Grenzlinien gesetzt habe. Das bedeutet:
Ich habe immer "nur" mein eigenes Geld verspielt. Allerdings bin ich dabei immer mehr in die Schuldenfalle getappt. Meine Angehörigen und Freunde haben schon von Beginn an gewußt das ich Spieler bin. Ich bin damit immer offen umgegangen. Deshalb hatte ich ja über 30 Jahre fast nie Geld. In meiner schwersten Zeit habe ich meinen Telefonanschluss verloren, und war mit der Miete zwei Monate im Rückstand. Immer wenn für mich solche "Extremsituationen" aufgetreten sind, habe ich die Notbremse gezogen. Die Mieten hat ein Freund von mir gezahlt, dem ich dann das Geld in monatlichen Raten zurückgezahlt habe. In diesen Zeiten habe ich mich gezwungen die Spielhalle nicht zu betreten, da ich sonst wieder die Kontrolle über mich verloren hätte. Ich bin ledig, und habe nie mit einer Person zusammen gewohnt (ausser natürlich bei meinen Eltern).
Ich habe auch heute noch einen großen Freundes- und Bekanntenkreis.

Ari07
11.11.2007, 12:51
Hallo Holger, eigentlich bin ich nur Leser von Beiträgen, doch dein Beitrag zu lila
hat mich dann doch so getroffen, dass ich mal antworten muß.
Ich bin selbst spielsüchtig und besuche seit ca.11 Jahren eine SHG.
Als mir damals bewusst wurde, dass mein Leben so nicht mehr weitergehen kann,
doch mir die Kraft fehlte endlich etwas zu unternehmen, war es meine Frau, die mir die Nummer der Kontaktstelle gab. Mein erstes Meeting hat sie damals mitbesucht und das wars. Keine Kontrollen, keine Vorhaltungen und als aller
wichtigstes keine Verplichtungen nach dem Motto: Karte her, Taschengeld,
Vorlage der Kontoauszüge usw.
Als Spielsüchtiger der drauf ist, würde ich mit den Empfehlungen, die du lila gegeben hast direkt dicht machen. Konsequenz: Keine Hilfe möglich!
Ich find es immer sehr heikel wenn Süchtige - Angehöringen Ratschläge geben wie sie sich zu verhalten haben. Auch heikel ist wenn Angehörige - Suchtkranken Verhaltensregeln aufzwingen wollen.
Fakt ist doch: Wenn ich als Spielsüchtiger nicht ernsthaft aufhören will und mir nicht selbst die manichfaltigen Hilfsangebote die es gibt zu nutzemache,
kann der Angehörige mit dem nackten A*** Fliegen fangen, es nützt nichts.
Eigensicherung der Angehörigen ist wichtig - Eigenverantwortung des Kranken aber auch, deshalb sollte man keine pauschalen Sprüche Klopfen wie diese
Brückentheorie.

Und noch was: Klar bin ich als Spielsüchtiger auch Sado-Maso drauf,
ich quähle mich mit Spielen und meinen Partner mit dem fabrizierten Elend.
Es geht doch nicht ums gewinnen sondern ums Leiden - sich selber zu spüren,
der Kick ist doch der Ärger den man duch das Spielen hat.

Alles gute Ari07

lila
11.11.2007, 13:33
Hallo,
ich Danke Euch allen für Eure Antworten.
Ich würde hier gerne berichten wie meine Geschichte weiterging, einfach um das Ganze noch einmal in die richtige Reihenfolge zu bringen und natürlich auch um Eure Meinung zu hören.
Am Donnerstag hatte ich einen Termin bei der Spieler- und Angehörigen Beratung, und habe im Vorfeld meinem Freund angeboten dorthin mitzukommen. Wie durch ein Wunder erschien er zur richtigen Zeit am richtigen Ort ( das ist schon seit Monaten nicht mehr vorgekommen ) und die Beratungsstunde begann. Leider war es nicht so erfolgreich, wie ich es mir erhofft hatte. Ich saß de ganze Zeit dort und habe geheult, er hat sich gewunden wie ein Aal. Direkte Fragen hat er nie eindeutig beantwortet sondern langatmige Geschichten darüber erzählt, warum sein Leben so furchtbar sei, alle anderen dafür die Schuld hätten und er sowieso überhaupt kein Spielproblem habe. Irgendwann hatte der Psychologe dann auch genug davon und das Gespräch war beendet. Mein Freund sollte dann noch einen Zettel mit Adressen von dem Psychologen erhalten, von Stellen, bei denen er um Hilfe suchen könnte ( da er ja obdachlos ist ). Vor Übergabe des Zettels verließ er allerdings die Beratungsstelle, nicht ohne mich noch einmal anzuknurren, was ich da wieder für eine „tolle“ Hilfe organisiert hätte…
Lange Rede, kurzer Sinn: Der Psychologe hat mir geraten, keinen Kontakt mehr mit ihm zu halten und ihn unter diesen Umständen ja nicht wieder aufzunehmen. Das fällt mir unendlich schwer. Nach wie vor würde ich gerne etwas für ihn tun. Man sieht ihm mittlerweile das Leben auf der Straße an und ich würde ihm zu gerne helfen. Auch als Angehöriger muss man verdammt aufpassen, nicht wieder schwach zu werden. Ich bin ständig versucht, das innere Loch der Leere dadurch wieder aufzufüllen alles so weiter zu machen wie bisher.
Noch eine Anmerkung: Natürlich haben wir auch schon versucht, die Geldgeschichten über mich laufen zu lassen. (war sogar sein Vorschlag). Ich hatte seine EC-Karte, sollte das eingehende Geld verwalten. Nur: Ab sofort ging kein Geld mehr ein. Er ließ sich sein Gehalt bar auszahlen und am gleichen Abend war es futsch. An diese Hilfe glaube ich also nicht mehr…
Euch einen schönen Sonntag
Lila

Ari07
11.11.2007, 13:56
Hallo lila, eine Möglichkeit etwas für dich zu tun wäre vielleicht hier:
www. gamanon.de

Viel Kraft auf deinem Weg,
Gruß Ari07

mikesch
12.11.2007, 21:33
Hallo Lila,

Hochachtung vor Deiner Kraft, Dich auf so einen Kampf mit Dir selbst einzulassen.

Es ist wohl aber Deine einzige Chance, wenn Du langfristig "überleben" willst.

Das liest sich jetzt wahrscheinlich sehr theatralisch, aber mir fallen gerade keine anderen passenden Worte dafür ein.

Ob und wann überhaupt Dein Freund Hilfe annehmen wird, ist erst entschieden, wenn er sich bedingungslos seinem Problem stellt. Solange er für sich weiterhin Ausreden erfindet, Schuldige sucht, Rechtfertigungen von sich gibt, solange führst Du einen Kampf gegen Windmühlen.

Aber das weißt Du bereits, Du bist ein ganzes Stück weiter.

Ich wünsche Dir weiterhin die Kraft und den Mut, den Du bisher gezeigt hast.

Bis bald einmal wieder

Marlies

lila
25.11.2007, 15:44
Hallo Zusammen,
ich war einige Tage im Urlaub und habe wohl irgendwie auf ein Wunder gehofft, welches in meiner Abwesenheit eintreten sollte... Leider ist dies nicht passiert.
Was mich immer wieder in Erstaunen versetzt, ist das hatnäckige Leugnen meines Freundes bei bestehenden Tatsachen. Die Realität scheint so fern zu sein, dass ich mit meinen Argumenten immer gegen eine Wand einer anderen Welt pralle. Ich komme einfach nicht durch.
Das Schlimmste war, er hat seine Papiere in unseren ehemaligen gemeinsamen Wohnung hinter dem Sofa versteckt. Als er nun etwas davon brauchte, schob er einfach das Sofa vor und da waren Unterlagen von ihm. Kontoauszüge, Rechnungen, Mahnungen... Ich bin in einer Alkoholiker Familie aufgewachsen. Dort habe ich immer Flaschen an unmöglichen Stellen versteckt gefunden. Mein Leben scheint immer den gleichen Verlauf zu nehmen.
Eine Frage an Euch: Er spielt anscheinend immer nur in Etappen, nicht durchgehend. Die letzte spielfreie Phase war anscheinend 1,5 Jahre. Ist das möglich, so lange nicht zu spielen und dabei keinen Spieldruck zu haben? Und: Warum fängt man dann wieder an? Gibt es dafür dann einen externen "Auslöser"?
Für Antworten wäre ich dankbar!
Liebe Grüße
Lila

winnetou
25.11.2007, 16:40
Hallo lila,
bei mir war es möglich. Ich war Anfang 2000 in stationäre Therapie und im Anschluss zur ambulanten Therapie. Ich war 18 Monate Suchtfrei, bis zum Zeitpunkt wo ich mich auf einer ungesunden Beziehung einließ.
In den 18 Monaten habe ich alles geregelt bekommen, sprich Schuldnerberatung, Umschulung zum System Administrator………etc. Ich ging zur Therapie und auch in Shg……….es ging mir richtig gut. Ich hatte zwar zwischen durch Spielgedanken, aber ich hatte sehr gute Ansprechfreunde in der Gruppe. Das bedeutet ich konnte über alles reden wenn ich Probleme hatte.
Mit der Frau mit der ich mich einließ hatte ich nur Stress. Ich spürte zwar es läuft etwas Falsch, aber ich wollte nicht loslassen. Ich spülte meine Gefühle mit Alkohol weg. Dann kam der erste Spielrückfall………..aber auch das machte mich nicht wach. Meine Umschulung war vom Fachlichen Programm sehr hart und ich schaffte es nicht beides unter einem Hut zubringen. Unter dem ganzen Beziehungsstress konnte ich keinen freien Kopf zum lernen bekommen. Somit machte ich den nächsten Fehler statt mich von der Beziehung zulösen, brach ich die Umschulung ab.
Ich wurde immer unzufrieden und trank mehr Alkohol. Ich war zwar nach dem Spielrückfall wieder über Monate spielfrei, aber ich verlagerte meine Sucht auf Alkohol. Ich ging immer seltener in die SHG weil die Freunde dort mir desöfteren sagten ich müsse mich von dieser Frau trennen. Obwohl alle Recht hatten wollte ich es nicht wahrhaben. Mein leben ging weiter den Bach runter, Schuldenberatung abgebrochen…..Rechnung nicht bezahlt…….usw.
So richtig wach wurde ich erst wieder als die Frau sich von mir Trennte. Ich hatte zwar noch etwa 1-1,5 Jahre Probleme mit dem loslassen, aber ich kümmerte mich wieder intensiver um meine Person. Mittlerweile habe ich Schuldnerberatung wieder aufgenommen, meine Insolvenz ist so gut wie durch und ich kümmere mich auch wieder um alles andere. Und was ich für mich als sehr positiv sehe, ich halte mich Heute nicht mehr lange in ungesunden Beziehungen auf. Jetzt bin ich wieder seit Oktober 2006 Spielfrei und ohne Alkohol seit 04.09.2007……………………..meinen leben macht wieder Spaß………..auch wenn nicht jeden Tag die Sonne scheint.

Lieben Gruß
Jürgen

mikesch
25.11.2007, 21:11
Hallo Lila,

Deine Fragen sind nicht leicht und vor allen Dingen nicht pauschal zu beantworten.

Nach meiner Auffassung und auch nach meiner eigenen Erfahrung hat Leugnen - selbst wenn die Tatsachen offensichtlich sind - immer etwas damit zu tun, nicht nur meinen Mitmenschen sondern auch mir selbst die Unwahrheit immer wieder ins Gesicht zu sagen oder auch regelrecht einzubläuen. Wenn ich etwas zugab, dann musste ich auch vor mir selbst zugeben. Ich gestand mir damit etwas ein. Als nasse Süchtige wollte ich das aber nicht. Ich versteckte nicht nur Dinge, ich versteckte mich vor mir selbst.
Ich erhoffte und erwartete, dass die Dinge sich für mich - trotz aller Offensichtlichkeit - dennoch positiv entwickelten. Ich steckte den Kopf in den Sand.

Wenn Du die verschiedenen Beiträge hier im Forum liest, wirst Du feststellen, dass viele Menschen sehr sehr lange enthaltsam leben konnten, an sich gearbeitet haben und trotzdem rückfällig wurden und zum Teil in die alten Verhaltensweisen zurückfielen und verzweifelt Antworten suchen, warum genau ihnen dieses passierte.

Ich persönlich empfinde für mich, dass ich während langer spielfreier Phasen eben nur spielfrei war aber nicht trocken. Das habe ich aber erst herausgefunden, nachdem ich intensiv mit professioneller Hilfe an mir gearbeitet habe.

An Deinem Beitrag meine ich zu verkennen, dass auch Du Hilfe brauchst. Du schreibst, Dein Leben scheint immer wieder den gleichen Verlauf zu nehmen.
Was ich toll finde, ist das Du das klar erkennst. Du scheinst etwas ändern zu wollen - für Dich!

Alle guten Wünsche für Dich

Marlies

Gerri
26.11.2007, 07:53
Hallo Lila,
es wird dir nicht möglich sein deinen Freund zu ändern oder auch nur zu helfen, wenn er dazu nicht bereit ist.
Was du tun kannst ist für DICH was ändern.
Erstaunt bin ich darüber, das er dir das Versteck so einfach preisgab - entweder er hat bereits mit dir über alles gesprochen, oder er ignoriert deine Verletzbarkeit.
Nun, warum man wieder spielt nach einer Zeit der Spielfreiheit - darauf suche ich für mich auch eine Antwort. Habe nach langer Zeit - mehr als 6 Jahre - auch wieder Rückfälle gehabt, bin aber seit ein paar Wochen wieder spielfrei .
Finde es für falsch das eigene Suchtverhalten auf einen Partner oder eine Beziehung abwälzen zu wollen. Als Süchtiger findet man ja stets was. worauf man es schieben kann, damit man sich nicht an die eigene Nase fassen muß.
Alles und Jeder ist Schuld an meine Sucht - bin das Opfer einer falschen Beziehung darum spiele ich...

Als Spielsüchtiger befind ich mich nicht in der Lage ,für eine normale Konfliktbewältigung . Darin krankt es in uns - denke deswegen nennt man es ja auch Suchtkrankheit.
Der Konflikt, den wir gerade nicht bewältigen können, arbeitet in uns - und wenn wir da nach einer gewissen Zeit kein befriedigendes Ergebnis für uns erreichen, verdrängen wir diesen Konflikt mit Spiel.
Sicher kann auch ein Beziehungskonflikt der Auslöser sein - wie viele andere Dinge auch. Doch Schuld an meiner Sucht - oder auch an einem Rückfall - ist lediglich meine Erkrankung - weder meine Partnerin -noch andere Ursachen - sondern einzig und allein der Umstand das ich nicht in der Lage bin eine bestimmte Situation zu meistern . Diese Situation muß nicht unbedingt negativ sein. Auch eine von uns als positiv erfasste ,hoch emotionelle Situation kann dafür ausschlaggebend sein.
Wichtig scheint also, ein ausgeglichenes Leben zu führen, um spielfrei zu sein.
Gerät diese Ausgeglichenheit ins wanken, ist der Rückfall programmiert - ein sicheres Zeichen, das ich wohl bis dahin spielfrei war, aber keineswegs geheilt von meiner Suchtkrankheit. Wie sehr etwas wanken muß, um spielauslösend zu sein, ist wohl von Person zu Person - bei jedem Suchtkranken - unterschiedlich.
Eine Bewegung des Suchtkranken in Richtung Abstinenz beginnt demach folgerichtig mit der Schaffung von ruhigen, überschaubaren Tagesabläufen - bei den Spielsüchtigen einhergehend mit der Einteilung der finanziellen Mittel.
Mit viel Geld in der Tasche kann es für einen Spielsüchtigen keinen ruhigen Tagesablauf geben..also ist dort der erste Ansatzpunkt.
Denke nicht, das ich damit unsere Sucht erklärt habe - aber sicher ein paar Punkte zum überdenken mitgeteilt habe.

Ein Spielsuchtkranker kann für sich mit viel eigenen Willen - mit der Annahme von Hilfe, eine gewisse Stabilität erreichen - ob es ausreicht, vollkommen zu genesen - darf angezweifelt werden.
Hoffe für dich, das sich alles zum Guten wendet..
aber denke an dich - an das, was Mikesch dir mitteilte.
Nur mit eigener innerer Stärke kannst du diese Situation durchstehen.
Im übrigen freue ich mich von Mkesch zu lesen - habe sie schon fast vermisst.

Lieben Gruss
Rudi

winnetou
26.11.2007, 09:47
Zitat Gerri: Finde es für falsch das eigene Suchtverhalten auf einen Partner oder eine Beziehung abwälzen zu wollen. Als Süchtiger findet man ja stets was. worauf man es schieben kann, damit man sich nicht an die eigene Nase fassen muß.
Alles und Jeder ist Schuld an meine Sucht - bin das Opfer einer falschen Beziehung darum spiele ich...

Hallo Gerri,
entweder hast Du meine Zeilen Falsch verstanden, oder Du willst sie zurzeit Falsch verstehen?!
Schuld war mit Sicherheit nicht die Frau sondern meine Unfähigkeit zudem Zeitpunkt davon Loszulassen. Mein komplettes Suchtverhalten hat bei mir etwas mit kranken Beziehungen oder auch Beziehungssucht zutun. Alle meine Rückfälle seit 1996 hatten immer etwas mit Beziehungen zutun. Und damit sind nicht nur Partnerschaften gemeint. Auch Beziehungen in Foren oder Chat waren bei mir Auslöser. Immer schön lieb und nett sein, damit keine Angriffsfläche zustande kommt *smile*. Konflikte in mir Reinfressen, ja nicht angehen das Thema, das konnte ich gut. Über Monate jeden Abend gechattet um ja nichts zu verpassen………..ich habe gerne den Mülleimer für andere gespielt um an mir nicht ran zu müssen. Nach jedem Rückfall kam von mir jetzt habe ich es endlich verstanden……….gar nichts hatte ich verstanden. Meine Zufriedenheit habe ich mir krampfhaft über Bestätigung durch andere gesucht. Heute muss ich das alles nicht mehr haben…………….ich muss nicht mehr andere ihre Beiträge Topen um der Held zu sein. Ich muss nicht mehr in allen Foren lesen um über alles und jeden bescheid zu wissen.
Lieber Gerri Du kennst nur Deine Auslöser, aber von uns zusprechen ist etwas übertrieben, denn wir sind alle anders……………………

Gruss
Jürgen

Gerri
27.11.2007, 02:27
Hallo Jürgen,
dein Eintrag war ein Anstosspunkt für mich darüber mal laut nachzudenken- denn es las sich für mich doch eher als eine Schuldzuweisung an deine EX-Frau.
Dennoch hab ich nicht Stellung zu deinem Eintrag bezogen - und bin ferner auch nicht bereit mich hier rumzukloppen wegen eíner Äusserung oder das ich uns statt ich geschrieben habe.
Toleranz - ist die Plattform eines ausgeglichenen Lebens .. und das ist mein Nahziel.
Fort von hochgeschaukelten Emotionen - die tun mir überhaupt nicht gut.
Was ich geschrieben habe war einfach ein lautes Denken - mehr nicht.

Jedoch ist für mich eine in deinen Zeilen übersteigerte Sensibilität spürbar.
Du sprichst zwar harte und klare Worte doch kannst selbst damit nicht umgehen, wenn du sie hörst.
Fast jeden siehst du als Feind..so kommt es mir vor..
und deine Eintragungen wirken oft wie Schreie auf mich.

Ich hatte diese Überempfindlichkeit auch, kurz vor meinen Rückfällen.
Ich hoffe, du achtest sehr auf dich..wenn mir damals jemand gesagt hätte du stehst vor einem Rückfall ..ich hätte diese Person ausgelacht.

Und jetzt sollten wir uns darauf besinnen das dieses ein Thread von Lila ist - und wir das respektieren müssen, damit nicht das gleiche geschieht wie vor kurzem in einen anderen Thread wo ein Zwiegespräch empfindlich gestört wurde.

Lila - hoffe es geht Euch den Umständen entsprechend gut..und das ihr neue Zuversicht für Euch spürt.

Herzlichst Gerri

winnetou
27.11.2007, 09:00
Hallo Gerri,
ich muss mich schon wundern was Du alles so in meinen Beiträgen rein interpretierst.
Nur zur info ich bin nicht Dein Spiegelbild.
Mir sind zurzeit keine Feinde bekannt. Wenn Du das auf meine ab und zu kleinen Streitereien beziehst, kann ich Dir nur sagen die bringen mich eher weiter wie rumschleimen.
Ich würde auch nicht lachen wenn jemand zu mir sagt Jürgen Du stehst kurz vor einem Rückfall. Ich würde eher denken die Person hält sich wohl für Gott.
Aber ich werde mal am Donnerstag meine Therapeutin fragen ob sie es auch so sieht. Und meinen Sponsor könnte ich da auch noch drauf ansprechen.
Ich habe auch keine Angst vor einem Rückfall, denn bisher hat mich jeder Rückfall eine ganze Menge dazu lernen lassen. Und ich stelle mich auch nicht auf dem Podest und sage ich werde nie wieder ein Rückfall haben, ich kenne meine Zukunft nicht.

Lieben Gruß
Jürgen