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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Ist das der Rat einer Therapeutin?



Nele1999
30.04.2009, 19:18
Hallo, ich bin ziemlich verwirrt. Könnt ihr helfen?

Mein Mann hatte im Herbst einen Rückfall, besucht seit dem eine Therapeutin.
Eine 2. stationäre Reha (die 1. war vor 6 Jahren) wurde inzwischen bewilligt. Nun warten wir auf den Termin. Mein Mann sagt, dass er seit Herbst spielfrei ist. (Ob ich das wirklich glaube kann ich so nicht sagen... Ich warte auf die Reha und hoffe, dass er dort wieder Unterstützung findet, um seine Krankheit kontrollieren zu können)

Seine Firma hat aufgrund der Wirtschaftskrise nun Probleme, es gibt Kurzarbeit usw. Wie lange das anhält und ob irgenwann mal Kündigungen anstehen kann niemand sagen... Da er der letzte ist, der vor 3 Jahren eingestellt wurde, macht ee sich Sorgen, dass er als "erster" gehen muss. Das ist für ihn schwer zu wissen, denn einen neuen Job zu finden ist ziemlich aussichtslos.

Nach dem letzten Gespräch mit seiner Therapeutin berichtete er mir, dass sie ihm gesagt hat, "Er selbst entscheidet doch, ob er gehen will. wenn ihm die Arbeit wichtig ist, muss er entscheiden, ob er das Risiko, den Job zu verlieren, auf sich nehmen möchte. Schließlich ist er so lange spielfrei und die neue Reha würde nur wiederholen was er in der 1. bereits erfahren hat. Die Reha soll eigentlich Spieler dazu bringen eben nicht zu spielen, er spielt doch aber nicht. Die jenigen, die sich viel davon versprechen und wollen, dass er die Reha besucht, sind doch nur die Angehörigen und Partner"

Nun bin ich völlig baff. Vielleicht hat sie ja Recht, aber sollte er des Jobs zuliebe nicht gehen? Ich könnte mit der Entscheidung nur schwer oder gar nicht umgehen...

Liebe Grüße Nele

andreasg
01.05.2009, 00:25
Hallo Nele,

Danke für Dein Posting. Ich glaube für eine (n) Angehörige (n) ist es nicht wirklich einfach sich in die Seele des Spielsüchtigen Menschen zu versetzen.
Da ist bei Deinem Partner beides: Die Angst um den Job und die Angst , die Spielfreiheit zu verlieren.
Als ich meinen langjahrigen Job im August 2000 durch Insolvenz des Arbeitgebers verlor, bekam ich das letzte Mal Spieldruck. In diesem Jahr war ich bereits 10 Jahre Spielfrei. Nun stand ich mit einem Geldstück in einer Imbissstube vorm Daddelkasten.... Damals bin ich einfach weggelaufen. Mein Kopf war völlig leer. 2 Jahre später trennte sich meine Frau von mir. Beides habe ich in langjähriger Ambulanter Therapie und im Sommer 2003 und im Winter 2008/09 in Stationären Klinikaufenthalten bearbeiten können.
Ich möchte Dir keinen Rat - Schag geben, ob Job bewahren oder Klinikaufenthalt richtig ist. Es betrifft ja Deinen Partner und er wird sich entscheiden, wenn er, so hoffe ich, Spielfrei bleibt.
Ein Klinikaufenthalt kann erst einmal der Suchtprävention dienen und hier - eine Spielabstinenz bewirken, und desweiteren in späteren Aufenthalten kann der Suchtkranke an seinen Emotionen arbeiten, die nun in aller Vitalität frei werden, weil das Suchtmittel, daß sie (die Gefühle) gedeckelt haben, nicht mehr Geist, Seele und Körper schädigt.
Ich wünsche Dir, daß Du Dir nicht zuviele Sorgen machen brauchst. Es gibt immer einen Weg.
Schöne 24 Stunden und Gute Nacht
Andreas

mikesch
01.05.2009, 08:10
Hallo Nele,

solange ich die Krankheit nicht im Griff oder zumindest das Gefühl habe, ist Arbeit lediglich eine Möglichkeit, mir mein Suchtmittel - nämlich das Geld - beschaffen zu können.

Und eine Reha ist nur so viel wert, wie ich bereit bin zu geben.

Ich denke, hier liegt die eigentliche Entscheidung, was zu tun ist und die kann nur der Spieler selbst treffen.

Ich schließe mich den liebevollen Wünschen von Andreas an

Mikesch

charlotte
03.05.2009, 21:03
Hallo

Ich sehe es auch so, Entscheidung liegt bei ihm..

wenn er spielfrei ist, hat ein Klinikaufenthalt meiner auffassung nach weniger Sinn..denn dieser soll ja erstmal akut auffangen...

Für ihn wäre eine ambulante Therapie sicher sinnvoller bzw zusätzlich noch eine SHG ..wenn er noch Probleme verspürt..und die klären muss/möchte

lg Charlotte

sabiene
03.05.2009, 22:01
hallo charlotte
ich habe gehört, daß man zu einer stationeren therapie erst mal spielfrei sein sollte. Ist es nicht so?
Hmm weis jetzt nicht so ganau, vieleicht kann ja jemand schreiben der eine therapie gemacht hat.
Liebe grüße sabiene

mikesch
03.05.2009, 22:45
Hallo,

es ist richtig, dass jemand zunächst einmal beweisen muss, dass er wirklich suchtfrei werden will.

Der Gang der Dinge ist folgender:

1. Vorstellung beim Therapeuten
2. Regelmäßige Besuche einer SHG und einer Motivationsgruppe.
3. Antragsstellung durch den Therapeuten
4. Regelmäßige Gesprächstermine mit diesem, dabei geht es auch darum, bei praktische Problematiken, die unmittelbar mit der Sucht zusammenhängen erste Hilfestellung zu leisten.
5. Beurteilung durch den zuständigen Therapeuten.
6. Gegebenfalls Genehmigung des Versicherungsträgers.

So läuft es auf jeden Fall in der Suchthilfeeinrichtung, in der ich Praktikum gemacht habe. Es wird dort sehr viel wert auf Einhaltung dieser "Auflagen" gelegt. Finde ich auch enorm wichtig, weil, nur wenn der Hilfesuchende die Ernsthaftigkeit seines Anliegens unterstreicht, indem er mit allen seinen persönlich vorhandenen Mitteln den Grundstein für die zukünftige langfristige Abstinenz legt, liegt ein Sinn darin, ihn weiterhin zu unterstützen.

Um mal auf den Eingangsthread von Nele zurückzukommen: ich kann mir gut vorstellen, dass der "Einwand" der Therapeutin bedeuten sollte, das nur wenn der Mann es wirklich von sich aus und zunächst einmal ganz allein für sich will, eine stationäre Therapie von Erfolg gekrönt ist - wenn nicht, von vornherein zum Scheitern!

Natürlich ist es schrecklich, wegen so etwas seinen Arbeitsplatz zu verlieren, aber was bringt mir der Arbeitsplatz, wenn ich das Geld eh' nicht für meinen und meiner Familie Lebensunterhalt verwende, sondern sofort wieder in den Automaten stecke.

Und Nele, es liest sich hart und wirklich gemein, aber: Dein Mann ganz allein muss sich in den Mittelpunkt stellen, wenn er was erreichen will. Danach kommt erst mal eine ganze Weile gar nichts. Irgendwann später einmal Du und die Kinder. Also tue etwas für Dich und die Kids und mach' Dir keine weiteren Gedanken über die Worte der Therapeutin. Dafür ist ganz allein Dein Mann zuständig.

Weiterhin alles Gute

Mikesch

Nele1999
04.05.2009, 08:27
Hallo ihr alle!

Habe gerade eure Zeilen gelesen und mich gefreut, dass mir so viele geantwortet haben! Wir werden also sehen müssen wie es sich entscheiden wird....
Vor kurzem - nach ausführlichen und ungestörten - Gespräch, hat er mich gefragt, ob ich auch mal mit zur Therapeutin gehen möchte. Das hat mich wirklich sehr bewegt. Natürlich möchte ich. Ich hoffe, dass wir irgendwie einen Weg finden, und ohne Hilfe von außen kann ich mir dass nicht vorstellen.

Liebe Grüße und alles Gute
Nele