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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Thema des Monats Dezember 2012: Kommunikation mit dem Partner



spielsuchtadmin
23.11.2012, 22:15
Liebe UserInnen,

ich freue mich, das erste Thema des Monats eröffnen zu können und bin gespannt auf Eure Postings. Es lautet:

Kommunikation mit dem Partner - wie über das Spielen reden

Wir haben aus Euren zahlreichen und, wie wir finden, sehr konstruktiven und kreativen Vorschlägen zum Thema des Monats eines ausgewählt, von dem wir denken, dass es sowohl viele Betroffene, als auch Angehörige interessiert.

Als Anregung für den Austausch möchte ich zu Beginn noch keine eigenen Gedanken zum Thema posten, sondern zunächst Euren Austausch durch Fragen zum Thema anregen. Zu einem späteren Zeitpunkt werde ich meine Erfahrung aus Therapie und Beratung zur Paarkomunikation sowie Ideen, wie Kommunikation gelingen kann posten.

Folgende Fragen erleichtern möglicherweise den Einstieg ins Thema:

- Welche Probleme erlebt Ihr im Gespräch über das Spielen?
- Was ist hilfreich für die gemeinsame Auseinandersetzung zum Thema Spielsucht?
- Welche Gefühle spielen in Gesprächen über die Spielsucht eine Rolle?
- Habt Ihr das Gefühl in diesen Gesprächen vom Partner verstanden zu werden?

Fragen über Fragen,

ich freue mich Eure Meinung dazu zu lesen.

Liebe Grüße aus Neuss

Katharina Weege

Bodo47
27.11.2012, 23:34
Hallo Katharina

Zu diesem Thema kann ich leider nicht viel sagen weil mein Partner und ich während meiner 29 Jahren der Abhänigkeit (überwiegend Automaten) wir dieses Thema totgeschwiegen haben.Meine Frau kannte mich schon als ich noch nicht Süchtig war und ist mit mir so ganz allmählig in die Sucht reingewachsen und zum CO geworden.Als ich dann mit dem Spielen aufhörte und das erste mal mit meinem Therapeuten über mich und meine Sucht gesprochen habe merkte ich erst was für ein Redebedarf in mir steckte.
Nach ein paar Stunden mit meinem Therapeuten,war ich dann auch in der lage mit meiner Frau darüber zu Reden,was dann sehr befreiend und überaus wichtig fürs gelingen meiner Therapie war.Klar mussten wir das auch erst lernen ohnen das es im Streit oder mit vorwürfen endete.

Ohne die Kommunikation mit dem Partner kann der Partner überhaupt nicht verstehen wie ein Spieler tickt oder was ihn belastet oder in Gefahr bringt.
Mit dem Verstehen ist das so eine sache ,ob der Partner es wirklich verstehen kann wenn ich von Spieldruck oder das Gefühl das man hat wenn man in der Halle sitzt,möchte ich mal bezweifeln.Das kann man glaube ich nur wenn man selbst Süchtig ist aber dennoch ist es sehr wichtig darüber zu Reden und zu versuchen diese Gefühle dem Partner irgendwie nahe zu bringen.
Die Gefühle die die bei diesen Gesprächen in einem hochkommen gehen von erleichterung sich alles von der Seele reden zu können, Ängste das es wieder so sein könnte bis hin zu selbstvorwürfen was ich meinem Partner,meinen Kindern und den rest meiner Familie angetan habe.Auf diesem Weg möchte ich mich bei meinem Partner dafür bedanken das er mir dabei geholfen hat Spielfrei zu werden,zu sein und hoffentlich auch zu bleiben. Danke dafür mein Schatz ohne dich wäre es viel schwerer oder sogar unmöglich gewesen.

Mfg Bodo

Joa
28.11.2012, 11:23
Hallo,

Kommunikation mit dem Partner bedeuted heute für mich Ehrlichkeit.

Als ich spielte, habe ich gelogen sobald die Frage nach Zeit und Geld kam. Ich war nicht in der Lage zu sagen: "Ich habe gespielt". Das Schamgefühl, wieder gespielt zu haben, war größer als das Erzählen der dümmsten Lügen wo ich war und wo das Geld geblieben ist.

Ich habe irgendwann gesehen, das ich mein ganzes Leben an die Wand fahre. In dem Moment habe ich mir Hilfe geholt und eine SHG besucht. Nach dem ersten Termin habe ich alles meiner Frau erzählt, ungeschminkt und nicht scheibchenweise. Das hat mir ungemein geholfen, einen neuen Anfang ohne Spiel zu machen. Ich bin mir für mich sicher, das ich das nicht geschafft hätte, ohne vorher reinen Tisch zu machen.

Kommunikation als aktiver Spieler mit meiner Frau war Lüge, Aggression, Manipulation und Gefühlskälte (nur mich selber konnte ich prima bedauern)

Gruß, Joa

spielsuchtadmin
30.11.2012, 14:28
Hallo Bodo, hallo Joa,

danke für Eure Beiträge. Was Ihr schreibt, bestätigt meine Erfahrung aus Beratungs- und Therapiegesprächen mit Betroffenen und Angehörigen.

Die Stolpersteine in der Kommunikation über das Spielen sind häufig Lügen, Schuld- und Schamgefühle, Manipulation, Aggression, Abwehrverhalten bei den Betroffenen sowie Vorwürfe, Misstrauen, Schock und tiefe Verletzung bei den Angehörigen (um nur einige zu nennen). Je nach dem, wie offen, ehrlich und reflektiert beide sind können Gespräche trotzdem gelingen oder scheitern u.a. an den oben genannten Stolpersteinen.

Ich möchte Betroffene und Angehörige auch nach gescheiterten Versuchen ermutigen trotzdem noch weitere Kommunikationsversuche zu starten und sich dabei Unterstützung zu suchen.
Das können entweder professionelle Hilfesysteme sein, z.B. Beratungsstellen, niedergelassene (Paar-) Therapeuten,... oder Selbsthilfegruppen oder auch Menschen im eigenen Umfeld (Freunde, Familie,..., die allerdings in der Lage sein sollten die Situation mit etwas Distanz zu betrachten und eine neutrale Position einzunehmen, da es sonst schwer ist zwischen den beiden "Streithähnen" zu vermitteln.

Eure Beiträge sind schöne Beispiele dafür, dass die Kommunikation mit unterschiedlichen Hilfestellungen (SHG, Therapeut) trotzdem gelingen kann.

@ Joa: An Deinem Beitrag ist mir noch einmal deutlich geworden, wie stark Schamgefühl in solchen Situationen sein kann und wie hilfreich der Austausch mit anderen Betroffenen ist und zum Abbau dieser Schamgefühle beitragen kann, ansonsten hättest Du den Mut, Deiner Frau die ungeschminkte Wahrheit zu erzählen vielleicht erst sehr viel später gefunden (langer Satz, ich hoffe trotzdem verständlich).

@ Bodo: Dein öffentliches Dankeschön an Deine Frau hat mich beim lesen gerühert. Das Zeigen von Dankbarkeit und Wertschätzung dafür, den steinigen Weg gemeinsam zu gehen ist, glaube ich, ein wichtiger Schritt für die Stabilisierung der Beziehung, den Aufbau von Vertrauen und das gelingen der weiteren Kommunikation.

Mir fällt noch viel mehr zum Thema ein, aber ich bremse mich an dieser Stelle erst einmal und lasse Euch wieder zu Wort kommen.
Ich bin gespannt auf weitere Erfahrungen zu diesem Thema und hoffe, dass noch mehr UserInnen posten.

@ Kate: Ich glaube der Themenvorschlag kam von Dir, mich würde Deine Meinung zu dem Thema interessieren. Wenn Du Lust hast, schreib doch auch etwas dazu.

Liebe Grüße aus Neuss und schönes Wochenende an Alle

Katharina Weege

Fachstellenteam

charlotte
02.12.2012, 21:32
Hallo

Ich bin einst an das Spielen durch meinen Mann gekommen. Er war spielsüchtig , schon bevor ich ihn kennen gelernt hatte und im Begriff damit auf zuhören.

Was aber noch jahre dauerte. Ich fing dann aus neugier und interesse auch an.

Es waren nicht nur Geldspielgeräte, sondern auch das Spielen mit Karten um Geld.

Mein Mann ist schon viele Jahre vom Spielen weg, doch ich spielte weiter. Nicht so exessiv , wie es einst mein Mann tat..aber immerhin Summen, die eigendlich für die Familie gedacht waren.

Schon vor über 20 Jahren erkannte ich sehr wohl, dass ich ein Suchtproblem mit dem Spielen bekommen hatte. Versuchte öfter ernsthaft davon los zu kommen. Doch es gelang immer nur auf gewisse Zeit.

Mit meinem Mann könnte ich eigendlich ohne Scham darüber reden. Doch ich tat es selten. Meißt nur dann, wenn ich exessiv gespielt hatte und viel verloren. Ich kam dann regelrecht auf einen Selbsthass und war völlig fertig.
Zu allem bereit, nur um wieder *normal* werden zu können.

All die Jahre habe ich mich gewundert, warum mir mein Mann den Geldhahn nicht abgedreht hatte..und mich mehr kontrolierte. Er lies mich gewähren.
Manchmal deutete ich das als desintresse an meiner Person und ich fand auch darin dann motivation um weiter zu spielen. Gründe gab es viele und immer. Hintertüren habe ich mir immer offengelassen. War ich doch im Glauben, dass ich das irgendwann wieder unter meiner Kontrolle kriegen würde.

Mein Mann erklärte mir auf mein Hinterfragen..warum er mich so gewähren lies. Seine Begründung war...dass ich immer Wege mir suchen würde..und er mir ersparen wollte in die Kriminalität zu rutschen oder anderen destruktiven Geld beschaffungen, wie er einst. Er meinte..ich müsse selber wach werden.

Ich wurde aber nie ganz wach...und somit überforderte ihn meine Sucht auch immer mehr. Er trägt Schuldgefühle mit sich, wegen meinem Spielen..Wenn ich ihm das ausreden möchte , kommt es nicht an.

Nach unzähigen Rückfällen, sagte ich zu meinem Mann ich brauche deine Hilfe, bitte kontrolliere meine Ausgaben und nehme meine Kontokarte in Obhut.
Die erste Zeit, versteckte er sie zu hause..ich fand sie..und spielte weiter.
Bis ich ihm es sagte und er nun die Karte bei sich trägt.

Obwohl er soviel Verständnis hat, mag ich mit ihm nicht viel über die Sucht und sonstigen Probleme reden. Es gibt mir irgend wie zu wenig und regt mich auch oft auf. So unterhalten wir uns selten intensiv, eher nur am Rande/Nebenbei
Ich mag ihn nicht belasten...und tat es mit meinem Spielen doch.
Also total daneben :-(

Meinen Austausch suchte ich in Foren mit anonymen selbst Betroffenen.
Mit meiner Freundin, Schwester und in der christlichen SHG für Lebenshilfe, die ich besuchte.

Unsere Beziehung ist kompliziert. Sie beruht irgendwie auf gegenseitiger Abhängigkeit..die sich wie Liebe anfühlt...und doch auch viel frustriert.

Ich weiß nicht wo ich im Leben gelandet wäre, hätte ich meinen Mann nicht an meiner Seite. Mein erster Mann war Alkoholiker...und damals drohte ich auch dem Alk zu verfallen. Ich trennte mich aber dann.

Viele Jahre versuchte ich mit meiner zerstörten Psyche irgendwie klar zu kommen. Geholfen hat mir schließlich meine Spritualität..mein Glaube. Der Nach und Nach gewachsen ist. Ich machte mich auf die Suche nach den Gründen, warum ich so bin , wie ich bin...um mich annehmen zu lernen.
Damit gelingt es mir nun auch auf das Spielen verzichten zu können.

- Welche Probleme erlebt Ihr im Gespräch über das Spielen?

Wenn ich mich unter Druck gesetzt fühle, gibt es schnell Streit.
Es hilft mir dann überhaupt nicht, weil ich mit Druck ganz schlecht umgehen kann.

- Was ist hilfreich für die gemeinsame Auseinandersetzung zum Thema Spielsucht?

Anteilnahme, Wertfreies zuhören, Verständnis, andere Wahrnehmungen Sichtweisen zu erfahren. (Ohne dass Druck damit aufgebaut wird)

- Welche Gefühle spielen in Gesprächen über die Spielsucht eine Rolle?
Scham, Stolz, Angst, Unsicherheit, Vertrauen haben können, nicht abgelehnt sich fühlen müssen.

- Habt Ihr das Gefühl in diesen Gesprächen vom Partner verstanden zu werden?

Teils /Teils

lg charlotte

Kate
05.12.2012, 08:47
Ich werde gerne etwas dazu schreiben. Gerade nach Charlottes Beitrag sehe ich ganz viel, was auch auf mich - als Angehörige - zutrifft.
Da der Dezember aber ja noch ein Weilchen andauert, muss ich es ein wenig verschieben - jetzt fehlt mir die Zeit, um so ausführlich zu schreiben, wie ich gerne möchte.
LG, Kate

Kate
10.12.2012, 12:59
Kommunikation mit dem Partner - wie über das Spielen reden?

So lautet das Thema und ich finde es so umfassend, dass ich gar nicht weiß, ob alle meine Gedanken in ein Posting passen. Ich lasse ihnen mal einfach ihren Lauf...

Vergangenheit:
Ich habe vom Spielen meines Partners erfahren, als wir etwa zwei Monate zusammen waren, vielleicht auch schon eher. Er hat es mir damals offen gesagt - allerdings kann ich mich nicht daran erinnern, ob er von der Vergangenheit erzählt hat oder auch die Gegenwart eingeschlossen hat. Ich habe aber nach und nach wahrgenommen, dass es auch ein akutes Problem ist.
Mein Gefühl war zunächst so, dass ich meinen Partner als selbstbestimmten Menschen gesehen habe, der sein Problem sieht, kennt und einen eigenen Weg hat, damit umzugehen. Ich hatte nicht das Gefühl, dazu berechtigt zu sein, mich in sein Leben einzumischen. Und ich war vollkommen unwissend über die Problematik.

Aber es wurde bei zunehmender Nähe auch mein Problem, über welches ich reden wollte - und musste.
Es war ein langer Weg, überhaupt über das Thema kommunizieren zu können. Einen Grund dafür sehe ich darin, dass ich gewohnt bin, über Dinge zu sprechen - mein Partner aber nicht. Ein anderer Grund könnte sein, dass mein Partner genau das gespürt hat: dass es nicht nur sein Problem ist, mit dem er alleine zurecht kommen muss - und damit eingestehen musste, dass er es nicht schafft, sein Handeln eigenverantwortlich so zu gestalten, dass ich nicht davon betroffen bin. In einer Beziehung reicht es nicht immer, sich alleine mit seinen Problemen auseinder zu setzen, wenn die Beziehung davon betroffen ist. Ich finde es schwierig, zwischen Verantwortung und Schuld zu unterscheiden - nur weil eines davon negativ besetzt ist. Letzendlich muss man sich aber Verantwortung (oder eben Schuld) eingestehen, wenn man über das eigene Handeln redet. Und das ist für beide eine schwierige Situation gewesen.

Vergangenheit - Teil 2:
Das Spielen wurde zum Thema. Ich wollte Hilfe, sowohl für mich als betroffenen Partner als auch für ihn. Kommunikation gestaltete sich so, dass wir über Gefühle und Gedanken gesprochen haben. Ein Fortschritt. Auch über Veränderung haben wir geredet und einzelne Schritte in Angriff genommen. Ich habe mich als Gesprächspartner gesehen, manchmal als Helferin. Aber ich habe auch ganz klar kommuniziert, dass ich alleine nicht reiche. Das positivste in dieser Zeit war, dass mein Partner für diese Gespräche offen war, sich nach und nach geöffnet hatte. Ich denke, er fühlte sich sicher, hat gespürt, dass ich meine klaren Grenzen habe und wir wollten einen gemeinsamen Weg. Damals war der Leidensdruck groß.

Gegenwart:
Wir reden nicht mehr über das Spielen. Alle Versuche, dagegen zu arbeiten, sind im Sande verlaufen. Es gibt kein Leid mehr, weil Geld da ist. Spreche ich das Thema an, verbinde ich es mit vielen anderen Problemen, die in unserer Beziehung bestehen. Unsere Kommunikation ist grundsätzlich gestört und lässt das Thema nicht zu.

Ich sehe insgesamt einen großen Zusammenhang. Das Spielen an sich ist in meinen Augen ein Ausdruck für persönliche Probleme. Diese hat jeder in mehr oder weniger starker Ausprägung - aber jeder hat einen anderen Weg, damit umzugehen. Unsere Probleme - und unsere Unsicherheit im Umgang mit uns selber - äußern sich aber auch im Umgang mit unseren Mitmenschen, mit unseren Partnern. In der Kommunikation über ein solches Thema wie das Spielen können die eigene Persönlichkeit und "Unzulänglichkeit" einen so hohen Stellenwert haben, dass es plötzlich um viel mehr als das Spielen geht.

Ich stelle gerade jetzt beim Schreiben fest, dass ich es deshalb manchmal so schwierig finde, über das Spielen mit meinem Partner zu reden: Zum Einen geht es um das Spielen an sich und die Konsequenzen daraus - Geldverlust, Motivationslosigkeit, Zeitverschwendung. Zum Anderen aber auch um solche Dinge wie Ursachen für die Sucht, Gefühle und Umgang mit sich selbst und anderen. Und dann stellt sich mir die Frage: Wann bin ich Partner - und wann bin ich in der Rolle des Vertrauten, fast schon des Therapeuten? Und was kann ein Gespräch überhaupt bewirken?

Im Moment finden wir die Basis nicht, um uns vertrauensvoll über uns auszutauschen - dem anderen zu vertrauen und uns fallenzulassen. Zurzeit geht jeder seinen eigenen Weg.

Ich mache hier mal einen Schnitt, weil dies die ganz spontanen Gedanken zum Thema waren, die sehr an meiner persönlichen Sitaution festgemacht sind.

Kate
10.12.2012, 13:15
Zu den Eingangsfragen:

- Welche Probleme erlebt Ihr im Gespräch über das Spielen?

Als Partnerin ist es schwierig, das Thema überhaupt anzusprechen, weil es immer ein Gefühl des Vorwurfes beim Partner auslösen kann. Ich weiß schon vorher, dass das Thema Druck erzeugt und am liebsten gemieden wird. Manchmal meine ich es aber auch als Vorwurf - weil für mich das Spielen etwas negatives ist.

- Was ist hilfreich für die gemeinsame Auseinandersetzung zum Thema Spielsucht?

Vertrauen und Ehrlichkeit, gemeinsame Ziele, Sachlichkeit, Verständnis auf beiden Seiten

- Welche Gefühle spielen in Gesprächen über die Spielsucht eine Rolle?

Leider nicht nur Verständnis, sondern auch Wut und Verzweiflung!

- Habt Ihr das Gefühl in diesen Gesprächen vom Partner verstanden zu werden?

Nur zum Teil. Wenn es überhaupt zum Gespräch kommt, ist die Bereitschaft sich auf den anderen einzulassen zumindest größer, als wenn das Gespräch von vornherein abgeblockt wird

Kate
10.12.2012, 15:16
@Joa: Wenn ich von Deinem Schamgefühl lese, kann ich das nachvollziehen. Durch Scham grenzt man sich ab, das habe ich in letzter Zeit bei mir selber so oft erlebt - und das ist einfach schade. Schön, dass Du es geschafft hast, das Schamgefühl zu überwinden!
Die andere Seite: Es versetzt mich als Gesprächspartner in eine Rolle, mit der ich vielleicht gar nicht umgehen kann: mein Partner macht sich vor mir klein - und das will ich nicht, das will er nicht. Ich möchte meinem Partner vermitteln, dass er sich stark fühlen kann - nämlich so stark, wie man sein muss, um offen über sein Spielen zu reden. Ich wünsche mir, dass mir das gelingt.

@Bodo: Ich denke auch, dass das Risiko, bei Vorwürfen oder Streit zu landen, immer gegeben ist - und dass man das eigentlich vermeiden möchte. Und auch andersherum besteht ein Risiko: dass man im Streit auch noch das Spielen anspricht. Für mich zeigt Deine Geschichte aber auch: Wenn der Spieler nicht bereit zum Reden und Verändern ist, kann ich mir den Mund flusig reden...

@Charlotte: Auch ich bin in einer ähnlichen Situation wie Dein Mann: Ich lasse meinen Partner gewähren, warte darauf, dass er derjenige ist, der aktiv wird. Vielleicht auch, weil ich erfahren habe, wie Druck sich auswirkt. Vielleicht habe ich auch immer zuviel Verständnis - weil eine gegenseitige Abhängigkeit Sorge davor bereitet, dass man sich über verschiedene Meinungen auseinandersetzen muss?! Weil man die Wege kennt, die man selber und der andere geht, die zum Teil auch Manipulation beinhalten?

Insgesamt sehe ich auch immer wieder Schwierigkeiten darin, eine gemeinsame Ebene zu finden. Und Reflektiertheit ist nicht immer gleich bei zwei Menschen; es gibt verschiedene Denkweisen, verschiedene Umgehensweisen mit Gedanken und Gefühlen ebenso wie Missverständnisse.

Und Kommunikation mit meinem Partner ist immer in irgendeiner Weise emotional. Deshalb tut es gut, hier auch einmal nicht emotionslos, aber mit Abstand manche Dinge beschreiben zu können.

Puh, ich hoffe, ich habe niemanden mit meinen Monologen erschlagen.
Falls jemand alles gelesen hat: Hut ab :-) Mir ist vieles klarer geworden - eine Antwort erwarte ich kaum, freue mich aber trotzdem.

Liebe Grüße,
Kate

P.S.: Charlotte, ich habe nach Deinem Post noch eine Frage an Dich und habe auf der Suche nach einem geeigneten Thread GENAU den richtigen für meine Frage gefunden!! Da würde ich mir eine Antwort wünschen ;-)

Joa
10.12.2012, 20:25
Hallo Kate,

Gegenwart hört sich richtig scheiße an. Nach Aufgabe, nach Resignation, nach unerfüllter Partnerschaft. Nach Einrichten in der Sucht.
Heißt das, Dein Partner spielt, Ihr redet aber nicht mehr darüber ?
Oder kapier ichs nicht ?

Ich drück Dich mal,
Joa

Kate
12.12.2012, 11:48
Hallo Joa,
ja - Gegenwart ist gerade anstrengend und frustrierend.
Aber meine Gedanken hier aufzuschreiben hat dazu beigetragen, dass mir genau das bewusst wurde und ich das Gespräch gesucht habe. Oder zumindest eine Einstellung, um den Weg dafür zu bereiten. Auch ich habe zwischenzeitlich resigniert, glaube ich.

Ich habe aber auch jetzt schon ganz klar gesagt, dass ich nicht die Energie habe, um alleine einen gemeinsamen Weg zu planen. Bevor wir über das Spielen sprechen (können), muss es erst einmal wieder möglich sein, überhaupt miteinander zu sprechen.

Ich denke, einen Anfang habe ich gemacht und wir konnten uns wieder etwas annähern. Mal sehen, wie es weitergeht...

Mir hat es auf jeden Fall gezeigt, wie wichtig Sicherheit und Vertrauen sind, wenn man miteinander reden möchte.

Vielen Dank für Deine Worte und das Drücken. :-)
Kate

Bodo47
13.12.2012, 10:06
Hallo Kate

Deiner schilderung zufolge,wenn es um Gespräche mit deinem Partner geht,kommt bei mir eher so rüber als wäre dein Partner noch nicht bereit sich seinen Problemen zu stellen.Das Redn über das Spielen auch wenn mal Wut und Verzweifelung dabei auftauchen sollten eigentlich keinen Spieldruck auslösen,bei mir war es eher das gegenteil der Fall eshat eher erleichterung gebracht.Du hast natürlich nicht das recht sich in sein Leben einzumischen aber in euer gemeinsames Leben.

Die Gegenwart ist natürlich nicht der richtige weg,Reden ist wichtig auch wenn es mal Vorwürfe sind.Du musst ihm vieleicht mal wieder deine Grenzen aufzeigen.

Deine Angst das du mit den gesprächen Druck auszulösen ist glaube ich unbegründet,man darf nicht vergessen Spielsucht ist eine Krankheit.Ein Spieler geht Spielen wenn er die Gelegenheit und die Mittel hat.Alle anderen äusseren Umstände erleichter es dem Spieler nur dafür eine ausrede dfür zu haben.

Ich habe auch alles gelesen Lg Bodo

Joa
14.12.2012, 10:10
Hallo Kate,

ich kenne Dich nicht und will auf keinen Fall unangemessene Dinge schreiben.

Rein prinzipiell - und aus meiner eigenen Spielererfahrung - richtet sich der Spieler gerne im wohligen Nest ein.
Mir haben Konsequenzen besser geholfen, als jedes Gespräch.

Meine Frau hat sich gefragt, ob ein Leben mit einem aktiven Spieler Sinn machen kann und das für sich mit "Nein" entschieden.

Vor die Frage gestellt, ob mir in meinem Leben flackernde Bildschirme wichtiger sind, als meine Familie, habe ich den festen Willen entwickelt, mich von diesem Spielzwang zu befreien.

Dieser feste Wille hat mich Hilfe annehmen lassen, ich habe sie bewusst und aktiv gesucht.

Hätte ich gewusst, das meine Frau mich noch zweihundertmal auffängt, hätte ich gewusst, das sie mich finanziell raushauen kann und für alles sorgt - ich weiß nicht, ob ich diesen Willen für mich alleine inzwischen oder je entwickelt hätte.

Mit dem Wissen aber, das mein Nest sich in Luft auflösen wird, mit dem Wissen, das ich meine Frau und mein Kind verlieren werde, war ich vor eine Entscheidung gestellt, die nur einen Weg zuließ.

Das soll nur ein Denkanstoß sein von meinem Spielercharakter zur aktiven Zeit.

LG, Joa

Kate
19.12.2012, 09:42
Danke für Eure Antworten. :-)

Da es hier ja um das Thema des Monats geht, möchte ich (versuchen) auf die Kommunikation zwischen uns ein(zu)gehen.

Klar darf ich mich nicht in sein Leben einmischen - aber das unsere betrachten, bewerten und auch ansprechen.

Ich sehe bei meinem Partner das Spielen als eine Art Verdrängung an. Er muss sich in diesem Moment mit nichts auseinandersetzen - weder mit seinem Leben noch mit mir.
Und ja, Joa, ich glaube, dass das ein Charakterzug ist oder irgendwann mit der Zeit des Spielens wird: Verdrängung, Alleingang, Resignation. Konsequenz daraus ist, dass ich mich nicht gesehen fühle, nicht akzeptiert sogar. Und das äußert sich in Kommunikation: sie wird respektlos. Ich meine damit nicht unbedingt, dass man sich anschreit oder beschimpft - nein, das geht ja viel subtiler, viel manipulativer... Was unsere Kommunikation zurzeit angeht, empfinde ich als respektlos, als negativ belastet. Ganz oft ernte ich trotzige Reaktionen, die verletzend sind, die mich klein machen.

Und ich bin wütend. Ich sehe diese Situation manchmal so klar, dass ich mich zurückziehe. Ich fühle mich manchmal mit meinem Partner "weniger" - und brauche dann Kraft, um mich selber wieder zu finden.

Bodo, vielleicht sind das die Grenzen, die ich selber für mich erst einmal setzen muss. Ob und wie er sie sieht, ob und wie er sie versteht - und wie er dann handelt, das ist dann von mir unabhängig. Häufig ist es so, dass er sich dann auch zurückzieht und mich damit unter Druck setzt (was natürlich wiederum mein Problem ist...). Im Moment kann ich es zulassen, dass wir Abstand haben; Kommunikation findet nicht statt.

Sie findet deshalb nicht statt, weil ich nicht weiter bereit bin, Energie in eine Beziehung zu stecken, die mir noch mehr Energie nimmt. Ich habe dies reichlich getan, möchte gar nicht aufrechnen, aber ich brauche die Kraft zurzeit mehr, um mich zu entwicklen und mein Leben weiterzugehen.

Und ich bin nicht bereit, dazu zu dienen, dass seine eigene Persönlichkeit durch meine Unzulänglichkeit aufgewertet wird, dass seine eigene Unzufriedenheit auf unsere Partnerschaft übertragen wird.

Es ist schade, dass ich im Moment die einzige Angehörige bin, die hier schreibt. Aber auch Eure Antworten lassen mich manche Dinge klarer sehen. Danke! :-)

Liebe Grüße,
Kate (die mehr oder weniger über Kommunikation geschrieben hat...:-))

charlotte
21.12.2012, 20:55
hi Kate

ich finde es gut, dass du für dich deine Grenzen, Prioritäten und auch Vorstellungen einer Partnerschaft klar sehen kannst. Das Umsetzen geht dann Nach und Nach...steckt halt auch viel Achtsamkeit und Üben mit zusammen.

Indem du deinen Weg gehst, wird er entweder nachkommen oder einen anderen gehen. Irgendwann ist das dann wohl auch ok, wenn du erstmal von Illusionen loslassen konntest.

Krampfhaft an einer Partnerschafft festhalten, die nicht erfüllt...ist das "Gleiche in Grün", wie beim Spielen...finde ich.

Deine Klarheit für deine Zukunft, wünsche ich dir.

und eine schöne Weihnachtszeit :-)

spielsuchtadmin
08.01.2013, 23:05
Hallo liebe UserInnen,

ich habe gerade noch einmal die Beiträge des ersten Thema des Monats gelesen und finde die Kommunikation innerhalb dieses Threats sehr positiv.

Dies freut mich besonders, da es hier u.a. auch um die Kommunikation zwischen einer Angehörigen und mehreren Betroffenen geht.

Dadurch entsteht die Möglichkeit den, für gelingende Kommunikation wichtigen, Perspektivwechsel, also das sich in den Kommunikationspartner hineinfühlen und hineindenken zu üben.

Wenn beide Kommunikationspartner in der Lage sind, nicht nur ihre eigene Sichtweise wahr zu nehmen sondern auch in die Perspektive des Anderen zu wechseln kann echtes Verstehen und Verständnis entstehen.

Dadurch entsteht das Gefühl verstanden zu werden und die Bereitschaft einen Schritt auf den Anderen zu zu machen und auch ihn zu verstehen.

Auf dieser Basis kann eine Annäherung auch zwischen unterschiedlichen Meinungen und Standpunkten entstehen, sowohl auf der Sachebene (z.B. Entwicklung eines Kompromisses, Akzeptanz von unterschiedlichen Sichtweisen,...), als auch auf der Gefühlsebene (sich verstanden und gesehen fühlen, Verständnis, Mitgefühl,... für den Anderen entwickeln).

Soweit die Theorie, ich hoffe halbwegs nachvollziehbar dargestellt. In der Praxis lässt sich das beispielsweise mit Hilfe der Methode des "Aktiven Zuhörens" umsetzen. Diese Methode wurde vom Psychotherapeuten Carl R. Rogers entwickelt und soll helfen Missverständnisse zu vermeiden, Vertrauen aufzubauen, die Beziehung zu verbessern, mehr Einfühlungsvermögen zu entwickeln,…

Beim „Aktiven Zuhören“ geht es darum, mit einer offenen Haltung dem Gegenüber echtes Interesse und Aufmerksamkeit entgegen zu bringen, im Gespräch mitzudenken und sich in sein Gegenüber einzufühlen. Dies gelingt nur, wenn man sich selber und das was man mitteilen möchte, nicht wichtiger nimmt, als sein Gegenüber, sondern an einem echten Austausch interessiert ist.

Praktisch geht es beim „Aktiven Zuhören“ vor Allem darum Gehörtes zu wiederholen oder zusammen zu fassen, um zu überprüfen, ob man es richtig verstanden hat, interessiert nachzufragen, Gefühle, die man beim Anderen wahrnimmt zu verbalisieren und Unklarheiten zu klären.

Diese einfühlsame und interessierte Art des Zuhörens kann man üben. Grundvoraussetzung ist aber eine offene und positive Grundhaltung sowie echtes Interesse an dem, was der Kommunikationspartner mitteilen möchte. Ohne diese Grundhaltung bleibt es eine theoretische Methode, die aufgesetzt oder sogar manipulativ wirkt, wenn sie rein technisch angewendet wird.

So, ich bremse mich jetzt mal in mal in meinen ergänzenden Ausführungen zu Euren Beiträgen. Falls jemand mehr dazu lesen möchte, kann ich neben Rogers die beiden „Klassiker“ unter den Autoren zum Thema Kommunikation Schulz von Thun und Paul Watzlawik empfehlen, die viele vielleicht auch schon kennen.

Soviel erst mal von mir zu diesem Thema. Das Thema kann natürlich bei Bedarf auch noch von Euch weitergeführt werden. Vielleicht gibt es noch Anmerkungen oder Fragen zu diesem oder anderen Beiträgen von Euch. Morgen werde ich das neue Thema des Monats in einem neuen Threat eröffnen.

Ich wünsche Allen eine gelingende Kommunikation und hoffe weiterhin auf Euer Interesse und Eure Kommunikationsbereitschaft und schließe diesen Beitrag mit einem Zitat:

Eine der Gründe, warum man in der Konversation so selten verständige und angenehme Partner findet, ist, dass es kaum jemanden gibt, der nicht lieber an das dächte, was er sagen will, als genau auf das zu antworten, was man zu ihm sagt. Die Feinsten und Gefälligsten begnügen sich damit, während man es ihrem Auge und Ausdruck ansehen kann, dass ihre Gedanken nicht bei unserer Rede sind, sondern sich eifrig mit dem beschäftigen, was sie sagen wollen. Sie sollten bedenken, dass es ein schlechtes Mittel ist, anderen zu gefallen oder sie zu gewinnen, wenn man sich selbst so sehr zu gefallen sucht, und dass die Kunst, gut zuzuhören und treffend zu antworten, die allerhöchste ist, die man im Gespräch zeigen kann.
- Francois de la Rochefoucauld

Liebe Grüße aus Neuss

Katharina Weege
Fachstellenteam

Kai Sender
09.01.2013, 10:56
Hallo,

das "aktive Zuhören", dass Katja beschreibt, habe ich in meiner Therapie in Neuenkirchen kennen- und schätzengelernt. Es ist nicht einfach zu erlernen, aber mit ein wenig Übung klappt es dann.

Und da sind wir auch schon beim Punkt: Man kann das Miteinander-Reden lernen. Es gibt ein paar einfache Regeln der Kommunikation (z.B. Verzicht auf störende Zeitformeln wie, "Hast Du SCHON WIEDER dies und jenes" oder "Musst Du IMMER dies und jenes"), die das Reden erleichtern.

Wichtiger ist aber für mich der Mut, ein solches Gespräch auch zu führen. Die Angst davor, was alles passieren kann, wenn man sich öffnet und dadurch verletzlich macht, verhindert oft Gespräche.

Ein Gruppenmitglied hat mir etwas tolles erzählt. Weil es ihm und seiner Frau zu Anfang schwer fiel, diese offenen und ehrlichen Gespräche zu führen, haben sie sich einfach Rücken an Rücken gesetzt! So ging es leichter. :-)

Zu Beginn meiner Spielfreiheit habe ich mich - unter Schmerzen, echt - gezwungen, meiner Frau die Wahrheiten zu erzählen, auch die unangenehmen Gefühle zu berichten. Wenn ich Angst, Sorge, Aufregung, Traurigkeit empfinde: Das alles weiß sie heute. Weil wir regelmässig miteinander sprechen.

Früher habe ich diese "negativen" Gefühle verschwiegen. Ich musst immer der Strahlemann sein, der alles im Griff und nie Probleme hat.

Heute habe ich das nicht mehr nötig.

Ehrlichkeit tut gut - und sie tut auch weh. Wenn mir meine Frau heute erzählt, dass sie immer nochmal voller Wut an mich denkt, an die Zeit des Zusammenbruchs - dann bin ich ihr dankbar, dass sie es mir erzählt - und ich bin traurig und betroffen - aber das darf ich auch, wie ich heute weiß.

Denn unangenehme Gefühle gehören zu mir, sie sind ein Teil von mir, wie ich inzwischen kapiert habe. Und in heutigen Gesprächen kann ich diese Gefühle auch äußern und zeigen.