Beppo der Stassenkehrer

Hallo zusammen,

ihr wundert Euch sicher, was der Titel dieses threads zu bedeuten hat.
Letztens habe ich diese kleine Geschichte, ein Auszug aus Michael Ende´s MOMO gelesen und ich fand, dass es gut mit dem Weg zur Spielfreiheit zu vergleichen ist.
Mir jedenfalls hat das sehr gut gefallen!

LG Sternchen*

[...]der alte hieß beppo straßenkehrer. in wirklichkeit hatte er wohl einen anderen nachnamen, aber da er von beruf straßenkehrer war und alle ihn deshalb so nannten, nannte er sich auch so.
beppo straßenkehrer wohnte in der nähe des amphitheaters in einer hütte, die er sich aus ziegelsteinen, wellblechstücken und dachpappe selbst zusammengebaut hatte. er war ungewöhnlich klein und ging obendrein immer ein bisschen gebückt, so dass er momo nur wenig überragte. seinen großen kopf, auf dem ein kurzer weißer haarschopf in die höhe stand, hielt er stets etwas schräg, und auf der nase trug er eine kleine brille.
manche leute waren der ansicht, beppo straßenkehrer sei nicht ganz richtig im kopf. das kam daher, daß er auf fragen nur freundlich lächelte und keine antwort gab. er dachte nach. und wenn er eine antwort nicht nötig fand, schwieg er. wenn er aber eine für nötig hielt, dann dachte er über diese antwort nach. manchmal dauerte es zwei stunden, mitunter aber auch einen ganzen tag, bis er etwas erwiderte. inzwischen hatter der andere natürlich vergessen, was er gefragt hatte, und beppos worte kamen ihm wunderlich vor.
nur momo konnte so lange warten und verstand, was er sagte. sie wußte, dass er sich soviel zeit nahm, um niemals etwas unwahres zu sagen. denn nach seiner meinung kam alles unglück der welt von den vielen lügen, den absichtlichen, aber auch den unabsichtlichen, die nur aus eile oder ungenauigkeit entstehen.
er fuhr jeden morgen lange vor tagesanbruch mit seinem alten quietschenden fahrrad in die stadt zu einem großen gebäude. dort wartete er in einem hof zusammen mit seinen kollegen, bis man ihm einen besen und einen karren gab und ihm eine bestimmte straße zuwies, die er kehren sollte. beppo liebte diese stunden vor tagesanbruch, wenn die stadt noch schlief. und er tat seine arbeit gern und gründlich. er wußte, es war eine sehr notwendige arbeit.
wenn er so die straßen kehrte, tat er es langsam, aber stetig. bei jedem schritt einen atemzug und bei jedem atemzug einen besenstrich. schritt - atemzug - besenstrich. schritt - atemzug - besenstrich. dazwischen blieb er manchmal ein weilchen stehen und blickte nachdenklich vor sich hin. und ging es wieder weiter - schritt - atemzug - besenstrich.
während er sich so dahinbewegte, vor sich die schmutzige straße und hinter sich die saubere, kamen ihm oft große gedanken. aber es waren gedanken ohne worte, gedanken, die sich so schwer mitteilen ließen wie ein bestimmter duft, an den man sich nur gerade eben erinnert, oder wie eine farbe, von der man geträumt hat. nach der arbeit, wenn er bei momo saß, erklärte er ihr seine großen gedanken. und da sie auf eine besondere art zuhörte, löste such seine zunge, und er fand die richtigen worte.
"siehst du, momo", sagte er dann zum beispiel, "es ist so: manchmal hat man eine sehr lange straße vor sich. man denkt, die ist so schrecklich lang; das kann man niemals schaffen, denkt man."
er blickte eine weile schweigend vor sich hin, dann fuhr er fort: "und dann fängt man an, sich zu eilen. und man eilt sich immer mehr. jedes mal, wenn man aufblickt, sieht man, daß es gar nicht weniger wird, was noch vor einem liegt. und man strengt sich n o ch mehr an, man kriegt es mit der angst, und zum schluß ist man ganz außer puste und kann nicht mehr. und die straße liegt immer noch vor einem. so darf man es nicht machen."
er dachte einige zeit nach. dann sprach er weiter: "man darf nie an die ganze straße denken, verstehst du? man muß nur an den nächsten schritt denken, an den nächsten atemzug, an den nächsten besenstrich. und immer wieder nur an den nächsten."
wieder hielt er inne und überlegte, ehe er hinzufügte: "dann macht es freude; das ist wichtig, dann macht man seine sache gut. und so soll es sein."
und abermals nach einer langen pause fuhr er fort: "auf einmal merkt man, daß man schritt für schritt die ganze straße gemacht hat. man hat gar nicht gemerkt wie, und man ist nicht außer puste." er nickte vor sich hin und sagte abschließend: "das ist wichtig."
[...]

Hallo Sternchen,

schön, Deine Geschichte und noch schöner sie hier zu lesen.

Ich finde auch, dass der Vergleich mit dem Weg aus der Sucht sehr gut passt. Aber ich sehe auch noch mehr, nämlich:

einen Menschen, der immer seinen graden Weg geht - gegangen ist, der sich nicht beirren lässt - sich nie hat beirren lassen. Der nie auf die Idee gekommen ist, sich eine Abkürzung zu suchen und der in der Einfachheit seines Seins seine Zufriedenheit stetig findet - gefunden hat.

Ruhe und Besonnenheit, Leben und Leben lassen, in sich selbst zufrieden sein, Zuversicht und ein fester Glaube an/in sich selbst.

Das wünsche ich allen, die hier schreiben und lesen

Marlies

P.S. Dir einen wundervollen Sonntag!

Hallo Sternchen

danke für diese schöne Geschichte.

Esliegt soviel Weisheit darin..so wie Marlies es auch schrieb.

dabei fiel mir ein....als ich 2000 Lebensbedrohlich im Krankenhaus lag und ich um mein Leben bangte...fiel mir eine Bibel in die Hände

ich schlug auf und las einen kurze Stelle..dort stand:

Sorge dich nicht um die Zukunft..jeder Tag bring Mühe und Last genug mit sich ...so dass du nur für den Tag deine Karft nutzen sollst und kannst.

so oder so ähnlich stand es dort...jedenfals ist es mir so Unter die haut gegangen...

Es war ein Zeichen für mich..eine Hilfe..in der Not...und diese zeichen hat mein Leben verändert..

Es sagt im Grunde das gleiche aus..was die Geschichte sagen will

lg Charlotte

Hallo Sternchen,
ein wenig Weisheit zur Nacht und es tut gut. Ich kenne die Geschichte Momos aus vielerlei Sicht, z.B. aus einer Christlichen Freizeit, als wir sie als Theaterstück aufführten und ich den Gastwirt darstellte, sehr aggressiv, weil schon im Stress.
Aber Beppos Geschichte zeigt auf im Falle der Spielsucht, daß die Genesung langsam aber stetig voranschreitet. Die GA gehen ja von einem 24 Stunden Programm aus - nur für den Heutigen Tag nicht spielen - und in seinem Bemühen immer wieder einmal eine Pause machen um sich selber bei seinen Bemühungen und positiven Seiten mitzunehmen.
Eine Gute Nacht
Andreas

Hallo Charlotte;
Im Evangelium des Mattkäus, Kapitel 6, Verse 25 - 34; der Bergpredigt Jesu Christi.

Noch einmal eine Gute Nacht

Hallo Sternchen,

ich habe mich nicht über den Titel gewundert, denn Momo ist eins meiner Lieblingsbücher. Ich fühle mich wohl, wenn ich beim Lesen meiner Fantasie freien Lauf lassen kann. Ich muss mich an dieser Stelle auch als Harry Potter Leser outen.

Für mich ist in diesem Auszug folgende Passage wichtig:

"das kam daher, daß er auf fragen nur freundlich lächelte und keine antwort gab. er dachte nach. und wenn er eine antwort nicht nötig fand, schwieg er. wenn er aber eine für nötig hielt, dann dachte er über diese antwort nach. manchmal dauerte es zwei stunden, mitunter aber auch einen ganzen tag, bis er etwas erwiderte."

Ich denke, es ist richtig, wenn man keine Antwort gibt, wenn man sie nicht für nötig hält, denn sonst hat sie auch nicht das nötige Gehalt, weil mein selbst nichts persönliches in die Antwort hineinlegt.

Mir passiert es oft, dass ich hier im Forum eine Antwort formuliere, sie aber dann wieder verwerfe, wenn ich genau darüber nachgedacht habe.

Manchmal dauert es auch bei mir Tage, bis ich MEINE Antwort formulieren kann.

Ich wünsche Euch allen einen schönen Wochenstart und hoffe, dass ihr nicht zuviel "Dreck" vor Euren Füßen wegfegen müsst.

Schöne 24 Stunden

Karl

Hallo zusammen,

ganz sicher ist es ein ganz wesentlicher Punkt, sich einem
(oder auch einigen) Menschen gegenüber öffnen zu können ohne
darüber nachdenken zu müssen, wie das Gesagte wohl beim
Gegenüber ankommt und ob er es wohl verstehen kann.
Angenommen werden um sich selbst annehmen zu können.
Gemocht werden um sich selbst mögen zu können.
Mit allen Schwächen, die man sich im Laufe der
Jahre angeeignet hat.
Ich denke nicht, dass man lernen kann sich zu lieben, ohne geliebt zu
werden....und ein klein wenig gemocht fühlt man sich ja schon bei
einem Menschen, der einem einfach nur zuhört.....der einem wichtig
nimmt.
Hier im Forum gibt es Menschen, die weit mehr tun als nur „zuhören“ .
Menschen, die sich mit ihrem Gegenüber beschäftigen und das nicht nur
virtuell.

All diesen Momo’s und ganz speziell der einen.....möchte ich mal
DANKE sagen....für’s Zuhören und für’s Annehmen.

Sternchen*

Hallo Sternchen

das sehe ich nun genau umgekehrt inzwischen wie du..aber das habe ich auch erst in meinem leben erkennen können...

Nur wenn ein Mensch aus sich heraus sich annehmen und lieben kann..ohne davon abhängig zu sein..diese von außen vermittelt zu bekommen..ist wirklich bereit und offen für das geben und nehmen ...frei von Ängsten...

deshalb ist es enorm wichtig zu lernen sich zu lieben und anzunehmen..um in der Liebe bleiben zu können..unvoreingenommen zu sein...Verständnissvoll zu sein...

nur wenn man an sich alle schwächen verstehen kann..kann man sie auch im Außen annehmen und verstehen...

das dies eine Lebenslange Aufgabe ist und nicht sooo leicht..das merkt man immer wieder..wenn man an seine Schwachstellen und Grenzen stösst....

das ist menschlich...und macht unser Leben aus...

Was den Menschen verloren geht im Laufe des Lebens...

ist ein gewisses Urvertrauen...durch äußere Umstände und Erlebnisse

Dieser Verlust verunsichert und schürrt Ängste..

dadurch wird manipuliert und lässt sich selber manipulieren...

Das Leben des Menschen fehlt dann das Urvertrauen..einfach sein zu dürfen...

Dieses Urvertrauen ist aber tief in einem vorhanden..es ist nur blockiert..verlernt..man kann es mit der richtigen Aufmerksamkeit wieder erlangen....jedenfals konnte ich dies Stellenweise erfahren...

lg Charlotte

[Nur wenn ein Mensch aus sich heraus sich annehmen und lieben kann..ohne davon abhängig zu sein..diese von außen vermittelt zu bekommen..ist wirklich bereit und offen für das geben und nehmen ...frei von Ängsten...]

Hallo Charlotte,
dieser Satz klingt in der ganzen Geschichte wie ein Märchen, ich habe es nicht in meiner Vorstellungskraft. Ich hinterfrage und kontrolliere immer noch ob es die - oder derjenige auch wirklich ernst mit mir meint, ob ich nicht einen Nutzen daraus ziehe, wenn ich Zuwendungen bekomme ohne diese wirklich göttliche Kraft der Agapischen Lieben zu kosten, voll auszukosten.

In einem Lied von Gerhard Terstegen heißt es:

Wie bist du mir so zart gewogen,
und wie verlangt Dein Herz nach mir!
Durch Liebe sanft und tief gezogen,
neigt sich mein Alles auch zu dir.
Du traute Liebe, gutes Wesen,
du hast mich und ich dich erlesen.

Ich singe dieses Lied immer wieder und gerade dann, wenn ich versuche einen Menschen nach meinem Willen zu fügen (weil ich es ja gut mit ihm meine) und ich aus seiner rückwirkenden Dankbarkeit zu mir Zuwendung von ihm erwarte ... oh!, ist das schlimm!
Nein, die Liebe kommt von einer liebenden Kraft, die größer ist als unser Menschlicher Verstand - und das Lied ist das Gebet an die Liebe!
Nur alleine Die Liebe bitten und mich in die allumfassende Liebe fallen zu lassen ist die Antwort.
Jetzt ist es Zeit mich für meinen Aufenthalt in der Psychosomatischen Klinik - vielleicht schon nächste Woche vorzubereiten. Das diche CoDA - Buch (der Anonymen Co - Abhängigen habe ich schon im Koffer vorgesehen.
Euch allen schöne 24 Stunden
Andreas

Hallo Andreas

ja, so kann man es auch beschreiben:

Nur alleine Die Liebe bitten und mich in die allumfassende Liebe fallen zu lassen ist die Antwort

mit der erkenntniss..sich somit bedingungslos annehmen und lieben zu können/dürfen

nur ist es in der praxis oft nicht leicht zu leben...zu viele ander vergifftete umstände prägen unser sein...und lassen uns es schwerer machen wie es sein muss :-(

lg Charlotte

danke sternchen, für dieses gleichnis !
ich habe es im rechtem moment gelesen ..
man soll sich nicht verachten,wenn man wieder dort war, wo man nicht mehr hingehen wollte...man , ich muss wieder nach vorne gucken, ja , Besenstrich für Besenstrich - nur so !