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Thema: Glücksspiel und andere Süchte

  1. #1
    Claus Gast

    Standard

    Glücksspiel und andere Süchte,
    oder DIE GEWISSENSERFORSCHUNG, DIE KEINER MACHEN WILL


    "Von den bereits erwähnten 12 Schritten erscheint mir einer als eines der wirksamsten Mittel für unsere persönliche Entwicklung zu sein. Nach meiner Ansicht ist dies der 4. Schritt. Er lautet: 'Wir machten eine furchtlose und gründliche Gewissenserforschung. '
    So steht es in der Literatur der Anonymen Alkoholiker AA. Bei den Anonymen Spielern GA gehört natürlich zur Gewissenserforschung noch eine finanzielle Bestandsaufnahme. Ich verkenne keineswegs die Wichtigkeit der finanziellen Seite. Eine fortdauernde Überwachung der Finanzlage ist erforderlich. Von der Spielsucht kann nur geheilt werden, wer sich für sein finanzielles Verhalten voll verantwortlich fühlt. Spieler haben zu Geld häufig eine völlig gestörte Einstellung. Eine ehrliche Einstellung zum Geld zu finden, ist aber etwas völlig anderes als der Weg zur moralischen Ehrlichkeit.
    Die finanzielle Frage lassen wir nun beiseite und wenden uns unserer Gewissenserforschung zu. Dies ist ein Schritt, der häufig umgangen und nur mit einem Lippenbekenntnis erfüllt wird. Zwar arbeiten die Mitglieder der Anonymen Spieler die 12 Schritte ihres Genesungsprogramms durch, indem sie sie in jedem Meeting jedes Mal aufs Neue lesen –und von Zeit zu Zeit denken sie auch darüber nach–, doch ich halte mehr von der alten Methode: sie fordert von Ihnen, daß Sie den Bleistift in die Hand nehmen und wochen– oder monatelang täglich alles aufschreiben, was Sie bei der Gewissenserforschung an Ihrem Charakter und Ihrer Persönlichkeit feststellen. Dann müssen Sie sich an eine Person Ihres Vertrauens wenden, – möglichst an jemanden, dessen Zuneigung Sie schon erfahren haben und dessen Urteilskraft Sie anerkennen. Ihm geben Sie, was Sie geschrieben haben, und sprechen mit ihm über das Ergebnis Ihrer Gewissenserforschung.
    Das ist eine sehr mühsame Arbeit. Es kann nämlich durchaus sein, daß Sie alles noch einmal schreiben müssen und es in einigen Bereichen noch erweitern sollen. Am Schluss, wenn Sie und Ihre Vertrauensperson (Ihr Sponsor) zufrieden sind, verbrennen Sie, was Sie als Gewissenserforschung aufgeschrieben haben. Von nun an beginnt für Sie die tägliche Inventur von neuem, – und zwar unter der Aufsicht der Person Ihres Vertrauens (des Sponsors). Damit haben wir die klassische Form der Erforschung unseres Charakters auf seine Defekte hin behandelt. Sie bringt uns eine Art geistiger Wiedergeburt. Doch, wie bereits gesagt, oft wird sie ganz übersehen oder zu flüchtig gemacht.
    Eine weitere Art von Gewissenserforschung ist ebenfalls von grundlegender Bedeutung. Auch sie muss über einen langen Zeitraum hinweg betrieben werden. Ich meine hiermit eine Bestandsaufnahme unserer Triebkräfte. Ist es wirklich sinnvoll, unsere moralischen und geistigen Bedürfnisse und Nöte festzuhalten, dabei aber unsere körperlichen Bedürfnisse zu übersehen, – jene Triebkräfte, denen wir dienen oder denen wir uns schon unterworfen haben (und die damit unser Leben fest im Griff halten)? Kann man überhaupt geistiges Wachstum erreichen, wenn man die stofflichen Abhängigkeiten übersieht, die unser Leben in einem endlosen Kreislauf berühren und lenken? Diese anderen Triebkräfte (auch die Spielsucht) schleudern uns auf leidenschaftlichen Wogen hin und her, – vom Verlangen bis zu seiner Befriedigung. Unser Leben in Ordnung bringen, das bedeutet auch: dieses ganze Meer von Triebkräften zu besänftigen. Man kann nicht eine einzelne Welle zur Ruhe bringen, den Zustand des Ozeans aber dabei ignorieren.
    Das Thema, das ich hiermit anschneide, ist sehr unpopulär. Wir haben es nämlich mit dem Problem der wechselseitigen Abhängigkeiten ('crossaddictions') und möglichen Suchtverlagerungen zu tun. Wenn ich gelegentlich zu Alkoholikern spreche, dann empfehle ich ihnen häufig, sie sollten sich nicht nur ernsthaft mit ihrem Alkoholmissbrauch befassen, sondern auch mit der Frage, welche Medikamente sie nehmen, wie sie's mit dem Glücksspiel halten, welche Eßgewohnheiten sie haben, welche körperlichen Übungen sie täglich treiben, welche Aggressionen sie an sich kennen, usw. Ich dringe auch darauf, dass sie sich überlegen, ob sie nicht einen Entschluss fassen müssen, das Rauchen aufzugeben. Ich lege ihnen auch den Verzicht auf Kaffee nahe.
    Bei meinen Vorträgen dauert es auch in aller Regel nicht mehr als 10 Minuten und einer meldet sich mit sorgenvoller Miene und sagt in etwas ärgerlichen Tonfall: "Ich bin hierher gekommen wegen meines Spielproblems. Und nun fordern Sie mich auf, dass ich alles aufgeben soll?!"
    Andere Zuhörer versichern mir dann, dass sie bei dem Versuch, all ihre Laster aufzugeben, entweder wieder zu trinken und zu spielen anfangen oder gleich Selbstmord begehen würden, um das ganze Elend hinter sich zu lassen, oder dass sie sich dann zu Tode langweilen, oder gar, dass sie sich am Ende selbst nicht mehr leiden könnten, wenn sie so verflucht tugendsam wären.
    Ich aber sage Ihnen, dass Ihre Nüchternheit und Spielfreiheit gestärkt und nicht geschwächt wird, wenn Sie Ihre Selbstkontrolle auch auf anderen Gebieten zurückgewinnen. Alkoholiker und Spieler können ihre Suchtverlagerungen häufig mit vernünftig klingenden Argumenten ganz gut verteidigen. Ich aber halte ihnen entgegen, dass die Verteidigung irgendeiner Abhängigkeit niemals vernünftig sein kann. Wer bereits süchtiger Glücksspieler ist, teilt in jedem Falle mit Millionen anderer Menschen eine Reihe von Abhängigkeiten. Solange sie nicht als Problem erkannt sind, untergraben sie den geistigen, sozialen und persönlichen Fortschritt in der Genesung.
    Es ist zwar nicht meine Aufgabe, Ihnen Ihre Bestandsaufnahme abzunehmen, was Ihre Triebkräfte angeht. Aber immerhin kann ich Ihnen ein paar Anregungen dazu geben, – und wenn ich dies tue, gehe ich das Risiko ein, dass Sie Stinkwütend auf mich werden. Das liegt aber dann an Ihnen selbst. Sie regen sich nämlich über die Person auf, die Sie am besten kennen, – nämlich sich selbst.
    Die meisten von Ihnen haben sich wahrscheinlich schon sehr geärgert, als sie ihre charakterliche Gewissenserforschung machten. Denken Sie noch einmal daran, wie beleidigt Sie waren, als Ihnen zum ersten Male jemand riet, Sie sollten mit dem Spielen aufhören. Verzichte, über die Sie am meisten grollten, waren meistens Verzichte auf Dinge, die unbedingt aufgegeben werden mussten. Sehen Sie deshalb den Groll lieber als einen nüchternen Maßstab für sich selbst an, der Ihnen zu erkennen hilft, wie sehr eine Änderung Ihrer Gewohnheiten notwendig ist.
    Bill Wilson, der Mitbegründer der Anonymen Alkoholiker AA, hat uns gesagt, dass der Alkoholismus eine dreifache Krankheit sei. Sie stelle eine spirituelle, eine seelische und eine körperliche Beeinträchtigung dar. Süchtige Glücksspieler sind in aller Regel der Meinung, zwanghaftes Spielen sei kein körperliches Problem. Sie sehen deshalb auf den Alkoholiker und Drogensüchtigen herab, wegen der Art und Weise, wie sie ihren Körper Zugrunderichten. Wenn ich Ihnen nun vorschlage, eine Bestandsaufnahme Ihrer Triebkräfte zu machen, so hoffe ich gleichzeitig, auch Ihren Blick auf den Wert Ihrer leiblichen Existenz zu richten, auf die ja alle Formen unserer Existenz auf dieser Welt gegründet sind.
    In dem Krankenhaus, in dem ich arbeite, treffe ich in aller Regel auf einige der am stärksten missbrauchten Körper, die man sich vorstellen kann; es sind die Körper zwanghafter Spieler in ihrem Endstadium. Wenn ich selbst auch kein praktischer Arzt bin, so beobachte ich doch in vielerlei Hinsicht, was aus unseren Suchtkranken geworden ist. Was sich diese Leute antun, indem sie sich selbst vernachlässigen und sich gehen lassen, kann man jederzeit in den Krankenberichten nachlesen. Mit verblüffender Regelmäßigkeit begegnen uns bei süchtigen Spielern Fettleibigkeit, Zahnverfall, Unterernährung, Alkoholmissbrauch, Tabakbedingte Atembeschwerden, Drogenmissbrauch und anderes mehr. Die Wahrscheinlichkeit, dass es vor, während oder nach einem Zeitabschnitt zwanghaften Spielens zu wechselseitigen Abhängigkeiten oder Suchtverlagerungen kommt, scheint mir bei süchtigen Spielern höher zu liegen als bei der übrigen Bevölkerung. Bei Spielern über 35 Jahren lassen sich außerdem die verheerenden Wirkungen erkennen, die von der dauernden Anspannung ausgeht, unter der sie stehen; sie haben Schäden an lebenswichtigen Organen, am Magen oder am Herzen, sie haben Kreislaufstörungen oder Hautprobleme.
    Jeder Spieler, der zu uns kommt, erhält einen von mir entworfenen Fragebogen; darin sind zahlreiche körperliche Symptome angegeben, die sich dann einstellen, wenn jemand unter permanenter innerer Anspannung lebt. Die meisten süchtigen Spieler müssen auf diesem Fragebogen vielerlei ankreuzen. Deshalb nehmen sie auch unsere täglichen Entspannungsübungen sehr dankbar auf. Ältere Patienten, meistens Männer über 45, leiden fast immer an einer oder mehrerer körperlicher Krankheiten, die auf den Dauerstress beim Glücksspiel zurückzuführen sind und eine Behandlung in einer unserer Spezialkliniken erfordern.
    Spieler wollen von mir immer hören, dass ihre Sucht eine Krankheit, eine Verhaltensstörung oder ein sonstiges Übel ist. Ich gehe aber erheblich weiter: Pathologisches Spielen, das ist nicht nur eine fortschreitende Krankheit, es ist vielmehr eine schicksalhafte, progressive Erkrankung, die ihre Opfer 10 oder 15 Jahre früher sterben lässt, als es nach der Statistik über ihre voraussichtliche Lebenserwartung sein müsste. Es gibt zwar noch keine speziell diesbezügliche Statistik für süchtige Spieler; meine Angaben beruhen also nur auf den mir zugänglichen Krankenberichten unserer Klinik.
    Neben einer dauerhaften Spielabstinenz müssen von den Betroffenen deshalb erhebliche Anstrengungen unternommen werden, um ihr Leben von dem Stress zu befreien, der durch eine Vielzahl von weiteren und sich gegenseitig beeinflussenden Abhängigkeiten ausgelöst wird. Ein Fortbestehen dieser Lebensbelastungen hieße die Abstinenz vom Glücksspiel auf eine sehr unsichere und krampfhafte Weise erfüllen – und damit unsere Genesung auf tönernen Füßen stellen. Wenn unsere Genesung von der Spielsucht auch eine geistige Erfahrung werden soll, wenn sie sich in jeder Hinsicht für uns lohnen soll, dann müssen wir auch an all den anderen 'Teufelchen' arbeiten, die uns im Rücken sitzen.
    So, und nun gebe ich Ihnen eine Art 'Einkaufsliste'. Natürlich sollen Sie nichts kaufen. Aber diese Liste soll Sie ständig daran erinnern, was Sie noch zu tun haben. Sie dürfen ruhig vor Missmut knurren, wenn ich Ihnen damit „auf die Füße trete“. Aber vielleicht gelingt es mir ja auch, das eine oder andere Samenkorn einzupflanzen. Sie sind ja freiwillig hier. Sie sind damit gute Anwärter auf eine Änderung Ihres Lebens und auf geistiges Wachstum. Durch Ihre Anwesenheit bezeugen Sie, dass Sie den Mut haben, einem schwerwiegenden Lebensproblem in die Augen zu schauen, und dass Sie versuchen wollen, etwas dagegen zu unternehmen.
    Und noch eine Anmerkung, bevor ich Ihnen die Liste vorlege: Ich spreche hier in gleicher Weise für den süchtigen Spieler, wie auch für diejenigen, die als Angehörige und Freunde von Spielern mitbetroffen sind. Ich habe hier nämlich etwas, womit ich jeden von Ihnen ärgern kann, – eine Liste von häuslichen Abhängigkeiten, wie wir sie lieben, hegen und pflegen:

    Drogenmissbrauch
    Aspirin ist eine Droge, die für gewöhnlich im Übermaß benutzt wird, weil wir uns einbilden, dass es für jedes Problem eine Pille geben muss, und weil Aspirin billig ist und überall zu haben ist. Valium heilt überhaupt nicht, nur vorübergehend ist es eine Art von Krücke. Es ist hochgradig suchterzeugend; dennoch werden jährlich über 40 Millionen Rezepte für Valium oder Librium ausgeschrieben. Die Liste missbrauchter legaler Arzneimittel ist enorm. Arzneimittelmissbrauch ist nicht die Ausnahme in unseren Haushalten, es ist leider die Regel. Harte Drogen sind daher nur ein kleiner Teil des gesamten Arzneimittelmissbrauchs in unserer Gesellschaft.
    Rauchen
    Obwohl der Pro–Kopf–Verbrauch an Tabak beständig zurückgeht, ist Rauchen heute immer noch der wichtigste, vermeidbare Grund für frühe Sterblichkeit. Ich halte es jedenfalls für ein Gesundheitsproblem ersten Grades. Robert Erikson, mein Freund –und Psychologe wie ich–, sagte mir kürzlich, dass es hier bei uns immer noch kein Programm gibt für eine klinikinterne Behandlung von Rauchern. Aber es sollte wohl eines geben, denn wir behandeln Leute in Hospitälern aufgrund wesentlich weniger gefährlicher, todbringender, Substanzen.
    Alkoholmissbrauch
    Alkohol ist ein tödliches Gift, das fast nie aus gesellschaftlichen Gründen konsumiert wird, sondern hauptsächlich, um auf direktem Wege die Stimmung oder Laune des Trinkers zu verändern.
    Zuckermissbrauch
    Zucker ruiniert Ihre Zähne, macht Ihren Bauch fett und bringt das Hormonsystems Ihres Körpers durcheinander. Außerdem löst Zucker Depressionen aus und führt zu Erregungen und Reizbarkeit.
    Verschwendungssucht
    Fast jeder verheiratete Spieler, den ich getroffen habe, glaubt, dass seine Frau Geld verschwendet. Bei einigen mag das sogar stimmen, – und denkt man darüber ein wenig nach, kommt man auch auf den Grund dafür. Aber süchtige Glücksspieler scheinen eher selbst verschwenderisch und unverantwortlich spendabel mit Geld zu sein. Sie wollen immer den einen oder anderen ausstechen. Sie scheuen sich nicht, das 'Liebe' zu nennen. Verschwenderisch mit Geld sind
    allerdings auch andere Menschen. Es gibt Tausende von ihnen, die niemals engen Kontakt zu einem Spieler hatten. Fast scheint es, eine Art Lebensstil zu sein: Geld zu verschwenden ist auch ein Weg, um 'high' zu werden.
    Klauerei
    Haben wir das als Kinder nicht schon alle einmal getan? Ich habe mir sagen lassen, dass die Preise der Waren in den meisten Läden 30 % höher sind, als sie sein müssten, wenn es keine Ladendiebstähle gäbe. Wenn Sie auf einen der Sonntäglichen Flohmärkte gehen, dann finden Sie dort Berge von gestohlenen Waren, die von ganz normalen Mitbürgern zum Kauf angeboten werden, – von Leuten, deren hauptsächliche Beschäftigung darin zu bestehen scheint, das Geschäft ihres Arbeitgebers zu plündern.
    Redseligkeit
    Wegen dieser Untugend arbeite ich an mir selbst. Redselige Leute können Sie verrückt machen! Nicht nur ihre Mäuler, nein, ihr ganzes Leben ist ihnen außer Kontrolle geraten.
    Pyromanie (mit Feuer spielen)
    Jeder kleine Junge hat Spaß daran, Blätter oder Papier zu verbrennen. Doch Hunderte von ihnen, die niemals erwachsen werden, nehmen sich größere Projekte vor. Dies ist zwar kein weit verbreitetes Problem, aber es scheint auch eine richtige Abhängigkeit vom 'Zündeln' zu geben.
    gespielte Hilflosigkeit
    Impulsive Suche nach Aufmerksamkeit oder Sympathie lernt man sehr leicht. Selbst Erwachsene können es manchmal nicht sein lassen. Unser System der Gesundheitsfürsorge kennt Millionen missbräuchlicher Benutzer, die in Notfallstationen und psychiatrischen Abteilungen unserer Krankenhäuser auftauchen. Sie frustrieren die Bemühungen der Mitarbeiter und vergeuden unser Geld in gespielter Hilflosigkeit, selbstverschuldeten Depressionen oder ganz einfach mit Bettelei.
    Unehrlichkeit
    Impulsives, grundloses Lügen ist so allgemein verbreitet wie das Gras. In den 70er Jahren ist es durch unsere Politiker geradezu zu einer nationalen Kunstform erhoben worden. Wie wir wissen, werden die meisten süchtigen Spieler (oft auch deren Ehefrauen) regelrecht verlogen. Auch wenn das Spielen aufgegeben wird, bin ich nicht sicher, dass damit auch das Lügen und Betrügen ein Ende hat. Manche haben an diesem Problem sehr hart zu arbeiten.
    Aggressionen
    Wutausbrüche, Zorn, Feindseligkeit und Streitsucht, – dies ist der Lebensstil von Millionen von Menschen und sie sind abhängig davon. Männer verprügeln ihre Frauen, und beide sind durchaus fähig, ihrem Baby die Rippen zu brechen. Ich habe auch drei Glücksspieler kennen gelernt, die von ihren Frauen heftig verprügelt wurden. Manch eine Ehefrau eines Spielers hängt wohl auch gern der Phantasie nach, ihr Mann pulverisiere sich gerade in einem brennenden Spielclub selbst zu Asche.
    Manipulation
    Die meisten Spieler sind von mannigfachen gesellschaftlichen Verführungen abhängig. Vielleicht ist dies auch so, weil sie dafür besonders gut geeignet sind. Denken Sie nur nicht, Sie könnten das –ganz nebenbei– mit Hilfe des Genesungsprogramms der Anonymen Spieler (GA) loswerden. Sie müssen sich vielmehr darüber klar werden, dass es sich hierbei um eine absolut eigenständige Abhängigkeit handelt. Nebenbei gesagt: Keine Abhängigkeit werden Sie dadurch los, dass Sie diese in irgendein Verzeichnis eintragen. Jede Abhängigkeit muss mit allen 12 Schritten bearbeitet werden.
    Fernsehsucht
    In einem amerikanischen Haushalt läuft der Fernseher tagtäglich im Durchschnitt sieben Stunden. Wenn wir unsere alkoholkranken und spielsüchtigen Patienten beim Umgang mit dem Fernseher beobachten, dann sehen wir, dass dies wirklich eine Sucht ist: Wenn der Kasten nicht läuft, fühlen sie sich nicht wohl. Und sie sehen buchstäblich alles und jedes, – zu jeder Tages– und Nachtzeit.
    Lesesucht
    Frauen können sich, wie ich glaube, in noch stärkerem Maße als Männer dem Lesen endloser, billiger Romanserien und Magazine hingeben. Wer lesesüchtig ist, kann sein Leben nicht mehr meistern, weil er sich nur dann wohl fühlt, wenn er sich in ein Buch oder ein Magazin flüchten kann.
    Pornosucht
    Ich habe schon einige süchtige Spieler erlebt, die bereits auf dem Weg der Genesung waren und doch geradezu besessen, alle Formen von harter Pornographie zu kaufen, zu sammeln und anzuschauen. Sie wissen, was das kostet: Wir sprechen von tausenden von Dollars, aber auch von tausenden von Stunden, die mit einem tiefen Schuldgefühl gegenüber dieser Besessenheit zugebracht werden. Stellen Sie sich vor, was das für die Frauen und die Kinder dieser Spieler bedeutet. Pornographie–Sucht ist eine Abhängigkeit im besten Sinne dessen, was man unter Abhängigkeit versteht. Übrigens, für die Männer, mit denen ich sprach, hatte die Pornographie längst aufgehört, eine Quelle der Freude zu sein.
    Wie Sie sehen, scheint die Liste der suchtartigen Abhängigkeiten endlos zu sein. Ich könnte sie noch ergänzen mit: Fingernägelkauen, Daumenlutschen, Autofahren, Reisen, Frauen nachstellen, Exhibitionismus, Kindesmissbrauch, Voyeurismus, Sammelleidenschaft, Sachen ersteigern, Lippen Wundbeißen, etc. pp. Um es kurz zu machen: Sie können durch jeden Stoff, durch jede Idee, durch jedes Verhalten oder jede sonstige Ursache in eine Abhängigkeit geraten.
    Ich stimme nicht mit William Glasser, dem Psychologen, überein, der uns empfiehlt, einige positive Abhängigkeiten auszuleben, wie z.B. Jogging oder Arbeiten. Ich denke, er hat das Wesen von Abhängigkeiten verkannt. Nichts, was wir zwanghaft oder impulsiv tun, ist wirklich unserer Mühe wert.
    Dr. Mamorstein hingegen –ein Internist– beschrieb 1979 in seinem Buch 'The Psychometabolic Blues', wie er Depressionen und Ängste behandelt. Er schreibt, die häufigsten Störungen, mit denen er es in seiner 16–jährigen Internistenpraxis zu tun gehabt habe, seien Frustrationen, Langeweile, Ängste und Depressionen gewesen. Jedes Jahr suchen Millionen von Menschen ärztliche Hilfe bei Problemen, für die es im strengen medizinischen Sinne keine Lösungen gibt. Dr. Marmorstein hat hierfür vier einfache Empfehlungen erdacht: Keinen Alkohol, keinen Zucker, keinen Kaffee und täglich eine körperliche Betätigung (z.B. einen langen Spaziergang in der freien Natur).
    Ich bin sicher, dass viele Patienten von Dr. Mamorstein geglaubt haben, sie könnten durch chemische Hilfsmittel ein besseres Leben erreichen. Sie haben ihn wahrscheinlich ohnehin für einen Scharlatan gehalten. Diejenigen allerdings, die Dr. Mamorsteins gutem Rat gefolgt sind, hatten das selten zu bedauern. Übrigens verordnet er auch Medikamente, wenn er denkt, daß ein chronisches, biochemisches Problem oder eine körperliche Ursache für eine Depression vorliegt. Viele Patienten suchen sich in voller Absicht einen Arzt, der gern nach dem Rezeptblock greift. Heutzutage sind Millionen von Menschen süchtig nach (oder abhängig von) ärztlich verordneten Medikamenten. Sie leben dann irgendwie mit ihrem Problem dahin, haben aber nicht den Mut –und oft auch nicht die Anleitung–, dieses Problem zu lösen. Für den nüchternen Betrachter der amerikanischen Art von Süchten ist klar, daß unser Elend ganz klar hervorgerufen wird durch Inaktivität und durch übermäßigen Konsum von gesellschaftlich zugelassenen Giften. Dagegen helfen nur Abstinenz und systematisches Training.
    In meiner Checkliste habe ich die Koffeinsucht noch nicht erwähnt. Ich habe das Dr. Mamorstein überlassen. Die meisten Anonymen Spieler trinken bei ihren abendlichen Meetings Kaffee. Das ist eine Unart, die sie von den frühen Anonymen Alkoholikern geerbt haben. Die haben nämlich gedacht, das wäre der erste große Schritt, um Alkoholismus zu behandeln. Das war ein großer Fehler. Ein bereits vergiftetes Nervensystem darf man nicht mit anderen Reizmitteln –wie Koffein– bearbeiten. Es ist natürlich nicht einfach, zuzugeben, daß wir Kaffee nicht wegen seines Geschmacks trinken, sondern vielmehr wegen seiner Einwirkungen auf unseren Geist. Aber weil ich das für mich erkannte, habe ich schließlich das Kaffeetrinken mit viel Groll, aber –wie ich zugeben muss– auch mit Dankbarkeit aufgegeben. (Wenn Sie eine Pille wollen, die mit Sicherheit gegen innere Ruhe und Gelassenheit wirkt, dann nehmen sie ein Amphetamin und spülen es mit Kaffee herunter!)
    Nun stellt sich für uns natürlich die Frage, warum wir uns eigentlich ändern sollen. Warum sollen wir eigentlich all diese so genannten Laster aufgeben?
    Unlängst habe ich mich lange mit einem Mann unterhalten, der 40 Jahre süchtiges Spielen hinter sich hatte. Er war nicht aus freien Stücken zu mir gekommen; seine Frau, –schön, energisch und intelligent–, hatte ihn dazu gedrängt, mich aufzusuchen. Als wir mehr als eine Stunde miteinander gesprochen hatten, war ihm bewusst geworden, daß es für ihn keine Möglichkeit gab, weiter zu spielen und dennoch ein Leben zu führen, wie es seinen eigenen Vorstellungen entsprach. Ich konnte die Gewissensqual buchstäblich miterleben, die er durchmachte, um sich zu einer Therapie zu entschließen. Dann –nach langem, tiefen Schweigen– stellte er mir die Frage: "Dr. Taber, hat mein Leben denn überhaupt noch irgendeinen Sinn, wenn ich das Spielen aufgebe?" Wie die meisten süchtigen Spieler, die am Ende sind, hatte er das Spielen als ein antidepressives Mittel benutzt, als eine Art Droge zur Rettung seines Lebens, das in Wahrheit bereits völlig durcheinander geraten war. Jetzt sah er sich selbst vor einem Berg von Depressionen. Er hatte das Gefühl, sie würden ihn umbringen. Und sicher wäre es ohne Hilfe auch so gekommen. Für ihn aber war unser Gespräch ein Wendepunkt; es spiegelte ihm seine eigene Hilflosigkeit und Verzweiflung.
    Dennoch quälte er sich noch etliche Wochen, bevor er (wiederum veranlasst durch seine nie verzagende Frau) endlich in unsere Klinik kam. Er hatte erfasst, was ich ihm in unserem Gespräch in Aussicht gestellt hatte, nämlich daß ein Leben ohne Spielen nicht nur möglich, sondern ein Gewinn sein würde, der weit über seine Vorstellungskraft geht. Unglücklicherweise gab er jedoch die Therapie innerhalb von 24 Stunden wieder auf. Er war ein Mann, der so sehr in seine Ängste verstrickt war, wie mir nur selten ein Mensch begegnet ist.
    Der Süchtige ist überzeugt, das Leben sei wertlos, wenn er seine Abhängigkeit aufgebe. "Wozu noch leben, wenn man auf alles verzichten muss?!", so fragt er sich immer wieder. Ich versichere Ihnen, die Motivation für unseren Suchtverzicht hat nichts mit unserem Selbsterhaltungstrieb zu tun. Selbst wenn wir morgen sterben sollten, so müssen wir doch heute das Rechte tun. Ich selbst habe eine 22–jährige Nikotinabhängigkeit aufgeben müssen. Zwei Packungen Zigaretten täglich habe ich verpafft. Als ich mich vor 10 Jahren zum Verzicht entschloss, dachte ich noch, ich täte es nur aus gesundheitlichen Gründen. Sechs Jahre lang musste ich mich mit mir selbst herumschlagen, von 1964 bis 1970, bis ich endlich den Rat unseres Chefarztes annehmen konnte.
    Wenn ich mich heute frage, warum ich eigentlich nicht mehr rauche, dann antworte ich, nicht deshalb, weil das Rauchen den Tod schneller herbeiführt, sondern weil es nichts gibt, was mir die durch den Verzicht gewonnene Selbstachtung ersetzen könnte, die ich dadurch gewonnen hab, daß ich auf eine der größten Eseleien meines Lebens verzichten konnte. Und wenn ich in den folgenden Jahren auf Alkohol, auf gezuckerte Nahrungsmittel und Kaffee verzichtet habe, dann nicht aus Angst vor einem frühzeitigen Tod. Sie können mir glauben, ich tue es, weil ich ein wahres Hochgefühl erreicht habe, weil ich glaube, daß ich innerlich inzwischen gewachsen bin, mit jedem Verzicht, den ich fertig gebracht habe.
    Ich weiß, daß ich noch eine ganze Menge Arbeit vor mir habe, aber die Abstinenz hat mir die Kraft und auch die Hoffnung gegeben, daß ich meine Arbeit noch bewältigen werde. Süchtige können sich eine eigene Zukunft –frei von der Sucht– nicht vorstellen. Angst vor der Süchtigkeit und der Glaube an ihre Überwindung lässt den Süchtigen an sich arbeiten, bis er schließlich von einer höheren Warte aus auf seinen Weg der Genesung zurückblicken kann. Ist er aber erst einmal auf dem Gipfel, dann hasst er es, ihn zu verlassen. Wohin er auch immer geht, sein Geist bleibt oben zurück. Und wenn er ins Tal zurückkehrt, dann kommt er zu einem fremden Stamm, dessen Angehörige früher einmal sein eigenes Volk waren.
    Selbstüberwindung zum Verzicht, die nichts mit der Angst vor dem Tode zu tun hat, hat auch nichts mit einem Wettbewerb zu tun oder damit, was die anderen Leute tun. Der Süchtige muss sich davor hüten, sich mit anderen messen zu wollen. Solche Vergleiche mögen ihm den einen oder anderen freudlosen Sieg bringen – ein Gefühl der Überlegenheit –, doch dieser Gewinn wird sich alsbald in einen schwerwiegenden Verlust an Selbstachtung verwandeln. Und zwar geschieht dies in aller Regel dann, wenn man einem noch Größeren begegnet. Das Verlangen, die Nr. 1 zu sein, ist auch so schon ein unwahrer Traum. Sich mit eingebildeten Konkurrenten messen zu müssen, ist keine hilfreiche Motivation zur Genesung. Doch setzen Sie es ruhig auf Ihre Checkliste! Beschäftigen Sie sich aber lieber mit besseren Dingen.
    Wer das Spielen aufgegeben hat, fragt sich, warum er sich nun auch noch mit anderen Abhängigkeiten befassen soll. Wenn nicht aus Angst vor einem frühzeitigen Tod und auch nicht im gesellschaftlichen Wettstreit mit anderen, – warum dann?
    Eine Sucht kann nicht wirkungsvoll überwunden werden, wenn man sich nicht alle anderen Süchte bewusst gemacht hat. Man muss regelrecht Pläne entwickeln, wie man an all diesen Abhängigkeiten zu arbeiten gedenkt. Wir müssen uns täglich unsere Gewohnheiten, unsere Triebkräfte und unsere Abhängigkeiten bewusst machen. Wir müssen bereit sein, sie alle zu überwinden. Wenn man eine Sucht überwunden hat, dann gibt das Kraft, die nächste anzugehen. Und wenn man diese überwunden hat, dann erhält man dadurch eine weitere Schutzschicht gegen einen Rückfall in die erste Abhängigkeit.
    Ich kenne einen Alkoholiker, der bereits 20 Jahre abstinent lebt, aber immer noch mit geballten Fäusten und zusammengebissenen Zähnen Nüchternheit praktiziert, weil er in anderen Abhängigkeiten steht, die er sich nicht bewusst gemacht hat. In einer Hand die Zigarette, in der anderen den Becher Kaffee, so spricht er seine AA–Weisheiten durch Zähne, die am liebsten etwas Zuckergebäck zu beißen hätten. Es scheint so, als ob sein Geist vor 20 Jahren eingefroren sei, als er in die Gemeinschaft der Anonymen Alkoholiker kam und das einzige Leben aufgab, das er kannte. Auf eine gänzlich verdrehte Weise ist es ihm möglich, seine anderen Abhängigkeiten als Werkzeuge für seine Alkoholabstinenz zu betrachten. Er entwickelte wirklich eine Menge Sitzfleisch bei dem Versuch, mir dies zu erklären.
    'Ausrutscher' und Rückfälle sind bei Süchtigen so oft zu beobachten, daß wir glauben, sie wären ein Teil der Therapie. Auch ich sehe es so. Aber das Tragische bei einem 'Ausrutscher' ist nicht so sehr die Rückkehr zum Glücksspiel als vielmehr der Verlust der Spielfreiheit. Denn aus der Spielfreiheit entsteht die Kraft, die wir benötigen, um der Verführung zu widerstehen. Durch die Spielfreiheit werden negative Einstellungen und übertriebene Empfindlichkeit umgewandelt in Rechtschaffenheit und Dankbarkeit. Nur durch lange Abstinenz wird das Verlangen gemindert. Wenn mir jemand erzählt, er hätte Spieldruck, obwohl er schon lange spielabstinent lebt, dann glaube ich, daß er wissentlich oder unwissentlich eine Art Spiel mit sich selbst treibt. Was William Shakespeare schon wusste und wie die Wissenschaft nach ihm gezeigt hat, wächst das Verlangen umso mehr, je mehr man ihm nachgibt. Je mehr du isst, desto mehr willst du essen. Das ist das Wesen jeder Sucht. Wenn die Abstinenz das Verlangen einschläfert, dann müssen Sie schon ein Fanatiker sein, um diesen Schlaf hüten zu wollen. Wenn ein Selbstauferlegter Verzicht gut ist, dann sind zwei noch besser, – vorausgesetzt, Sie leben Ihre Abstinenz in der richtigen Weise. Es ist ein Segen und wir sind glücklich darüber, daß wir diesen Weg kennen.
    Jedes Mal, wenn wir eine lebensbedrohliche Abhängigkeit angehen, gehen wir aufs Neue durch den Teufelskreis von Empfindlichkeiten, guten Vorsätzen, Rückfällen, Selbstvorwürfen, Abstinenz, Erstarkung und schließlich Dankbarkeit und Bereitschaft, anderen zu helfen. Wenn wir an der Bewältigung zusätzlicher Abhängigkeiten arbeiten, dann ist da noch ein Risiko, auf das ich Sie hinweisen muss. Wir möchten nämlich unseren Freunden gar zu gerne über unsere großartige Entwicklung, unsere wachsende Dankbarkeit, unsere neue Stärke und unsere gestiegene Selbstachtung berichten. Aber natürlich steht dem unsere Bescheidenheit im Wege.
    Ein süchtiger Spieler sieht jenseits seiner täglichen Suchtbefriedigung keine Zukunft. Wer also seine Abhängigkeit aufgeben will, der kann zunächst nichts anderes tun als glauben, daß es möglich ist. Unterwerfung und Gehorsam sind die ersten Erfordernisse auf dem Weg der Genesung (1.Schritt). Erst danach kommt es zu einer Entwicklung wirklicher Selbstdisziplin. Als erstes müssen Sie also daran glauben, daß ein Leben –frei von Süchten und Abhängigkeiten– nicht nur möglich, sondern wunderschön und großartig ist. Es ist vielleicht das Höchste und Wunderbarste, was wir erleben können. Ein weniger hoch gestecktes Ziel ist unserer unwürdig. Doch hierbei können Sie zunächst nur auf Glauben und Vertrauen bauen. Dies ist schon schwierig genug, wenn wir nur daran denken, was wir alles aus den Vergnügungen des Augenblicks zu gewinnen haben. Süchtige sagen immer: "Zeige es mir, dann will ich es glauben!" Wie all die weisen Menschen in unserer Geschichte schon gedacht und gesagt haben, können wir ihnen darauf nur eine Antwort geben: 'Habt Vertrauen und lasst Euch von der Hoffnung zur Abstinenz leiten. Erst dann werdet Ihr das Verständnis erlangen; es wird weit über Eure kühnsten Träume hinausgehen!"

    Dieser Vortrag wurde am 3. Mai 1980 anlässlich des 10–jährigen Bestehens der Gruppen von den Gamblers Anonymous GA (Anonyme Glücksspieler) in Hartford, Connecticut U.S.A. von Dr. Julian I. Taber gehalten, einem Facharzt für Psychologie, der Leiter eines Behandlungsprogramms für süchtige Spieler am 'Veterans Administration Medical Center' in Cleveland, Ohio (U.S.A.) ist. In seinem Beitrag ist gleich zu Anfang die Rede von den "12 Schritten", den Grundsätzen, die von den Anonymen Alkoholikern AA entwickelt und erfolgreich zu ihrer Genesung angewandt wurden.
    der zugrunde gelegte Vortrag lautet:
    "The Inventory Nobody Wants to Take " (1980)
    und ist im Original zu beziehen über: GAMBLERS ANONYMOUS (GA)
    –International Service Office–
    P.O. Box 17173, Los Angeles, CA 90017, U.S.A.


  2. #2
    Klaude Gast

    Standard

    Hallo

    Ich bin zwar nur Angehörige eines Spielers, hatte aber selbst Probleme mit Alkohol. Und wenn mich etwas in eine Sucht treibt, dann sind es derartig missionarische Ansichten, die keinen Spielraum für eigene Meinungen lassen.

    Dieser Beitrag erinnert mich stark an die Weltanschauung fundamentalistischer Christen und bedient sich auch des gleichen Wortschatzes (Wiedergeburt, spirituelles Wachstum usw.)

    Bis jetzt war noch immer die beste Therapie, jeden Menschen seinen eigenen Weg finden zu lassen und ihn bei der Suche danach zu unterstützen.

    Die hier ausgedrückte Weltanschauung mag ja für den US- amerikanischen Bible-Belt annehmbar sein, aber bitte nicht in einem zivilisierten Europa.

    Ich darf hinzufügen, dass ich einen dieser unsäglichen Wiedergeborenen Christen in der eigenen Familie habe und ernsthaft krank wurde von diesem widerlichen Missionarstum. Unter anderem stieg auch mein Alkoholkonsum in enorme Höhen, bis ich mich endlich von besagter Person distanzieren konnte.

    Und wenn ich noch süchtig wäre, dann hätte ich nach dem Lesen dieser unsäglichen Predigt garantiert keinerlei Motivation mehr auch nur einen Versuch zu unternehmen meine Sucht zu bekämpfen.

    Ich bin entsetzt, in diesem Forum einen derart menschenverachtenden Beitrag zu lesen.

    Klaude

  3. #3
    Rudi Gast

    Standard

    Nach meinen dafürhalten hat Herr Dr. Taber ein wesentlichen Punkt vergessen. Wahrscheinlich die schlimmste Sucht.
    Menschen nach meinen Vorstellungen zu verändern und zu manipulieren. Bestimmt war Dr. Taber in dieser Hinsicht behandlungswürdig.
    Des weiteren muß ich nun nach Lesung dieses Artikels sehr auf der Hut sein, eine Selbsthilfegruppe zu besuchen,
    die sich dieser Zielsetzung unterwirft.

    Manche Menschen fühlen sich göttlicher als Gott.
    Werde für mich beten, das diese Menschen mir erspart bleiben.
    Rudi

  4. #4
    Rolf Gast

    Standard ):

    Als ich vor zig jahren das Erste mal in die Praxis meines Arztes kam fiel mir an der Wand ein Spruch auf.

    Versuche nie einen Anderen nach deinem Bild zu formen, einer von deiner Sorte reicht.



  5. #5
    Claus Gast

    Standard Ich habt ja so recht

    Hallo zusammen,
    habt ihr denn gar nicht bemerkt das hier ein arzt spricht (vor 24 Jahren) in ironischer Weise über das Wirken von süchtigen und nicht ein Mitglied einer SHG??
    Er nimmt meines Erachtens die übereifrigen Suchtprediger auf die Schippe.
    Gruss
    Claus

  6. #6
    Rudi Gast

    Standard

    Hallo Claus !
    Nein, ich habe nicht gemerkt, das es sich hier um eine Parodie handelte.
    Vor allen Dingen darum nicht, weil der Hang zur Übertreibungen und Selbstvergötterung gerade in nicht nur amerikanischen Sekten verbreitet ist.
    Auch wenn dieser Artikel tatsächlich als eine humorvolle Zugabe einer Ga- Verammlumg genommen worden ist. Aus den eigentlichen Zusammenhang gelöst bereitet dieser Artikel eine gewisse Verwirrung.
    Obwohl sich wahrscheinlich nur wenige diesen langen Text
    verinnerlichen. Spätestens ab Mitte dieses Eintrages
    wurde mir übel über soviel Arroganz und Menschenverachtung.
    Wobei ich mich dann fragen muß, was hilft mir dieser Artikel bei der Bewältigung meines Problems?
    Hilft oder nutzt er überhaupt jemanden ? und wenn nicht, warum steht er auf den Seiten Selbsthilfe?
    Denn gerade auf diesen Seiten erwarte ich nutzvolle Tips,
    Ratschläge und Adressen.
    Daher auch offene Kritik an dich, für das plazieren dieses Artikels an dieser Stelle. Das ist nach meinen dafürhalten
    rufschädigend für Selbsthilfegruppen,
    Wir wollen Hilfe zur Selbsthilfe geben, die ich im besagten Eintrag vergebens suche.
    Alles Gute
    Rudi


  7. #7
    Klaude Gast

    Standard

    Hallo Claus

    Es tut mir sehr leid, aber dieser Vortrag ist absolut nicht ironisch gemeint.

    Dr. Julian Taber hat bis Ende der 70er Jahre in der geschlossenen Psychiatrie gearbeitet und sich nebenher als einer der Ersten mit Spielsucht befasst. Dein obiger Artikel ist seine erste Veröffentlichung zum Thema Spielsucht.

    Originaltitel: "The inventory nobody wants to take. Cross addiction."
    The National Council on Compulsive Gambling Newsletter
    November 1980, Seite 5

    Inzwischen ist Dr. Taber pensioniert.Du findest seine Homepage unter www.2.whidbey.net/jtaber/.

    Viele Grüsse

    Klaude



  8. #8
    Claus Gast

    Standard @Klaude

    Hallo,
    ich bin tief beeindruckt welches fundiertes Wissen Du hast.
    Dieser Artikel von Dr.Taber habe ich in deutscher Übersetzung vor 18 Jahren von einem Spieler bekommen.
    Den Therapeuten der ihn übersetzte hat mir sehr geholfen beim Aufbau von Spieler-Gruppen, ohne ihn wäre ich wohl gescheitert den ich bin Mehrfachabhängig und brauchte da Verständniss und Rat.
    Der Text hat mir auch nie gefallen, aber er hat mich wachgerüttelt und mir auch zu einem Selbst-Verständniss verholfen. Ich hatte vorher noch nie etwas gehört von mehrfachabhängigkeit, bis auf die Spieler die mit Alkohol oder Drogen Probleme hatten.
    Heute kann ich damit leben, ohne mich zu zerfleischen wenn ich mal etwas nicht im Griff habe. Denn soviel habe ich erfahren, eine Änderrung kommt immer nur von innen- nicht von Aussen.
    Mir liegt es total fern, irgendjemand Ändern zu wollen oder zu bekehren bzw. zu kritisieren!!!
    Kritik ist im persönlichen Bereich nur nützlich wenn ich dem betrffenden eine Lösung aufzeigen kann.
    Zum Beispiel NICHT ZU SPIELEN, es gibt aber soviele LÖSUNGEN wie es Menschen gibt, denke ich.
    Gruss
    Claus

  9. #9
    Klaude Gast

    Standard

    Hallo Claus

    Danke fürs Kompliment, aber ich habe mir die Info auch erst aus dem Internet genommen.

    Eben habe ich mich ein bisschen mit der Homepage von Dr. Taber beschäftigt und erstaunt festgestellt dass er seine Ansichten sehr geändert hat.

    Heute äussert er sich kritisch zu den Programmen der traditionellen AA und GA Gruppen, da sie auf der Annahme eines göttlichen Wesen beruhen und in der heutigen Zeit zuwenig Toleranz gegenüber Nichtgläubigen zeigen.Ausserdem weisst er auf die Gefahr hin, dass religiöse Fundamentalisten diese Gruppen leicht beeinflussen und zerstören können. In seinem Buch "In the Shadow of Chance" stellt er eine weltliche Version der 12 Schritte vor.

    Jedenfalls sind seine aktuellen Seiten das absolute Gegenteil des obigen Artikels und es wert gelesen zu werden.
    Kein Wort mehr, das in religiöse Richtung geht oder irgendwelche "Du - musst - Manipulationsversuche". Ich habe meinen Augen nicht getraut: Fundierte Sachkenntnis, enorme Toleranz, und erstklassige Beratung (z.B. worauf ein Spieler, der aussteigen möchte, achten sollte.)Es ist jammerschade, dass ausgerechnet der obige Artikel übersetzt wurde.

    Was mich besonders beeindruckt hat: Auch heute noch sagt er, dass "Spiritualität" für ihn persönlich einen wesentlichen Punkt seiner eigenen persönlichen Weiterentwicklung darstellt, er diese Einstellung aber nicht (mehr?) von anderen Menschen verlangt.

    Insofern hat Deine Initiative ja doch ein sehr gutes Ergebnis gebracht, denn für Spieler die aufhören möchten und die einigermassen mit Englisch klarkommen ist die aktuelle Homepage von Dr.Taber ideal. Leider gibt es von ihm keine deutschen Seiten und soweit ich weiss ist auch sein Buch nicht übersetzt worden, aber Du kannst ja mal bei den GA nachfragen.

    Viele Grüsse

    Klaude



  10. #10
    Claus Gast

    Standard

    Hallo Klaude
    du hast mir eine riesige Freude gemacht, denn ich kann nicht so gut englisch um die Nuancen in der Aussage eindeutig zu erkenne.
    Mich würde zB. die weltliche Version der Schritte Interessieren, in Deutschland gibt es auch anonyme Spieler Gruppen die das Wort Gott gestrichen haben.
    Ich selbst bin Agnostiker und Gluabe an das "Nichts" und mir gefällt bei dem anonymen, das ich deswegen dort in den Gruppen nicht blöd angemacht werde, im Übrigen "religiöse Spinner" gibt es doch Überall. Als Kind bin ich religiös missbraucht worden und es empört und verletzt mich tief nur weil ich einer anonymen Gemeinschaft angehöre, als Sektierer hingestellt zu werden!
    Vor allem das dort keine wissentschaftlichen, politischen oder religiösen Dogmen gibt, wer etwas anderes erzählt der lügt in 20 Jahren Gruppe sind mir schon einige Fundamentalisten über den Weg gelaufen, aber sie sprechen nicht für die Gruppen als ganzes sondern von sich, das ist der Unterschied.
    Deswegen finde ich es auch nicht gut, wenn auch hier pauschal Verallgemeinert wird.
    Ich versuche mal denVerlag anzuschreiben ob geplant ist, das Buch ins deutsche zu übersetzen.
    Siehste ist doch schön zu sehen, das Menschen sich Ändern können.
    Grusss
    Claus



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