Liebe Gisela,
du machst den gleichen Fehler wie ich.
Du gehst davon aus, dass ein Spieler logisch handelt. Sprich: Wenn das und das schon alles durch die Spielerei kaputt gegangen ist, dann muss er doch mal aufwachen und merken, dass er was tun muss, und das dann auch tut.
Ich habe Situationen erlebt, da hab ich heulend, zu keinem klaren Gedanken mehr fähig und völlig am Boden auf der Couch gelegen und er sagte nur: Ach und jetzt heulst Du mir wieder die Ohren voll um dich durchzusetzen?
Im ersten Moment denkt man: bah wie gemein, aber nein, es ist "nur" die Sucht.
Er bewegt sich erst, wenn der Leidensdruck groß genug ist. Und alles, was Du tust um EUCH da raus zu bringen, zeigt ihm: och, mit der kann ichs ja machen, es geht ja irgendwie weiter.
So wie Du schreibst, denke ich, Dein Mann ist sich sehr wohl darüber im klaren, daß er ein Problem hat, aber er verdrängt. Die Situation wird dann schlimmer, also noch mehr Grund zu verdrängen, Gefühle durch spielen abzutöten, wegzuschieben und und und, dasist die Suchspirale.
Ich habe irgendwann angefangen an mich zu denken, nicht nur an uns.
ZB er fängt Streit an, aus irgendwelchen gründen. Dann haut er ab in seine Wohnung. Wenn ich am nächsten Tag zu ihm fahre, weist er mich ab, ist kühl und negativ... also habe ich gelernt. Drea, mach Dich nicht zum Affen, wenn er geht, lass ihn auch wieder ankommen. Da merkte er dann, hm, irgendwas klappt nicht. Mein nächster Schritt war: eigene Pläne machen. Kleinigkeiten... gestern zb wollte mein kleiner Sohn bei mir im Bett schlafen. Früher hätte ich gesagt: hmm nee, vielleicht kommt Papa gleich noch, dann wirds zu eng (140). Heute sag ich: Na klar, machen wir eine Schmuseviertelstunde. Und wie sollte es anders sein? Sein Papa kam. Eigentlich guter Dinge, bis ich ihm erklärte, daß Sohnemann in meinem Bett liegt und ich nicht bereit bin, den Kleinen in sein Bett zu bringen, weil ich gerade gegenüber den Kindern zuverlässig sein will.
Mein Mann fühlt sich dann nicht geliebt und ist nicht in der Lage zu verstehen, daß es hier gar nicht um ihn geht, sondern um den Kleinen. Und eines Tages werde ich frech genug als dass ich ihm an den Kopf werfe: Du verschwindest Tagelang in deine Bude und ich soll 24 Std hier alles nur auf dich ausrichten? Ich habe mein Leben und bin nicht bereit, dein "Hoppla jetzt komm ich" mitzuspielen.
Das Ende vom Lied war: er fuhr wieder nach Hause.
Diese Beispiele kannst Du beliebig übertragen und ich bin sicher, du findest was, auch wenn ihr in einer Wohnung lebt. Wichtig ist, daß Du lernst Du zu sein, in Dich hineinhorchst, was willst Du jetzt, wie geht es Dir.... manchmal fängt es bei einfachen Fragen an wie: eigentlich bin ich ja müde... aber....
Übrigens: mein Wecker war mein Mann selber.
Er sagte eines Tages zu mir: Ich geh doch nur in die Spilo, weil ich so ne ätzende Frau zuhause habe...
Da hat es geknackt und ich habe laut angefangen zu lachen.
Seitdem mache ich mich auf den Weg.
Das anstrengenste für mich ist, durchzuhalten. Mir jeden Tag vorzuhalten: da wa ich ich selber, und auch, da hab ich mich wieder mit reinziehen lassen. Mein Mann ist spielfrei seit knapp 2 Jahren, aber daß heißt im Alltag noch lange nicht, dass die Welt wieder in Ordnung ist.
Mach dich gefasst auf einen langen anstrengenden Weg, aber freu Dich über jeden kleinen Schritt den Du tust.
Liebe Grüße
Drea

PS: Spielsucht ist eine anerkannte Krankheit, niemand kann etwas dafür, also gibt es keine Schuldfrage. Die Begleiterscheinungen sind übel und schlimm und man verfällt eben in diese Schulddiskusion. Sie führt zu nichts. Genausowenig wie du tausendmal sagen kannst: wenn... dann... Zu deutsch, rede nicht, mache :) erst dann kann dein Mann sich anfangen über dich zu wundern und vielleicht eben auch merken, dass du nicht mehr mitspielst.