Lieber Rudi,
ich habe Dir schon einmal in einer E-mail geschrieben, dass ich daran glaube, dass alles so passiert, wie es passieren muss. Ich trauere auch keiner Sekunde nach, in der ich so gehandelt habe, wie ich gehandelt habe. Ich war überzeugt, das Richtige zu tun. Und glaube mir, vor jedem Schritt habe ich mir sehr viel Gedanken gemacht. Ja, ich kann aus dieser Zeit sehr viel schöpfen- für mich! Denn ich habe dazu gelernt. Vieleicht mehr, als in einer langen Zeit zuvor. Ich weiss auch, dass mich diese Erfahrungen nicht in den Sumpf ziehen werden- dafür bin ich zu sehr ICH. Aber diese Zeit hat mich um einiges "härter" gemacht- und ich weiß noch nicht, ob das gut ist. Härte stumpft ab! Sowohl in der Sensibilität und dem Verständnis für andere, aber auch und vor allem zu sich selbst. Ich habe für ihn gelogen- bei Menschen die mir sehr nahe stehen. Damit komme ich einfach nicht klar. (Als er mir Weihnachten den Brief mit Geld des Ex-Schwiegervaters klaute,vor sechs Wochen das Gleiche mit dem Geburtstagsbrief an meine Tochter) Ich wusste ja, wo sie gelandet sind, habe aber geschwiegen. Das sind Dinge, mit denen ich einfach nicht klar komme und ich überlege ernsthaft, sie aufzuklären. Aber ich habe enormen Respekt davor- was wird dann? Wer wird MIR noch glauben? Ich habe schließlich auch gelogen, zumindest beim ersten Mal- da wusste ich sehr schnell Bescheid.
Das sind Fehler, die ich MIR ankreide. Sein Spiel gedeckt zu haben, hat weitere maßgebliche Dinge nach sich gezogen.
Ja, mein lieber Rudi, lieber Hans, klar haben wir Mit-Spieler den Weg mit-geebnet. Ich glaube noch nichtmal, dass das aus Liebe geschehen ist. Ich glaube, dass der Umfang, den diese Sucht mit sich zieht, einfach nicht in dem Ermessen eines Nicht-Spielers liegt. Dieser erfährt erst nach und nach, wie groß der Umfang ist,indem diese Suchtform Kreise zieht. Mich schockiert das sehr und langsam beginne ich zu begreifen, was ich nie für möglich hielt. Das Gefühl von dem Du schreibst, Rudi ist schon so, aber dazwischen liegen Kämpfe, die sehr detailliert sind. Ich habe darüber hinaus so vieles nicht verstanden. Und das lässt mich eben darauf schließen, dass ich nicht "nur" mit einem Spieler zusammen bin/war, sondern mit einem Menschen,
der außer sich nichts kennt.
Ich habe mein eigenes Leben wieder begonnen, aber die Verbrennungen brauchen ihre Zeit. Seit zwei Wochen zieht er aus- die drei Säcke stehen noch immer hier und ER kommt auch. Mal um 23.00Uhr, mal klingelt er um sechs Sturm! Was soll ich tun? Ihm die persönlichen Dinge zur Arbeit bringen? Das wäre der gerade Schritt, ich weiß- aber der fällt mir eben schwer!
Ich will ihn schließlich nicht denunzieren.
Aber ich weiß auch, dass ich mich wieder in den Hintern beiße, wenn ich darauf warte, bis er für sich alles geebnet hat. ...ich glaube, ich habe gerade die Antwort selbst gefunden! Er wird sich nicht ändern- davon muss ich mich einfach lösen- und von dem Traum einer großen Gemeinsamkeit... ich arbeite daran! ....
ist auch scheiße, mit der Tasche unterm Kopfkissen zu schlafen.
Dir lieber Hans möchte ich sagen, dass ich kaum ein kurzes Posting um dieses Thema in diesem Forum gelesen habe- und ich habe sehr viel gelesen!- welches ein Thema so derart auf den Punkt bringt. Einfach klasse!
Auch wenn mich diese Beziehung alles an Nerven, Verständnis,
Liebe und Enttäuschung gekostet hat, hat sie mich sehr viel gelehrt. Und die Härte, von der ich anfangs sprach, wird mich weitere Dinge bewältigen lassen. Und diese Kraft brauche ich- allein für mich und meine kleine Familie!
Gute Nacht, Ihr Lieben! Die Spielotheken schließen gerade und ich hoffe, keiner von Euch war dort!
Alles Liebe,
Mai-Lee