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Thema: Sandra....

  1. #11
    Mai-Lee Gast

    Standard

    Lieber Rudi,

    ich habe Dir schon einmal in einer E-mail geschrieben, dass ich daran glaube, dass alles so passiert, wie es passieren muss. Ich trauere auch keiner Sekunde nach, in der ich so gehandelt habe, wie ich gehandelt habe. Ich war überzeugt, das Richtige zu tun. Und glaube mir, vor jedem Schritt habe ich mir sehr viel Gedanken gemacht. Ja, ich kann aus dieser Zeit sehr viel schöpfen- für mich! Denn ich habe dazu gelernt. Vieleicht mehr, als in einer langen Zeit zuvor. Ich weiss auch, dass mich diese Erfahrungen nicht in den Sumpf ziehen werden- dafür bin ich zu sehr ICH. Aber diese Zeit hat mich um einiges "härter" gemacht- und ich weiß noch nicht, ob das gut ist. Härte stumpft ab! Sowohl in der Sensibilität und dem Verständnis für andere, aber auch und vor allem zu sich selbst. Ich habe für ihn gelogen- bei Menschen die mir sehr nahe stehen. Damit komme ich einfach nicht klar. (Als er mir Weihnachten den Brief mit Geld des Ex-Schwiegervaters klaute,vor sechs Wochen das Gleiche mit dem Geburtstagsbrief an meine Tochter) Ich wusste ja, wo sie gelandet sind, habe aber geschwiegen. Das sind Dinge, mit denen ich einfach nicht klar komme und ich überlege ernsthaft, sie aufzuklären. Aber ich habe enormen Respekt davor- was wird dann? Wer wird MIR noch glauben? Ich habe schließlich auch gelogen, zumindest beim ersten Mal- da wusste ich sehr schnell Bescheid.
    Das sind Fehler, die ich MIR ankreide. Sein Spiel gedeckt zu haben, hat weitere maßgebliche Dinge nach sich gezogen.
    Ja, mein lieber Rudi, lieber Hans, klar haben wir Mit-Spieler den Weg mit-geebnet. Ich glaube noch nichtmal, dass das aus Liebe geschehen ist. Ich glaube, dass der Umfang, den diese Sucht mit sich zieht, einfach nicht in dem Ermessen eines Nicht-Spielers liegt. Dieser erfährt erst nach und nach, wie groß der Umfang ist,indem diese Suchtform Kreise zieht. Mich schockiert das sehr und langsam beginne ich zu begreifen, was ich nie für möglich hielt. Das Gefühl von dem Du schreibst, Rudi ist schon so, aber dazwischen liegen Kämpfe, die sehr detailliert sind. Ich habe darüber hinaus so vieles nicht verstanden. Und das lässt mich eben darauf schließen, dass ich nicht "nur" mit einem Spieler zusammen bin/war, sondern mit einem Menschen,
    der außer sich nichts kennt.
    Ich habe mein eigenes Leben wieder begonnen, aber die Verbrennungen brauchen ihre Zeit. Seit zwei Wochen zieht er aus- die drei Säcke stehen noch immer hier und ER kommt auch. Mal um 23.00Uhr, mal klingelt er um sechs Sturm! Was soll ich tun? Ihm die persönlichen Dinge zur Arbeit bringen? Das wäre der gerade Schritt, ich weiß- aber der fällt mir eben schwer!
    Ich will ihn schließlich nicht denunzieren.
    Aber ich weiß auch, dass ich mich wieder in den Hintern beiße, wenn ich darauf warte, bis er für sich alles geebnet hat. ...ich glaube, ich habe gerade die Antwort selbst gefunden! Er wird sich nicht ändern- davon muss ich mich einfach lösen- und von dem Traum einer großen Gemeinsamkeit... ich arbeite daran! ....
    ist auch scheiße, mit der Tasche unterm Kopfkissen zu schlafen.

    Dir lieber Hans möchte ich sagen, dass ich kaum ein kurzes Posting um dieses Thema in diesem Forum gelesen habe- und ich habe sehr viel gelesen!- welches ein Thema so derart auf den Punkt bringt. Einfach klasse!

    Auch wenn mich diese Beziehung alles an Nerven, Verständnis,
    Liebe und Enttäuschung gekostet hat, hat sie mich sehr viel gelehrt. Und die Härte, von der ich anfangs sprach, wird mich weitere Dinge bewältigen lassen. Und diese Kraft brauche ich- allein für mich und meine kleine Familie!

    Gute Nacht, Ihr Lieben! Die Spielotheken schließen gerade und ich hoffe, keiner von Euch war dort!

    Alles Liebe,
    Mai-Lee



  2. #12
    Rudi Gast

    Standard

    Liebe Mai Lee!
    Natürlich brauchst du Zeit, mit der ganzen Situation klar zu werden.
    Was ich dir sagen will, ist ganz einfach ; suche nicht die Schuld bei dir. Wer macht schon wirklich alles richtig in de Beziehung mit einen Suchtkranken? Es ist ja leicht gesagt, tue dies oder jenes - die Umsetzung ist ein viel schwereres Kapitel. Und das Lebensmittel gekauft werden ist ja klar. Und das beim Essen niemand zuschauen muß auch.
    Nach meinen Dafürhalten hast du sehr viel richtig gemacht.
    Schade, das alles in einer großen Enttäuschung geendet hat.
    Wenn Vertrauen derart erschüttert ist, das man seine Sachen schon unters Kopfkissen deponiert, besteht eigentlich auch kaum noch eine Basis.
    Nun kenne ich viel von Eurer Geschichte und du hast recht, wenn du sagst, ihr habt ja auch an ihm geglaubt.
    Obwohl ich vieles in diesen Bereich schon erlebt habe, versuche ich trotz meiner Bedenken positv zu bleiben.
    Denn es gibt sie, die Spielsüchtigen, die irgendwann mit sich ins reine kommen. Und mit ihren Partnern.
    Leider aber auch oft die andere Seite. Wo Hilfe in den Wind geschlagen wird.
    Es macht mich immer wieder traurig und ein bißchen böse, wenn ich mitansehen muß, wenn ein Spieler vor seiner Sucht kapituliert. Da wird erzählt, wie stark man doch ist , aber die Fähigkeit für sich konsequent zu handeln, ist anscheinend nicht vorhanden.
    Es ist ja das, was ich immer wieder fordere, konsequentes Handeln. Öfters muß ich mir dadurch sagen lassen ich wäre hart. Bin ich gar nicht. Doch das wegkommen von der Sucht fordert eine gewisse Härte zu uns selbst. Diese Härte muß der Spieler sich selbst abfordern. Den inneren Schweinehund immer wieder zu besiegen, ist eben nicht leicht. Aber je öfter wir diesen Schweinehund besiegt haben, je leichter wird es für uns. Bis wir uns als Gewinner fühlen dürfen.
    Ich will auch niemand einen Vorwurf machen - ich selbst ging meiner Spielsucht auch lange Zeit nur halbherzig an.
    Es hat gedauert.
    Heute kann ich von mir behaupten, ich vermisse das Spiel nicht mehr. Ich spüre keinen inneren Druck mehr, fühle mich befreit.Diese Gefühl gönne und wünsche ich all meinen Leidensgenossen. Und hoffe, recht viele können dieses Glück mit mir teilen.
    Nun habe ich noch die Hoffnung, liebe Mai Lee, das dich diese Sache nicht zu sehr verändert. Das du nicht besonders hart wirst. Denn du bist so wie du bist, ein Mensch mit dem Herz auf den richtigen Fleck.
    Liebe Grüße
    Rudi



  3. #13
    Mai-Lee Gast

    Standard Es tut gut...

    ...Deine Zeilen zu lesen, lieber Rudi!
    Wie Du schon weißt, ist er vor zwei Tagen ausgezogen. Ich konnte einfach nicht mehr und möchte mich, vor allem aber meine Kinder vor noch Schlimmerem bewahren. Es tut sehr weh, aber ich bin mir sicher, das war die einzig richtige Konsequenz, zumal es schon wieder eine neue Entäuschung gibt, die mir zum wiederholten Male zeigt, dass dieser Mann (noch) in keinster Weise bereit ist, seine Sucht anzugehen.
    Gestern Abend rief ich ihn an. Ich wollte wissen, wie es ihm geht. Er wollte versuchen heute Abend frei zu bekommen, um Deine Gruppe zu besuchen. Heute Nachmittag wollte er sich melden. Um halb zehn rief ich auf seiner Arbeitsstelle an. Sein Chef sagte, er wäre in der Stdt. Ich könnte mich selbst ohrfeigen, dass ich wirklich geglaubt habe, er meine es ernst. Immernoch spricht er von Liebe und dass er beweisen will, dass er es ernst meint. Ich glaube nun gar nichts mehr. Versuche nun langsam wieder aufzustehen und das alles als ein trauriges Kapitel in meinem Leben abzuschließen. Aber es fällt mir sehr schwer. Hart hat mich das Ganze sicher nicht gemacht, aber sicherlich wacher für die Zukunft. Dank diesem Forum weiß ich, ich bin nicht allein mit meiner unglaublich großen Enttäuschung und der Leere, die momentan in mir ist.

    Ganz liebe Grüße,
    Deine traurige Mai-Lee

  4. #14
    Hans Gast

    Standard

    Liebe Mai-Lee,

    Es erfüllt mich immer wieder mit Trauer,so etwas zu lesen , aber glaube mir , es ist im Moment die einzige Lösung .
    Du musst dich abgrenzen , um nicht mit in den Strudel ge-
    rissen zu werden , du bist , das klingt hart , ist aber meine Überzeugung, Teil seines Spiels geworden .Ihm ist
    im Moment noch nicht zu helfen . Aber bei allem Schmerz
    und bei aller Leere , die du jetzt empfindest , denke
    immer daran : nur ganz wenige Dinge im Leben sind definitiv
    und unumkehrbar , es lassen sich immer wieder neue Strukturen und (Lebens)-Wege finden.Was heute noch unmöglich
    und undenkbar erscheint ,kann schon bald Realität sein .

    In erster Linie wichtig bist jetzt erst mal du und die
    Kinder und ein Blick nach vorne , wobei ich trotzdem
    wichtig finde , auch der Trauer ihren Raum zu geben und
    damit das Geschehende zu verarbeiten .

    Weisst du , ich habe oft darüber nachgedacht , was das
    eigentlich ist und war dieser Zustand , Sucht genannt .
    Ich habe , auch mit meinem Abstand heute, noch keine
    befriedigende Antwort gefunden . Nur eins ist klar, man
    muss sich selbst davor schützen lernen , alles Aufge-
    zwungene , alles gut gemeinte Drängen und Beschwören in
    Bezug auf den Süchtigen haben im besten Fall eine unter-
    drückende Wirkung , den Kern trifft es nicht .Ahnlich
    einem Kinde kann man dem Süchtigen gewisse Erfahrungen
    nicht abnehmen , so weh es auch allen Beteiligten tut.Man
    braucht unglaubliche Stärke , um zu wiederstehen , diese
    kann nicht erzwungen , sondern nur erarbeitet werden und
    zwar vom Süchtigen selbst , am besten mit professioneller
    Hilfe.Erst dann kann der Erfolg dauerhaft sein .

    Liebe Mai-Lee , du hast versucht , fast übermenschliches
    zu leisten , um diesem Menschen zu helfen . Es geht im
    Moment nicht , nun gilt es daraus die Konseqenzen zu ziehen.

    viel Kraft für die kommende Zeit und viele Grüße

    Hans

  5. #15
    Mai-Lee Gast

    Standard

    Lieber Hans,

    mich bewegt es immer sehr, wie genau Deine Worte das treffen, was Tatsache ist; was geschehen ist, passiert, aber auch möglich ist. Ich glaube auch, dass dieser Schritt der richtige war und es für mich keine Alternative gibt, ihm zu helfen. Es liegt nicht in meiner Macht- allein in seiner und ich glaube, er sieht das ganz genauso. Gestern haben wir lange geredet und er sagte, dass es grausam für ihn ist, abends in diesem Hotelzimmer zu liegen. (Er wohnt momentan im Hotel seines Arbeitgebers) Ständig kreisen seine Gedanken um all das, was ihn die letzten 17 Jahre in diesen Strudel gezogen hat. Aber er sagt auch, dass das gut so sei und er vielleicht genau da landen musste, wo er jetzt steht. Ich sehe das als eine sehr positive Entwicklung und hoffe er schafft es, daraus seine Konsequenzen zu ziehen. Er möchte in jedem Fall versuchen, wieder regelmäßig in Rudis SHG zu kommen. Doch ich befürchte auch, dass er sich wieder in irgendetwas flüchten wird (viel Arbeit, neue Beziehung, etc.), um diesen steinigen Weg aus der Sucht heraus, nicht gehen zu müssen oder zu wollen. Aber das liegt allein in seiner Macht und ich wünsch ihm so sehr, dass er es schafft. Deine ersten Worte geben mir da sehr viel Hoffnung! Schließlich ist das ganze Leben Veränderung und ich wünsche mir, dass diese in eine positive Richtung verläuft. Bei meinen Versuchen dabei etwas Positives zu bewirken, habe ich sicherlich auch viel falsch gemacht, aber ich habe auch sehr viel gelernt- auch über mich selbst. Ich versuche nun auch die kleinen Dinge positiv zu bewerten. Als verloren sehe ich diesen Kampf noch nicht, aber es ist SEIN Kampf, bei dem er weiterhin mit meiner Unterstützung rechnen kann. Wie diese auszusehen hat, habe ich verstanden!

    Lieber Hans, ich danke Dir für diesen sehr einfühlsamen "Brief". Ich habe ihn mehrfach gelesen und Deine Worte lassen mich wissen: auch ich bin auf dem richtigen Weg! Danke!

    Liebe Grüße,
    Mai-Lee

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