Seite 1 von 2 12 LetzteLetzte
Ergebnis 1 bis 10 von 11

Thema: Das System schlägt zurück

  1. #1
    peter Gast

    Standard

    1980 ging ich statt zur Uni in eine Spielhalle, ich habe 20 Jahre gespielt, studiert, gejobbt, tgelogen, geheiratet, Kinder bekommen, ein Haus gekauft. Meine Frau wurde tablettensüchtig. Die Schulden durch den Hauskauf und eine freiwerdende Hypothek meiner Schwiegereltern, die dann unbemerkt durch eine weitere Hypothek auf unser Haus in die Spielhalle gebracht wurde, weil gestopfte Löcher wieder aufgerissen wurde. Meine Frau verliebte sich in einen anderen Mann in der Klinik.. Ich habe nach einem Aufenthalt in einer anthroposophischen Klinik im Jahr 2000 offen alle Fakten auf den Tisch gelegt, und nie mehr gespielt. Die Familie reagierte mit Hass und Schuldzuweisung, ich wurde gesellschaftlich isoliert, Scheidung, langsames Befreien aus meinem Schuldgefühl. Ich zahle jeden Monat so viel ich kann, aber es gibt kein Vergeben, nach all den Jahren nicht. Meine Exfrau hat Verantwortung übernommen, wir haben ein gutes Verhältnis, meine jetzt 15 jährige Tochter weiss seit dem Jahr 2000 über alles Bescheid. Ich habe meinen Arbeitsplatz als Beamter nicht verloren und habe nie mehr das Bedürfnis gehabt, zu spielen. Ich habe mich immer gefragt, was ´danach´passiert. Ich möchte wieder ruhig schlafen, mache ein Praktikum in einer Spielsuchtklinik. Vielleicht kann ich mit meiner Erfahrung etwas bewegen, vielleicht kann ich auch mit einem Abschluß Geld dazu verdienen. Trotzdem werde ich keine Vergebung bekommen, und das läßt mich nicht ruhen. Ich werde wütend, weil ich so viel psychische Gewalt erfahren mußte. Ich bin einsam, auch wenn ich ein sehr inniges Verhältnis zu meinen Kindern habe. Ich habe es satt, mich behandeln zu lassen. Ich habe gebüßt, und das war in Ordnung. Man hat mich Betrüger genannt, mich beschimpft... Mein Schwager, ein Freund seit unserer Schulzeit hat sich zum Sachwalter der Inquisition aufgeschwungen. Ich habe immer anderen Zuhören können als Spieler, aber nicht über mich reden können, aus Angst, Schuld, Peinlichkeit. Heute kann ich offen damit umgehen. Ein Keil zieht sich mitten durch meine Familie, und ich merke, dass ich schwächer werde, bitterer, kampfbereit. Ich weiss manchmal nicht mehr, wer ich bin, aber ich habe niemals gestohlen und meine Eltern haben mir eine gute Herzensbildung mitgegeben. Ich muss etwas tuen, es gab so viele Lügen über mich. Ich spüre diesen Hass auch aus der Ferne. Ich habe alles geduldet, die Isolation, die Trennung von der Frau, die ich liebe, die Schuldzuweisungen, dass ich meine Exfrau in die Tablettensucht getrieben habe, usw. Es war eine brutale Abrechnung des Systems. Ich brauche meinen Frieden...wo finde ich in der Literatur, in Begegnungen Impulse ? Ich möchte wieder weinen und lachen, ich hab es so satt, dieses Leben danach, diesen unauslöschlichen Hass einer christlichen Familie. Erst hat mich die Spielsucht gespalten und dann deren Folgen. Meine Eltern und meine Kinder und einige Freunde haben Vertrauen zu mir, sie haben gesehen, dass ich Verantwortung übernommen habe...ich bin 45 Jahre und in 10 Jahren schuldenfrei, wenn ich gesund bleibe. Ich kann wieder glücklich werden, aber ich muss etwas tun. Ich habe in den 4 Jahren 1000 Seiten geschrieben, und sie waren voller Selbstmitleid und Durchhalteparolen...Am schlimmsten war die Trennung von meiner Frau, sie wollte weg, zurück, weg, zurück. Es war die große Liebe zweier verlorener Kinder. Heute bin ich so verletzt, dass ich nicht mehr weiß, was ich empfinde. Sie hat mir sehr weh getan, so wie ich ihr. Sie hat alles erduldet, und ich habe es dann auch gemacht. Täter-Helfer-Opfer...wenig Raum für Selbstbestimmung. Heute wissen wir, dass jeder selber für seine Sucht Verantwortung übernehmen muss. Ich möchte diesen gordischen Knoten zerschlagen, der meine Seele von außen bedroht. Ich habe es verdient, denke ich. Ich möchte es auf meinem Weg tun, ohne Hass und Ressentiments...aber ich muss reden können...mir wird jedes Gespräch von dieser Familie verwehrt. Aber ich kann auch nicht gehen, meine Kinder sind in diesem System genau so verwurzelt wie in meiner Familie. Es sind nur kurze Auszüge eines Dramas mit immer wiederkehrenden Situationen von Abschied, Schmerz, Angst und Trauer. Ein Albtraum nach dem Albtraum. Das schlimmste dabei ist, das es gar nicht um Geld geht, es geht um Rache und Unverständnis, um Lebensglück und Frieden. Ich muss etwas tun, doch ich finde den Weg nicht, und es zerreisst mich innerlich.

  2. #2
    norbert Gast

    Standard

    ... deine zerrissenheit hat nicht erst mit deiner offenlegung begonnen,... das zerwürfnis in der familie mit sicherheit auch nicht. deine eltern,deine kinder, ein paar freunde vertrauen dir inzwischen wieder, damit bist du weiter als manch anderer von uns. lasse dich nicht von diesem berg an zerissenheit,den du wie es scheint tag für tag größer werden läßt, zu einem alibi fürs erneute spielen verführen. schaffe dir nicht eine situation in der du sagen kannst, ich gehe jetzt wieder spielen- das ist nun auch egal. ist es nicht. gruß norbert und allen gute 24 stunden.

  3. #3
    peter Gast

    Standard

    Es ist nicht die Angst davor, wieder spielen zu gehen, aber Angst vor deutlichen Suchtverschiebungen, nicht mehr schlafen, Ideenflucht, Isolation (ich gehe kaum mehr raus), Einengung der Gefühle, nur die Wut ist neu, sie ist wohl auch gut. Früher war ich nur über mich selber wütend, jetzt auf einige andere. Trotzdem merke ich, dass ich noch nicht gelernt habe, den nächsten Schritt zu wageneinen Neuanfang nach innen und außen. Ich habe es 20 Jahre nicht geschafft, mit dem Spielen aufzuhören, erst als wirklich alles zerbrochen war, war es vorbei. Dabei mußte ich mir keine Mühe geben, es war kein Wunsch, kein Zwang mehr da. Ich habe es nicht als Anstrengung empfunden, es war weg. Leider auch vieles andere, was mir lieb und wichtig war, aber das habe ich durchaus verstehen können. Ich wünsche allen viel Kraft Mut und gute 24 Stunden. Peter

  4. #4
    Rudi Gast

    Standard

    Hallo Peter !
    So genau weiß ich nicht, was ich antworten soll.
    Ist es doch keine akute Spielphase in der du steckst, sondern vielmehr die Folgeerscheinung deiner Sucht.
    Dir ist sehr viel genommen worden - und mit diesen Verlust einfach weiter zu machen ist bestimmt nicht leicht.
    Es kommt in deinen Zeilen ein tiefes Bedauern dieser Situation zum tragen. Eigentlich müßte ich schon von einer gewissen Trauer sprechen.
    Helfen kann wohl niemand in dieser Situation - denn Keiner kann dir das zurückgeben, was du verloren hast.
    Was bleibt dir zu tun ? Ganz bestimmt solltest du diese Situation als unabänderbar sehen. Du solltest versuchen, deine Trauer zu verarbeiten - ähnlich wie es Menschen machen, die einen nahen Menschen verloren haben.
    Für eine Trauerbewältigung gibt es Hilfe. Ich denke schon, das du in deiner Situation fachliche Hilfe beanspruchen solltest.
    Vielleicht hilft es auch, wenn du darüber sprichst. Da hast du ja hier den ersten Schritt getan.Und vielleicht wird der Eine oder Andere aus seinen Erfahrungen berichten können.
    Natürlich legst du auch ein gewisses Selbstmitleid an den Tag. Das ist verständlich. Dient dir aber wohl nicht dabei, einen für dich lebenswerten Weg zu finden.
    Den gibt es jedoch für jeden - auch für dich. Nimm Hilfe entgegen und lasse dich auf diesen Weg bringen.
    Alles Gute
    Rudi

  5. #5
    Marc Gast

    Standard

    Hallo, wie schön das ich nicht alleine bin.

    Viele Wote um nichts... Auch ich war meister im Redenschwingen und formuliern.

    Werde dir mal klar darüber wie gerne Spieler andere für die von Ihnen verbockte Scheiße verantwortlich machen.

    Die Überschrift "Das System schlägt zurück" zeigt das Du egal was du meinst und schreibst eigentlich noch nichts verstanden hast...


  6. #6
    Peter Gast

    Standard retepsnomis@aol.com

    Hallo Marc,
    deine Worte zeigen wenig Einfühlungund viel Wichtigkeit. Ich habe in meinem Text niemanden für mein Unglück verantwortlich gemacht, ich verurteile es nur, wenn man nicht verzeihen kann und nach Jahren nicht berereit ist, einen Krieg zu beenden,der nicht mehr angemessen ist. Im Übrigen lebt jeder in einem System von Werten und Normen, welches oft den ausstößt, der gegen die Regeln verstößt. In kann in deinen Sätzen keinen konstruktiven Anstoss entdecken, und das ist schade. Gruß Peter

  7. #7
    Karl Gast

    Standard suchtverschiebung

    Hallo Peter,

    ich wollte wegen meiner Erfahrungen eigentlich nicht mehr posten, aber irgentwie brauche ich dass.
    Das von dir angesprochgene Thema der Suchtverschiebung beschäftigt mich z.Zt. ziemlich stark, ich bemerke, dass ich mehr trinke als vorher, ich stürze mich in meine Arbeit, kurzum ich versuche mir woanders was zu holen, ich schaue täglich mindestes 10 Mal nach, ob es neue Beiträge im Forum gibt, frage mich, ob das normal ist, schaue nach, ob ich neue e-Mails habe, habe einfach Angst, dass ich mir etwas neues suche, was die "Lücke" schließt, komme ins Grübeln, weiß nicht wo ich stehe, habe Angst wegen meiner Träume..............
    Auch wenn es mir noch viel besser als Dir ergeht, meine Familie ist noch da, habe ich trotzdem Angst, ob ich das schaffe, was kommt wenn die Schulden bezahlt sind, was mache ich, wenn ich wieder Geld in der Tasche habe, fängt alles wieder an und wo hört es auf, will ich in meinem tiefsten Innern so weiterleben.... Fragen über Fragen, die ich mir nur selbst beantworten kann.

    Ich weiß, dass ich dir hirmit in keinster Weise geholfen habe, aber es ist nun einfach raus, wie bei dir.

    Schöne 24 Stunden
    Karl

  8. #8
    Claus Gast

    Standard @Karl..................Im Heute Leben

    Lieber Karl,
    ich kann dir Total Nachempfinden was Du sagst und ich immer wieder lernen dürfen "Im Heute zu Leben" dh. ich habe in meinem Leben (fast 58 Jahre) immer ALLES jeden Tag geschafft was auf mich zukam.
    Alles was mehr war als ich schaffen konnte, habe ich selbst verursacht durch meine Süchte und deren Folgen!
    Und Trotzdem habe ich Heute auch Zukunftsängste (Arbeitslosigkeit, Sozialhilfe) und und und!!!
    Da hilft es mir immer wieder durch Besinnung Im Heute (im Jetzt und Hier) zu kommen.
    Deswegen wünsche ich Dir
    Immmer einen Tag zur Zeit zu Leben
    Gruss
    Claus

  9. #9
    Peter Gast

    Standard

    Hallo Karl,
    es geht mir nicht so sehr ums helfen, mehr um die Erfahrungen und Situationen von Menschen, die ihr Leben danach aufgenommen haben, ihre Ängste und den Umgang damit. Ich finde es schön, dass du geschrieben hast und die Suchtverschiebung ist für mich auch ein immerwährendes Damoklesschwert. Sie zeigt mir, wie lange der Weg, welcher es auch immer sein wird, wohl noch ist. Alles Gute für dich, von Herzen, Peter

  10. #10
    Rudi Gast

    Standard

    Hallo Karl !
    Schön , das du wieder schreibst.
    Ich kenne sie auch , diese innere Unruhe in der ersten Zeit der Abstinenz.
    Es ist schon gut, wenn man sich dann auch ablenkt. Z. B. hier ins Forum schreiben, oder darin lesen.
    Das wird wohl auch kaum einen negativen Einfluss auf dich haben. Von der einen wohl bösen Begebenheit mal abgesehen.
    Was bedeutend werden kann, ist der gesteigerte Alkoholgenuss. Wo zum einen die Gefahr einer Suchtverlagerung besteht - zum anderen aber auch die Hemmschelle herabgesetzt wird. Und das ist unabhängig davon, ob jemand im Umgang mit Alkohol Probleme hat oder nicht. Ich als Spieler bin wohl auch in gewisser Weise labil. Diese Labilität muß ich nicht durch den Genuss berauschender Mittel erhöhen. Ich halte vom Verzicht auf Alkohol sehr viel.
    Etwas neues suchen - die Lücke schließen. Das ist sehr erstrebenswert. Aber auch schwer. Denn die Konzentration auf eine neue Sache - ein altes Hobby oder etwas in der Richtung ist meißt nicht vorhanden. Die zwanghafte Beschäftigung damit wird wohl eher die Nervösität steigern.
    Es ist mir auch nicht gelungen, da eine andere Betätigung
    zu finden. Vielleicht ist es bei mir der PC, denn den kaufte ich erst in meiner abstinenten Zeit. Vorher war das total uninteressant für mich.
    Aber auch mein Arrangement in meiner Selbsthilfegruppe oder auch hier im Forum nahmen mir diese Nervösität.
    Will mir jetzt nicht die Frage stellen, ob das eine neue Sucht bei mir ist.
    Ich erlebe bewußter und intensiver Kontakt mit Menschen, als jemals zuvor. Ich fühle mich wohl dabei, was ich in meiner Spielphase nicht tat. Mich drückt kein schlechtes Gewissen . Das sind wichtige Unterschiede für mich.
    Ich denke, das du im Moment den intensiven Austausch brauchst . In deiner Selbsthilfegruppe und auch in diesem Forum. Und da frage im Moment in dieser Hinsicht nicht nach einer Suchtverschiebung.
    Wobei ich mich da schon Gedanken machen muß - und für mich
    sehr überlege, mich für einen längeren Zeitraum aus dem Forum zu verabschieden. Ganz einfach um herauszufinden, ob das Forum für mich eine Art Ersatz geworden ist.
    Auf der anderen Seite habe ich auch ein wenig Bedenken, das es das ist - und was geschieht dann mit mir ?
    Was suche ich mir dann ?
    Es ist ja nie ganz einfach eine Gewohnheit aufzugeben.
    Ich werde mich da überdenken.
    Ich wünsche dir , das du weiterhin dein Stehvermögen behältst, das du deinen eingeschlagenen Weg der Abstinenz behältst und dich nicht unterkriegen lässt. Auch wenn es Rückschläge gibt - denn die wird es immer mal wieder geben.
    Lieben Gruß
    Rudi

Berechtigungen

  • Neue Themen erstellen: Nein
  • Themen beantworten: Nein
  • Anhänge hochladen: Nein
  • Beiträge bearbeiten: Nein
  •