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Thema: Was ist nur los mit mir?

  1. #1
    David Gast

    Standard

    Hallo,

    ich bin 22 Jahre alt, und Student. Ich habe bis zu meinem 17.ten Lebensjahr nicht wirklich ein tolles Leben gehabt, da mein Vater mich geschlagen und terrorisiert hat. Ausserdem wurde ich in der Schule gehänselt und habe nicht wirklich das erreicht, was ich erreichen konnte was wiederum Folgen zuhause hatte. Es ist soviel, was ich schreiben könnte, und was mir auf meiner Seele liegt, dass ich nicht weiss, wo ich anfangen und wo aufhören soll.
    Ich denke, dass ein paar Informationen noch sehr relevant sind. Die Familie meiner Partnerin und meine Eltern und Verwandten setzten mich unter einen gewaltigen Druck. Sie verlangen von mir, dass ich mein Studium schaffe. Unterstützung erhalte ich lediglich von meiner Partnerin.
    Ansonsten wird immer nur nach dem geschaut, was ich werden soll. Nicht danach was ich bin, oder wie ich mich fühle.
    Ich bin ein Mensch, der sich sehr schnell unterkriegen lässt, wenn man mir nennen wir es mal "persönlich" an die Wäsche will, und dann reden wie zum Beispiel: "Er schafft es ja sowieso nicht" oder "So wie der Junge darfst Du nicht werden" zu Ohren bekommt. Es ist "super" für mein Selbstwertgefühl.
    Ich weiss nicht, wie ich meine Situation einschätzen soll. Ich habe vor etwas über vier Jahren angefangen in Spielotheken zu Spielen. Dabei waren es immer die aktuellen Geldspielgeräte. Nachdem meine Partnerin mir auf die Schliche gekommen ist, mir einen Schock versetzt hat, habe ich davon abgelassen. Dies ging gut bis letzten Monat. Da habe ich eine Kindergeldnachzahlung bekommen. Ich bin NICHT sofort spielen gegangen. Ich habe vorher und nacher mit grossen Summen gearbeitet, und ich war nicht spielen. Nunja, nachdem ich meine erste relevante Prüfung an der UNI versaut habe, mein Vater mich als Unfall bezeichnet hat und mir sagte, dass ich schuld an dem zerbrechen unserer Familie bin, bin ich wieder in die Spielhalle gelaufen und habe Geld verspielt. Meine Partnerin hat dies mitbekommen, und mich zur Rede gestellt. Wir haben bis gerade ausgiebig gesprochen und ich habe Ihr mein bisheriges Leben (vor der Beziehung) dargestellt. Sie war erstaunt, diese neue Seite an mir zu bemerken.
    Dennoch... Was ist nur mit mir los?
    Ich weiss, dass ich einige typische Anzeichen für eine Sucht erfülle. Das habe ich mir durch die Fragen, die schon in einigen Foren etc. zu lesen sind geprüft. Aber irgendwie frage ich mich, wie süchtig ich bin? Was kann mir helfen?
    Wie kann ich es in Zukunft vermeiden, dass die Sucht oder das Verlangen mir die Sinne raubt, die doch rational-gesehen mir die Tatsachen auf den Tisch legen?

    Ich weiss, dass man in der Spielhalle keine Gewinne erzielen kann. Es ist nicht der Gewinn, sondern das Abschalten während des Spielens, das mich dazu treibt.
    Diese unbezahlbaren Stunden bzw. Minuten, in denen ich mich nicht um mein Inneres kümmern muss.


    Vielleicht habt Ihr ja noch irgendwelche Fragen.
    Aber ich würde mich freuen, wenn Ihr mir eure Meinung mitteilen könntet.


    Viele Grüsse

    David

  2. #2
    andreas Gast

    Standard Übervater

    Hallo David,
    Danke für Deinen aufschlußreichen Bericht.
    Nein, ich habe keine Fragen.
    Nur - vielleicht, wie oft habe ich meinen Alten Herrn am Flipper- oder Daddelkasten verprügelt, daß meine Hände blutig wurden; ich aber keinerlei Schmerz spürte. Das Spielen hat mich immunisiert gegen Schmerzen. Gerade der emotionale und auch körperliche Mißbrauch meines Vaters hat mir eine latente Weigerung aufgebaut, gesunde Kontakte zu knüpfen, d.H. mit Menschen, die mich fördern einzulassen. Andernseits, das ewige Versager - und Nichtsnutz - dasein, die Bevorzugung meiner beiden Schwestern durch den Vater suggierten mir gerade Schuldgefühle - die wiederum meine schulischen Leitungen stark beeinträchtigten. Meine Schwestern haben ihr Abitur mit Auszeichnung (von der mündlichen Prüfung befreit, respektive Note 1,3) bestanden und ich habe meinen Hauptschulabschluß geschafft. Das versuche ich Heute umzusetzen:
    Basis: Heute - einen Tag zur Zeit - nicht Spielen, Heute DANKE sagen für meine Spielfreiheit,
    meine Selbsthilfegruppen, ohne die ich nicht mehr Leben würde(!)
    und was für mich wichtig war: Der Aufenthalt in einer Psychosomatischen Klinik (Bereich Borderline - Störungen).
    David, ich habe Heute meine Überlebensstrategie geschaffen in dem ich erstens meine Spielsucht annahm, als Teil von mir, weiter meine Zwänge, meine Destruktivität.
    Was bleibt mir, wenn ich nicht Spiele?
    Mein Übervaterbild schwindet und ich darf Leben, stabil Leben;
    trotz Ehescheidung und Langzeitarbeitslosigkeit. Aber das ist eine andere Geschichte.
    Demut ist die anhaltende Ruhe im Herzen
    Andreas

  3. #3
    David Gast

    Standard

    Hallo Andreas!


    Vielen Dank für deine Antwort. Ich habe mich in deinen Worten wiedergefunden. Es ging mir genau so. Die Bevorzugung der Geschwister gegenüber mir, das schulische Versagen, Schuldgefühle. Ich habe heute Schuldgefühle meiner gesamten Familie gegenüber. Ich habe das Gefühl, dass ich schuld bin, am zerbrechen der Familie, ich habe das Gefühl, dass ich es verdient habe verprügelt zu werden.
    Ich war den Ansprüchen meines Vaters nicht gewachsen. Ich war ein schlechter Sohn. Zu allem überfluss streitet er heute alles ab. Er sagt, dass er mich nicht mehrmals die Woche verprügelt hätte, er sagt, dass er mich niemals terrorisiert hätte, er sagt, dass er mich niemals unter Druck gesetzt hat mit dem, was ich tun sollte, was ich tat, und was er wollte.

    Seine Aggressionen richteten sich grundsätzlich gegen mich.
    Meine Schwester baute irgendeinen Scheiss, und ich durfte es ausbaden. Wenn etwas fehlte, etwas kaputt war, etwas nicht an der Stelle stand, wo es stehen sollte, dann war ich Schuld.

    Meine Situation sieht heute so aus, dass ich meine eigene Wohnung habe, und mit meiner Parterin seit meinem 17.ten Lebensjahr zusammenlebe. Meine Eltern haben sich vor einem Jahr getrennt, weil er sich ein 23 Jähriges Mädchen genommen hat.
    Wenn ich meine Gedanken nicht mehr kontrollieren kann, mein inneres droht mich aggresiv zu machen, mich auf irgendeine Art destruktiv zu stimmen, wenn es zu viel wurde, dann ging ich Spielen. Spielen, um die kostbaren Stunden zu erlangen, die mich nicht zwangen, die kleine Goldwaage Tonnen von Beton zu wiegen.

    Ich habe meiner Partnerin (dich ich über alles Liebe) meine Bankkarten, meine sämtlichen Möglichkeiten Geld zu haben Ihr gegeben. Damit ist mein Geldhahn zu.

    Ich weiss gar nicht wie ich weiterschreiben soll.
    Meine Finger würden noch soviel schreiben. Ich denke, dass das dann nur niemand lesen würde.


    Viele Grüsse

    David


    P.S. Ich werde heute mal um 17 Uhr in den Chat kommen.
    Würde mich freuen den einen oder den anderen dort zu treffen, um sich auszutauschen.

  4. #4
    Rudi Gast

    Standard

    Hallo David !
    Ich glaube schon, das es hier im Forum eine Menge Menschen gibt, denen schon deine Geschichte sehr nah geht - und die auch weitere Ausführungen deinerseits begrüßen.
    Einen wesentlichen Vorteil gegenüber vielen Spielabhängingen hast du allerdings. Dein junges Alter - und die frühe Erkenntnis das du damit Probleme hast.
    Worauf die auch immer begründet sind.
    Nach deinen Ausführungen ist doch ein starkes Abhängigkeitsverhalten zu deinen Vater erkennbar. Und natürlich, ob berechtigt oder auch nicht, auch eine Schuldzuweisung.
    Es gilt jetzt, einen neuen Start für dich zu machen. Dabei mußt du zwingend Abschied nehmen von diesen Abhängigkeitsverhalten - und den daraus resultierenden Schuldzuweisungen. Auch Hassgefühle erzeugen dieses Abhängigkeitsverhalten.
    Dein Schritt, die finanziellen Dinge deine Freundin zu übergeben ist richtig. Allerdings nicht ausreichend.
    Es geht um dein LEBEN. Darum solltest du unbedingt fachliche Hilfe in Anspruch nehmen. Vielleicht gelingt dir mit Marcus oder einen anderen Therapeuten dieses Forums
    ein fachlicher Austausch im Chat - oder eine Termingebung
    zur weiteren Hilfe für dich.
    Du hast noch alle Möglichkeiten der Welt. Du bist jung und sehr vieles geht noch.
    Denke daran - egal aus welchen Umständen - du bist es der spielt - und niemand wird später zu dir sagen, bei deinen Elternhaus mußte es so kommen.
    Nur du hast es in der Hand aus deinen Leben was zu machen.
    Von deiner Freundin mal abgesehen - ist es auch den meißten Menschen so ziemlich egal, ob du weiterspielst oder was mit dir geschieht .
    Nur dir darf es nicht egal sein - denn es ist DEIN Leben -und egal, ob Jung oder Alt - wir haben alle nur das Eine.
    Also weg mit den Selbstmitleid - und kräftig in die Hände gespuckt, das du in deinen Leben das erreichst, was du willst.
    Dafür drücke ich dir ganz fest die Daumen.
    Lieben Gruss
    Rudi ( Spieler )

  5. #5
    Rudi Gast

    Standard

    Nachsatz :
    Das mit in den Händen gespuckt meinte ich insbesondere das du an deinen Suchtverhalten stark arbeiten mußt - und alle Hilfe dabei in Anspruch nimmst, die du bekommen kannst.

  6. #6
    Nicole Gast

    Standard @David

    Hallo David,

    ich kann dir auch nur dringend raten, dir professionelle Hilfe zu holen. Vereinbare einen Termin so schnell du kannst. Du wirst es wahrscheinlich alleine nicht schaffen.
    Es werden immer wieder Situationen aufkommen, in denen dein vorhandenes Schuldgefühl gegen deine Familie aufkommt u. dann wird sich so ein großer Druck aufbauen, dass du wieder spielen geht.
    Du bist sicherlich nicht schlecht David; auch wenn du dein Studium/Abi nicht so gut schaffst wie vielleicht deine Schwester, bist du deswegen schlecht, weniger wert? Nein ganz bestimmt nicht. Gott sei Dank sind nicht alle Menschen gleich. Und frage mal deine Partnerin wie die dich sieht. Sie wird dir sicherlich viele gute Seiten von dir aufzeigen.

    Hol dir Hilfe. Hier bei der Caritas bekommst du sie.

    Gruß
    Nicole

  7. #7
    David Gast

    Standard

    Hallo Rudi, hallo Nicole,


    vielen Dank für eure aufmunternden Worte. Es ist ein gutes Gefühl, dass ich weiss, nicht alleine mit diesem Problem zu sein.
    Ich habe bereits eine Adresse für eine SHG in meiner Umgebung.

    Kontaktzentrum
    Husemannstraße 39-41
    D-45879 GELSENKIRCHEN
    Meeting: Mittwoch 19.0022.00*= parallel Gam Anon
    Telefon: 0209-209800 Beratungsstelle


    Dort werde ich am Mittwoch in eine hingehen.
    Ausserdem werde ich psychologische Beratung in anspruch nehmen, damit ich meine Gedanken und Gefühle neu ordnen und verarbeiten kann.

    Ich werde euch natürlich auf dem Laufenden halten, und berichten wie es weitergeht.


    Ich bedanke mich nochmals für eure Anteilnahme und sage damit ein "Bis in den nächsten Tagen!"

    Ich wünsche euch eine Spielfreie Zeit!



    Viele Grüsse

    David

  8. #8
    Nicole Gast

    Standard @David

    Schön, dass du den Schritt getan hast.
    Hoffe weiterhin hier von dir zu lesen.

    Alles Gute u. viel Kraft.

    Nicole

  9. #9
    andreas Gast

    Standard

    Hallo David,

  10. #10
    andreas Gast

    Standard Verständnis

    Hallo David,schön daß Du im Forum am Ball bleibst. Es geht hier eindeutig darum Erfahrung - Kraft - und Hoffnung zu teilen . Das erst einmal und immer wieder mit den lieben Betroffenen. - und dann wirklich Professionell. Ich gebe Dir noch einmal Adressen: www.zwölf-schritte.de - www.borderline-selbsthilfe.de - so mit sanftem Druck auf verlinkte Kliniken. Will sagen: Habe selber erst 14 Jahre nach Erkenntniß meiner Spielsucht eine Suchtklinik aufgesucht, auch wenn ich mitlerweile 14 Jahre spielfrei bin und jetzt fast wieder ein Jahr Zuhause: Die Therapie wirkt! (Ich spüre keinen Selbastverletzungsdruck mehr und bin mir selber ein guter Freund geworden! Auf diesem Wege auch Dank für Nicole und Rolf, es ist ja auch , David, mein Leben, was hier bewegt.
    Demut ist die anhaltende Ruhe im Herzen
    Andreas

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