Hallo Mumey,
was dein Sohn über sein Fühlen beim Spiel aussagt, kann ich nachvollziehen.
Es ist schon so, das man als Spieler während des Spiels total ausblendet. Weder an die Geliebte, die Eltern oder auch an seine eigenen Kinder denkt. Irgendwie wird man Teil des Spiels - ein Automat der Automaten bedient.In einer unrealen Welt - die den Spieler angenehm gemacht werden soll, durch Serviceleistungen und ein gepflegtes Ambiente.
Aber auch das nehmen wir beim Spiel nur schemenhaft wahr. Wir sind ausgeblendet - und wenn ich gefragt wurde, wer neben mir gesessen hat, oder mir das Geld gewechselt hat - meißtens habe ich das nur sehr vage gewußt. In der Zeit in der ich mich als Spielsüchtiger mit dem Spiel befasst
habe, war meine eigene Persönlichkeit - somit auch das Denken an Menschen die mich lieben - ausgeblendet.
Das ich ein Mensch mit Gefühlen und mit Liebe zu anderen bin, merkte ich, wenn das Spielen zwangsläufig beendet wurde. Entweder wenn die Halle schloß - oder kein Geld mehr in den Taschen war.
Hier kamen dann unglaubliche Selbstvorwürfe - verbunden mit einen Hass den man gegen seine eigene Person auf Grund seiner Schwäche richtet.Aus Enttäuschung über mich selbst - aus Wut und Hass auf mich - standen mir nach dem Spiel öfters die Tränen in den Augen. Das wieder mal versagt zu haben - obwohl ich mir doch geschworen habe nie wieder...
Das ist das, was ich als Spielabhänginger immer wieder durchlebte. Und wurde doch wieder von den Automaten angezogen, wie von einen überdimensionalen Magneten.
Verstehen - verstehen hab ich nie erwartet - ich konnte mich selbst nicht mehr verstehen...
Ja, ich als Spieler spielte auch gern den Starken - wie´s drinnen aussieht geht keinen was an - und ich merke nicht, wie die eigene verlogene Welt mehr und mehr Besitz von mir ergreift. Nein, ich verliere nicht nur mein Geld - nicht nur die Achtung der Menschen, die mich mal geliebt haben - und vielleicht trotzdem noch lieben - ich verliere auch die Achtung vor mir selbst - weil ich mich im tiefsten Inneren schlecht und gemein fühle - und nutzlos - und all meine vielen Versuche aufzuhören scheiterten...
Ich habe gelernt und erfahren - und habe für mich den Absprung geschafft. Hier war anfänglich ganz wichtig den " Magneten " eine Gegenkraft entgegen zu stellen. Neben den eigenen Willen auch die Kraft meiner Partnerin und der Selbsthilfegruppe. Wir drei zusammen bildeten endlich für mich die Kraft, die groß genug war diesen Magneten zu wiederstehen.Dieses Forum benutze ich als zusätzliche Kraftquelle seit ich es fand. Mir ist bewußt, ich bin Suchtkrank - diese Sucht bleibt in mir. Aber sie ist in einer Schublade gesteckt worden, die ich vernagelt habe. Eine Sucht wird man bekanntlich nie los - aber man kann lernen damit zu leben und sie zu beherrschen.
Das war für mich ein sehr wichtige Sache. Ich lasse mich nicht mehr von meiner Sucht beherrschen - ich werde sie im Griff behalten, und mich weiter schützen durch Beschäftigung mit dieser Sucht. Damit ich wach bleibe und von den starken Gegner Sucht nicht überrascht werde.
Vielleicht habe ich mit dem was ich geschrieben habe ein Stückchen Verstehens für dich in die Welt des Spielers bringen können - denn gerade Spieler reden ja sehr wenig über ihre Gefühle.
Sie sagen lieber ich bin stark und ich schaffe das.
Warum ? Vielleicht nur um doch zu zeigen eigentlich bin ich doch ein Siegertyp ? Ich weiß es nicht - aber das macht ja irgentwie den Ausstieg aus der Sucht zu einen neuen Spiel.
Ich bin glücklich, nun seit etwas über 4 Jahren rückfallfrei zu sein. Es ist machbar - auch für deinen Sohn. Ich wünsche für ihm und für die Menschen die ihn lieben, das er die Kraft findet, auch seinen Magneten zu wiederstehen. Die eigene Kraft allein reicht fast nie - das haben schon sehr viele Spielabhänginge gespürt.Er brauch also eine Stärkung der eigenen Kraft - durch Euch - seinen Therapeuten - der Selbsthilfegruppe - der Partnerin.
Wenn die Kraft gebündelt wird, findet er seinen Weg.
Lieben Gruß
Rudi