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Thema: Rückfall

  1. #1
    Mumey Gast

    Standard

    Vor zwei Jahren kam heraus, dass unser damals 20jähriger Sohn spielsüchtig (an Automaten) geworden war. Im Zusammenhang mit Schulden war er dann auch noch polizeiauffällig; es ging noch ohne Strafe ab, wofür er sehr dankbar zu sein schien. Für mich brach eine Welt zusammen, denn ich empfand dieses Spielenmüssen um jeden Preis derartig destruktiv, seine ganze Zukunft zerstörend, dass es mir eine riesige Angst machte. Ich suchte selbst Hilfe in einer Therapie und mein Mann besuchte eine Angehörigengruppe. Unser Sohn zog wieder bei uns ein, suchte ärztliche und therapeutische Hilfe, war acht Wochen stationär zur Behandlung; im Anschluss auch Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe - mit alledem hörte er aber nach einigen Monaten wieder auf. Er meinte, weil sich sehr viel in seinem Leben positiv verändert hatte (er war mit seiner Freundin zusammengezogen, hatte Perspektive in Richtung Ausbildungsplatz) sei er sicher vor der Versuchung. Leider eine Täuschung: Nun hat er wieder sehr viel Geld verspielt, sein Konto überzogen, bei Freunden Geld geliehen, die Freundin enttäuscht. Zerknirscht erzählte er mir davon. Nicht einmal mehr Geld für Lebensmittel ist da. Und immer wieder stelle ich mir die Frage: Was mache ich richtig, was mache ich falsch? Der erste Impuls, zumal bei einer Mutter, ist ja: Ich kann mein Kind doch nicht hungern lassen. Außerdem habe ich Angst, er könnte klauen, dabei erwischt werden und dann auch noch die Arbeit verlieren. Aber damit hat er mich ja bereits wieder in der Hand. Und ich kenne die warnenden Stimmen: er verlässt sich darauf, dass ihm die anderen aus der Patsche helfen, lass ihn damit allein fertig werden. Ich bin sehr traurig, weil ich keine Lösung weiß. Ich möchte nicht zu viel, aber auch nicht zu wenig machen. Wie aber finde ich das passende Maß?

  2. #2
    claus Gast

    Standard Du

    hast alles getan für deinen Sohn, jetzt ist er dran etwas zu tun.
    Du bist ihm NICHTS SCHULDIG.
    Wenn Du das nicht kannst ihn loszu lassen, dann sprich beispielsweise in einer SHG mit Menschen die das gleiche problem haben.
    Lieben Gruss
    Claus

    http://www.gamanon.de/
    oder
    http://www.anonyme-spieler.org/

  3. #3
    mumey Gast

    Standard Rückfall

    Könnte ich den Unterschied fühlen und begreifen zwischen "Los"-lassen und "Fallen"-lassen, ich denke, dann wäre ich einen Schritt weiter. Bisher liegt es für mich noch so dicht beeinander und ich schaffe das Loslassen (was positiv wäre) nicht, weil ich befürchte, es würde sich wie ein Fallenlassen auswirken. An dieser Stelle möchte ich gern weiterkommen, weil es mich verstandesmäßig überzeugt, dass der Spieler selbst die Verantwortung übernehmen muss und ich ihn nicht von seiner Sucht zurückhalten kann.

  4. #4
    claus Gast

    Standard Los-Lassen

    Hallo Mumey,
    meine Frau hat mich losgelassen und mir nicht mehr geschadet indem sie mir half meine selbsthemachten Probleme zu lösen.
    Dieser Text ist mir auch ein Leitfaden geworden, wenn es um meine Kinder (20+29J) geht.
    Ich kann sie nur begleiten, aber nicht durchs Leben tragen.


    +++++++++++

    Loslassen
    Loslassen heißt nicht, gleichgültig werden.
    Es heißt, ich kann nichts für jemand anderen tun.
    Loslassen heißt nicht, sich entziehen.
    Es ist das Erkennen, dass ich niemand anderen kontrollieren kann.
    Loslassen heißt nicht, einen anderen ermächtigen, sondern zulassen, dass er von natürlichen Konsequenzen lernt.
    Loslassen heißt Machtlosigkeit zugeben.
    Das bedeutet : Das Ergebnis liegt nicht in meiner Hand.
    Loslassen heißt nicht, einen anderen zu ändern zu versuchen oder ihn anzuklagen. Ich kann mich nur selbst ändern.
    Loslassen heißt nicht, sorgen für jemanden, sondern sich um jemanden sorgen.
    Loslassen heißt nicht, jemanden zurechtrücken, sondern ihn unterstützen.
    Loslassen bedeutet nicht richten, sondern einem anderen erlauben, ein Mensch zu sein.
    Loslassen heißt nicht, Resultate festzusetzen, sondern anderen erlauben, eigene Resultate zu bewirken.
    Loslassen heißt nicht, beschützen, sondern einem anderen erlauben, der Realität ins Gesicht zu sehen.
    Loslassen heißt nicht, verneinen, sondern akzeptieren.
    Loslassen heißt nicht, nörgeln, schimpfen oder streiten, sondern meine eigenen Schwächen herauszufinden und zu korrigieren.
    Loslassen heißt nicht, alles meinen Wünschen anzupassen, sondern jeden Tag so zu nehmen wie er kommt und den Augenblick zu schätzen
    Loslassen heißt nicht, jemanden zu kritisieren oder jemanden zu reglementieren, sondern versuchen, das zu werden, wovon ich träume, dass ich es kann.
    Loslassen heißt nicht, Vergangenes bereuen, sondern wachsen und für die Zukunft leben.

    Loslassen heißt : weniger fürchten und mehr lieben.













  5. #5
    mumey Gast

    Standard

    Hallo claus,
    ich danke dir sehr für deine Antwort und habe mir deinen Beitrag ausgedruckt, damit ich ihn immer lesen kann, wenn mich Zweifel beschleichen. Auch habe ich angefangen, das Buch "Die Sucht, gebraucht zu werden" von Melody Beattie zu lesen. Ich hoffe halt sehr, dass ich den Vorsatz des Loslassens auch beherzige, wenn es auf die praktische Umsetzung ankommt. Aber das wird wahrscheinlich auch nicht auf Anhieb alles perfekt gehen können, wenn es viele Jahre anders war. Ich kann mich in vielen Beschreibungen zur Co-Abhängigkeit durchaus wieder erkennen.
    Nochmals danke.
    mumey

  6. #6
    Susi Gast

    Standard An Mumey

    hallo mumey
    ich habe soeben deine mails gelesen und auch die antworten darauf. bei mir ist die situation umgekehrt (wie du in anderen postings von mir hier im forum lesen kannst), meine mutter ist spielsüchtig.
    am anfang war es für mich sehr sehr schwer, das ganze zu begreifen um was es sich dabei handelt. jetzt nach ein paar monaten, kriege ich immer mehr luft und begreife immer mehr. ich kann dir nur meine anteilnahme aussprechen und ansonsten hat claus in allem recht was er schreibt. es bleibt dir nur den einen weg - las ihn ziehen... da er noch jung ist, hoffe ich, dass er seinen weg noch findet. er weiss jetzt ja, wo er sich hinwenden könnte und hat schon einiges versucht - sag es ihm doch einfach mal so...
    es ist wahr mit nur allein "liebe" kannst du ihn unterstützen. was ich selbst dazugelernt habe ist, dass ich ihr (meiner mutter) viel mehr helfen kann, wenn sie sich um MICH auch nicht mehr sorgen muss (weil ich mich ja immer um sie sorgte...) und somit jetzt mein leben lebe. ich war auch co-abhängig, ich wuchs ja mit ihr auf und lernte sie schon mit ihren gefühlsschwankungen kennen. für mich war es wie normal.
    seit ich hier regelmässig das forum besuche wo mir menschen enorm viel halfen und immer noch helfen, und mir selbst einen wirklich super guten therapeuten zur hilfe nahm, taten sich mir neue wege auf... ICH habe ja wieder ein leben...MEIN LEBEN!
    jetzt habe ich sie frei gelassen, auch wenn es ihr im moment nicht so gut geht. in solchen momenten gibts da für mich nur noch "beten", dann alles andere ist einfach eine stufe zu "hoch" für mich... und noch immer schwer nachvollziehbar. ich habe trotz allem grosse ruhe gefunden und habe jetzt absolut keine angst mehr, dass sie sich was antuen könnte. meine schuldgefühle (die auch ich hatte, dachte immer ich muss ihr helfen, sie beschützen und vor allem WARUM HATTE ICH ES NIE BEMERKT?! u.s.w.), die habe ich nicht mehr. nur noch ab und zu diese quälende "ohnmacht", wo ich dann denke ich muss irgendwie herausfinden warum es so kam... aber ganz ehrlich mumey, das können wir nicht. es liegt in einer anderen macht, in der macht deines sohnes und eben.... dem da ganz oben...
    ich denke an dich und deinen sohn...
    hab einen schönen tag und schlaf gut...studiere nicht zuviel und wenn doch - setz dich hin und schreibe alles aus dir heraus - das war meine therapie und es half!!
    liebe grüsse aus der schweiz
    susi


  7. #7
    Mumey Gast

    Standard Rückfall

    Hallo Susi,
    nachdem ich deine Antwort gelesen hatte, musste ich erst einmal aufstehen, ich hätte sonst die Tastatur vollgeheult. So nah ist es mir gegangen, Anteilnahme zu spüren, und es ist mir auch klar geworden, wie sehr ich mich ansonsten zusammenreiße. Ich finde das Forum sehr gut und hilfreich, gerade, weil in ihm sowohl Spieler als auch Angehörige zu Wort kommen. Darüber lässt sich einiges begreifen, was im direkten Kontakt innerhalb der Familie oft gar nicht möglich ist. Zu schnell wirken Vorwürfe und Selbstvorwürfe bis zu einem Stadium, in dem man völlig verunsichert ist. Ich liebe meinen Sohn und z.Z. kann ich es mir noch nicht vorstellen, wie ich es ertragen soll mitanzusehen, wenn er sein Leben ruiniert. Im Grunde habe ich meine eigene Therapie auch deshalb begonnen, weil ich dachte, ich darf nicht verzweifeln, da ist ihm und mir nicht geholfen. Auch hier finde ich jedoch die Abhängigkeit wieder: Ich mache eine Therapie in der Hoffnung, dass ich mich so ändern kann, dass er von seiner Sucht frei kommt (womit ich meinen Einfluss völlig überschätze). Entsprechend niederschmetternd erlebe ich den Rückfall. Er selbst gibt mir gute Ratschläge, ich und mein Mann, wir sollten es nicht zu belastend nehmen, unser Leben führen, er würde es schon schaffen. Andererseits will er heute abend zu mir kommen, 10€ holen, um sich fürs Wochenende etwas Essen kaufen zu können. Ich denke, ich werde eine Quittung verlangen, komme mir dabei aber so erbärmlich vor. Wenn ich die Beiträge im Forum lese, stelle ich fest, dass es doch unterschiedliche Auffassungen gibt: Einige plädieren dafür, den Druck und Kontrolle auf den Spieler auszuüben (Geldkarte einziehen, Quittungen zeigen lassen, zur Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe verpflichten etc) und andere plädieren eher dafür, denjenigen sich selbst zu überlassen, damit er seine eigenen Entscheidungen trifft, denn auf die kommt es letzten Endes an.
    Wahrscheinlich probiert man beides aus und wirkt dann oft inkonsequent. Ich freue mich auf eine Antwort.
    Liebe Grüße
    Mumey

  8. #8
    Susi Gast

    Standard Liebe Mumey

    ...übrigens hübscher name!
    schön deine mail zu lesen...ich kann dich soooo verstehen... als ich damals meine erste antwort von rudi gelesen hatte, war ich sehr traurig aber auch unendlich dankbar. er gibt hier im forum sehr liebe tipps und an der stelle - nochmals danke rudi!! und allen anderen...
    weisst du wir sind alle nicht mit süchten geboren, und zuerst müssen wir einigermassen verstehen was da so alles abgeht bis jemand soweit kommen kann. und je mehr man sich damit befasst, um so komplizierter und verstrickter wirkt für mich so eine spielsucht.
    ich denke, dass vielleicht nicht für jeden die genau gleiche therapie hilft, schliesslich sind alle verschieden beseitet und reagieren verschieden empfindsam. doch ich selbst bin der festen überzeugung (das ist nur meine ansicht), dass alles im kopf beim denken beginnt. jeder kann nur seine eigene einstellung und sein eigenes denken ändern, wenn ihn etwas belastet. egal welches thema einem "im kopf" belastet, nur derjenige kann es wieder "verbessern" oder ändern.
    z.B. wenn du und ich uns in panik steigern, dann ist es unser eigenes denken. wem hilfst, wenn du auch noch traurig bist? darum sei nicht stark für IHN, sondern sei stark für DICH selbst. er ist jetzt erwachsen. versuch ihm niemals geld zu geben, auch keine 10.- euro. wenn du es nicht schaffst ihm so gegenüber zu treten, dann sei nicht zu hause, oder sag ihm ab jetzt einfach "nein"... schau was kann schon passieren?? ok, er wird vielleicht traurig sein, oder wütend werden... aber du hilfst ihm mehr wenn du nichts gibst! ich weiss, es ist unbegreiflich so was aber du wirst merken, wenn du das 1. mal "standhaft" geblieben bist, dann wirst du es immer wieder können. weil du langsam aus einer "seifenblase" rauskommst, die auch dich (und mich) vernebelt hatte, die richtigen entscheidungen zu treffen, weil wir diese menschen von herzen lieben!
    natürlich kann ich dich voll verstehen, wenn du die kraft noch nicht hast. doch eines ist ganz klar - so weh es tut - es ist "DEINE schwäche" und nicht seine. als ich meiner mutter den geldhahn abgedreht hatte, war sie plötzlich nicht mehr so dankbar, sie wurde schon "sauer" und sie erzählte mir dann, dass sie 1 monat nur mit wasser und reis gelebt habe u.s.w. ich begriff erst viel später, dass sie mit meinem geborgten geld gar nie essen kaufte, sie verspielte es sofort beim LOTTO (sie ist nur lotto-süchtig - bis jetzt). ich brachte ihr essen (kein geld mehr!!!), du wirst es nicht glauben, aber nach einer woche war "mein" gemüse bei ihr immer noch im kühlschrank - aber verrottet. also du siehst...kein geld geben.
    versuche dir vorzustellen, was denn noch schlimmeres passieren kann, als, dass er ohne geld schlicht endlich hilfe holen muss?! genau die konsequenz ist dabei ebenfalls sehr entscheidend...
    ich halte dir ganz fest die daumen und auch deinem sohn..
    bis bald mumey
    susi

    p.s. am wochenende bin ich nur auf meiner privaten e-mail zu erreichen - falls du was schreiben möchtest...


  9. #9
    Mumey Gast

    Standard Co-Abhängigkeit

    Es ist ein fürchterlicher Eiertanz. Noch kann ich es mir nicht vorstellen, meinen spielsüchtigen Sohn abzuweisen. Mein Sohn kam am Freitag, schmierte sich Brote und nahm einige Vorräte mit. Am Samstag ging mein Mann mit ihm in den Supermarkt, Tiefkühlkost kaufen. Er beteuerte, nun wieder in die Selbsthilfegruppe zu gehen, das bleibt abzuwarten, ob er es wirklich tut. Schrecklich ist es, die Beteuerungen und Versprechungen zu hören und es läuft daneben bereits ein Film mit (glaube ihm nichts!, Du darfst ihm nicht vertrauen). Zur Zeit kann er sicherlich nicht spielen, denn es ist kein Cent mehr übrig. Ich habe ihm angeboten, dass er bei uns etwas zu essen bekommt (aber kein Geld). Was ich noch nicht in meinen Kopf kriege: Ohne Alkohol und Drogen, die vom Süchtigen zu meiden wären, kann man ja leben. Wie aber ohne Geld? Das geht doch eigentlich gar nicht. Sobald ich ein Verkehrsmittel brauche, muss ich Fahrgeld bezahlen und so geht es ständig weiter. Also wird der Spielsüchtige immer wieder mit Geld zu tun haben. Und sobald er welches hat, meint er, es verspielen zu müssen. Da gibt es kein Halten und das ist wohl das Krankhafte daran. Es ist so paradox, dass keine Hilfe dann für ihn die beste sein soll. Ich danke euch, dass ihr mir helft, mich damit auseinander zu setzen.
    Grüße von Mumey

  10. #10
    Kary Gast

    Standard

    Hallo Mumey,

    auch der Druck des Geldes läßt im Laufe der Zeit nach und dann kann er lernen wieder schrittweise mit Geld umzugehen. Bis dahin braucht Ihr viel Geduld und Durchhaltevermögen.

    Haltet durch,
    Gruß Kary

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