Ergebnis 1 bis 5 von 5

Thema: Entzugserscheinungen?

  1. #1
    anja Gast

    Standard

    Hallo,

    bin seit 3 Monaten mit einem Mann zusammen, den ich vorher schon lange kannte. Nach ca. 1 Monat fiel auf, daß er viel Bargeld brauchte. Nach 2x Geld leihen habe ich unangenehme Fragen gestellt, vor allem weil das 2.Mal 1 Tag vor Heiligabend war und das Geld für das Weihnachtsgeschenk für seine Tochter verschwunden war. Da er diese Tochter aus einer vorigen Beziehung sehr liebt, kam mir das komisch vor. Er gestand mir das Geld verspielt zu haben.
    Ich konnte nicht verstehen, wie jemand Geld verspielen kann, dessen finanzielle Situation bereits sehr schlecht ist. Also habe ich etwas später das Gespräch darauf gelenkt und von ihm gehört, daß er es einfach nicht lassen könnte. Immer wenn er Bargeld in der Tasche hat zieht es ihn automatisch in die Spielhalle und aufhören kann er erst, wenn die Taschen leer sind. Ich wollte wissen, ob er es als Sucht bezeichnen würde, was er nach kurzer Schweigepause bestätigt hat. Wir haben lange darüber gesprochen, er hat mich um Hilfe gebeten, die ich auch gewähre. Er geht jetzt zur Therapie nach Neuss, ich und sein Bruder haben die Verfügung über seine Finanzen übernommen und eigentlich war ich ganz optimistisch. Es stellt sich nur die Frage, ob Spielsüchtige auch Entzugserscheinungen bekommen, wenn sie es denn aufhören. Falls ja, kann man ungefähr sagen wie lange dieser Prozeß dauert und wie äußern sich diese? Mir fällt nämlich auf, daß er plötzlich heftige Stimmungsschwankungen hat, die ich dann ausbaden muß. Natürlich bin ich darüber nicht glücklich, könnte aber Verständnis dafür aufbringen, falls das wirklich mit Entzug zu tun hat. Kann mir da jemand weiter helfen?

  2. #2
    Karl Gast

    Standard Was verändert sich wenn man aufhört?

    Hallo Anja,

    ich bin selbst Spieler und bin seit 10 Monaten trocken. Ich gehe zur Zeit auch noch zu einem Therapeuten.
    Du fragst, ob die Stimmungsschwankungen Deines Partners Entzugserscheinungen sein könnten.
    Ich denke man kann das so bezeichnen, kann Dir aber nur schildern, wie ich mich in den einzelnen Phasen gefühlt habe.
    Nachdem ich mich gegenüber meiner Familie geoutet hatte, ist mir natürlich eine gehöriger Stein von der Seele gefallen. War aber auch ziemlich am Boden. Mußte damit klarkommen, dass ich finanziell beschnitten werde und natürlich enorm unter Aufsicht stehe.
    Zu dieser Zeit hat meine Stimmung sehr häufig geschwankt.
    Ich hatte natürlich Angst, bei einem Rückfall alles zu verlieren, in Situationen, in denen ich früher gespielt hatte mußte ich einen anderen Weg finden, um z.B. beruflichen Ärger oder Streß zu kompensieren. Die Schulden waren da und und es mußte ein Weg gefunden werden, wie man auf lange Sicht wieder schuldenfrei wird. Es waren natürlich große Schuldgefühle da, weil ich jahrelang meine Familie belogen hatte. Ich habe nachts geträumt, dass ich rückfällig geworden bin und wachte schweißgebadet auf.
    Jahrelang hatte ich mich abgekapselt, hatte kaum noch was mit Freunden unternommen. Mein "neues" Leben mußte und wollte ich umgestalten. Wieder mehr mit der Familie unternehmen, Freundschaften pflegen.....
    Das alles hat bei mir dazu geführt, dass ich sehr starken Stimmungsschwankungen unterworfen war, schaffe ich das, lohnt sich dass, wann kann man mir wieder vertrauen......
    Ich war sehr dünnhäutig, habe geweint, war schnell beleidigt und und und.
    Natürlich wird man auch nervös, wenn man an den alten "Spielstätten" vorbeikommt.
    Das Ganze kann man natürlich auch als Entzugserscheinungen bezeichnen, ich für mich sehe es im Nachhinein aber so, dass ich Probleme mit meinem "neuen" Leben hatte.
    In der Folgezeit wurden die Intervalle zwischen den Hoch`s und Tief´s immer größer.
    Ich hoffe ich konnte Dir ein wenig helfen und wünsche Dir alles Gute.

    Karl

  3. #3
    nimitz Gast

    Standard Entzugserscheinungen

    Hallo Anja,

    ich habe meinen Beitrag an Heide kopiert, da er auch für dich passend scheint.

    was du so schilderst, kenne ich durch jahrelange Gruppengänge. Es gab viele, die in eine Therapie gegangen sind, und kurze Zeit nach der Rückkehr wieder gespielt haben. Sie waren nicht für sich in Therapie, sondern für sonst jemanden.
    Meiner Meinung nach, hat dein Mann aufgehört zu spielen, weil DU es wolltest.....nicht weil er nicht mehr konnte.
    Das heißt, er tut etwas für dich..für deine Kinder...für sein Umfeld...nur nicht für sich.
    Er hat es noch nicht eingesehen, dass er süchtig ist.
    Er kämpft mit all seinen Kräften gegen die ach so "schlauen" Mitmenschen an seiner Seite, die ihn nicht verstehen. "Ich armer Mensch..."
    Dein Mann sucht in der Vergangenheit nach Sündenböcken, die ihm seine Sucht eingebrockt haben. Eines Tages, wenn er so weit ist, dann wird er auf diesen Bock stoßen....nämlich auf SICH. Mir hat ein Freund in der Gruppe damals gesagt, suche nicht in deiner Vergangenheit nach Gründen warum du Spielsüchtig bist. Ich habe mich daran gehalten....eine sehr sehr lange Zeit! Wenn ich heute darüber nachdenke...ich hätte damlas ein Buch in Fortsetzung schreiben können mit den Gründen warum ich spielen gegangenbin.....nur keiner dieser Gründe hätte der Wahrheit entsprochen!
    Süchtige Menschen haben oft ein Problem, ihre Gefühle zu zeigen. Sich so offen zu legen, dass keine schützende Mauer sie mehr umgibt. Es liegt hierin auch viel Angst...Angst davor, was geschieht um mich herum, wenn ich mich öffne....wenn ich meine Gefühle zeige, was macht meine Frau?....lacht sie mich aus...was sagen meine Freunde...sie zeigen mit den Fingern auf mich..."Warmduscher"...wie verhalten sich die Kinder....usw. Riesige Schwärme von Ängsten kommen auf einem zu...in Gedanken...automatisch...nicht steuerbar...heraus kommen Gemütsschwankungen, die wiederum dadurch abgebaut werden sollen, wenn ein "Schuldiger" der sich opfert, gefunden ist.
    Ein süchtiger Spieler hat nie nicht nur um Geld gespielt. Er hat auch sein Umfeld manipuliert. Mit Menschen gespielt, als wenn sie auf einem Schachbrett stünden. So wie ich es sehe, beherrscht dein Mann dieses noch immer in Perfektion.
    Dein Mann sollte kapitulieren...dem Spielen gegenüber...und seinem dahin vegetieren während seiner "Spielerzeit". Es zu Anfang hinnehmen, und sich Schritt für Schritt auf ein neues Leben, welches auch lebenswert ist zuzugehen.
    Du hast nur die eine Möglichkeit, wenn er redet bei ihm zu sein, und ihn zuzuhören. Unter Umständen ihm zu zeigen..."Du bist nicht allein"....ihn an die Hand nehmen...."aber nicht tragen"...laufen muss er allein...ihm einen Weg zeigen....die Dornen und Steine muss er aber allein aus dem Weg räumen....
    Dein Weg mit ihm, wenn ihr euch einig seit, und nur dann funktioniert es, wird genauso schwierig werden.
    Allerdings wird daraus eine Partnerschaft, die so schnell keiner wieder auseinander bringt.

    Ich wünsche dir die Kraft, die du brauchst, um dein Leben zu leben.

    Gruß nimitz


  4. #4
    Andy2525 Gast

    Standard

    Hallo Anja.

    auf die Frage ob es Entzugserscheinungen bei Spieler gibt kann ich dir folgendes berichten. Ich bin selbst Spieler. Wenn ich länger nicht spiele fange ich langsam an unruhig zu werden. Denke dann immer öfter daran. Das geht soweit dass ich nachts aufwache und geträumt habe dass ich gespielt habe. Und dann gehts auch nicht mehr lang bis ich in die Spielothek wander. Das sind Entzugserscheinungen. Sonst wärs ja keine Sucht. Ein Spieler ist süchtig, und Sucht bringt automatisch auch Entzug mit sich. Sonst wärs keine Sucht.
    Und wenn ich diesen Entzug hab bin ich sau mieß gelaunt.
    Solange bis ich Ihn befriedigt habe. Dann allerdings ist meine Laune noch schlechter.

    Grüße Andy

  5. #5
    anja Gast

    Standard Danke

    Vielen Dank für die Info´s

    habe leider mehrere Tage mit Grippe im Bett gelegen, daher erst jetzt wieder online.
    Das Thema ist noch ziemlich neu für mich, deswegen bin ich Euch dankbar für Eure Antworten. Ich versuche die Problematik zu verstehen um damit zurecht zu kommen.
    Mir war schon klar, daß dies keine einfache Zeit werden wird und so schnell möchte ich das Handtuch auch nicht werfen. Werde also mal weiter hier im Forum lesen und mich beteiligen.

    Antwort zu Nimitz:

    Ich weiß nicht ob das so zutrifft. Ich glaube nicht, daß der Mann für mich aufhören möchte, habe eher den Eindruck, daß ich den Tropfen geliefert habe, der das Faß zum überlaufen gebracht hat. Für mich muß das nämlich nicht sein. Ich bin völlig unabhängig, habe keine Kinder, bin beruflich selbständig und habe mein eigenes Einkommen und Vermögen. Ich wußte daß er sehr hoch verschuldet ist, u.a. aus einer geschäftlichen Insolvenz vor einigen Jahren.
    Auf Nachfrage hat er mir erklärt, daß er schon seit ca. 20 Jahren spielt, dies allerdings erst seit 1,5 Jahren so ist, daß er es nicht mehr kontrollieren kann. Den Ausschlag hätte gegeben, daß er Geld von seinem Bruder verspielt hat und zusätzlich sich von mir was leihen mußte (was ich jetzt nicht mehr mache), also jetzt anderel Leute mit reinzieht.

    Auffällig finde ich aber die Aussagen zu Problembewältigung, nicht Reden können, sich verschließen und die Versuche alle Probleme mit sich selbst auszumachen. Das scheint bei allen Spielern gleich zu sein. Und genau das stelle ich auch bei meinem Partner fest. Kann also nur hoffen, daß die Therapie hilft und ich mit der Zeit besser mit ihm reden kann und er sich darauf einläßt.

    Vielen Dank nochmal und liebe Grüße

    Anja

    PS: Allen noch viel Erfolg und Durchhaltevermögen !!!

Berechtigungen

  • Neue Themen erstellen: Nein
  • Themen beantworten: Nein
  • Anhänge hochladen: Nein
  • Beiträge bearbeiten: Nein
  •