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Thema: bitte um Erfahrungsaustausch von Co-Abhängigen

  1. #11
    bianka Gast

    Standard

    liebe ally,

    genau das meine ich auch.ich kann es nicht verstehen,wie sehr man als co-abhängiger von seinen mitmenschen als blöd hingestellt wird.bei mir ist es genau so,habe drei kinder und liebe diesen mann(weiß aber mittlerweile nicht mehr wie sehr).wie sollte man sich denn in so einer situation verhalten?ich höre immer nur"warum gehst du nicht einfach".es denkt aber niemand daran,das da ja noch gefühle sind.ich frage mich sehr oft,ob es das denn gewesen sein soll.....oder dann habe ich wieder solche gedanken,das ich nicht mehr weiß was ich wirklich will.bin so manchmal echt am zweifeln.ich habe meinen mann doch nicht geheiratet um mich so schnell wie möglich wieder scheiden zu lassen.bin immer wieder hin und her gerissen,und ich glaube das ist es was einen menschen kapputt macht.immer wieder nur zu hoffen,um im nachhinein zu sehen wie mann wieder da sitzt und sich den mann zum teufel wünscht.ich hoffe nun schon seit 4 jahren,und habe nicht mehr so sevr viel kraft,denn meine kinder brauchen mich auch.so alt bin ich noch nicht um zu sagen,ich hoffe die letzten jahre meines lebens....nein,bei mir ist es fast so weit,das ich gehe....!es kann sehr weh tun,diese erkenntnis zu haben,denn ich will ja auch nicht meine kleine familie auseinanderreißen.

    bianka

  2. #12
    Kary Gast

    Standard

    Hallo,

    Liebe ja, aber nicht bis zur Selbstaufgabe.
    Da MUß der Verstand dann die Oberhand gewinnen, allein schon aus Selbstschutz. Und Lieben heißt ja manchmal auch loszulassen. Alles zu seiner Zeit.

    Gruß
    Kary

  3. #13
    Rudi Gast

    Standard

    Hallo Bianca,
    schade das du platzen könntest.
    Was ich schrieb war nicht als Vorwurf gemeint, wohl aber zum Überdenken der eigenen Situation und Handlungsweise.
    Es ist schwer einen Spieler zu erkennen - aber viele Mitbetroffene setzen auch nach erkennen dieser Sucht weiterhin die Scheuklappen auf. Genau wie der Spieler, der nichts für sich tun will...unter den Motto es wird schon werden.
    Das es so fast nie was wird, wissen wir alle.
    Damit es mit der Beziehung und auch der Liebe weitergehen kann ist ein erkennen der Situation vom Betroffenen und der Mitbetroffenen erforderlich.
    Wenn wir ehrlich sind, hört man aus euren Beiträgen eine Menge Selbstmitleid. Das ist wirklich verständlich und nachvollziehbar - aber es hilft nicht wirklich weiter.
    Höchstens das man Gleichgesinnte findet, sich gegenseitig hochschaukelt und so eigentlich den klaren Blick für die eigene Situation verdrängt. Immer weiter unter dem Motto alle Spielabhängingen sind schlecht.
    Sie sind es nicht unbedingt - denn eine Suchterkrankung ist keine Charaktereigenschaft.
    Es gilt die Spielsucht als wirkliche Suchterkrankung zu sehen - und da zählt die Handlungsbereitschaft von Betroffenen und Mitbetroffenen dieser Krankheit zu begegnen.
    Ein sich selbst erkannter Spielsüchtiger, der diese Handlungsbereitschaft nicht hat, dem kann eigentlich nicht geholfen werden.
    Ist diese allerdings vorhanden, dann helfen keine Vorhaltungen, wohl aber Eure Liebe und Unterstüzung - und das Wissen über diese Suchterkrankung -den gemeinsamen Weg weiter zu gehen.Das Wissen über diese Sucht ist auch für den Partner lebensnotwendig - auch um evtl. zu erkennen, wann der "trockene Spieler" rückfallgefährdet ist.
    Denn das ein Rückfall geschehen kann, auch das müßte Euch klar sein. Aber den gilt es abzufangen, abzufedern und abzuschwächen - damit vor allem Dingen nicht die alten Verhaltensweisen wie Lügen, Verheimlichen, Betrügen auftreten.
    Und da kann ich Euch wirklich verstehen - denn ein aktiver
    Spieler handelt genau so, wie von Euch beschrieben.
    Ich kann da Euren Schmerz und Eure Enttäuschung wohl nachfühlen. Doch Schmerz uns Enttäuschung verhindern oft den klaren sachlichen Blick.
    Ich wünsche, das ihr diesen für Euch zurück bekommt.
    Lieben Gruß
    Rudi

  4. #14
    bianka Gast

    Standard

    hallo rudi,

    das ist schon klar das man es mit ehrlichkeit und einen klaren blick alles ändern könnte,aber man hat da denn doch immer die hoffnung das es besser wird.bei meinem mann ist es so das er es nicht zugibt.umso schwerer ist es für mich diese sache zu verstehen.es ist nie geld da um mir selbst mal etwas ( ein strauss blumen für 5€)zu kaufen.das macht einem echt depressiv.und da bin ich dann wieder an dem punkt,das ich mir sage.....ich will das nicht mehr!es hat hier auch nichts mit hochschauckeln zu tun,ich denke wir suchen hier nach einem weg unsere männer zu verstehen und lösungen zu finden das leben schöner und ruhiger zu gestalten.nur leider ist man selbst(ich auch) viel zu schwach den eigenen weg zu gehen.aber wie gesagt,wenn die hoffnung und die liebe auf einem nullpunkt gesunken sind....dann kann man auch für sich den richtigen weg gehen, das kann lange dauern.mich macht es einfach immer nur traurig.denn mein leben ist nur stressig und ich kann nie wirklich einen klaren gedanken fassen.ist wohl teilweise meine eigene schuld,aber ich habe immer versucht mit ihm seine sucht in den griff zu kriegen....er wollte es aber nie.die kontokarte würde er mir nie geben,ganz im gegeteil....er hat es schon so weit gebracht,das ich nie einen cent im portemonaie habe....und wegen jeden euro ihn fragen muss......!er klagt aber vom ersten bis zum dreizigsten es wäre kein geld da.... !man hat ja dann schon angst überhaupt zu fragen ob er windeln für den kleinen kaufen kann.....weil er dann wieder nur am jammern ist,wieviel doch so eine familie kostet....naja...auch ich habe den punkt bald erreicht es zu schaffen


    bianka

  5. #15
    Ally Gast

    Standard Liebe

    Hallo Rudi,

    ich gebe Dir recht. Wir dürfen im Selbstmitleid nicht verfallen, sondern handeln. Aber diese Einsicht hat einen langen, schmerzvollen Reifeprozeß benötigt.

    Ich hoffe meine Vorgehensweise ist richtig und wird bestätigt aus Euren Erfahrungen.

    Für mich ist meine Beziehung beendet, er muß seinen Weg allein gehen, nur er kann die Sucht bekämpfen. Was meine Liebe für ihm angeht, muß ich konsequent sein.
    Ich zeige sie, in dem ich loslasse.

    Danke für die Richtschnur.

    Es ist schwer für ihm damit klar zu kommen, aber er will jetzt alles nötige tun. (Glaube ich zumindest und ich werde es sehen.) Anscheinend mußte es erst soweit kommen, für beide Seiten.

    Es sind jetzt einige Tage vergangen, dass ich diesen Entschluss gefaßt habe. In diesen Tagen habe ich gezweifelt, geheult, aber ich gebe nicht auf und bleibe konsequent. Ich kann nicht in einer scheinbar heilen Welt leben, also was bleibt einen übrig.

    Aber nicht dass ihr denkt, ich lasse ihm im Stich. Nein wenn er reden will, bin ich da, aber mehr nicht.

    So und mein nächstes Ziel ist: mein Leben.

    Ob er nocheinmal später ein Rolle spielt kann ich nicht sagen, habe auch Angst davor (wegen Rückfall etc.).

    Für weitere Anregungen, Hinweise und Erfahrungen bin ich sehr dankbar. Dank an Euch allen.


  6. #16
    Rudi Gast

    Standard

    Hallo Bianca,
    es macht mich schon sehr traurig, was ich da zu lesen bekomme.
    Einen Vorwurf wollte ich dir nicht machen - und wenn du von einer eigenen Schuld sprichst, dann ist das verkehrt.
    Der Charakter eines Menschen ist inviduell. Egal ob Spielsüchtig oder nicht.
    Bei deinen Mann scheint doch zu der Spielsucht ein gehöriges Maß an Verantwortungslosigkeit und ein übersteigertes Maß an Egoismus vorzuherrschen.
    Ich selbst habe drei Kinder. Sie sind heute auf Grund ihres Alters außer Haus, selbst verheiratet und haben mich - ohne zu fragen - zum Opa gemacht.
    Wenn du dich heute mit meiner Frau austauschen würdest, wüßtest du, das es den gemeinsamen Weg aus der Spielsucht geben kann. Aber wie schon im letzten Beitrag erwähnt, muß der Wille hierzu insbesondere von den Spieler vorhanden sein. Aber der ist bei deinen Mann in keiner Weise spürbar.
    Gewiß habe ich auf Grund meiner Spielsucht meiner Familie einiges an Geld vorenthalten - was uns unser Leben bestimmt angenehmer gemacht hätte.
    Situationen das es an den Allernotwendigsten gemangelt hätte, gab es allerdings nicht.
    Ich hatte mich ohnehin für meine Sucht geschämt - und hätte ich mir auch noch diese Vorwürfe zu machen, käme ich in meinen Leben vermutlich niemals mehr klar. Ich bezweifel sogar das ich heute noch sein würde.
    Ja, man macht sich Selbstvorwürfe als Spieler und möchte diesen Teufelskreis entrinnen. Doch das MÖCHTEN reicht nicht - man muß es wirklich WOLLEN.
    Du hast in deiner Situation die Möglichkeit, dir amtliche Hilfe bei dem zuständigen Sozialamt zu holen.
    Auch könnte veranlasst werden, das sein Lohn oder Gehalt auf ein Konto mit deinen Namen fliesst, wo er keinen Zugriff mehr hat.
    Gerade diesen letzten Punkt habe ich zur Sicherung für meiner Familie - und letztlich auch für mich - vollzogen.
    Mittlerweile ist unser Vertrauen zueinander wieder so gefestigt, das ich wieder Zugriff habe.
    Zu unseren Schutz verzichte ich auf Scheckkarten - und lasse die finanziellen Dinge bei meiner Frau, wo sie gut aufgehoben sind. Ich habe zwar jetzt wieder Zugriff - benutze ihn aber nicht. Müßte sogar nachschauen, wie unsere Kontonummer lautet.
    Ich denke, das ich dieses Gefühl der Sicherheit meiner Partnerin schuldig bin.
    Mir geht es gut dabei - und fühle mich nicht entmündigt noch minderwertig - aber sicherer und besser.
    Streubt dein Partner sich gegen solche oder ähnliche Maßnahmen, gibt es kaum einen gemeinsamen Weg.
    An diesem Punkt mußt du Sorge für dich und deinen Kind tragen - und den Zustand um deinen Mann das Amt schildern, damit du für dich und das Kind das Lebensnotwendige kaufen kannst. Habe da keine Skrupel gegenüber deinen Mann und keinen falschen Scham.
    Bestimmt wird ihn das nicht gefallen - denn das Amt wird bei ihm anklopfen. Aber das muß dir wirklich jetzt nicht mehr beschäftigen. Es geht um DEIN und das Überleben EURES Kindes. Das ist jetzt das wichtigste.
    Ich wünsche, das du für dich einen neuen klaren Weg findest.
    Lieben Gruß
    Rudi


  7. #17
    Rudi Gast

    Standard

    Hallo Ally,
    du hast für dich einen Schritt vollzogen, den ich voll akzeptiere.
    Ob dieser Schritt richtig oder verkehrt ist, wird erst die Zukunft zeigen.
    Wir stehen manches mal im Leben an einer Gabelung und müßen uns für einen Weg entscheiden. Eine Entscheidung, die uns niemand abnehmen kann, wo uns niemand raten kann, aber die wir für uns fällen müßen.
    Wenn ich in meinen Leben eine schwerwiegende Entscheidung treffen mußte, so habe ich mich hinterfragt.
    Was empfinde ich bei den Gedanken über meine Entscheidung?
    Schmerz, Kummer ? Oder ein Gefühl der Befreiung, die den Schmerz der Entscheidung weit übertrifft ?
    Endlich frei sein von der Belastung, die einen großen Teil meiner Liebe und meines Vertrauens auffraß? Eine Belastung, die mich tief erschüttert - und die ich einfach so nicht weiter tragen kann oder will.
    Fühle ich mich im tiefsten innern wohl mit den Gedanken meiner Entscheidung, wird sie wahrscheinlich richtig sein.
    Wir müßen uns alle auch vor Augen führen, das wir nur das EINE Leben haben - und davon schon ein gutes Stück vielleicht in der falschen Spur sind.
    Die Entscheidung muß sein, was will ICH in meinen Leben.
    WAS SUCHE ICH ?
    Vertrauen, Zuneigung, Liebe, Verantwortung füreinander, wie sieht es da aus, wenn ich jetzt Bestand ziehe...
    Lieben Gruß
    Rudi


  8. #18
    Ute Gast

    Standard

    Hallo, Ally, Beate, Bianka, Rudi, ...!

    Oh, man, nun musste ich aber viele Beiträge lesen. Danke.

    Nach langem Lesen guter, verwirrender, ähnlicher, ... Gedanken habe ich das Gefühl, dass es bei meinem Mann anders ist, als bei euern Männern.

    Nur für relativ kurze Zeit hat er es mir verheimlicht (jedenfalls glaube ich das), da er aber schon, seit ich ihn kenne, wenig Geld hat, weil er nie viel verdient (hat), stößt er schnell an seine Grenzen.
    Unser wieder gemeinsam gewordenes Konto ist nur heftig überzogen, aber an mein Gehaltskonto kann er nicht ran. Zum Glück.
    Und er hat beide Male selber seine Sucht eingestanden, ist sofort zur Diakonie gerannt und hat sich beraten und "behandeln" lassen. Ich musste nichts beschleunigen, oder gar anregen, ... Auch die Kontosperrung hat er selbst vorgenommen.

    Und trotzdem fühle ich mich verarscht, ärgere mich über mich selbst, weil ich drauf reingefallen bin, es nicht gleich gemerkt habe.
    Hatte eben gerade wieder etwas Vertrauen gewonnen. Ich hab soch nicht jeden Tag nachgefragt.

    Und nun hab ich das Gefühl, dass das Vertrauen noch weiter abgebröckelt ist, ich weiß nicht, wie ich es wieder aufbauen soll.
    Da ich im Moment viel arbeite und wir ein Kind haben, unterhalten wir uns wenig unter 4 Augen darüber. Ich habe aber das Bedürfnis, er nicht so sehr. Er wartet eher ab, was die Therapie-Gespräche bringen. ...

    Und im Moment habe ich kaum jemandem, mit dem/ der ich drüber reden könnte. Er will nicht, dass es bekannt wird.

    Der einzige, der auch nach mir und meinen Gefühlen gefragt hat, ist der Hausarzt. Das tat gut, klar denke ich andererseits, ich will nicht von anderen abhängig sein (zum Teil treffen die Co-Abhängigen-Merkmale wohl zu!!!)

    Und ihr dürft nicht vergessen, ich beginne gerade erst wieder, mich mit diesem Thema abzufinden, mich wieder reinzudenken.


    Vielleicht bin ich auch an einigen Stellen blauäugig gewesen, aber ich habe finanziell, ich glaub, von "Natur aus", schon immer mein Geld gut zusammengehalten.

    Was mir Sorgen macht, ist, dass er, wenn er mal mit dem Kleinen alleine ist, kaum Geld hat. Müsste er ein Medikament kaufen oder was für den Kiga, kann er es nicht bezahlen. Im Moment lasse ich nichts da, er hat genug in diese blöden Automaten gesteckt.

    Ich bin nicht sicher, wie es weiter gehen soll, aber es geht weiter und ich will auch bald mit dem Selbstmitleid und der Hoffnungslosigkeit aufhören.
    Aber im monet brauche ich sie noch.

    Bis bald, Ute


  9. #19
    Ally Gast

    Standard

    Hi Ute,

    es ist nicht schlimm, dass Du noch Selbstmitleid brauchst.Es ist eine Phase die man durchmacht, die sehr lange andauern kann.
    Man hat in dieser Phase das Bedürfnis sehr viel über das "PROBLEM" zu reden und zu erfahren. Bloß mit wem? Man fragt sich, was kann man nur tun. Wie ist es nun richtig? Wie sieht die Zukunft aus?

    Zu meiner Situation muß ich erwähnen, dass er erst durch unsere Trennung gemerkt hat, dass er zu weit ging und ernsthaft ein Problem hat.

    Aber bitte, lasse nie Deine Bankkarte in deiner Wohnung aus Versehen liegen.Beobachte ihn, kontrolliere ihn aber nicht, nicht das er sich dann eingeengt füllt, denn Dein Mann hat schon den ersten Schritt getan.

    Er muß sich ändern.

    Wenn er reden will, dann lasse ihn reden und höre zu.

    Man Leute ihr glaubt gar nicht, wie gut es mir geht, seit dem ich dieses Forum entdeckt habe. Klar ich weiß, ich bin nicht fehlerfrei, zweifel manchmal auch, aber ich bin lernbedürftig.

    PS: Das Glas ist halb voll.

  10. #20
    Monika Gast

    Standard

    Hi,
    jetzt muss ich auch hier noch meinen Senf dazugeben.
    Ursprünglich wollte ich zu diesem Thema nicht antworten, weil mich manche Antworten ziemlich geärgert haben und ich befürchtet habe, zu beleidigend oder auch zu anklagend zu werden.
    Was mich jetzt doch dazu bewegt, sind erstens die Antworten der Angehörigen (die jetzt die Schuld bei sich suchen und denen Selbstmitleid vorgeworfen wird), zweitens meine Betroffenheit (die sich eben im Gefühl Ärger zeigt) und drittens mein Bedürfnis meinen Anteil (ich will nicht von Schuld reden, weil die letzte Verantwortung immer beim Spieler ist, der sich immer für oder gegen das Spielen entscheiden kann) irgendwie zu rechtfertigen (wozu will ich das eigentlich, Verständnis für mich selbst, für andere Angehörige, was weiß ich...) Hier jedenfalls meine Sichtweise und Erfahrungen:
    Wenn im Forum SpielerInnen ihr Leid klagen, ihre Gefühle und Gedanken äußern, höre ich nichts von Selbstmitleid. Warum bei den Angehörigen??
    So wie ein Spieler nicht von heute auf morgen spielsüchtig wird, rutscht auch ein Angehöriger in einem langsamen Prozess in seine Rolle rein. (Und beide brauchen auch Zeit, aus dieser Rolle wieder rauszukommen.
    Aus heutiger Sicht würde ich auch vieles anders machen, nur hatte ich damals eben dieses Wissen nicht.

    Zunächst einmal habe ich darauf vertraut, dass mir mein Mann grundsätzlich die Wahrheit sagt. Wenn er einmal länger arbeiten muss, kommt das eben vor. Wenn er sich noch mit Freunden trifft oder zum Training geht, warum nicht. Dann werden einige wenige (heute bin ich mir sicher - nicht alle) Verluste gestanden. Unter dem Motto "Wollte ich nur einmal probieren", "hat sich so ergeben, der und der waren auch dabei". Ich dachte mir "Blöd, ist ja nicht gerade wenig, mir könnte das nicht passieren, wäre mir zu langweilig, bin mir dazu zu gierig, aber was soll's, kommt ja nicht mehr vor".
    Dann beginnen die Lügen, die bei meinen Mann immer so gestrickt waren, das sie z.T. glaubwürdig sind (z.B.Geld hergeborgt, kannte ich aus früheren Zeiten, mein Mann war immer der Typ, der anderen was gegeben hat, wenn sie es brauchten und nicht hatten und er konnte), z.T. so das sie nicht nachweisbar sind, aber immer so im Bereich des Möglichen, das man - unter normalen Umständen, und die Umstände waren ja für mich noch normal - nicht daran zweifelt.
    Dann kommen wieder (Teil)geständnisse aufgrund von Kontoauszügen oder Beträgen, die (für meinen Begriff) so hoch sind, dass ich mir dachte "Das war aber jetzt sicher das letzte Mal, weil ich bin ja eigentlich mit einem intelligenten Mann zusammen, also wird er es jetzt kapiert haben". Aufgrund der Teilgeständnisse kommt aber jetzt das Misstrauen und die Kontrolle, was bei ihm Abstreiten, Rückzug und Angriff auslöst.
    Die Angriffe lösten bei mir wieder Zweifel aus, bin ich vielleicht wirklich hysterisch (in meiner Familie war sogar Kartenspielen um Geld verpönt), vielleicht sehe ich das zu eng, andere vergnügen sich im Kino oder haben sonst ein teures Hobby (die Beträge waren damals damit vergleichbar). Damit ist es ihm auch gelungen, zu verhindern, dass ich der einen oder anderen Lüge nachgegangen bin. Ich wollte ja nicht überreagieren, wollte eben nicht als hysterisches Weib gelten, wollte nicht die Frau sein, die ihren Mann hinterherspioniert. (Schließlich bin ich ja in der gleichen Sozialisation wie ihr alle aufgewachsen und da lässt man bzw. frau sich eben bestimmte, verpönte, typisch weibliche Eigenschaften nicht gerne zuschreiben) Na gut, ich bin vorsichtig und behalte es im Auge.
    Zu blöd nur, das man es eben nicht im Auge behalten kann.
    Das Misstrauen wächst, die Kontrolle erweist sich als nicht ganz so lückenlos wie man glaubt. Unter dem Siegel der Verschwiegenheit werden privat Schulden gemacht (Ironie des Schicksals: Jetzt werden mir erst recht Eigenschaften zugeschrieben, die ich gar nicht besitze).
    Dazwischen natürlich auch immer wieder Phasen, wo alles ganz normal verläuft, aber dann häuft sich wieder das Spät-Nach-Hause-kommen oder Ewig-lange-Besorgungen, Kontoauszüge, die verloren gehen.
    Dann kommt der Gedanke "Das ist ernsthaft krankhaft, das gibt es doch nicht". Ich hole mir Infos + Bestätigung, Schock "Es ist tatsächlich so", Erleichterung "Ich bin nicht blöd oder hysterisch", o.k. Problem erkannt, wie muss ich mich verhalten, um ihn zu unterstützen, dass er damit aufhört.
    Moralische Unterstützung, aber kein Geld mehr, also Karte einkassieren, Taschengeld und die Sache ist (für mich) erledigt. Den Rest muss mein Mann tun.
    Leider habe ich den Erfindungsreichtum meines Mannes bzw. eines Spielers total unterschätzt.
    Griff in die Firmenkasse - Wir haben 2 Kinder, der Vater geht ins Gefängnis - das Geld geben oder nicht? Ich gebe ihm das Geld, mit der Ansage, dass das das letzte Mal ist.
    Zweiter Griff in die Firmenkasse - ich bleibe hart, bin sogar fast froh, weil der Gedanke da ist "Na vielleicht braucht er das, damit er aufhört" - es ist ihm - der sonst nie und niemanden um Hilfe bitten kann - gelungen, das Geld aufzustellen und in die Kassa zurückzulegen.
    Und immer neue - nicht nachweisbare - Lügen und Zweifel, Freunde sind mittlerweile informiert, borgen kein Geld mehr her, die Banken leider schon. Die Hoffnung, dass er aufhört, wenn die Geldquellen versiegen, ist begraben.
    Trennung ja oder nein. Die Kinder, ich mit meiner Teilzeit unter dem Existenzminimum, außerdem im 2. Bildungsweg, dieses Ziel mag ich nicht aufgeben. Klingt zwar komisch, aber meine finanz. Situation ist immer noch besser, wenn ich mit ihm als Spieler zusammen bleibe, als wenn ich mich trenne. Dazu kommt nämlich auch immer die Angst, dass ich ja von ihm vielleicht keine Alimente bekomme, weil er dann womöglich ganz abrutscht. Und wo nichts zu holen ...
    Also, ich bleibe aus praktischen Gründen mit ihm zusammen.
    Distanziere mich, mache weitgehend meine Sachen alleine.
    Jetzt kommt dann aber leider wieder der Mann ins Spiel, den ich aus Liebe geheiratet habe. Der Spieleranteil rutscht nach hinten, Therapie, er bemüht sich ja, Sucht ist eben eine Krankheit, gemeinsam werden wir das schon schaffen.
    Blöd nur, dass das immer nur eine Zeitlang funktioniert. Dann kommt wieder der Spieler. Aber gerade weil es eben immer wieder auch funktioniert, halte ich ja so lange daran fest. Zwei Jahre spielfrei, das ist ja schon toll, und ich habe ja auch gelernt, Rückfälle kommen vor und aus Rückfällen kann man lernen.
    Man kann auch sonst eine Menge lernen: z.B. das man sich doch einfach ein zweites Konto eröffnen kann, das man den Kredit aufstocken kann (von - heute sage ich lächerlichen -9.000,-- auf 36.000,--), das man auch in angeblich 2 Jahren spielfrei, doch immer wieder kleinere, nicht so gut kontrollierbare Beträge immer wieder verspielen kann - dazu muss ich sagen, dass es für mich auch anstrengend war, immer jede Kleinigkeit zu kontrollieren und daneben auch noch Kinder, Haushalt, Job und Ausbildung hatte und eben nicht jede Geldquelle 100 %ig im Auge hatte (mein Mann hat alleine 8 Geschwister, die alle ihre Schwierigkeiten mit Nein-Sagen haben). Und so wie der Spieler oder zumindest mein Mann mit jedem spielfreien Tag mehr, mit seiner Aufmerksamkeit nachlässt, sei es auch mir als Angehörige gestattet, dass ich nicht immer 100 %ig aufmerksam war und mit der (spielfreien) Zeit zunehmend nachlässig wurde, das Vertrauen wieder wächst bis es wieder losgeht.
    Dann - wahrscheinlich gekoppelt mit 2 Schicksalsschlägen, die zum Aufwachen aufrütteln müssten und es doch nicht tun und das Geständnis, dass auch in den angeblich spielfreien Zeiten sowieso immer gespielt wird, wieder Überstunden bis spät in die Nacht, neuerliches Ausbleiben in der Nacht, Lügen, Lügen und die endlich die Erkenntnis: Der Mensch ist eben ein In-dividuum, nicht-teilbar, entweder kann ich mit beiden Anteilen von ihm leben oder nicht. Ich kann es nicht mehr - aber das ist halt alles ein sehr langer Prozeß gewesen, der seine Zeit gedauert hat. Die praktischen Überlegungen werden jetzt hinten an gestellt (auch wenn sie mir zeimlich viel Angst machen). Ich will einfach nicht mehr! Aus und vorbei. Die Liebe ist erloschen. Gäbe es heute eine Garantie, dass er nie wieder spielt, dann würde ich ehrlich gesagt, noch 1 Jahr mit ihm zusammenbleiben (=Ende meiner Ausbildung), und mich dann trotzdem trennen. Das komische Gefühl im Bauch ist nur mehr die Erinnerung, der Schmerz und die Trauer, das es jetzt keine Liebe mehr gibt. Das es so kommen musste ...
    Naja, jetzt habe ich ewig geschrieben und weiß gar nicht, ob das rüberkommt, was ich wollte. Nämlich, dass ich nicht verantwortlich bin für sein Spiel. Und die Angehörigen sind nicht blöd, weil sie jahrelang (mit)spielen, sondern sie bestehen eben aus Kopf und Bauch - und die beiden muss man erst mal in Einklang bringen.

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