Oh, es ist viel passiert, was mich furchtbar mitnimmt - und doch habe ich das Gefühl, dass sich etwas mehr bewegt als die ganzen Jahre vorher.
Mein Mann bekommt keine atationäre Therapie bewilligt, jedenfalls nicht im Moment, da er schon öfter abgebrochen hat und die Krankenkasse ihm eine ambulante Langzeittherapie bezahlt. Vielleicht wirds ja im nächsten Jahr was.
Viel schlimmer sind aber die anderen Dinge, die vorgefallen sind und von denen ich, wie immer, erst viel später erfahre:
mein Mann hatte in den letzten Monaten eine Affaire mit einer Zufallsbekanntschaft, die allerdings nicht nur eine Nacht dauerte, sondern sich über Wochen hinzog und sich beide immer wieder verabredeten und Nächte und Tage miteinander verbrachten. Er war nächtelang fort und ich habe ihn gesucht und furchtbare Ängste ausgestanden. Ich dachte natürlich an einen Rückfall.
Mein Mann hat mir immer Lügen erzählt, um sein langes Fortbleiben zu erklären.
Er wäre durch die Gegend gelaufen, sei unterwegs gewesen. Nach dem dritten Wochenende, als er erst nach 36 Stunden wiederkam, stellte ich ihn vor die Wahl, mir entweder sofort die Wahrheit zu sagen oder seine Koffer zu packen.
Da sagte er mir, dass er eine Frau kennengelernt habe usw. Sie hätten die ganzen Nächte nur geredet und er hätte sich so nach Wärme und jemandem zum Zuhören gesehnt.
Dabei habe ich ihm das doch die ganzen jahre angeboten.
Ich hätte so gern mit ihm (ehrlich) gesprochen und er gab mir doch keine Chance.
Und dann behauptet er jetzt auch noch, wir hätten jahrelang nebeneinander hergelebt. Das stimmt doch gar nicht:
ich habe ddie ganze Zeit versucht, offenen Kontakt herzustellen, habe mich gekümmert und eher sein Leben als meines gelebt.
Er dagegen hat sein zweites Leben ohne mich gelebt. Hat mic immer im Stich gelassen.Leider.
Warum, kann er mir nicht sagen. Nur, dass er sich so stark wieder in die Spielerei verwickelte, dass er das um gar keinen preis zugeben wollte und darum alles mögliche vor mir verheimlicht hat. Er wollte stark wirken und mir imponieren, nur keine Schwäche zeigen.
Er ist jetzt endlich mal ins Erzählen gekommen, das ist der Vorteil an den ganzen schrecklichen letzten Tagen. Es gibt wieder eine Art Kommunikation zwischen uns. Aber das ist wohl der Schock bei ihm, zu sehen, wie kaputt ich bin und wie mich sein Verhalten zerstört. Er ist zerknirscht und schwört Besserung und beteuert mir seine Liebe immer wieder und ich kann ihm nicht glauben, denn jemanden den man liebt kann man doch nicht jahrelang so mies behandeln. Ich könnte das jedenfalls nicht.
Das schlimmste an dieser Entwicklung war, dass sein Verhalten jetzt eine neue Stufe erreicht hat. Bisher war ich immer davon ausgegangen, dass sein Verhalten vor allem suchtbedingt ist, seine Lügereien, die Agressionen. Alles.
Und nun betrügt er mich noch mit anderen Frauen. Damit hätte ich nie gerechnet. Seine Liebe zu mir war schon lange das einzige, was ich ihm geglaubt habe. Und selbst das stelle ich jetzt in Frage.
Ich habe gemerkt, dass mich diese Sache furchtbar belastet. Das ich doch noch Gefühle für ihn habe, von denen ich dachte, sie gäbe es nicht mehr.
Das bringt mich um. Ich kann diesen Schmerz nicht verwinden. Es tut irrsinnig weh, auch wenn ich merke, dass so ein Schock wohl nötig war, um endlich aus der Routine des sich gegenseitig Aus-dem-Weg-gehens auszubrechen.
Ob seine Bemühungen, endlich die Wahrheit zu sagen, fruchten?
Er hat mit mir eine Abmachung getroffen:
immer, wenn er meint, mir nicht die Wahrheit sagen zu können, soll er sich vorher mit einem Freund aus der GA-Gruppe besprechen und dann erst mit mir reden. Das kam uns sinnvoll vor. Meint Ihr, dass es das ist?
Ich weiß genau, dass vieles von dem, was er sich vornimmt, nicht klappen wird. Jedenfalls nicht in der nächsten Zeit. Denn er sucht immerzu nach Ausflüchten, Hintertürchen.
Er sagt z.B.: ich will versuchen, ehrlicher zu dir zu sein. Ich will aber keine Versuche, ich will dass er ehrlich ist. Es gibt doch keine Steigerung von Ehrlichkeit , entweder ist man das oder nicht.
Warum nimmt er immer noch nichts ernst genug?
Warum will er immer nur ein wenig, nicht alles? Wie kann er sich klar werden, dass es verdammt ernst ist. Meine Verletzungen hat er inzwischen begriffen, dafür musste ich aber erstmal richtig schön zusammenbrechen. Sonst hätte er immer noch gedacht, dass ich alles ertrage, alles verzeihe.
Warum ist dieser Mensch so ein schwerer Fall? Warum dauert es so wahnsinnig lange, bevor mal ein ganz kleines bisschen bei ihm passiert? Er ist 46, kann man da überhaupt noch etwas ändern?
Ich schwanke immer hin und her in meinen Gefühlen, gehe jetzt selbst auch zu einer Therapeutin und habe das Gefühl, dass es mir gut tut. Aber klarer blicke ich immer noch nicht. Ich bin wohl auch einer der Fälle, die erst im Rinnstein liegen müssen, bevor sie handeln.
Alles Liebe
Heide