Hallo zusammen,
habe in der letzten, mal wieder schlaflosen Nacht, ganz gezielt nach einem Forum wie diesem gesucht.Mein Mann spielt, eher sporadisch, nach seinen Angaben schon seit 25 Jahren.Wir kennen uns seit 18 Jahren; da wir in den ersten 12 Jahren getrennte Konten führten (darauf hatte ich bestanden, weil ich mit einem Ex bereits ein finanzielles Desaster mitgemacht hatte),erfuhr ich erst nach dieser Zeit durch Zufall und hartnäckiges Nachfragen von Schulden und Spielverhalten.
Die letzten Jahre waren die reinsten Wechselbäder an Versprechen,Lügen und Rückfällen. Zwischenzeitlich trage ich die finanzielle Verantwortung alleine, damit die Existenzgrundlage unserer Familie (2Kinder)nicht gefährdet ist. Mein Mann weigert sich entschieden, Hilfe zu suchen. Dazu ist er zu stolz. Er ist überzeugt,es alleine zu schaffen, wenig oder kontrolliert zu spielen. Wie es mir dabei geht, möchte ich euch, die ich doch gar nicht kenne, zeigen,indem ich hier einen Brief veröffentliche, den ich meinem Mann im vergangenen November geschrieben habe.Vielleicht könnt ihr meine Empfindungen verstehen, dann würde ich mich nicht so elend und allein fühlen...

Abschied


Dies ist mein Abschiedsbrief für dich. Nein, ich gehe noch nicht gleich. Aber es ist eine dieser Nächte, in denen ich schlaflos neben dir liege und meine Gedanken und Gefühle Achterbahn fahren! Eine gute Gelegenheit aufzuschreiben, was ich dir in Ruhe so nie sagen kann.
Vielleicht ertrage ich es, bis die Kinder erwachsen sind. Ihretwegen halte ich diese Liebe schon so lange aus. Vielleicht kann ich dann gehen, diese Familie verlassen, in der du nie ganz angekommen bist.
Ja, ich habe schon angefangen, meinen Koffer zu packen. Es ist erstaunlich, womit er schon gefüllt ist.
Mit Überdruß zum Beispiel, mit ohnmächtiger Wut, mit Hilflosigkeit und Trauer. Die Hoffnung und Zuversicht sind schon ganz unten vergraben.
Nur mein Herz wehrt sich noch mit Händen und Füßen. Aber es ist schon sehr verletzt. Wie ein waidwundes Tier hat es sich in die hinterste Ecke verkrochen. Von dort aus macht es meinem Verstand die bittersten Vorwürfe.
"Erinnere dich, sagt es ihm, auch ich hatte schon einmal angefangen, meinen Koffer zu packen. Erinnere dich, als ich ausgetrocknet von Tränen, welk wie eine Blume in der Wüste war. Weißt du noch, du dummer Verstand, wie du um die Zärtlichkeit gekämpft hast, die ich so bitter brauchte?! Jahrelang hast du argumentiert, gebettelt und gedroht und mich mit ein paar Tröpfchen Hoffnung am Leben erhalten. Und du hast es erreicht, daß ich dir vertraut habe, du hast mich glauben lassen, daß sich diese Liebe lohnt.
Noch nie habe ich mich einem Menschen so bedingungslos anvertraut, habe mich ihm geöffnet und zugelassen, daß er ganz von mir Besitz ergreift. Noch nie habe ich mich so auf einen Mann eingelassen, meine Sinne ,Gedanken und Gefühle in ihm verwurzelt. Kein anderer Mann konnte mehr neben ihm bestehen. Und nun verlangst du, ich solle ihn loslassen..."
" Ich habe mich geirrt, erwidert mein Verstand. Diese Liebe ist ein einziger Kampf, den wir nicht gewinnen können. Er versteht nicht, was er uns antut. Er vergißt was war, sobald man ihm verziehen hat. In uns aber füllt die Erinnerung ein ganzes Buch. Bald ist es vollgeschrieben. Dann können, nein müssen, wir gehen. Bevor wir gar keine Kraft mehr haben. Komm du dummes Herz, laß uns den Koffer packen. Siehst du nicht, daß jedesmal ein Stück von dir stirbt? Vergiß ihn! Denn er vergißt dich auch, wenn es ihm nicht so gut geht.
Du und ich, unsere Liebe und unsere Kinder bedeuten ihm nichts, wenn er trinkt und spielt.
Er versteht immer noch nicht, daß es dabei nicht nur ums Geld geht. Er müßte in sich hineinschauen, aber davor hat er riesige Angst und er ist nicht bereit sich Hilfe zu holen. Seine Versprechen sind gutgemeinte Lügen.
Ich kann nichts mehr für ihn tun, flüstert mein Verstand. So trage ich schon die ganze Verantwortung und ich bin so müde. Die Last dieser Liebe ist zu schwer für mich. Ich kann sie nicht mehr ertragen!
Komm, laß uns unseren Koffer packen. Es fehlt nicht mehr viel, dann können wir ihn schließen!
Ich kann dir nicht versprechen, ob wir je eine andere Liebe finden, ob wir überhaupt eine finden wollen. Aber kannst du dich noch erinnern wie es war, ohne diese Last und Verantwortung zu leben? Wie schön wäre es, einfach wieder frei atmen zu können.
Jammere nicht, mein Herz, um schöne Augenblicke voller Liebe, um Lachen und Zärtlichkeit. Spüre den tiefen Schmerz, den sie hinterlassen. Irgendwann, ganz bestimmt, wird die Trauer nachlassen.
Ich verspreche es, flüstert der Verstand, ich verspreche es dir, mein Herz!"