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Thema: wie verhalte ich mich als tochter

  1. #1
    judith Gast

    Standard

    hallo,
    mein vater ist seit eigenen angaben seit drei jahren spielsüchtig, hat vor einem halben jahr eine sechs-wöchige theraphie gemacht und danach geschah nichts.
    wir stehen als familie zusammen, wir haben ihn unterstütz(vor allem meine mutter), geredet und hilfe angeboten.
    über viele jahre (etwa 10) gab es ständig zu wenig geld, lügen , ausreden, hintergehungen. ebend das typische bild.
    als wir wußten woran das lag, war uns allen etwas leichter, es gab eine erklärung.
    nach der therapie blieb alles wie es ist, meine eltern lebten nebeneinander her, mein vater versuchte sein ruinierten betrieb weiterzuführen und schwankte zwischen euphorie und lethargie.
    meine mutter löst sich langsam aus ihrer co-abhängigkeit, hat eine neue arbeit angenommen und meinen vater vor zwei wochen gebeten auszuziehen.
    mein vater sucht die schuld für all seine probleme bei anderen. er selbst ist nie schuld, auch die ambulante selbsthilfegruppe ist blöd, die haben alle keine ahnung. ich glaube er hat mitlerweile alle therapien abgebrochen.
    langsam tritt das alte bild in den vordergrund: es ist oft weg, ohne zu sagen wo er ist, wittert bei allen verrat, die versuchen ihm mal etwas zu sagen. er redet kaum noch und wenn, dann nur über die fehler anderer, er ist häufig gereizt, trinkt wohl z.Z. sehr viel, hat geld wo keiner weiß woher.
    ich wohne schon lange nicht mehr zu hause und stehe immer zwischen meinen eltern. wie gehe ich mit meinem vater um? ich glaube er "spielte" therapie und ist froh sein verhalten auf etwas schieben zu können und keine verantwortung übernehmen zu müssen. ich glaube mein vater ist auf dem besten weg zurück in die sucht. meine empfindungen schweben zwischen bedingungsloser tochterliebe und großer wut. wem geb ich den vortritt, sag ich ihm was ich von seinem verhalten halte und das sein weg in die therapie zurück sein muss und damit natürlich auch endlich ursachenforschung? bei der vorstellung an vergangenheitsbewältigung macht er sofort dicht, das interessiert ihn nicht, immer diese ollen kamellen.
    mein problem ist ich habe schuldgefühle, weil es mir so gut geht, ich kann mich manchmal nicht auf mein leben konzentriern und habe angst vor dem was als nächstes bei meinen eltern passiert, schließlich liebe ich meinen vater und kann mich nicht einfach trennen.
    wäre sehr froh mal ein paar anregungen zu bekommen, habe manchmal das gefühl das mein mann und auch meine freunde das thema möglichst meiden oder schnell abwürgen.
    schon jetzt vielen dank.

  2. #2
    Verena Verhoeven Fachstellenteam Gast

    Standard

    Hallo Judith,

    habe erst heute gesehen, dass du bisher noch keine Antwort erhalten hast. Sorry!

    Ich kann gut verstehen dass dich die Situation deiner Eltern zur Zeit sehr belastet, denn diese ist auch kompliziert.

    Aus meiner Perspektive stellt sich die Situation so dar:
    Deiner Mutter scheint es ja ganz gut zu gehen. Ich habe dich so verstanden, dass sie für sich eine persönliche Entwicklung gemacht hat, die ihren Ausdruck auch in der Trennung von deinem Vater findet.

    Dein Vater reagierte auf die Trennung mit einer Krise, und hat dabei auf sein "altes" aber vielleicht auch vertrautes Glücksspielverhalten zurückgegriffen.

    Verlassen zu werden ist für den "Zurückbleibenden" zunächst immer eine massive Kränkung.
    Das er aufgrund der aktuellen Belastungen wieder spielt muss aber nicht heißen, dass er nicht auch wieder einen Weg aus der Spielsucht heraus findet, wenn er seine Krise etwas überwunden hat. Immerhin hat er Therapieerfahrung. Ein Rückfall heißt also nicht zwingend, dass er "nur Therapie gespielt" hat.

    Du schreibst, dass deine Empfindungen zwischen bedingungsloser Tochterliebe und großer Wut schweben und fragst welchem Gefühl du den Vorrang geben solltest.

    Natürlich ist es sinnvoll, deinem Vater deine Sicht der Dinge näher zu bringen, dass er wieder Mut findet, in die Selbsthilfegruppe zu gehen oder sich erneut an eine Beratungsstelle zu wenden. Ich halte aber den Hinweis auf die „Ursachenforschung“ für nicht produktiv, wenn du jetzt schon weißt, dass er darauf ablehnend reagiert.

    Gerade Menschen mit einer Suchterkrankung brauchen zu ihrer Genesung eine wohlwollende und klare Ansprache durch ihre Umwelt. Ich möchte, dass du auch siehst, was ich sehe....

    Wenn er allerdings noch sehr in seiner Kränkung gefangen ist, wird er das nicht oder besser noch nicht annehmen können. Ein guter Schutz für dich in so einem Gespräch ist wichtig, weil sonst die Gefahr der Resignation sehr hoch ist. Wenn du es aushalten kannst, dass er dich mit deinem Hilfeansinnen im Regen stehen läst, wenn du dies also als ein Symptom der Sucht annehmen kannst, ist ein Gespräch sinnvoll. Dies ist aus meiner Sicht auch ein deutlicher Ausdruck deiner Tochterliebe.
    Ein kleiner Trost ist vielleicht, dass viele von einer Glücksspielsucht betroffene Menschen später die deutlichen Worte ihrer Angehörigen, als wichtigste Motivation für einen Ausstieg aus der Sucht benennen.

    Wäre es eine Unterstützung für dich, wenn dich dein Freund bei einem Gespräch mit deinem Vater begleiten würde?

    Du schreibst, dass du immer zwischen deinen Eltern stehst. Diese undankbare Position ruft widersprüchliche Gefühle wie oben genannt hervor.
    Vielleicht kannst und brauchst du im Moment nicht viel mehr zu tun, als diese widersprüchlichen Gefühle auszuhalten und zu akzeptieren. Das ist allerdings oft leichter gesagt, als getan.
    Im Bild gesprochen könnte es sinnvoll sein einen Schritt nach vorne zu tun, um aus dem Blickfeld der Eltern zu gelangen. Dann können die beiden aufeinander schauen und ihren Konflikt führen.
    Du hättest dann wieder den Blick frei für dein eigenes Leben. Indem es dir gut geht, wie du schreibst. Denn darauf hast du ein Recht. Du bist nicht für die Probleme deiner Eltern verantwortlich. Ob diese nun aus der Trennung oder der Spielsucht heraus entstehen.

    Vor dem Hintergrund der Spielsucht ist es sogar wichtig, deinem Vater die Verantwortung für seine Situation und seine Gefühle nicht über deine Schuldgefühle abzunehmen.
    Du schreibst ja, dass er z.Z. bei allen Anderen, nur nicht bei sich selbst die Schuld die für seine Situation sucht. Mich wunder also nicht, dass du mit Schuldgefühlen reagierst. Das tun Kinder öfter und zwar unabhängig vom Lebensalter. Hier wäre eine gute Abgrenzung wichtig.

    Angemessen wäre also, dass jeder in der Familie die Schuld oder besser die Verantwortung, oft wird das verwechselt, für die eigene Befindlichkeit übernimmt und nicht für die des Anderen.
    Das gilt dann aber auch für dich! Ich kann nicht erkennen woran du Schuld hättest.

    Wenn du dir also das Recht nimmst, dich auch wieder auf dein eigens Leben zu konzentrieren und dich darin übst (das meine ich wörtlich), die Probleme deiner Eltern auch bei diesen zu belassen, heißt dass ja nicht, dass du dich von ihnen abwendest oder gar trennen musst.
    Ganz im Gegenteil: Manchmal bedeutet Liebe eben auch auszuhalten, dass ein Anderer einen Umweg im Leben geht, gemeint ist hier die Glücksspielsucht, von dem du denkst, dass er sich den auch hätte sparen können oder sollen.
    Aus Krisen können, wenn sie überwunden und durchlebt werden, immer auch Chancen werden.

    Wenn dich die Situation allerdings weiterhin so belastet wie beschrieben könntest du dir auch Hilfe in einer Beratungsstelle, einer Selbsthilfegruppe oder einem Psychotherapeuten holen. Adressen findest du hier auf unsere Homepage. Adressen von Psychotherapeuten gibt es u.a. bei deiner Krankenkasse.

    Ich wünsche dir Kraft und Mut, bei dir und deinem Leben zu bleiben. Es zu genießen, obwohl es deinem Vater z.Z. nicht so gut geht.

    Mit herzlichen Grüßen aus Neuss,

    Verena vom Fachstellenteam



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