Lieber Rudi, liebe Verena,
mit großer Aufmerksamkeit verfolge ich Euren Dialog – war etwas überrascht über Gerris Aussagen – aber was mir dann ganz besonders aufgefallen ist, war seine Aussage, er habe den Auslöser für seine Sucht nicht erkannt.
An dieser Stelle möchte ich ansetzen – denn genau das ist wohl auch der Grund dafür, dass es auf diesem Weg der Suchtbekämpfung zu Rückfällen kommen kann.
Ich meine, es reicht nie nur aus, einfach aufzuhören – sondern man muss sich bereits während des „Entzuges“ schon hinterfragen, WIESO es zur Spielsucht kommen konnte. Und ich kann für mich sagen, dass es nicht an den bunten Knöpfen und Lichtern der Automaten lag – sondern es war immer irgendwie nur ein Ventil, um dem Kummer des Lebens zu entfliehen. Seien es die alltäglichen Belastungen mit denen ich meinte nicht mehr fertig werden zu können – oder seien es auch die Belohnungs-Zockereien für „besondere herausragende Leistungen“…pah, egal – ich habe es mir als Spieler ganz einfach nur angewöhnt, die inneren Spannungen, die Emotionen auf diese Art und Weise (vermeintlich) in den Griff zu bekommen. Ich habe also auf emotionaler Basis einen Defekt, den ich meinte nicht anders beheben zu können.
Genau das kann ich mir auch eingestehen – dafür strafe ich mich nicht mehr ab, dieser Defekt gehört zu mir und meinem Leben – was kann ich daran verachten?
Meine Verachtung beginnt an der Stelle, wo ich aufhöre, auf meine Emotionen und Bedürfnisse zu hören, wo es mir nicht gelingt, mich und meine Gefühle in Einklang zu bringen mit den Gegebenheiten – wo ich aufhöre mich mitzuteilen, aus Angst vor Konflikten – wo ich fliehe, weil es bequemer ist, als sich auseinanderzusetzen.
Dies gilt es nun also zu lernen – ich muss für mich lernen, wann ich besser mit jemanden reden sollte, bevor ich mich in mich selbst zurückziehe und somit auch gefährde.
Und Gerri – Du hättest nur ein Wort sagen müssen – Du hättest Hilfe gehabt, ich bin mir sicher.
Lieben Gruß
Ziegenbock