Hi Gerri,

junge, junge, Du musst ja Kummer haben! – dachte ich so bei mir, als ich Deinen Eintrag las. Fragte mich dann ein paar Tage, ob Du meinen Eintrag überhaupt verstanden hast – und wenn, was Du um Himmelswillen da gelesen haben willst.
Aber gut – jeder hat mal einen schlechten Tag….
Du bollerst gleich los – ich solle Toleranz zeigen. Ich sehe in keinem meiner Einträge, dass ich irgendwo Intoleranz gezeigt hätte – ich habe Dich darauf hingewiesen, dass Du in diversen Einträgen davon geschrieben hast, dass Du mehr Akzeptanz anderen Spielsüchtigen gegenüber aufbringen wolltest – und habe Dich gebeten, dieses doch auch endlich zu praktizieren.
Auch ich sage hier nur meine Meinung, hüte mich allerdings davor, jemanden vorschreiben zu wollen wie „es“ geht, sondern weise sehr häufig darauf hin, dass jeder seinen eigenen Weg finden muss.
Meine Meinung ist nun mal eine andere – ich möchte nicht in 20 Jahren noch in SHG oder Foren gehen müssen, um spielfrei bleiben zu können. Ich habe mich entschieden, meine Spielfreiheit ohne therapeutische Hilfe und SHG zu gewinnen. Doch ganz ohne Hilfe geht es auch bei mir nicht, so bin ich also in diesem Forum und habe private Austäusche, die mir eben helfen, seit fast 17 Wochen spielfrei zu sein – ich denke, dafür muss ich mich auch nicht rechtfertigen.

Auch gehe ich meine Sucht anders an – ich sage ganz bewusst, ich werde nie wieder spielen, ich werde keinen Rückfall bauen – ich bin jetzt fertig mit dem aktiven Spiel, ich arbeite an meiner Genesung und daran, nie wieder rückfällig zu werden und für immer spielfrei zu bleiben. Ich will mir nicht diese „Hintertür“ eines möglichen Rückfalles offen lassen, weil mich das nur behindern würde auf meinem Weg – ich würde diese Hintertür im Unterbewusstsein immer anstarren und mich nicht lösen können von meiner Sucht, soweit habe ich mich inzwischen kennen gelernt.
Mit dem Besiegen meiner Kokain-Sucht – ich bin seit 10/1999 ohne Rückfall drogenfrei und zwar ohne Therapie und SHG oder ärztlicher Hilfe – habe ich für mich gewisse Dinge entdeckt, wie es laufen muss – oder eben auch nicht gehen darf. Diese Erfahrung nehme ich nun mit in die Verarbeitung meiner Spielsucht – und ich weiss eben, dass ich keine Hintertür haben darf – ich muss einen Abgrund vor mir haben, dann gefährde ich mich auch nicht mehr. Und ich darf auf keinen Fall so „soft“ mit mir umgehen, das schwächt mich nur – die Sucht ist ein Schwein und nutzt Schwächen und Unaufmerksamkeiten aus, das habe ich für mich gelernt auf meinen Wegen – und das gilt eben für mich. Ob es auch für andere Betroffene Gültigkeit hat weiss ich nicht – ich muss aber auch nicht auf Andere schauen – ich muss auf mich schauen.

Deine Reaktion auf meinen Eintrag zeigt mir eigentlich nur, dass Du diesen Rückschritt noch gar nicht verkraftet hast – so einfach ist es nämlich nicht, nach einem Rückfall wieder seinen Weg zu beschreiten – ich weiss das sehr genau und ich sehe die Schwierigkeiten, die Du damit hast ziemlich deutlich. Einerseits hast Du kurz nach dem „Rückfall“ geschrieben – es war gar kein Rückfall in dem Sinne, schließlich sei es nur ein kleiner Betrag gewesen etc…..im Grunde genommen wolltest Du auch nicht neu zählen, es sei alles gut so.
Vielleicht ist es auch so, dass der Rückfall an sich tatsächlich nicht schlimm war – die paar Hunderter kann man sicher gut verkraften. Schlimm für mich ist aber, dass man nach Jahren der Spielfreiheit, dem Besuch der Foren und diverser SHG doch wieder in den alten Sog gezogen wurde – das wäre für mich persönlich die Niederlage schlechthin – und offensichtlich trifft es Dich ja auch, wenn ich Dich an diese Phase Deines Lebens erinnere.
Nun musst Du aber nicht beleidigt sein, wenn ich Dir meine Meinung schreibe – es ist eben meine Sicht der Dinge. Nicht mehr und nicht weniger.
Ich habe Sternchen, Boomer und mich als Beispiele erwähnt, dass man sehr wohl aus unterschiedlichen Motivationen heraus Spielhallen oder Casinos betreten kann, ohne gleich wieder zu spielen. Und Du bist mit Deinem Rückfall eben das Gegenbeispiel gewesen – Du konntest es nicht, diese Halle betreten und spielfrei wieder verlassen. Es sollte kein Vorwurf sein – es ist eine Feststellung und der Hinweis von mir, dass es Dein Problem ist, nicht das anderer Leute.

Ich lasse mir allerdings auch nicht einreden, dass ich ohne Therapie und ohne SHG keine Chance hätte – ich habe alle Chancen dieser Welt, wenn ich meinen Weg so konsequent fortsetze wie bisher. Ob Du dem etwas abgewinnen kannst oder nicht ist für mich nicht entscheidend – aber vielleicht kann mein Weg anderen Betroffenen Hoffnung machen oder Hilfestellung geben, wer weiss das schon?

Ich muss mich hier auch nicht selbst ins rechte Licht setzen – ich habe es nicht vor und auch nicht nötig, mich in diesem Forum zu profilieren. Ich will einfach nur sehen, wie andere mit ihrer Sucht umgehen und schauen, ob da etwas für mich dabei ist, was ich nutzen kann. Außerdem tut es mir gut, mich hin und wieder zu Worte zu melden oder auszutauschen, ich werde eine Menge los und es geht mir gut damit. Und vielleicht hilft es auch jemanden, von anderen Wegen zu lesen. Von daher gibt es nichts, wo ich mir an die eigene Nase fassen müsste.

Eine gute Zeit wünscht
der Ziegenbock