Hallo,
ich will heute erzählen, wie es damals aussah, als ich meine ersten Schritte in die Spielfreiheit machte - welche Überlegungen und Tricks ich anwendete um meine Sucht zu überlisten.
Rein vom praktischen her, war es so, das ich finanzielle Mittel nur in äußerst geringen Umfang mit mir führte. Nur das allein macht nicht trocken . Und das wollte ich auf jeden Fall werden - zuviel stand auf den Spiel - auch meine Beziehung.
Ein wesentlicher Schritt für mich war das negativieren aller Dinge, die mit Glücksspielsucht zu tun hatte. Das gepflegte Ambiente in der Halle war dazu da, mich länger in der Halle zu halten - mehr Geld von mir zu ziehen. Die Freundlichkeit der Aufsicht zwangsmäßig, weil es ihr Job war - der scheinbar kostenlose Kaffee gehörte dazu - mehr Geld von mir zu ziehen. Die neuen seinerzeit so tollen Spielgeräte - geschaffen uns immer tiefer in den Taschen zu gehen. Der dicke Mercedes, den der Hallenbesitzer fuhr - und den ich hätte fahren können, wenn ich nicht bei ihm gezockt hätte - ich hatte ihn mitfinanziert - ja auch sein tolles Haus - und ich finanzierte die Hungerlöhne der Aufsicht mit - die für ein Appel und ein Ei ihren langen Dienst versehen.
Ach - der war ja so nett - der Chef von der Bude - hier und da bestückte er sogar den Automat an den ich gerade stand. Positiv ? Oder nicht letztens ein Trick von ihn mich an einen Automaten zu halten der ohnehin nichts bringen konnte? Und wie soll er ein guter Mensch sein - einer der sein Personal beinahe ausnutzte ? Was war ich ihn dann als Spieler wert ????
Außer mein Geld ...NICHTS.
In meiner noch aktiven Spielzeit erlebte ich häufiger das Spieler aufhören wollten - und nur noch auf ein Kaffe kamen - den sie auch freundlich serviert bekamen - und wie der Betreiber damals oft treffend zu mir sagte - in ein paar Tagen oder Wochen sitzen sie wieder neben dir - denen gefällt es hier - sonst kämen sie nicht - zuviel verzockt - sobald sie wieder Geld haben geht es weiter. Oh, wie er die Spieler kannte...er hatte da sehr oft recht.
Ein Grund für mich nie mehr eine Halle aufzusuchen - auch nicht auf einen Kaffee. Und ich fing an zu rechnen - damals noch in DM - ich will es hier aber in € machen. Ich hatte nie weniger als drei Automaten gespielt.
alle 12 Sek. 20 Cent - macht in der Minute 1 € - bei drei Automaten 3 € in der Stunde 3 mal 60 = 180 €. Wenn die Automaten im Soll geworfen hätten - im Schnitt sollten es ja 60 % sein, hätte ich 108 € zurück bekommen - also "nur" einen Verlust von 72 € pro Stunde - aber halt - ein Harz 4 Empfänger muß davon 7 Tage leben - und ich ?
Ich mußte für die 72 € Netto mächtig was tun - selbst bei einen Stundenlohn von 15 € - mit der hohen Steuerklasse - mehr als ein ganzen Arbeitstag, den ich in einer Stunde verdudelte - aber ich blieb ja länger meißt 5 -6 Stunden in der Halle. Das heißt also -trotz guten Verdienstes - hätte ich nach drei Tagen Zocken meinen Monatsverdienst im Bach geschmießen - und hab es noch nichtmals platschen gehört.Und was erzählte mir kürzlich jemand - heute kann man mit 20fachen Einsatz spielen ? Oh Gott.
All diese Überlegungen halfen mir den Hebel umzulegen - und wenn der Druck kam ,erzählte ich mir das alles - und hörte meine Musik - und trotzdem war es schwer genug.
Das ist mein Selbstschutz - und vielleicht kann der Eine oder Andere nachvollziehen, das ich bei der Glorifizierung von Glücksspielen - gleich welcher Art - nicht normal reagieren kann - und auch nicht will.
Ja - ich hatte es schwer trocken zu werden - und schwer auch zu bleiben.
Vermutlich wie jeder andere auch, der seinen Weg gefunden hat - die Sucht bleibt - wir können sie letztlich beherrschen - aber in den Winkeln unseres Gehirns lauert sie und wartet auf eine Schwäche um uns neu im Besitz zu nehmen. Das lassen wir nicht zu - oder ?
Ich habe das mal erzählt weil viele erzählen das sie abstinent sind, selten wird berichtet, wie man sich selbst "präpariert" um zu wiederstehen.
Ich habe es heute versucht..und könnte noch so manches hinzufügen. Aber ich denke, für heute reichst.
Wünsche ALLEN ihre Motivation, die Spielsucht in den Griff zu bekommen - und zu halten. Und unsere hier im Forum stark geprüften Angehörigen, das auch ihre Partner endlich erkennen...
Lieben Gruss
Gerri