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Thema: Wie entsteht Sucht? Ein Erklärungsversuch.

  1. #1
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    Standard Wie entsteht Sucht? Ein Erklärungsversuch.

    Suchtmittel sind Betäubungsmittel, jeder weiß das. Zeitgenossen mit einem starken Selbstwertgefühl sind für Süchte weniger anfällig als Menschen mit einem schwachen Selbstwert.

    Das Wertgefühl entsteht überwiegend in der Kindheit (das Leben entscheidet sich bereits in den ersten vier Lebensjahren). Ursachen für einen schwachen Eigenwert sind u.a. fehlende Zuneigung, fehlende Liebe, kaum Geborgenheit oder Verlässlichkeit. (Wenig oder gar kein Lob, fehlende Erfolgserlebnisse, keine Entwicklung zur Eigenständigkeit oder Risikobereitschaft, religiös bedingte Ängste, elterliche Aggressionen, harte Strafen, destruktive Kritik usw.)


    Warum hat das geringe Selbstwertgefühl so gravierende Auswirkungen?


    Jeder hat von sich eine „traumhafte" Vorstellung. (Groß, stark, schön und reich.) Jeder ist von sich überzeugt, dass er etwas Besonderes darstellt, quasi „Gottes Ebenbild". (Hollywood lässt grüßen - als Lebenslüge!)

    Doch die Wirklichkeit sieht anders aus. Fast alle Menschen sind leider nur eine Art „Durchschnitt", nur für kurze Zeit glücklich verheiratet und vom Millionenvermögen Lichtjahre entfernt, gerade so als hätten sie die gesellschaftlichen Anforderungen nicht erfüllt. Viele fühlen sich - im Vergleich mit anderen - sogar als Versager (Minderwertigkeitskomplexe).

    (Die äußerst fragwürdigen und verlogenen Maßstäbe, die Yellow-Press, TV und Werbung setzen, sind unerfüllbar. Im Übrigen macht Werbung gierig und unzufrieden. Jeder einzelne kann tagtäglich an sich selbst bemerken, was er nicht ist, was er nicht kann, was er nicht hat und auch niemals besitzen wird. Das ist schon deprimierend.)

    Anmerkung: Schöne Menschen haben mehr Sex, aber sie sind nicht glücklicher oder unglücklicher als andere auch. Reiche Menschen haben keine finanziellen Sorgen, aber ...

    Wer auf diesem komplizierten Planeten Traumwelt und Realität nicht unter einen Hut kriegt, handelt sich schwerwiegende Probleme ein. Und wenn keine Stabilisierung eintritt (durch Ehe, Partnerschaft, Beruf u.a.), kann dieses Missverhältnis sogar „tödlich" enden.


    Ich meine, unser Leben steht und fällt mit einem gesunden Selbstwertgefühl.


    Anders ausgedrückt: Die Sucht ist immer die Suche nach sich selbst, nach dem gesunden Eigenwert. Es ist der (vergebliche) Versuch, das Fehlende (Glück, Zufriedenheit z.B.) durch Drogen oder ähnliches zu ersetzen, auszugleichen.


    Die Sucht blendet (zeitweise) das Negative in unserem Leben aus, die Ursache bleibt allerdings bestehen. Wer also seine Sucht bekämpfen (eindämmen) will , muss sich um sein Selbstwertgefühl kümmern. Erst wenn er seinen Eigenwert positiv korrigiert, besteht die Chance aus dem Teufelskreis herauszukommen.


    Warum rauchen Kinder? Weil es cool ist und damit das Selbstwertgefühl erhöht. Warum trinken Jugendliche Alkohol? Weil Alkohol Hemmungen abbaut, auch gegenüber dem anderen Geschlecht. Die Spielsucht gaukelt ebenfalls Erfolgserlebnisse vor, die so dringend benötigt werden, aber im Alltag nicht vorhanden sind.


    Wie steht's mit dem eigenen Selbstwertgefühl? Ein Schnelltest:

    1) Wer will, schreibe auf ein Blatt Papier alles das, was ihm an seiner Person gefällt.
    2) Dann bitte das Blatt umdrehen und notieren, was einem an der eigenen Person NICHT gefällt.

    Ich kenne Menschen, die von sich selbst nichts Positives zu berichten wissen. Absolut nichts! Aber die sich die Finger wund schreiben, wenn es um ihre (angeblichen) „schlechten" Seiten geht.


    Die „Arbeit" am Selbstwertgefühl?

    A) Wer süchtig ist, gehört in die Therapie.

    B) Im Privaten: Lesen, studieren von entsprechender (populistischer) Literatur. Einüben der entsprechenden Aufgaben. Mutig ausprobieren was geschieht, wenn Verhaltensweisen verändert werden. (Abbau von Schuldgefühlen und Ängsten, Abbau eines eventuellen Helfersyndroms oder der Co-Abhängigkeit u.a.)

    C) Für Fortgeschrittene: Für die Umprogammierung des Gehirns das Autogene Training mit Affirmationen nutzen. Bei Krankheit Aktivierung der Selbstheilungskräfte unter Ausnutzung des Placebo-Effekts. (Letztendlich sogar die Arbeit mit dem „Inneren Kind"). Wahrscheinlich das wirkungsvollste!


    Wie heißt es so schön: Die Arbeit an sich selbst ist die wichtigste und wertvollste Aufgabe überhaupt. Dies kann manchmal Jahre dauern und mehrere Anläufe bedeuten. Aber nur so lassen sich festgefahrene Verhaltensweisen und eingebrannte Strukturen (die meistens völlig unbewusst ablaufen: „Wieso, das bin doch ich? - Wenn ich mich derartig verändern soll, würde ich mich nicht mehr wieder erkennen. - Wo bleibt da die Moral?") zum Positiven verändern. Und nur so besteht die Chance, dass sich der Süchtige aus der Opferrolle lösen kann.

    Herzliche Grüße
    Skarabäus


    PS: Was bedeutet dies für Eltern und Kinder? Ich denke dabei an vorbeugende Maßnahmen und Hilfen.

  2. #2
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    Standard AW: Wie entsteht Sucht? Ein Erklärungsversuch.

    Hallo Scarabäus,
    Mensch Du bist ja richtig beschlagen in der Thematik.
    Hast Du Dir das alles selbst erarbeitet? Oder arbeitest Du in einem sozialen Beruf,nicht schlecht.

    Mir fiel dazu ein: das Sein bestimmt das Bewußtsein.
    Nur Wer sich selbst lieben lernt ,kann auch andere lieben.
    Ich glaube irgendwann lern auch ich mich mit meinen Stärken und Schwächen anzunehmen, immerhin mag ich mich schon wieder und erfahr das auch zunehmend durch andere, geht aber nur ,weil ich nüchtern bin, nicht im Hinblick auf ein gutes Glas Wein, sondern in der Wahrnehmung.
    Grüße
    von
    Chris

  3. #3
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    Standard AW: Wie entsteht Sucht? Ein Erklärungsversuch.

    Hallo Skarabäus,
    ich möchte mich zunächst für deinen aufschlußreichen Eintrag bedanken.
    Er gibt viel zu Denken - aber für mich als Suchtbetroffenen wirft es auch etliche Fragen auf.
    Zunächst ist für mich klar, das es viele Menschen schaffen, trotz widriger Umstände in der Kindheit z.B. ein suchtfreies, stabiles Leben zu führen.
    Auch Yellow Press, Werbung, TV etc., deren Einfluß sich wohl niemand entziehen kann, verleiten diese Menschen nicht in eine Abhängigkeit.
    Also komme ich für mich zu der Wertung, das ICH zu schwach bin/war, mich einen Problemfeld zu stellen. Verfolge ich Gedanken weiter an das negative in meiner Kindheit ,kommt es wohl zwangsläufig insgeheim zu einer Schuldzuweisung an meinen Eltern - an die Umstände, an wem auch immer.
    Aber halt - waren wir uns nicht einig, das es falsch ist von Schuld zu sprechen? Ich bin nicht schuld - mein Partner nicht - also gebe ich die Schuld meinen Eltern ? Der Kindheit?
    Finde ich fragwürdig - vor allem, weil auch Eltern nur Menschen sind mit eigenen Problemfeld.
    Was ist wenn meine eigenen Kinder suchtkrank werden sollten ? Muß ich dann nicht die Schuld in mir suchen ?
    Alle Dinge haben zwei Seiten .
    Mit den Gedanken ob irgendwas oder irgendwer an meiner Sucht Schuld ist, eröffne ich mir jedoch eine große Hintertür.
    ICH KANN JA NICHTS DAFÜR, WENN ICH SPIELE.
    Das darf nicht - diese Hintertür muß geschlossen sein.
    An mich arbeiten, wie du richtig sagst - nach vorne schauen - und ich bin es der zockt - sonst niemand. Ich habe immer zwei Möglichkeiten - Zocken oder nicht.Und ich bin Schuld wenn ich das Geld für den Lebensbedarf meiner Familie verzocke - niemand sonst.
    Wenn ich nicht fähig bin meine Krankheit - Spielsucht - in den Griff zu bekommen, dadurch den Grundbedarf meiner Familie nicht gewährleiste, habe ich wohl die Pflicht mich wirtschaftlich entmündigen zu lassen um Schaden von Menschen abzuwenden, die mich - die ich liebe.
    So sehe ich das.
    Damit ich diesen Schritt für mich nicht gehen muß - ihn auch nicht gehen will, mache ich alles was möglich ist, mein Suchtverhalten einzustellen, wobei ich weiß, das die Sucht in mir weiter besteht - und ich ständig daran arbeiten muß. Natürlich wird dieses "arbeiten" daran im Laufe der Zeit immer leichter.

    Ich denke, wir müssen in uns schauen - versuchen unsere Schwächen zu erkennen - welche Soituationen uns gefährden. In die Zukunft schauen - morgen stärker als heute sein.
    Das wird uns helfen dauerhaft stabil zu sein - nicht die Forschung um Ursachen meiner Unzulänglichkeiten.Danach darf ich suchen, wenn ich genug eigene Stabilität erfahren habe.

    Auch sollte bedacht werden, das nach vorliegender These jeder Kriminelle ja nun auch sagen kann - ich habe eine Fehlentwicklung - sie liegt in meiner Kindheit. Das mag vielleicht stimmen - aber noch bestraft (gott sei dank) unser Gericht die Täter - und nicht die vermeindlichen Ursachen.

    Packen wir uns doch selbst an die Nase - schauen nach vorne - schließen die Hintertür - und suchen das stabile Morgen.Das hilft mir - nicht das erkennen und bedauern dessen, was war.

    Lieben Gruss
    Gerri

  4. #4
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    Standard AW: Wie entsteht Sucht? Ein Erklärungsversuch.

    Nur so ein kurzer Gedanke... bin ja auch sehr neu in diesem Thema.

    Habt Ihr nicht beide Recht (Skarabäus & Gerri) ?

    für mich eigentlich schon!

    Denn sicher gibt es ursprüngliche Faktoren wie Elternhaus oder Pubertät, aber auch die Personen bezogenen, wie z.B. Charakter, Disziplin und Selbstwertgefühl.
    Die Ursachenforschung muss ja nicht zwangsweise in einer Schuldzuweisung enden.
    Für mich z.B. ist es schon wichtig, zu wissen ob meine Erziehung/Kindheit den Weg zur Sucht mitgeebnet hat. Sobald man aber auch die Selbsterkenntnis besitzt, das man süchtig ist und den Willen hat, gegen dieselbe zu kämpfen, so wird man sich mit einer "ich bin halt so, kann ich nichts dafür"- Entschuldigung sicher nicht zufrieden geben.

    Jedoch ist das Wissen der Ursachen auch wiederum sehr wichtig für das Selbstwert-Gefühl und für das Wissen: "ok, die Sucht hat Ursachen, also kann ich auch etwas dagegen tun".

    Wie gesagt, ist alles subjektiv auf meine Person und meine Gedanken bezogen.
    Verallgemeinern möchte ich das hier nicht, dazu kenne ich mich viel zu wenig aus;)
    Sehr gerne lese ich aber eure Posts hierrüber, das eröffnet für mich vor allem neue Perspektiven und Gedankenstützen!

    Schönes zock-freies Wochenende!

  5. #5
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    Standard AW: Wie entsteht Sucht? Ein Erklärungsversuch.

    Hallo Peterg
    ich zweifel nicht an, was Skarabäus erläutert.
    Nur habe ich die Befürchtung das es gerade in der ersten Zeit der Abstinenz nicht vom Vorteil ist ,zu sehr in die Vergangenheit zu gehen.
    Die Zeit kommt bestimmt, wo man es macht.
    Das Augenmerk und die Kraft sollte aber nach meiner Ansicht gerade in der ersten Phase des "nicht mehr Spielen wollens" diesem Ziel dienen.
    Es fordert ja gerade in der ersten Zeit unserer Abstinenz jede Menge Aufmerksamkeit und Kraft von uns.
    Nein - ich finde das ,was Skarabäus sagt gut - aber die praktische Umsetzung in meiner Spielfreiheit hatte seinerzeit alles von mir gefordert.
    Für mich kam die Frage nach dem "Warum bin ich Spielsüchtig" erst nach geraumer Zeit der Glücksspielfreiheit.
    Nur bringt die Frage nach den WARUM mich keinen Schritt von meiner Spielsituation fort. Ich mußte zunächst praktisch handeln - mir das Zocken gehen schwer machen. Wozu für mich auch eine Kontrolle meiner Finanzen durch meine Partnerin gehörte. Eine Kontrolle, der ich mich freiwillig stellte.
    Ebenso rein praktisch die Fragen meiner Partnerin warum ich z.B. auch in der ersten Zeit meiner Spielfreiheit bei Dingen log, wo absolut kein Anlass bestand zu Lügen.
    Das brachte mir eigenes Hinterfragen - auch die, ob ich so weiter machen wollte wie bisher. Es waren für mich die ersten Schritte aus meiner Spielerwelt .
    Das nicht mehr Lügen wollen - die Wahrheit sprechen wollen - mich selbst dazu erziehen mit einer wahrheitsliebenden Partnerin als Kontrollinstanz - das brachte mir letztens Endes eine tatsächliche Veränderung - und meinen Weg aus der Spielsucht - die zwar noch vorhanden ist - aber für mich nur noch sehr selten spürbar.
    Das WARUM - ich meine niemand hätte es besser schildern können als Skarabäus - nur es ist für mich nicht die entscheidende Frage.
    Die lautet mache ich weiter mit mein Spielerleben mit letztlich aller Konsequenz - oder habe ich den festen Willen meinen Weg zu verändern.

    Wenn ich das will, sind zunächst praktische Massnahmen notwendig - und alle Möglichkeiten der Hilfe nutzend, werde ich (auch du) meine Sucht beherrschen - und nicht mehr umgekehrt.
    Davon wollte ich berichten - das es mir mit meiner Art der Suchtbewältigung heute Super geht.
    Ich wünsche mir, das jeder der diese Zeilen liest in einiger Zeit sagen kann, mir geht es Super. Egal, welchen Weg er gegangen ist.
    Mein Weg in die Spielfreiheit begann, als es noch keine spezifizierte Spielertherapien gab.
    Die aktive Mitarbeit in Spielerselbsthilfegruppen war und ist für mich das wichtigste Fundament um meine Spielfreiheit zu bauen - neben der Hilfe, die ich durch meine Partnerin und meinen Kindern bekam.

    Lieben Gruss
    Gerri

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