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Thema: * Gretchenfrage

  1. #1
    Registriert seit
    03.04.2006
    Beiträge
    324

    Standard * Gretchenfrage

    Hallo,
    ich habe in vielen Jahren Therapie- und Gruppenerfahrung in punkto Glücksspieler und deren Angehörige schon einiges gehört und gesehen.
    Es fällt mir mehr und mehr auf, das sich viele Spieler- und Betroffene gar nicht, oder eben nur am Rande mit der Grundlage zur Genesung
    (von Was denn eigentlich?) befassen, nämlich den "eigenen persönliche
    Entschluss zur Abstinenz von der süchtigen destruktiven Verhaltensweise."

    Das heisst sich Selbst ganz alleine für Sich die Frage stellen: "will ich wirklich aufhören und mit was konkret, höre ich auf, kapitulieren"!
    Viele Spieler wie ich, haben (jedenfalls am Anfang) nicht für sich aufgehört, sondernnur um die "Anderen (Partner, Familie, Freunde, Kollegen etc.)"
    und auch die SHG-Freunde zu beruhigen.

    Solange ich "Genesung geheuchelt" habe um "meine Ruhe zu haben",
    solange hatte ich natürlich auch Rückfälle, denn ohne eigene Entscheidung läuft da eben nichts in Punkto dauerhafter Abstinenz.
    Vor kurzem sagte mir eine befreundete Angehörige die von "ihrem Spieler" geschieden ist und weiterhin freundschaftlichen Kontakt hält mit ihm,
    das er sagte: "Du hast mich damals nie gefragt, ob ICH aufhören wollte vom spielen!".
    Er wollte gar nicht, hat ihr aber nicht wiedersprochen,
    weil er zu feige war es ihr zu sagen (um sie weiter auszunutzen
    für seine Sucht) und er sie nicht "Entäuschen" wollte!!!!!!

    Ich selbst habe einige Spieler erlebt die diese Frage für sich entschieden haben und trotz grösster Probleme weiter spielen wollten.
    - Einer davon verlor seine Bewährung und musste 18 Monate absitzen
    - Ein anderer (er war ein hoher Beamter) verlor seinen Status und wurde entlassen ohne Pensionsanspruch


    In der Gruppe habe ich gelernt, Respekt vor der Selbstzerstörung
    der anderen zu haben und machtlos zu sein.
    Hoffnung- ohne begründete Tatsachen (Fakten), ist einfach nur Traumtänzerei.

    Ohne Glauben (an die eigenen Kräfte) gibt es wohl keine Hoffnung auf Genesung


    * Gretchenfrage siehe auch: http://de.wikipedia.org/wiki/Gretchenfrage

    __________________
    gute 24 Stunden

    Claus

  2. #2
    Registriert seit
    04.03.2007
    Beiträge
    344

    Standard AW: * Gretchenfrage

    Lieber Claus,

    habe lange über Deine Zeilen zur Gretchenfrage nachgedacht, zunächst mal ausschließlich im Bezug auf mich selbst.

    Hier kann ich mit Fug und Recht behaupten, dass mir sehr wohl bewußt war, dass eine Änderung meiner süchtigen Verhaltensweise gleichzeitig eine Änderung meiner gesamten Lebensweise beinhaltet. Genau das ist dann ja auch eingetreten! Allerdings hatte ich mein Leben wesentlich schwieriger und schmerzvoller gesehen im Hinblick auf Beziehung, Umfeld ect., ich hatte fest damit gerechnet meinen Mann und meine Tochter zu verlieren - genau das Gegenteil ist eingetreten - und ich mußte lernen, dass ich keine Schuldgefühle haben muss!

    Bis auf das Verhalten meiner Eltern und Geschwister (das aber - wie ich jetzt weiß - auf ganz anderen Konflikten basiert - und das wohl im Hinblick auf mich vorprogrammiert war) habe ich nur Positives erfahren von meinem gesamten Umfeld. Positives, einschließlich liebevoller Unterstützung, Zuwendung und konkreten Hilfsangeboten. Immer noch stelle ich für mich Veränderungen an mir selbst fest, die auch von meinem Umfeld positiv aufgenommen werden:

    ich bin nicht mehr so nervös,
    ich bin aufgeschlossener,
    ich suche Kontakte,
    ich bin konzentrierter,
    ich bin aber auch nicht mehr so belastbar (früher konnte ich 5 Dinge gleichzeitig erledigen - heute habe ich bei zweien schon manches Mal leichte Probleme), das macht aber nichts, brauche halt einfach nur ein wenig mehr Zeit!
    ich bin ruhig,
    besonnen (meistens)
    ich lebe,
    es geht mir gut!!!!!!!!!!!
    ich kann plötzlich sogar mal an "Nichts" denken

    Ich möchte das nie wieder missen.

    Im Bezug auf "andere" ist mir aber auch aufgefallen, dass es viele Menschen gibt, die einfach nur kapituliert haben - zwar auch für sich, vielfach aber auch für andere -aus unterschliedlichsten Gründen, auf die ich gar nicht näher eingehen will. Es ist mir aufgefallen, dass für viele Menschen, die ihr süchtiges Verhalten ablegen, der Weg in den Ursprung der Sucht einfach zu angst- und schmerzvoll und somit nicht zu ertragen ist. Das kann ich gut nachvollziehen, habe nicht umsonst so lange gebraucht, um mich mir zu stellen.

    Und aus dieser Kapitulation heraus beginnt dann meines Erachtens auch der Kampf. Der Kampf gegen den Suchtteufel, gleichzusetzen mit dem Kampf gegen sich selbst!

    Lieben Gruß

    Marlies

    Marlies

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