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Thema: Emotionale Verarbeitung von Rückfällen

Hybrid-Darstellung

  1. #1
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    Standard Emotionale Verarbeitung von Rückfällen

    Hallo Gerri,

    ich möchte wie schon angekündigt hier auf Deinen letzten Beitrag im "Tabuthema" eingehen:

    zunächst möchte ich Dich ein wenig kritisieren. Du schreibst "ein Rückfall muss nicht gleichbedeutend sein mit dem Umschlagen des ganzen Lebens."

    Nun, wenn ich weiterlese und richtig gelesen habe, dann ist genau das bei Dir gerade passiert. Dein Leben scheint sich sehr verändert zu haben. Das gute dabei: Du kämpfst mit all' Deinen Sinnen! Sehe ich das falsch?

    Sucht zerstört Vertrauen. Das ist Fakt. Und gestörtes Vertrauen oder Mißtrauen zerstört auf Dauer Lebensgemeinschaft, Partnerschaft, Beziehungen jeglicher Art. Im allerschlimmsten Fall wird aus Liebe Hass. Ich habe mittlerweile viele Menschen kennengelernt, die dies' erlebt haben oder aktuell erleben.

    Immer wieder Verletzungen - durch Vertrauensmißbrauch, durch Mißtrauen - ein Teufelskreis.

    Wenn sich dann der meistens mitbetroffene Partner ausklingt aus dem gemeinsamen Leben, dann ist das oberflächlich gesehen zunächst nachvollziehbar. Die Beweggründe sind vielschichtig und individuell. Deshalb möchte ich nur auf die beiden wichtigsten eingehen:

    1. Die Partnerschaft zerbricht. Die Liebe war zu einseitig, nicht groß genug - was auch immer. Ziemlich lapidar aber fast alltäglich.

    2. Die Partnerschaft zerbricht oder wird vorübergehend stillgelegt, weil ein Partner nicht mehr mit der Belastung leben kann. Meistens ist dies der - wie Du so schön ausdrücktest - mitbetroffene Partner. Hier denke ich, so schlimm es sich auch anhört, dieser Mitbetroffene hat selbst ein großes Problem. Er hat nämlich geglaubt, dass alles wieder im Lot ist. Gleichzeitig war er aber voller Mißtrauen und übte ständig Kontrollfunktionen aus. Das nennt man Co-Abhängig. Und Co-Abhängigkeit ist eine eigenständige Krankheit, die ebenfalls behandelt werden muss. Die Behandlung bleibt aber meist aus. Und oftmals ist die Krankheit auch versteckt und wird vom trockenen Süchtigen gar nicht wahrgenommen, weil er ja sich selbst als Auslöser mit allen Schuldgefühlen für diese Verhaltensweisen sieht.

    Und plötzlich ist der Süchtige der Verletzte mit frischen Wunden in der Seele und vielen aufgerissenen Vernarbungen.

    Marlies

    Verzeih' mir bitte meine zum Teil schulmeisterischen Ausführungen.

  2. #2
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    Standard AW: Emotionale Verarbeitung von Rückfällen

    Lieber Karl,

    Du hast zwar direkt an Rudi geschrieben, aber ich hoffe, dass Du mir nicht übel nimmst, wenn ich meinen Senf auch dazugebe?!

    Es tut mir unendlich leid, wenn ich lese, wie sehr Dein Selbstvertrauen erschüttert ist. Und von Selbstwertgefühl, dass ich persönlich noch viel schwerwiegender einschätze, kann ich überhaupt nichts entdecken. Und dann das Mißtrauen, welches Du Dir selbst entgegenbringst. Puh, ich hatte eigentlich ganz gut gelernt, mich abzugrenzen. Bei Deinem Beitrag fällt mir das sehr schwer. Am liebsten würde ich Dich in den Arm nehmen und heftig schütteln. Und dann möchte ich Dich an die Hand nehmen und zum nächsten Arzt schleppen und auf Depressionen untersuchen und behandeln lassen.

    "Vermutlich habe ich den Rückfall einfach nicht als Möglichkeit bei mir eingeplant."

    Ich kann mich gut an mich erinnern. Auch ich hatte die Rückfallmöglichkeit nicht eingeplant, bis ich hier von so unendlich vielen Rückfällen las. Das hat mich zuerst sehr verunsichert. Jetzt ist es so, dass ich mir der Möglichkeit bewußt bin und alles dafür tue, dass sie nicht eintritt.

    Bei Dir ist das "Kind in den Brunnen gefallen" . Aber das rechtfertigt doch nicht die Aussage, dass Du es nicht für den Rest Deines Lebens schaffen kannst, so Du es denn willst. Und wofür? Für Dich, lieber Karl. Nur für Dich. Du bist es wert. Du bist ein Mensch. Ein Mensch, liebens- und lebenswert, mit Fehlern und Schwächen, wie sie nun mal alle Menschen haben, irgendwo und irgendwann im Leben. Dafür lohnt es sich. Das ist das Ziel.

    Alles alles Liebe
    Marlies

  3. #3
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    Standard AW: Emotionale Verarbeitung von Rückfällen

    Hallo Marlies,

    danke für Deine Worte, tat richtig gut, ja Du hast recht, eigentlich müsste ich etwas gegen meine Depressionen tun, behindert mich auch gewaltig bei meiner täglichen Arbeit, bin aber von Haus aus kein Mensch, der sofort zum Doc läuft, hoffe immer auf die Selbstheilung, suche nur im Moment nach einem Kick, dass ich wieder in die Spur komme, ich fühle mich wie Peter Pan in dem Film Hook, der einen wunderbaren Gedanken brauchte um wieder fliegen zu können.

    Aber es ist schon schön, wenn man weiß, das noch jemand an einen glaubt.

    Und vielleicht kommt der wunderbare Gedanke ja noch.

    lieben Gruß

    K@rl

  4. #4
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    Standard AW: Emotionale Verarbeitung von Rückfällen

    Hallo Mikesch, hallo Karl,
    wenn im Moment Antworten von mir recht zögerlich kommen, liegt es nicht daran, das ich ignoriere, sondern es hat einen sehr praktischen Hintergrund.
    Ich finde was du geschrieben hast nicht schulmeisterlich Marlies - man kann es nicht besser ausdrücken.
    Auch habe ich bemerkt, das ich in Monis Thread abgerutscht bin - daraus was neues zu machen im Begriff war. Deswegen auch mein Stillschweigen auf Karls Eintrag , dem es zum Zeitpunkt recht ähnlich geht wie mir.
    Marlies - mein Leben verformt sich in einer Weise, die ich nicht für möglich gehalten habe.
    Könnte Zocken ohne Unterlass - so platt bin ich.
    Tue es nicht - denn ich muß mir selbst beweisen, das ich mir SELBST wert bin - auch in für mich extremen Situationen -mein Leben zu leben. Denn nur wenn ich lebe, werde ich von anderen auch angenommen.
    Spielen ist ein Rückzug aus dem Leben. Diesen Rückzug will ich nicht mehr.

    Du hast recht - brauche alle meine Sinne dazu - und jede Hilfe die ich bekommen kann.

    Finde dein Thema hier hervorragend - denn Rückfälle - vielleicht insbesondere nach längerer Abstinenz, senken das Selbstwertgefühl enorm.
    Bis hin zu der Frage - hab ich eigentlich noch Lebensberechtigung?
    Wenn sich Menschen umdrehen - weg von dir - wenn sie Abstand brauchen - und du stehst fast ohnmächtig daneben und mußt es geschehen lassen.

    Nicht Hass empfinde ich - nur unendliche Trauer - sicher auch eine Spur Selbstmitleid - denn habe mich stets bemüht meine Sucht in den Griff zu halten. Fühle mich im Stich gelassen - doch das ist nur mein Gefühl - sicher fühlen sich auch Menschen von mir in Stich gelassen.

    Co-Abhängig - du beschreibst eine Situation die ich zu genüge kenne - die ich akzeptiert habe, weil ich ja die "Schuld" trage.
    Nur wohl habe ich mich dabei in den letzten Jahren nicht mehr gefühlt - bin suchtkrank - schwer zu ertragen.

    Aber nicht nur Suchtkranke haben Mängel ..den vollkommenen Mensch den gibt es nicht - auch nicht in Form eines Angehörigen oder Suchtbegleiters.

    Lieben Gruss
    Rudi

  5. #5
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    Standard AW: Emotionale Verarbeitung von Rückfällen

    Hallo Gerri, hallo Karl,

    nun sind schon wieder einige Tage wie im Fluge vergangen und ich hoffe doch, dass Ihr beide wieder ein wenig mehr Mut und Gelassenheit" "tanken" konntet.

    Ich möchte noch ein wenig mehr auf das Thema Schuldgefühle eingehen. Schuldgefühle, die auch ich lange Zeit hatte und manchmal auch noch habe, nämlich dann, wenn ich merke, dass ich mit mir selbst nicht pfleglich umgehe.

    Mit pfleglich umgehen meine ich auch den liebevollen Umgang mit mir selbst. Nicht nur in Form von Belohnungen (also etwas tun, was mir Spaß macht, ein neues Buch,ein nettes Essen oder einen Friseurbesuch z. B.) sondern auch mit den Gedanken über mich, meiner Akzeptanz meines Ichs.

    Lange Zeit mochte ich nicht in den Spiegel sehen. Im letzten Jahr habe ich gelernt, wieder hineinzusehen. Aber ein Spiegelbild war nicht da. Ganz langsam baut es sich jetzt wieder auf. Manchmal gewährt es mir einen kurzen Blick auf mich. Oftmals ist er wieder weg oder nur verschwommen. Es fehlt also noch viel. Aber ich lasse nicht nach in meinem Bestreben, mich irgendwann wieder so zu sehen, wie ich bin. Mich überhaupt erstmal kennenzulernen. Es fehlt noch soooooooooooooo viiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiel. Ich muss es nicht heute, auch nicht morgen. Aber vielleicht übermorgen oder vielleicht auch erst im nächsten Jahr. Wichtig ist doch das erkennen, woran es fehlt, dass etwas fehlt und daran zu arbeiten.

    Der wichtigste Schritt dabei war die Basis zu legen für meine Freiheit von der Sucht. Wie ich jeden Tag von neuem feststelle, ist diese Basis vorhanden. Und ich lerne aushalten - mich aushalten! Manchmal fällt es mir noch schwer -das macht nichts, weil ich lerne noch.

    Und auch ich habe Menschen verloren. Menschen, die mir mein Leben lang sehr nahestanden, die mich begleiteten. Es war und ist immer noch sehr schmerzhaft, ohne sie leben zu müssen. Obwohl ich erkannt habe, dass sie mir nicht gutgetan haben. Ich war ihr Alibi für Ihre Lebensweise. Trotzdem sind es Menschen, die ich von Herzen liebte und wohl auch weiterhin liebe. Nur sie wollen meine Liebe nicht mehr und damit muss ich leben.

    Und es lebt sich damit. Nach anfänglichem und immer mal wieder auftauchendem Schmerz lebt es sich gut. Es gibt nämlich einen neuen Menschen = mich! Mich, die ich mich immer vernachlässigte in meinen Gedanken, die nichts wert war mit ihrer Sucht und die alle Schuld der Welt auf sich lud, damit sie sich nicht beachten musste.

    Endlich kann ich mit mir leben!!

    Marlies

  6. #6
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    Standard AW: Emotionale Verarbeitung von Rückfällen

    Hallo Gerri, hallo Karl,

    ich hoffe doch, dass es Euch beiden gut geht.

    Ihr habt sehr resigniert geklungen in Euren letzten Beiträgen. Da wollte ich doch einfach mal nachfragen, was ich hiermit ja auch tue.

    Bis die Tage vielleicht

    Marlies

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