Hallo Rudi,
irgendetwas stört mich beim Lesen deines Beitrags... besser gesagt etwas fällt mir auf, das nicht zusammenpasst.
Beim dritten lesen stolperte ich dann und entdeckte die zwei Sätze, die mich so wundern.
"Ich werde mit Sicherheit einen Rückfall niemals mehr verleugnen,..."
Ist ein Statement, das ich durchaus so hinnehmen kann. Aber schon im nächsten Satz lese ich:
"...aber keine Garantien geben kann..das ist mein Leben ."
Das passt doch irgendwie nicht zusammen. Also ich denke mir dabei, dass ich den ersten Satz dann nicht mehr als sichere Aussage werten kann, sondern auf einmal gar nicht mehr weiß, was du denn nun wirklich mit Sicherheit sagen kannst...
Noch ein Satz vo dir: "Niemals mache ich ein Versprechen, das lauten würde, ich Spiele nie mehr."
Das kann ich verstehen, als Spieler. Ich habe mich in meiner aktiven Zockerzeit zu oft und zu lange immer wieder selbst belogen und enttäuscht und irgendwann alles Vertrauen in mich selbst verlohren. Da bin ich gebranntes Kind und traue mir selbst nicht mehr über den Weg. Aber wenn man sich entschieden hat etwas gegen seine Sucht zu tun, wenn man anfängt an sich zu arbeiten und ganz zaghaft dann auch wieder erhlich zu sich selbst werden kann, dann kann man sich doch zumindest vornehmen nicht mehr zu spielen... Nach einer ganzen Weile Abstinenz, konnte ich mir aus dem "Ich darf nicht mehr spielen" irgendwann den Wunsch entwickeln "Ich will nicht mehr spielen, nie mehr spielen".
Eine Garantie, das das auch gelingt, gibt es nicht, aber ich kann mich doch selbst besser beobachten und mir ab und an die Frage stellen, habe ich es bisher geschafft mich an das zu halten, was ich mir vorgenommen habe? Ich werde daraus niemals eine Garantie ableiten können, das mir das auch morgen gelingen wird... Aber jeder Tag, an dem ich mir selbst bewiesen habe, das ich geschafft habe, was ich mir vorgenommen habe, gibt mir Kraft, motiviert mich diesen Weg weiter zu gehen... Ich habe eine Richtung in die ich will, weg vom Spielen... und das brauche ich, eine Richtung in die ich will. Ich und nicht die Vorgaben des Teufelskreises Sucht, ich der ich nicht wirklich eine Richtung gehen konnte, die ich mir gewünscht hätte.
Ich für mich brauche meine feste Richtschnur im Leben, nur dann kann ich mich orrientieren, wenn es mal nebelig, unsicher und unklar wird. Dann kann ich mich auf diesen Punkt zurückziehen "Ich will nie wieder spielen" und wenn ich mir das dann klar und deutlich vor Augen halte, dann kann mich selbst fragen, dieser Weg, oder jener Weg, welcher erscheint mir besser geeignet? Wenn ich weiß wo ich hin will, kann ich mir erst meinen Weg suchen.
Ich glaube man muss nicht nur sich selbst gegenüber, sondern auch seinen Angehörigen irgendwann mal klar Position beziehen. Ihnen sagen wo man steht und wohin mal will. Nur dann können sie einem auch helfen seinen Weg zu finden oder beizubehalten. Ja ein krasser Widerspruch zu dem was wir als Zocker getan haben, wir wollten uns niemals in die Karten schauen lassen, immer schön unverbindlich und immer schön unauffällig... immer noch ein oder zwei Hintertürchen offen, von denen niemand etwas wissen durfte....
Heute liebe ich es klare Ansagen zu machen. Meine Angehörigen oder Freunde sollen mich verstehen können, nur dann können sie mir auch mal helfen, mich hinterfragen, sollte ich vom Weg abkommen. Also streue ich ihnen auch keinen Sand in die Augen. Mir hilft es meinen Weg etwas sicherer gehen zu können. Ich lasse mir selbst keinen Raum, mich selbst zu betrügen, das hatte ich lange genug, das will ich nicht mehr, nie mehr...
Selbstbetrug ist für mich ein wichtiger Bestandteil meiner Spielsucht, ich finde mich nicht damit ab, ich will es nicht mehr, ich tue etwas dagegen, das es möglichst nie mehr passiert... ich versuche für mich Strategien zu entwickeln, mich zu erkennen und zu entwickeln... ich finde mich nicht damit ab. Ich akzeptiere, aber ich will nie mehr zurück. Ich will mein Leben wieder selbstbestimmt führen können, das klappt auch ganz gut. Vielleicht weil ich mich irgendwann nicht mehr mit meiner Sucht abgefunden habe, sondern weil ich sie akzetpiert habe um dann sehen zu können: es bringt mich um. Das darf nicht passieren... dann muss ich etwas unternehmen, ich habe doch noch Wünsche und Ziele in meinem Leben. Irgendwann will ich mich auch wieder wohl fühlen können in meiner Haut...
Ich freue mich jedes mal, wenn ich das auch bei anderen heraushöre, wenn sie sich nicht mit ihrem Schicksal abfinden, sondern ihren Arsch hochkriegen und anfangen erste Schritte zu gehen...
Spielsucht ist schlimm, ja lebensbedrohend, aber sie ist nicht wie eine unheilbare Krankheit... man geht nur daran zu Grunde, wenn man sich hängen lässt, sich in sein Schiksal ergibt und nichts dagegen unternimmt. Spielsucht ist terapierbar, nicht nur auf eine Weise, sondern es gibt viele unterschiedliche Ansätze. Sie wird uns Spieler zwar ein Leben lang begleiten, wir kriegen sie nie im Leben aus dem Leib, aber wir können einen Weg finden mit ihr wieder ein lebenswertes und glückliches Leben zu führen. Spielsucht zwar "unheilbar", sie ist aber durchbrechbar, man kann ihren totbringenden Verlauf zum Stoppen bringen und mit ihr leben, ihrer Kraft eine andere Kraft entgegensetzen... Ihr jeden Nährboden entziehen und irgendwann auch wieder ein ganz glückliches Leben führen... Ich weiß, das ich sie auch heute noch irgendwo tief in mir drin mitschleppe, manchmal spüre ich sie lange Zeit nicht, das ich mir ab und an einfach bewusst in Erinnerung rufen muss, wie es damals war, als sie mein Leben regiert hat. Und wenn ich in anderen Verhaltensmuster erkenne, die mich selbst an diese Zeit meines Lebens erinnern, ist es oft so deutlich, als wäre es erst gestern... Dann weiß ich das das kleine Mistding noch da ist, aber ich weiß inzwischen auch ganz gut was mir mein heutiges Leben wert ist. Sie macht mich vorsichtig, aber sie macht mir heute keine Angst mehr...
Ziggy