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Thema: Was mache ich als Angehöriger falsch?

  1. #1
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    1

    Standard Was mache ich als Angehöriger falsch?

    Ich bin Vater eines Spielsüchtigen Sohnes ( 22 Jahre ). Unser Sohn ist bereits mit 17 Jahren mit großem Krach ausgezogen. Er hat mit dem Tag seines 18. Geburtstags angefangen im Casino zu spielen, was wir zu dem Zeitpunkt nicht wußten. Das Ganze hat sehr schnell dazu geführt, daß er die Schule geschmissen hat. Er kam dann aber mit seinem Leben nicht zurecht und kam wieder bei uns an. Da ich zu der Zeit eine kleine Wohnung leestehend hatte, ist er dort eingezogen, mit dem Versprechen, wieder zur Schule zu gehen, um das Abitur zu machen. Wir haben dies mit Schule auch abgesprochen und es funktionierte Anfangs auch gut. Nach einiger Zeit hat er sich in psychatrische Behandlung begeben, ohne daß eine Spielsucht diagnostiziert wurde, vielmehr wurden ihm Psychopharmaka verabreicht. Die Folge war, daß er einen Suzidversuch unternommen hat. Er wurde zwangseingeliefert mit einer Unterbringung in einer geschlossenen Abteilung. Nach 6 Wochen erfolgte die Entlassung und er ging wieder zur Schule, leider nur kurze Zeit. Dann hat er die Schule entgültig abgebrochen. Wir konnten zumindest erreichen, daß er die Fachhochschulreife bekam. Danach bemühte er sich um einen Ausbildungsplatz, allerdings 500 km von uns entfernt. Das war eine Supersache, da es genau das war, was er wegen seiner persönlichen Interessen suchte. Leider hat er nie mit dem Spielen aufgehört, was wir zu dem Zeitpunkt nicht wußten oder vielleicht war haben wollten. Auch während der Ausbildung hat er gespielt, obwohl ihm in der Firma sehr viel Vertrauen entgegengebracht wurde. Er konnte selbständig Aufkäufe im 5 stelligen Bereich machen. Nach 10 Monaten hat er die Ausbildung abgebrochen un sich über Nacht in einer psychatrischen Klinik einweisen lassen. Dort wurde seine Spielsucht erstmalig ( vor 1 1/2 Jahren ) offiziell diagnostiziert. Nach einem 7 wöchigen Klinikaufenthalt wurde eine Therapie in einer Fachklinik beantragt und genehmigt. Er hat diese auch absolviert und ist danach wieder bei uns eingezogen. Er hat sich danach auch in eine ambulante Therapie begeben und hat teilweise an einer Selbsthilfegruppe teilgenommen. Gleichzeitig hat er sich einen Job gesucht und viel Geld verdient. Daneben hat er intensiv im Internet gehandelt ( nicht gespielt, sondern Ebay) und so relativ schnell auch wieder viel Geld zur Verfügung gehabt. Die Therapie hat er dann abgebrochen und ging immer weniger zu Selbsthilfe. Wir haben ihn dann überredet ein Studium aufzunehmen und sich eine Wohnung zu suchen. Das ist auch geschehen. Zwischenzeitlich hat er auch wieder angefangen zu spielen. Mittlerweile besucht er auch Spielhallen, während es vor der Therapie nur Casinos und Online Poker waren. Das Studium hat er nun nach 2 Monaten geschmissen. Wir haben ihm unmissverständlich erklärt, daß er von uns keine finanzielle Unterstützung mehr erhalten würde. Obwohl er vorgeschlagen hatte, daß wir sein Geld verwalten und ihm in kleinsten Tranchen zuteilen sollten, hat es nicht funktioniert. Er hat alles was er noch besaß, versetzt . Jetzt will er von Hartz IV leben. Wir haben ihn entgültig herausgeschmissen.
    Das Schlimme für Eltern ist, daß man immer zweifelt, obwohl es bei Süchtigen nur eine Hlife gibt und das ist die Nichthilfe. Aber was soll man machen , wenn er eines Tages wieder vor der Tür steht? Oder wenn ein Hilferuf kommt? Für uns ist dies zu einer riesigen Belastung geworden. Wir bemühen uns immer mehr, wieder ein Leben ohne ihn zu führen. Erschwerend kommt noch dazu, daß die umwelt es nicht versteht. Spielsucht kann sich kaum jemand vorstellen. Wir wissen , daß wir viel falsch gemacht haben und hätten schon früher konsequent sein müssen. Ich habe dises Forum gewählt, weil man vielleicht mal etwas von " Leidensgenossen " hört.

  2. #2
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    61

    Standard AW: Was mache ich als Angehöriger falsch?

    Hallo Pethansi,

    ich bin Joachim, süchtiger Spieler und seit einigen Monaten spielfrei.
    Ich habe einen kleinen Sohn und kann Dir nur aus Sicht eines Spielsüchtigen antworten.
    Auch ich habe vor Jahren meine Mutter betrogen, belogen und immer wieder enttäuscht. Heute habe ich ein gutes und aufgearbeitetes Verhältnis zu Ihr.

    Ich möchte Dir raten, Dich über Spielsucht zu informieren. Deine Ansätze zeigen, das Du das teilweise getan hast. Spielsucht ist eine Krankheit für das ganze Leben und kann nur trocken gelegt werden, aber nicht von Außenstehenden, auch keinen Eltern, sondern nur dem Kranken selber.

    Informationen, die Du Dir, beispielsweise auch von anderen Angehörigen in Selbshilfegruppen, holst, können dazu führen, das Du Deine Schuldgefühle relativieren kannst und in Zukunft richtig handelst (keine finanzielle Hilfe, Konsequentes Handeln Deinem Sohn gegenüber)
    Ein offenes Ohr für Deinen Sohn zu behalten, ist absolut in Ordnung. Ich denke das Du aus allen seinen Geschichten sehr gut erspüren kannst, ob er Verantwortung für sich übernommen hat oder weiterhin Geschichten erzählst.

    Jeder in Deiner Situation möchte helfen. Heute weiss ich, das für die Angehörigen am schwierigsten zu begreifen ist, das es keine Hilfe außer der Nichthilfe gibt. Ich benötigte einen persönlichen Tiefpunkt, um die Verantwortung für mein Leben schrittweise wieder aufzunehmen. Ohne anderen vorzugreifen, höre auch ich in meiner Selbsthilfegruppe, das die meisten Spieler, die heute spielfrei leben, diesen Tiefpunkt benötigten, um Ihr Leben zu ändern. Vielleicht ist Dein Sohn noch nicht so weit, er ist noch sehr jung und musste evtl. die Folgen seines Handelns nicht unbedingt verantworten.

    Ich wünsche Dir vor allem, das Du Dich um Dich und Deine Familienangehörigen kümmerst, denn das hast Du in der Hand.
    Versuche, mit offenen Augen aber konsequentem Handeln Dein Leben wieder lebenswert zu gestalten.

    Viele Grüsse,
    Joachim

  3. #3
    Registriert seit
    04.03.2007
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    344

    Standard AW: Was mache ich als Angehöriger falsch?

    Hallo Pethansi,

    ich bin Spielerin, lebe seit gut 3 Jahren abstinent. Auch ich kann Dir nur
    meine Sicht der Dinge darlegen und muss Joa zustimmen, dass jeder Süchtige seinen ganz persönlichen Tiefpunkt braucht.

    Eltern oder überhaupt Angehörige können nur insofern eingreifen, dass sie Druck ausüben, damit dieser Tiefpunkt evtl. schneller erreicht wird. Das ist und bleibt aber eine gefährliche Sache, weil wie Du sicherlich auch weißt, sich viele Süchtige mit Erleben genau dieses Tiefpunkts unwiderruflich aufgeben statt sich endlich Hilfe zu suchen. Wie nahe beides beieinandersteht, habe ich am eigenen Leibe erfahren und 2 Tage gebraucht um mir darüber klarzuwerden, ob ich mein Leben in die Hand nehme oder entgültig wegschmeissen will.

    Was ich wichtig finde ist das Signal zu setzen, dass immer ein offenes Ohr vorhanden ist, dieses aber wirklich die einzige liebevolle Unterstützung ist und bleibt. Es ist sehr schwer, sowas konsequent umzusetzen - aber es ist die einzig richtige Hilfe, die Ihr als Eltern geben könnt.

    Sucht Euch Hilfe in einer SHG für Angehörige. Auch die Suchthilfe hat für Eltern immer ein offenes Ohr und wertvolle Tips. Und in den Suchthilfeforen gibt es immer wieder Antworten auf die auftauchenden Fragen, Hilfe und Unterstützung zumindest in schriftlicher Form.

    Mikesch

    P.S. gerade Ebay kann sehr schnell wie ein "Drogenersatz" wirken.

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