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Thema: Wird Zeit, dass ich mich auch mal vorstelle...

Hybrid-Darstellung

  1. #1
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    Standard Wird Zeit, dass ich mich auch mal vorstelle...

    Hallo an alle,

    ein paar von euch kennen mich bereits recht gut - dem Rest will jetzt endlich auch die Möglichkeit geben :)

    Ich bin 28 Jahre alt und habe zwei wundervolle kleine Kinder, 1 Jahr und 3 Jahre alt. Meinn Ehemann hat vor 5 Monaten aufgehört zu spielen.

    Der Aufprall vor 5 Monaten war sehr heftig für mich. Ich wußte zwar, dass er vor 1,5 Jahren mal Geld verloren hatte, die Spielsucht dahinter habe ich sehr lange nicht erkannt. Mein Leben lag in Trümmern und ich war mehr als verzweiflt als mir das Ausmaß der Lügen und Ernsthaftigkeit der Lage bewußt wurde.
    Wichtig ist, dass er sich selbst Hilfe geholt hat und dass ich für mich wieder aus diesem tiefen Loch herausgefunden habe, mir selbst therapeutische Hilfe geholt, und nie die Hoffnung aufgegeben habe.

    Unsere Familie hat überlebt, unsere Ehe hat überlebt. Es geht uns besser als in den Jahren zuvor, jetzt da endlich diese inneren Mauern weggebrochen sind und wieder Ehrlichkeit da ist. Der Umgang miteinander hat sich sehr gewandelt und ich lerne erst jetzt richtig kennen, dass auch mein Mann über sich und seine Gefühle spricht und im Gegenzug ein offenes Ohr
    für mich und meine Sorgen und Gedanken hat.

    So schlimm wie uns die Sucht auch erwischt haben mag, inzwischen sehe ich diese Kriese ebenso als Chance und Neuanfang in unserem Leben.
    5 Monate sind zwar noch keine lange Zeit, gemessen an anderen, aber es ist ein Anfang, an den ich vor 5 Monaten beinahe nicht mehr geglaubt hätte.

    Wir arbeiten weiter an uns damit aus den 5 Monaten viele Jahre werden und haben gelernt, dass nichts selbstverständlich ist.

    LG
    Thora

  2. #2
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    Standard AW: Wird Zeit, dass ich mich auch mal vorstelle...

    Hallo Thora,

    wie schön, dass du jetzt an so einem Punkt bist. Ich bin im Moment eher in der Situation wie du vor 5 Monaten.

    Ich habe hier an anderer Stelle schonmal grob meine Situation geschildert.
    Mein Mann ist schon viele viele Jahre spielsüchtig, er hat in der Vergangenheit auch einiges gegen die Sucht unternommen, also eine lange Reha-Maßnahme gemacht, Spielergruppen und eine Selbsthilfegruppe besucht, und er war auch längere Zeit in einer psychiatrischen Klinik wegen Depressionen. Desweiteren gab es vor ca. 3 Jahren direkt nach der Reha eine Außenbeziehung und Trennung von mir, welches ca. einen Sommer lang dauerte und welches auch zum Verlusst seiner langjährigen Arbeitsstelle geführt hatte.

    Er ist dann zurückgekommen und wir haben beide versucht uns wieder anzunähern, auch mit Hilfe von den Gruppen und in diese Zeit fiel auch der Psychiatrieaufenthalt. Die Depression wurde dort gut behandelt, mittlerweile nimmt er keine Medikamente mehr und hat eine neue befristete Arbeitsstelle, wo er sich auch wohl fühlt.

    Ich mache jetzt eine Therapie wegen Co-Abhängigkeit und Anpassungsstörungen und auch um an meinen Problemen, die zunächst nichts mit ihm und seiner Sucht zu tun haben, zu arbeiten.
    Desweiteren war ich ein paar Mal (teils mit ihm zusammen, teils allein) bei den anonymen Spielern. Ich war auch erstmals in einer gemischten Angehörigengruppe für Alkoholiker und Spieler. Leider gibt es in meinen Umfeld keine reine Spielerangehörigengruppe.

    Diese Gruppen zu besuchen ist leider nicht so leicht mit meinen Arbeitszeiten zu vereinbaren, aber es wurde mir versichert, dass es kein Problem sei, wenn ich später dazustoße. Besser als nichts.

    Nun ist der Punkt erreicht, dass mein Mann Geld von mir haben wollte (welches er mir vorher zwecks Schuldenabtrag bei mir überwiesen hatte), damit er einen Druck, den er nicht mehr aushalten könne verschwinden lassen könne (es handelt sich laut seiner Außsage um Schulden bei einem anderen Spieler und um Schulden aus der Kaffeekasse seiner Kollegen).
    Nur so könne er spielfrei bleiben. Nebenbei sagt er auch er sei Therapiemüde, bei seiner Arbeitsstelle könne er nicht sagen, dass er Spieler ist und die Gruppe würde ihm nichts bringen.
    Ich schreibe dies nur zum besseren Verständnis und es ist auch stark gekürzt.

    Ich habe ihm nach langen Diskussionen, in denen er sämliche Register gezogen hat mich zum Zahlen zu bringen (incl. der Androhung sich zu trennen, was er aber nicht wolle), kein Geld gegeben.

    Er hat daraufhin gestern seine von mir verwahrte Ec-Karte zurückgefordert, hat heute nochmal versucht mich zu bearbeiten und ist heute morgen los um zu Spielen.

    Ich habe alles versucht zu ihm vorzudringen, ihm zu sagen, dass es in seiner Macht steht und zwar mit Hilfe von außen spielfrei zu werden und zu bleiben und dass er es in der Hand hat diesen falschen Weg jederzeit zu beenden und einen anderen besseren zu gehen, aber er konnte? wollte? mich nicht verstehen.

    Er behauptete ich hätte es in der Hand gehabt ihm zu helfen.

    Er wolle nicht spielen, aber sähe keinen anderen Ausweg.

    Wenn er gewänne, würde er zwar seine Schulden bezahlen können, aber er wüsste, er würde dann niemals aufhören können zu spielen.

    Wenn er verlöre, hätte ich ihn dass letzte Mal gesehen und könnte mich dann an seiner/meiner Witwenrente freuen.

    Es war und ist im Moment extrem schwer für mich, dies alles auszuhalten und für mich zu entscheiden was ich machen soll und kann.

    Ich habe bei seinem Freund (kein Spieler) angerufen, der weiß zwar auch nicht so richtig, was er machen kann, aber er will versuchen meinen Mann irgendwie zu erreichen.

    Außerdem habe ich auch mit meiner Psychologin telefoniert.

    Ich habe das Gefühl, egal was passiert, egal was ich tue - ich gehe durch die Hölle. Ich weiß nicht ob es nach diesem Harakiri möglich sein wird, das er die nächste (November) Miete, bzw. als Plan B die Hälfte unseres Lebensunterhaltes mit getrennten Einkäufen (war sein Vorschlag) zahlen kann.
    Und ich kann nicht alles alleine bezahlen.

    Unsere Ehe ist im Moment schwerst gestört, obwohl er behauptet er wolle dies alles nicht.

    Ich bin ziehmlich verzweifelt, vielleicht kannst du (oder auch andere) mir erzählen, wie du diese schlimme Zeit erlebt und bewältigt hast.

    Ich wünsche mir so sehr, dass es für mich und meinen Mann eine gemeinsame und gute Zukunft geben kann, dass auch seine liebenswerten und guten Eigenschaften wieder zum Vorschein kommen...

    Wobei ich genau weiß, dass es nicht in meiner Macht liegt, ob er spielt oder nicht. Und dass ich auch weiter an mir selbst arbeiten muss.

    So, jetzt habe ich einen sehr langen Text geschrieben, ich hoffe dies schreckt nicht ab.

    Nur noch soviel, ich bin noch 43, mein Mann ist 50, wir haben (für mich leider, für die Situation zum Glück) keine Kinder, wir sind seit ca. 15 Jahren (mit 4 - 5jähriger Fernbeziehung) zusammen und im Dezember hätten wir unseren 5jährigen Hochzeitstag.

    Liebe Grüße zurück

    Mond

  3. #3
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    Standard AW: Wird Zeit, dass ich mich auch mal vorstelle...

    Hallo Mond,

    ganz oft weiß ich gar nicht wie ich die ganz schlimmen Tage und Wochen überstanden habe... ganz ehrlich.
    Ich habe mich von Tag zu Tag gehangelt und anfangs eigentlich mehr funktioniert als gelebt. Ich bin in einem schock-ähnlichen Zustand von Bank zu Bank gelaufen, hab versucht zu retten was noch zu retten war.
    Ich habe mich meinen Eltern anvertraut, das hat sehr geholfen und ich habe gleich in der ersten Woche eine Therapeutin im Suchthilfezentrum aufgesucht.

    Ich habe viel in Spielsuchtforen gelesen, geschrieben und auch gechattet mit Spielern und anderen Angehörigen.

    Das Chaos im Kopf hat ganz langsam Stück für Stück nachgelassen. Zwischendurch gab es immer wieder viele Tränen und Zweifel und Mißtrauen, aber alles hat sich in Minischritten wieder halbwegs geordnet.

    Ich war anfangs nur für meine beiden Kinder stark und habe dann nach und nach angefangen etwas für mich zu tun. Ich habe abgewartet wie sich mein Mann verhält und zum Glück hat er damals endlich begonnen sein Wort zu halten und endlich was gegen seine Sucht zu tun. Wir haben viel geredet und klare Regeln aufgestellt mit den dazugehörigen Konsequenzen.

    Ich hatte damals einen Satz den ich mir ganz oft gesagt habe... Ich muss alles so einrichten, dass ich es notfalls auch allein mit den Kindern schaffen kann, aber solange Hoffnung besteht habe ich die Wahl... Und bisher habe ich nicht bereut, dass ich bei meinem Mann geblieben bin.
    Grundvoraussetzung war und ist allerdings, dass er weiter an sich arbeitet um spielfrei zu bleiben.

    Ich wünsche dir viel Kraft.

  4. #4
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    Standard AW: Wird Zeit, dass ich mich auch mal vorstelle...

    Hallo Mond,
    ich wollte mir nicht in einen Gespräch mischen, welches unter Mitbetroffenen stattfindet.
    Allerdings hat dein Eintrag ein sehr ungutes Gefühl bei mir hinterlassen - und auch eigenes Schuldbewußtsein aus längst vergangener Zeit hervorgekehrt.

    Ich frage mich bei deinen Ausführungen jedoch wo du selbst bleibst.

    Für mich sieht es klar aus, das dein Partner seine Sucht im Moment nicht widerstehen kann - aus welchen Gründen auch immer.
    Sein Leben scheint doch sehr verworren und ich vermisse in deinen Schilderungen seine Konsequenz, die es bedarf um aus dem aktiven Suchtverhalten zu kommen.

    Was dein Mann mit dir macht - mit Druck Geld fordern - ist aktives Suchtverhalten.

    Ihr habt einen ganze Reihe von Maßnahmen durchspielt - bis hin zur räumlichen Trennung. Herausgekommen ist nach jetzigen Stand eigentlich nur, das ihr eine gewisse Zeit hatte, in der es nach Verarbeitung und Zukunft aussah.
    Was nun geschieht, sieht nach Kapitulation deines Mannes vor der Sucht aus.

    Ich weiß nicht, ob dein Mann aus eigenen Antrieb gegen seine Sucht anging - oder nur dir zuliebe - auf deinen Druck.

    Das geht natürlich auf Dauer nicht.
    Therapien und SHG können nichts dauerhaft bewirken, wenn der Probant nicht selbst dahinter steht.

    Was bedeutet das für dich - wenn meine Annahme stimmt?

    Dann stehst du vor der Entscheidung mit einem Aktiven - und zur Zeit nicht therapierbaren Spieler zu leben -
    oder in eigener Konsequenz - nicht zu leben.

    Ich hoffe, du findest deinen Weg - einen Weg, den du gerne gehst - und der hell und klar vor dir liegt.

    Herzlichst
    Rudi

  5. #5
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    Standard AW: Wird Zeit, dass ich mich auch mal vorstelle...

    Verbesserung..
    der Satz sollte heißen..
    oder in eigener Konsequenz nicht mit ihn zu leben.

  6. #6
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    Standard AW: Wird Zeit, dass ich mich auch mal vorstelle...

    Hallo Thora, hallo Rudi (oder lieber gerri2?)

    Erstmal ganz lieben Dank für eure Antworten!
    Als ich die zuerst gelesen hatte, schossen mir sofort die Tränen in die Augen und auch jetzt kommt eine Trauer gemischt mit Angst bei mir hoch.

    Ich hatte immer wieder gehofft, dass mein Mann es ernst meint, dass er mit dem Zocken aufhören will. Warscheinlich hat er es für sich auch oft geglaubt. Und selbst jetzt glaubt er es wahrscheinlich noch.

    Jetzt habe ich eher das Gefühl, dass er es nicht zu 100 % sondern vielleicht nur zu 80 % gewollt hat. Und ich beginne zu sehen, dass ich glaubte er sei schon weiter auf seinem Weg in die Spielfreiheit, als er wirklich ist.

    Es scheint sich bei ihm zwar was zu bewegen, aber ich weiß nicht in welche Richtung.

    Und jetzt komme ich ins "Spiel". Ich glaube fest, das es keine Patentrezepte gibt, aber ich merke leider Stück für Stück, dass ich mit meinem bisherigen Verhalten weder mir, noch meinem Mann positiv weitergeholfen habe.

    Ich habe leider eine Scheißangst meinen Mann zu verlassen, mir eine von mir selbst bezahlbare Wohnung zu suchen und dort dann auch alleine zu leben.

    Und ihm diese Möglichkeit anzudrohen bringt nur was, wenn ich es auch wirklich durchziehen würde.

    Ich habe schonmal bei verschiedenen Leuten angefragt, ob sie mir im Fall des Falles helfen würden und ein paar positive Rückmeldungen habe ich auch bekommen.

    Ich dachte zunächst, wenn ich dieses Gefühl diesen Kraftakt alleine bewältigen zu müssen schwächen oder ganz verschwinden lassen kann, könnte meine Angst kleiner werden. Aber das ist leider nur für kurze Momente so.

    Ich habe bei diesem Gedanken das Gefühl einer unabänderlichen und endgültigen Entscheidung.

    Außerdem erinnere ich mich leider noch daran, wie schlecht es mir bei unserer letzten Trennung ging.
    Ich hatte Schwierigkeiten gut für mich zu sorgen, meine Versuche neue soziale Kontakte aufzubauen, waren leider nur oberflächlich und nicht von Dauer und mit den alten Freunden, die zum größten Teil unsere gemeinsamen Freunde waren (und sind), war es auch nicht so leicht. Wir hatten natürlich allzuoft meinen Mann und sein krankes Verhalten zum Thema und die waren und sind natürlich auch mit ihrer eigenen Familie und ihren Problemen stark beschäftigt. Und wenn ich dann nach der Arbeit in meine (unsere) leere Wohnung zurückkam fühlte ich mich wie der einsamste Mensch auf der Welt! Wahrscheinlich war ich das objektiv gesehen gar nicht so extrem, aber ich fühlte mich so und meine Schritte dagegen etwas zu unternehmen waren irgendwie so hilflos.
    Ich bekam in dieser Zeit zwar oft die Rückmeldung, wie toll ich doch aussehe, wie stark ich doch bin und es wurde sogar von einigen gemutmaßt mein Mann und ich wären wieder glücklich zusammen, weil ich so eine tolle Ausstrahlung hatte. Das war irgendwie so ein Versuch von mir mich an meinem eigenen Schopf aus meinem Tief herauszuholen, mein Überlebenswille, mein Trotz.
    Aber jegliche Zeiten alleine zuhause (Wochenende, Urlaub, Feierabend) waren meist die Hölle, ich war wie gelähmt und konnte fast nur Fernsehen gucken. (auch eine Form von weglaufen...)

    Außerdem sind da natürlich starke Gefühle für meinen Mann, die Erinnerung an seine liebenswerten Eigenschaften, die doch irgendwo noch sein müssen...

    Und ich habe Angst um ihn, dass er sich immer tiefer in die negative Richtung begiebt. Er kann aus Verletztheit so stur sein, das er blind wird für andere Wege. Ich weiß, dass er das alles selbst machen muss, für sich.
    Und ich merke, dass ich sein Verhalten zu oft erkläre, teils entschuldige, teils relativiere etc. Es ist ja soviel einfacher, den anderen zu analysieren, seine Fehler, sein Verhalten zu bewerten, als bei mir selber zu schauen.

    Ich habe das Gefühl, dass mir keiner helfen kann meine Scheißangst loszuwerden, dass ich das irgendwie selber schaffen muss und die Gefahr groß ist, dass ich es nicht hinkriege.

    Ich habe ja leider auch keine Kinder, für die ich stark sein muss. Ich muss es in erster Linie für mich selbst schaffen.

    So, schon wieder ein langer Text...

    Ich grüße alle, die das hier lesen (besonders Thora und Rudi) und hoffe auf weitere Rückmeldungen.

    Danke, Mond

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