Morgen Claus,

die SHG hat mich auf meinen Weg der Trockenheit gebracht. Ich habe hier ein paar wenige Menschen kennenlernen dürfen, die ich sehr schätze und die mir wichtig sind. Auch wenn ich wenig Kontakt zu Ihnen und zu Dir habe, ich weiß, sie sind da für mich und sie wissen, ich bin da für sie.
Dennoch bin ich nicht der Mensch, der sich die Gruppe als Lebensinhalt setzt. Für mich ist und war sie Begleiter in einem Lebensabschnitt. Ich habe aber die Gruppe nie verlassen, weder im Kopf noch im Herzen. Ich werde immer mal wieder dabei sein, doch die Prioritäten haben sich verändert - auch das gehört für mich zur Gesundung.

Ich habe kein schlechtes Gewissen mehr, wenn ich statt der Gruppenteilnahme auf der Terasse sitze, und mit meiner Familie meine wenige Freizeit genieße. Hier entscheide ich nun frei danach, womit es mir besser geht. Immer mal wieder kommt es vor, das ich die Gespräche in der Gruppe brauche - und dann fahre ich hin. Da die einzige Bedingung zur Teilnahme der aufrichtige Wunsch ist, nicht mehr zu spielen, bin ich dort immer richtig.
Den 12. Schritt nehme ich ernst, stelle ihn aber hinter mein persönliches Genesungsprogram zurück. Jeder darf das anders sehen, ich lebe das im Moment so.

Meine Reihenfolge der Dinge, die wichtig sind, ist mit Sicherheit individuell.
Und "Aussen", wie Du es nennst, gehört dazu - ansonsten kann ich der Schizophrenie guten Tag sagen. Die Genesung kann nur von innen kommen - aber sie liegt auch in der Aktzeptanz der Gesamtheit meines Lebens.

Habe ich früher alle Dinge, die mich in der Arbeit fertig machen, mit mir alleine ausgetragen, so rede ich heute darüber, lasse den Druckkessel gar nicht erst in den roten Bereich kommen. War früher die Arbeit generell Prio 1, so ist sie es heute nur noch partiell.
Habe ich früher eher die Flucht vor der intensiven Beschäftigung mit meinem Sohn gesucht, so lasse ich mich heute gerne auf ihn ein. Ich könnte hier noch andere Dinge benennen, die ich geändert habe oder noch dabei bin, zu ändern. War früher die Gruppe das wichtigste, so sind es heute andere Dinge. Die Reihenfolge habe ich bestimmt. Und ich habe keinen Spieldruck. Ergo ist der Weg für mich der Richtige. Und wenn ich erkenne, das ich mich mal wieder verlaufe, dann rede ich heute drüber, zuerst mit meiner Frau. Und manchmal brauche ich auch die Gruppe.

Lieben Gruss,
Joachim