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Thema: Ein weiterer Versuch zum Thema des Monats: Spielsucht und Schuldgefühle

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  1. #1
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    Standard AW: Ein weiterer Versuch zum Thema des Monats: Spielsucht und Schuldgefühle

    Ja die "Schuldgefühle"; ich versuche sie zu verstehen, aber in dem Moment, wo mein Mann wieder gespielt hat, kann ich es nicht !
    Er hat oft gesagt, das er die "Schuld" nicht ertragen kann u. deswegen manchmal auch gespielt hat.
    Was ich nicht mehr ertragen kann, sind die ewigen Lügen. Wenn ein Spieler rückfällig wird ist es das eine, wenn der Angehörige aber über Tage/Wochen/MOnate angelogen wird, ist es was anderes.
    Ich weiß es gehört zum Krankheitsbild dazu, aber es ist für mich als Angehörige schwer zu ertragen/zu verstehen.
    Man sollte es nicht persönlich nehmen u. tut es doch. Weil es schmerzt wahnsinnig!

    Für mich als Angehörige ist es das Schwierigste ! Ich kann auch nicht mehr erkennen, ob ich meinen Mann oder den Spieler vor mir habe !
    Tut weh u. es ist wahnsinnig schwierig, damit zu Recht zu kommen

    Nicole

  2. #2

    Standard AW: Ein weiterer Versuch zum Thema des Monats: Spielsucht und Schuldgefühle

    Liebe Kate, liebe Nicole,

    ich freue mich, dass Ihr mit dem Thema Schuldgefühle etwas anfangen könnt und hoffe, dass von den inzwischen 194 Klicks vielleicht noch mehr in die Diskussion einsteigen (vielleicht auch Betroffene, da wir deren Meinung bisher nicht vertreten haben).

    @ Kate: Schön, dass Du für dich Klarheit durch das Schreiben erlangst und andere auch daran teilhaben lässt. Ich finde nicht, dass Du am Thema vorbei schreibst, da Du auf eure negativen Kommunikationsmuster eingehst, die meiner Meinung nach häufig auch mit dem thema Schuldgefühl zusammen hängen. Wenn ich dich richtig verstanden habe, habt ihr ja schon gelernt, konstruktiv und ruhig über das Thema Spielen zu sprechen. Das ist ja schon mal ein sehr großer Schritt. Da würde mich interessieren, was ihr genau verändert habt. Vielleicht kann man diese Veränderungen ja auch auf andere Konfliktthemen ausweiten? Deine Idee, die Gewaltfreie Kommunikation als Grundlage zu nehmen, finde ich gut. Ich schaue mal nach, ob ich etwas praxisnahes zu dem Thema habe, was kurz, knackig und gut umsetzbar ist (brauche ich allerdings ein paar Tage für). Dass Selbstreflexion einen großen Anteil an gelingender Kommunikation hat, sehe ich auch so. Entscheident ist aus meiner Sicht auch, dass man in der Lage ist, eigene Bedürfnisse und Wünsche wahrzunehmen, diese klar und möglichst Vorwurfsfrei zu benennen und sich auch in die Sichtweise des Gegenüber hineinversetzen/fühlen zu können.

    @ Nicole: Du scheinst von den Lügen und dem Vertrauensbruch deines Partners noch sehr verletzt zu sein, auch wenn Du vom Kopf her weißt, dass es ein Teil des Krankheitsbildes sein kann (Kopf und Herz haben manchmal ein unterschiedliches Tempo). Ich vermute, dass dein Partner aktuell noch spielt oder zumindest noch nicht lange spielfrei ist oder Du bisher wenig Gelegenheit hattest, die Verletzungen zu verarbeiten? Du schreibst, dass es für dich schwierig ist damit zurecht zukommen. Meinst Du damit, ihm zu verzeihen und neues Vertrauen aufzubauen? Dann würde ich deine Schwierigkeit auch als Schutz vor neuen Verletzungen deuten, der erstmal sinnvoll ist. Dieser Prozess braucht Zeit und kann meiner Erfahrung nach am ehesten gelingen, wenn sich beide auch gemeinsam mit dem Thema auseinandersetzen. Mach dir keinen Druck, dass Du mit der Situation umgehen können musst.

    Im Rahmen von Therapie-/Beratungsangeboten sind häufig auch die Möglichkeit von Paargesprächen enthalten, um die oben beschriebene Problematik gemeinsam bearbeiten zu können. Hat jemand damit schon Erfahrung gemacht?

    Vielen Dank für Eure Antworten. Ich freue mich auf weiteren Austausch.
    Liebe Grüße

    Katharina Weege
    (Fachstellenteam)

  3. #3
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    Standard AW: Ein weiterer Versuch zum Thema des Monats: Spielsucht und Schuldgefühle

    @Katharina
    Ich bin seit über 10 Jahren "Betroffene"; mein Mann war noch nie länger als 1 1/2 Jahre spielfrei. Und du hast recht, vor einigen Tagen in wieder herausgekommen, dass er gespielt hat.
    Dabei durfte ich dann feststellen, dass ich die letzten 6 Monate wieder belogen wurde. Ich ahnte es bereits, habe versucht mit ihm zu sprechen, aber er hat es vehement abgeschritten.
    Ja ich bin sehr verletzt, weil ich dies halt schon seit Jahren als "normal" hinnehmen muss.
    Ich werde des öftern gefragt, ob ich ihm verzeihen kann ? Sagen wir mal so, ich glaube nicht, dass ich die letzten Jahre vergessen kann. Fühle mich sogar traumatisiert u. bin deswegen selbst in Behandlung. Zeit ? Ja nach 10 Jahren dachte ich eigentlich, dass es irgendwann mal besser wird.

  4. #4

    Standard AW: Ein weiterer Versuch zum Thema des Monats: Spielsucht und Schuldgefühle

    Hallo Nicole,

    habe gerade deine Antwort gelesen und leider nicht viel Zeit zu schreiben, wollte aber doch ein paar Sätze antworten.
    Dass Du dich nach 10 Jahren als Angehörige, mit gerade wieder einem aktuellen Rückfall und Lügen konfrontiert, sehr verletzt und inzwischen auch traumatisiert fühlst, kann ich mir gut vorstellen.
    Ich finde es einen sehr wichtigen Schritt, dass Du dir inzwischen selber Hilfe gesucht hast, gerade weil die Angehörigen selber ja selber kaum Einfluss auf das Spielverhalten des Partners haben und sich deshalb oft sehr hilflos fühlen. Ich hoffe, dass Du mit dieser Hilfe einen Weg findest, mit der Situation umgehen zu können, dich klar abzugrenzen und in deinem Tempo evtl. auch nözige Konsequenzen umsetzen kannst. Ganz wichtig finde ich für dich "gut für dich selbst zu sorgen" und dich nicht zu sehr auf die Suchterkrankung deines Partners zu fokussieren (ist leider in der Praxis oft schwieriger, als es sich anhört, kann aber, gerade mit Unterstützung gelingen).
    Was mich noch interessieren würde: Kannst Du dich finanziell schützen (eigenes Konto, usw.)? Habt ihr schon Paargespräche geführt, in denen auch Du deine Situation und Gefühle schildern konntest?

    Noch ein Gedanke zum Schluss: Es gibt einen Unterschied zwischen Vergessen und Verzeihen. Vergessen solltest Du die Vergangenheit auf keinen Fall. Ob es dir möglich ist Lügen und Verletzungen zu verzeihen und ob das überhaupt ein Schritt in die richtige Richtung für dich wäre, bleibt noch offen.

    Soweit erstmal für heute

    Liebe Grüße

    Katharina Weege
    (Fachstellenteam)

  5. #5
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    Standard AW: Ein weiterer Versuch zum Thema des Monats: Spielsucht und Schuldgefühle

    Hallo Katharina, ich melde mich mal als Betroffener. Schuldgefühle haben für mich immer zum Spielen dazugehört. Erstaunlicherweise begleiten Sie mich auch heute noch sporadisch, obwohl ich mittlerweile seit über sieben Jahren spielfrei bin. In Spielzeiten konnte ich Frau und Kindern nicht in die Augen schauen, weil ich zu wissen dachte, dass es ihnen so (schlecht) geht, wie es ihnen gerade geht, weil ich das Geld verspielt habe, weil ich nicht da war, als es nötig war, weil ich wieder mal gelogen, betrogen, geklaut hatte. Mich schuldig daran fühlte, dass überall um Geld, um Essen gebettelt werden musste.

    Schuldgefühle haben es mir aber auch erlaubt, den Kreislauf des Nichtstuns auf lange Zeit nicht zu verlassen. Von der Partnerin immer verzweifelter auf das Chaos hingewiesen zu werden (von mir als "du trägst Schuld an dieser, unserer Situation" wahrgenommen), verbunden mit der von ihr zwar oft angedrohten, aber lange nicht durchgezogenen Trennungsentscheidung haben dazu geführt, dass ich ein immer schlechteres Gewissen hatte und mit dem Gefühl, daran allein schuld zu sein natürlich nur die eine willkommene Lösung sah: wieder loszuziehen. Grundsätzlich habe ich oft so gehandelt: Der Berg ist riesig, egal ob Schuldgefühl, Schulden, Angst, Druck oder Ähnliches, der Berg war in meiner Phantasie riesig, nicht zu überwinden, das hat mir erlaubt weiterhin zu spielen, obwohl ich wusste, dass ein Teil der Dinge nur deshalb so war, weil ich unbedingt wieder Spielen gehen wollte.

    Auch nach Trennung und letzter stationärer Therapie lassen mich Schuldgefühle noch Dinge machen, von denen mir Instinkt/Bauch sagen, dass das nicht der richtige Weg ist: Ich habe mich erst vor einem Jahr scheiden lassen, obwohl wir schon seit 2005 getrennt leben. Ich zahle meinen Kindern das Taschengeld, obwohl das eigentlich über die Unterhaltszahlungen abgedeckt ist. Ich springe trotz meiner Spielschulden immer wieder mal bei finanziellen Engpässen ein. Da lassen mich die Schuldgefühle noch nicht so richtig raus bzw. fällt es mir schwer, mich entsprechend abzugrenzen.

    Lieben Gruß, Andreas

  6. #6

    Standard AW: Ein weiterer Versuch zum Thema des Monats: Spielsucht und Schuldgefühle

    Hallo Andreas,

    erstmal herzlich willkommen im Forum. Schön, dass Du dich auch als Betroffener in die Diskussion einbringst (auch wenn es anfänglich einige technische Probleme gab :-)).
    Du sprichst einen, wie ich finde, wichtigen Punkt an:den Kreislauf zwischen Schuldgefühlen und Spielen. Beide können sich gegenseitig verstärken und so die Sucht am "Leben" halten. Mich würde interessieren, wie Du damals den Ausstieg aus diesem Kreislauf geschafft hast. War ausschlaggebend,dass sich deine Frau dann ja scheinbar doch irgendwann getrennt hat oder welche Punkte haben dazu geführt, dass Du den Kreislauf des Nichtstuns, des Spielens und der Schuldgefühle verlassen hast?
    Du schreibst außerdem, dass Du in manchen Situationen auch heute noch von deinen Schuldgefühlen bestimmt bist, obwohl dein Instinkt/Bauchgefühl dir sagt, dass ein anderer Weg besser für dich wäre. Die Beispiele, die Du beschreibst,hören sich für mich nachvollziehbar an, trotzdem wäre eine ausreichende Abgrenzung in diesen Situationen wichtig. Hast Du eine Idee, was Du brauchst, um dich in diesen Situationen noch besser abgrenzen zu können?

    Soweit einige Gedanken dazu von mir.

    Ich wünsche Allen ein schönes Wochenende und freue mich auf weitere Rückmeldungen.

    Liebe Grüße

    Katharina Weege

  7. #7
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    Standard AW: Ein weiterer Versuch zum Thema des Monats: Spielsucht und Schuldgefühle

    Hallo Katharina,

    als ich eines Abends im Herbst 2005 nach Hause kam, stand quasi der Koffer, gepackt mit dem Nötigsten, vor der Tür. Meine Frau hat über mehrere Jahre hinweg eine Angehörigen-Selbsthilfegruppe besucht und sich dort das Rüstzeug geholt, Entscheidungen zu treffen. Am Ende machte sie sich eine Liste: Auf der einen Seite "das will ich, das bekomme ich", auf der anderen "das will ich nicht, das bekomme ich nicht". Die Konsequenz daraus war die Koffer-Aktion.

    Ich war nur kurz geschockt, bald eher erleichtert. Ich mußte niemandem mehr mein Handeln erklären, konnte machen, was ich wollte, mußte micht nicht mehr anstrengen zu funktionieren. Tagsüber ging ich zur Arbeit, dananch in die Spielhalle. Wenn kein Geld mehr da war oder die Halle zu machte fuhr ich zu meinem Wohnwagen ohne Strom, Heizung, Wasser und wartete auf den nächsten Morgen. Kinder und Frau waren mir egal.

    Während dieser Zeit unterlag ich einem gewaltigen Trugschluß. Die Vergangenheit hatte mir immer wieder gezeigt: Es geht schon irgendwie weiter. Ich muß nur "bitte, bitte" machen, "ich ändere mich auch", im Notfall auch "ich mache eine Therapie", und ich darf wieder zuhause einziehen. Diesmal war es anders. Eher zufällig bekam ich im Februar mit, sie hat einen Freund. Eine Welt brach für mich zusammen, Konsequenzen wurden mir klar. Ich konnte mir nichts mehr vormachen, nicht mehr Verantworlichkeiten an anderen Menschen festmachen......

    Ich habe das erste Mal in meinem Leben aufgehört zu spielen, weil ich es wollte. Nicht für andere Menschen in meinem sozialen Umfeld, sondern allein, weil ich für mich nicht mehr wollte. Für die bis dahin gelebte Beziehung zu meiner Frau war es zu spät, für mich, meine Kinder und auch für meine Frau aber ein Neuanfang über eine sehr schwierige Phase hinweg in ein Jetzt, in dem wir offener miteinander umgehen und uns freuen, wenn wir uns sehen. Vor allem aber in ein Jetzt, in dem ich das Spielen nicht mehr nötig habe und in dem ich mit mir selbst meistens glücklich und zufrieden bin.

    Liebe Grüße, Andreas

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